Herr Präsident, meine Damen und Herren! Als SPD-Fraktion legen wir heute eine Initiative für einen besseren und wirksameren Wohnraumschutz in Hamburg vor. Wohnraum ist in den Jahren der CDU-Regierung zu einem knappen Gut in Hamburg geworden. Viele Menschen, gerade mit geringem oder auch normalem Einkommen, sind nicht mehr in der Lage, sich mit ausreichendem und bezahlbarem Wohnraum zu versorgen. Um den Mangel zu beheben, sind zum einen ganz erhebliche Anstrengungen beim Wohnungsneubau zu unternehmen. Hier sind wir auf gutem Weg, das haben wir schon diskutiert. Aber fast genauso wichtig ist ein sorgsamer Umgang mit dem vorhandenen Wohnungsbestand. Hier haben wir momentan erhebliche Missstände und Probleme, die in der Stadt in nachvollziehbarer Weise auch für Unruhe sorgen.
Ein Thema ist der Wohnungsleerstand. Ich spreche nicht von dem unvermeidbaren, ganz normalen Leerstand im Vorfeld von Neuvermietungen, Sanierungen, Umbaumaßnahmen oder Ähnlichem. Es gibt inzwischen Hunderte von Meldungen und Anzeigen über langfristigen Wohnungsleerstand
durch die Mieterorganisationen, ohne dass eine nachvollziehbare Begründung vorliegt. Das Internetportal "Leerstandsmelder" erfreut sich einer beeindruckenden Beliebtheit. Man kann jeden Tag zusehen, wie neue, leerstehende Gebäude gemeldet werden. Zahlreiche Einzelfälle von häufig mehrjährigem Leerstand von Wohnungen sind auch in den Medien immer wieder ausführlich behandelt worden. Zu Recht gibt es darüber eine breite öffentliche Empörung und auch zunehmenden Protest.
Vielfacher, mehrmonatiger und langfristiger Wohnungsleerstand ist angesichts der bestehenden Wohnungsknappheit in dieser Stadt ein absurder Zustand. Das ist in dieser Stadt niemandem mehr vermittelbar. Schwarz-Grün hat sich dieser Problematik und ihrer Lösungen verweigert. Als SPD sind wir nicht bereit, diesen Zustand länger hinzunehmen.
Der zweite Missstand, um den es geht, ist das Thema der Verwahrlosung. Dies ist ein drastischer Punkt im Umgang mit dem Wohnungsbestand, der in letzter Zeit bekannt geworden ist. 9400 Mieter der GAGFAH, die inzwischen dem amerikanischen Investor Fortress gehört, sind einer Situation ausgesetzt, in der ihr Vermieter offenbar systematisch und über einen längeren Zeitraum seine Instandhaltungspflichten vernachlässigt und verletzt, sodass sich zahlreiche Wohnungen in einem verwahrlosten Zustand befinden. Sie sind zum Teil großflächig von Schimmel befallen. Andere Wohnungen sind im Hinblick auf Elektrik, sanitäre Anlagen et cetera in einem maroden, desolaten und zum Teil gesundheitsgefährdenden Zustand. Die alarmierenden Bilder, Berichte und Schilderungen von GAGFAH-Mietern stehen uns alle noch vor Augen.
Das ist ein Vermieterverhalten, das wir in dieser Form in Hamburg nicht für möglich gehalten hätten. Wir als SPD-Fraktion sind nicht bereit, diese Zustände zu akzeptieren.
Wir wissen, dass die Mieter auch privatrechtliche Ansprüche gegenüber ihren Vermietern haben, aber wir wissen auch, dass gerade diese Mieter in den betroffenen Wohnungen sehr häufig nicht in der Lage sind, sich auf dem Wege eines Rechtsstreits gegen ihren Vermieter durchzusetzen. Sie sind zudem auf ihre Wohnungen dringend angewiesen, denn sie gehören in der Regel noch zu den günstigeren Wohnungen. Sie haben Angst, ihre Wohnungen zu verlieren, und bedürfen deshalb unserer Unterstützung. Daher gibt es an dieser Stelle von der SPD-Fraktion das klare Signal, dass wir die GAGFAH-Mieter im Kampf gegen Verwahrlosung nicht allein lassen. Wir stehen an ihrer Seite und werden sie wirksam unterstützen.
Es ist nicht ganz neu, dass Wohnraum geschützt werden muss und dies auch eine öffentliche Aufgabe ist. Hierfür wurden das Wohnraumschutzgesetz und seine Vorläufergesetze geschaffen. Manches ist darin ganz ordentlich geregelt. Gerade das Thema Instandhaltungsund Instandsetzungspflicht ist mit einem gesetzlichen Instrumentarium verankert. Nicht ganz so gut sieht es aus bei der Bekämpfung des Wohnungsleerstands.
Ein ganz entscheidendes Problem aber, das wir beim Thema Wohnraumschutz immer haben, ist die Einsetzung der gesetzlichen Instrumente, weil die Wohnraumschutzdienststellen in den Bezirken personell nicht ausreichend ausgestattet sind, um an diesen Stellen tätig werden zu können, gerade auch, wenn wir eine zugespitzte Problemlage haben wie im Augenblick. Wir haben ungefähr zwölf Stellen für alle sieben Bezirke. Wir haben zum Teil bevölkerungsreiche Bezirke mit entsprechenden Problemlagen und auch einen großen Bestand an GAGFAH-Wohnungen, wofür gerade einmal ein Mitarbeiter zur Verfügung steht. Das reicht erkennbar nicht aus, um flächendeckend und wirksam gegen die Missstände vorzugehen, schon gar nicht bei mehreren Tausend GAGFAH-Wohnungen. Wir wollen deshalb an dieser entscheidenden Stelle auch die Bezirke nicht allein lassen, sondern sie mit Personal unterstützen. Wir wollen die Wohnraumschutzdienststellen aufstocken und sie in den Stand versetzen, mit mehr Personal den Wohnraumschutz vor Ort wirksam durchzusetzen.
Zusätzlich wollen wir – das haben wir vor einem guten halben Jahr schon diskutiert – auch das Wohnraumschutzgesetz verschärfen und das Instrumentarium effektiver machen. Das betrifft die Themen Anzeigepflicht des Vermieters bei Leerständen und Zwischenvermietung bei langfristigen Leerständen. Es betrifft auch das Thema Belegungsrecht in Wohnungsnotfällen als Ultima Ratio und insgesamt das Thema Fristen, effektiveres Verfahren und spürbare Sanktionen, wenn entsprechende Anordnungen vom Vermieter nicht befolgt werden.
Wir haben dies vor einem guten halben Jahr schon einmal zum Thema gemacht. Die Regierungsfraktionen mochten dem nicht folgen und haben das Problem nicht gesehen. Heute sind wir einen Schritt weiter. Wir können heute für den Wohnraumschutz in Hamburg einen erheblichen Schritt vorankommen. Wohnraum ist knapp und wertvoll. Es ist nicht verantwortbar, ihn durch Leerstand und bewusste Verwahrlosung zu verschwenden. Deswegen bitten wir um Unterstützung für unseren Antrag. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das Ergebnis vorweg, liebe Kollegen der SPD-Fraktion, da Sie es alle schon kennen: Wir werden Ihrem Antrag nicht zustimmen. Er ist politischer Unfug. Das ist eine Wortwahl, die zumindest aus Ihrer Sicht aus berufenem Munde kommt. Ich habe auch gerade über eine Schriftliche Kleine Anfrage noch einmal nachgefragt, Frau Senatorin. Ihr Staatsrat hat sich im Januar dieses Jahres, damals noch als Wohnungsbaubeauftragter, mit Ihrem Antrag, Herr Kollege Grote, schon einmal befasst. Er wurde auch gefragt, was er denn von Ihren Bemühungen und Ideen halte. Ich kann das noch einmal zitieren, obwohl Sie es inzwischen schon wissen, aber es wäre gut, wenn Sie sich das noch einmal durch den Kopf gehen lassen. Staatsrat Sachs sagte zu Ihren Vorstellungen:
"Das Handwerkszeug ist vorhanden, um gegen Leerstand und Zweckentfremdung vorzugehen, die Bezirke müssen sie nur anwenden. Politik reagiert reflexhaft auf wachsenden öffentlichen Druck mit der Schaffung neuer Bürokratien."
Er hat noch viel mehr gesagt zu Ihren Vorstellungen über andere Themen, Herr Kollege Grote, die Sie auch angesprochen haben. Sie sollten sich den Artikel wirklich einmal zu Gemüte führen. Zu Ihren Vorstellungen, es würde möglich sein, Büros einfach umzuwandeln, sagte er einfach nur, er fände diese Forderungen populistisch und ärgerlich. Ihre Politik ist nach Meinung des SPD-Staatsrats offensichtlich eine Mischung aus Phantomdiskussion, politischem Unfug und Populismus, Frau Senatorin. Das ist jedenfalls das, was der Staatsrat zu einem Zeitpunkt sagte, an dem er noch nicht Staatsrat war.
Aber wir wissen doch alle, dass der Mensch sich häufig durch das Amt verändert. Wir werden es mit Interesse im Ausschuss bei der Diskussion sehen, denn Sie wollen doch gern eine Überweisung an den Ausschuss. Wir dagegen halten das nicht für erforderlich. Dann werden wir gern den Herrn Staatsrat fragen – ich hoffe, er darf dann auch
kommen, Frau Senatorin, und uns Rede und Antwort stehen –, warum er Ihre SPD-Politik als Phantomdiskussion, politischen Unfug und Populismus bezeichnet.
Man muss sich einmal anschauen, was der Senat bisher vollbracht hat: In der Hochschulpolitik war es ein glatter Fehlstart, bei der Gesundheitspolitik hat man, wenn man es freundlich formuliert, Bauchschmerzen. Und, Herr Grote, anders als bei Ihrer Einschätzung vom Paradebereich Wohnungsbau laufen wir nun direkt auf eine Bruchlandung zu. Der Vertrag für Hamburg, den Sie erwähnt haben, war eine Farce und Posse. Es ging von einer ersten bis zu einer fünften Version, dann gab es Bürgermeistergespräche und Senatorengespräche. Dann wollte man wieder etwas zur Abstimmung stellen lassen, keiner wusste so genau, woran man da war. Gutes, ordentliches Regieren sieht anders aus, aber das ist bei Ihnen offensichtlich noch nicht ganz angekommen.
Das Problem, das die BSU leider zunehmend hat – sehen Sie es mir nach, Frau Senatorin –, ist eine Senatorin, die offensichtlich fachlich nicht ausreichend qualifiziert ist. Nach Ihrer Vita ist das auch nicht unbedingt zu erwarten. Es mag sein, dass Sie sich das noch anarbeiten. Aber Sie haben einen Staatsrat, der zumindest fachlich qualifiziert ist. Nur will er überhaupt keine SPD-Politik machen, er macht eher die Politik, die die CDU machen möchte
beziehungsweise die, die Schwarz-Grün in der letzten Legislaturperiode gemacht hat. Von daher habe ich den Eindruck, dass in Ihrer Behörde etwas grundsätzlich falsch läuft. Wenn Sie diese Politik weiter betreiben wollen, kann ich mir nur vorstellen, dass Sie letztlich doch den Vorschlägen desjenigen folgen, der fachlich qualifiziert ist, sprich dem Staatsrat, und dann lassen Sie doch diesen Unsinn. So kann es jedenfalls nicht funktionieren.
Es zeigt im Übrigen auch deutlich, wie mit Ihren Anträgen umgegangen wird – dies auch an die Kollegen der SPD-Fraktion und den Fraktionsvorsitzenden Herrn Dressel. Es verwundert, dass Sie sich das als SPD-Fraktion überhaupt gefallen lassen. In der letzten Legislaturperiode gab es einen knackigen Antrag, in dem stand, welche gesetzlichen Regelungen und welche Umformulierungen Sie wollten. Das war schon druckreif, inhaltlich zwar nicht ausreichend, wie Ihr Staatsrat sagt, aber zumindest druckreif. Dies kann man zur Abstimmung stellen. Aber nun gibt es so einen Wischiwaschi-Antrag, der weichgespült ist mit Formu
lierungen wie "der Senat möge prüfen". Lassen Sie sich das gefallen, meine Kollegen von der SPD-Fraktion? Der Staatsrat sagt wohl zu Ihnen, das ginge nicht und sei Unsinn und Sie antworten, dass Sie doch irgendetwas machen müssten, es laufe gerade nicht so gut. Und dann einigt man sich auf diese Wischiwaschi-Formulierungen, die nicht einmal konkret sagen, was Sie möchten. Sie sind einen Schritt nach vorne gegangen und gleich wieder drei zurück, weil der Staatsrat vielleicht böse geguckt hat. Die Senatorin hat den Staatsrat hier wahrscheinlich auch nicht näher begleitet. Wenn das die Politik der SPD-Fraktion ist, dann graut es mir noch mehr vor den nächsten vier Jahren als ohnehin schon.
Wenn man sich die Formulierungen Ihrer Anträge ansieht, dann ist das entlarvend. In der letzten Legislaturperiode schreiben Sie in Ihrem Antrag, es würde eine erhebliche Wohnungsknappheit geben; dann heißt es plötzlich im Wahlkampf Wohnungsnot. Und in der neuen Legislaturperiode heißt es nur noch drastische Wohnungsknappheit. Also so genau wissen Sie auch nicht, was Sie wollen. Sie wollen ein wenig weg von der Panikmache, die Sie im Wahlkampf mit der Wohnungsnot betrieben haben. Sie versuchen nun, das herunterzuzurren, haben aber keine richtigen Möglichkeiten und Ideen, was Sie im Einzelnen umsetzen wollen.
Der grundsätzliche Ansatz, den Ihr Antrag verfolgt – deshalb wurde er in der letzten Legislaturperiode auch von Schwarz-Grün abgelehnt –, ist einfach falsch, wie Ihr Staatsrat völlig zu Recht sagte. Wir haben in diesem Bereich kein Problem. Wir haben gesetzliche Regelungen, die funktionieren, man muss sie nur anwenden. Sie versuchen jetzt wieder, irgendwelche weißen Segel zu setzen in der Hoffnung, die Öffentlichkeit würde mit aufspringen und denken, dass Sie etwas bewegen. Aber politischen Unfug zu machen ist mit Sicherheit der falsche Weg. Schauen Sie sich doch einfach einmal einen Geschäftsbericht irgendeines Wohnungsunternehmens oder einer Wohnungsgenossenschaft an. Da sehen Sie, was diese angeblichen Leerstände sind.
Ich habe mir einmal wahllos einen Geschäftsbericht einer großen, renommierten Wohnungsbaugenossenschaft in Hamburg gegriffen. Sie schreibt in ihrem Geschäftsbericht, dass sich zum 31. Dezember 2010 eine Summe von 162 nicht vermieteten Wohnungen ergeben habe. Das meinen Sie anscheinend mit Ihrem Antrag. Aber wenn man sich genau ansieht, warum sie nicht vermietet waren, gibt es Erklärungen hierfür. 80 Einheiten standen zur Weitervermietung nicht zur Verfügung, sie sollten abgerissen werden. Weitere 48 Einheiten konnten wegen aktueller oder anstehender Modernisierungsmaßnahmen dem Markt nicht zur Verfü
gung gestellt werden und 31 Wohnungen befanden sich im Vertragswechsel. Welche Wohnungen meinen Sie denn? Sie meinen, es gäbe irgendwo irgendwelche hartnäckigen Vermieter, die lieber auf Miete und Einkommen verzichten, als dass sie ihre Wohnungen an gute Menschen vermieten. Was soll sonst Ihr Ansatz sein? Was wollen Sie mit diesen Menschen denn machen, mit diesen bösen Vermietern, die Sie sich konstruiert haben? Denen schicken Sie Verwaltungsbescheide und darin wird dann gefragt, warum nicht vermietet wurde. Und was macht dann dieser Vermieter? Er legt als Erstes einen Widerspruch ein, dann ist es ein Verwaltungsverfahren.
Herr Grote und meine Kollegen von der SPD-Fraktion: Wie Ihr Staatsrat schon sagte, es ist alles politischer Unfug, was Sie machen.
Wer irgendetwas mit dem Thema zu tun hat, weiß das auch. Deshalb, Herr Kollege Kienscherf, tun Sie sich und uns den Gefallen
und ziehen den Antrag einfach zurück; das wäre mit Sicherheit das Beste. Allerdings die Vorstellung, das im Ausschuss noch einmal zu diskutieren und es mit dem Kollegen Sachs im Einzelnen zu besprechen, hat schon etwas; darauf würde ich mich durchaus freuen. – Vielen Dank.