Protocol of the Session on December 12, 2013

Wir stellen die Bildungspolitik auf solide Füße, von der Krippe über die Kita und die Ganztagsschule bis hin zum Übergang von der Schule in den Beruf. Das sind Investitionen in die Zukunft, und die werden durch den Koalitionsvertrag gestärkt.

(Beifall bei der SPD)

(Cansu Özdemir)

Wir stärken die Stadtteile mit unserem Quartiersfonds, bei dem es passgenaue Lösungen vor Ort geben soll. Wir stellen uns auch den europäischen Wanderungsbewegungen und den damit einhergehenden Problemen. Es gibt das bisher größte Winternotprogramm und gleichzeitig eine Beratung für die wohnungslosen Menschen in ihrer Landessprache. Wir sind Vorbild für viele Kommunen in der Bundesrepublik.

(Beifall bei der SPD)

Das waren nur einige wenige Punkte. Ich will Ihnen damit sagen, dass wir auf Landesebene Verantwortung übernehmen und, so der Mitgliederentscheid es will, auch auf Bundesebene. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat nun Frau Dr. Föcking.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen von der LINKEN, über die heutige Debatte war ich doch etwas erstaunt. Zum einen haben wir den Koalitionsvertrag gestern schon ausführlich debattiert, und zum anderen verstehe ich Ihr Thema nach wie vor nicht wirklich. Hätten Sie gesagt, der SPD-Senat verschärfe soziale Probleme in Hamburg, dann hätte ich das noch eher verstanden.

(Beifall bei der CDU)

Ein Senat – und da sehe ich das weniger optimistisch als Sie, Frau Bekeris –, der viele kleine soziale Einrichtungen in der ganzen Stadt bedroht, der in Bezirken Erziehungsberatungsstellen schließt, der Schulen mit sozial benachteiligter Schülerschaft durch problematische KESS-Indikatoren Unterrichtsstunden wegnimmt, ein Senat, der im Zentrum von Harburg, in einer Gegend mit sozialen Schwierigkeiten, eine große zentrale Erstaufnahmeeinrichtung schafft, ein Senat, der in Großsiedlungen der Sechziger- und Siebzigerjahre jetzt noch einmal massenhaft neue Wohnungen hineinsetzt und damit sehenden Auges das Entstehen neuer sozialer Brennpunkte riskiert, ein Senat, der das Geld stattdessen lieber für teure Verkehrsverlangsamungs-Programme verschwendet, ein solcher Senat fördert soziale Gegensätze in unserer Stadt anstatt ihnen entgegenzuwirken.

(Beifall bei der CDU)

Das wäre ein gutes Debattenthema gewesen. Aber die hoffentlich morgen oder übermorgen endgültig stehende Große Koalition im Bund soll soziale Gegensätze verschärfen? Nein, das Gegenteil ist der Fall. Im Koalitionsvertrag stehen zahlreiche Maßnahmen, mit denen soziale Spaltung gemildert oder verhindert wird.

Vor allem steht darin etwas ganz Grundsätzliches, was heute noch gar nicht zur Sprache kam. Die Große Koalition wird die erfolgreiche Politik der sozialen Marktwirtschaft fortsetzen, denn sie hat in der Bundesrepublik zu bislang beispiellosem Wohlstand geführt, hat nach dem Zweiten Weltkrieg 11 Millionen Flüchtlingen und Vertriebenen bei der Eingliederung geholfen, hat die deutsche Wiedervereinigung getragen, hat Deutschland zu einer der stärksten Volkswirtschaften der Welt werden lassen und hat letztlich damit unsere Demokratie gestützt und gestärkt.

(Beifall bei der CDU)

Der Koalitionsvertrag bekennt sich ausdrücklich zu dieser sozialen Marktwirtschaft, und wir Koalitionspartner im Bund wollen deshalb innovative Industrien fördern, Hemmnisse für den Mittelstand abbauen, Wissenschaft und Forschung stärken, die bewährte Tarifpartnerschaft festigen und für solide Staatsfinanzen sorgen. Damit stärken wir ein Wirtschaftssystem, das nicht nur Grundlage für das Wohlergehen unserer Bevölkerung ist, sondern auch die Basis für unseren in der Welt seinesgleichen suchenden, sicheren Sozialstaat.

(Beifall bei der CDU)

Darüber hinaus gibt es aber auch viele Maßnahmen, die soziale Gegensätze abbauen können, hier nur noch ein paar Beispiele.

Stichwort sozial benachteiligte Kinder: Die "Frühen Hilfen" und der Kinderschutz sollen weiter verbessert und die Früherkennungsuntersuchungen verstärkt werden. Das neue Geld für Krippen und Kitas kommt gerade auch benachteiligten Kindern zugute, ebenso wie die weiter intensivierte Sprachförderung. Nicht zuletzt soll die Jugendhilfe sich neu aufstellen und sozialraumorientiert und präventiv arbeiten.

Stichwort Jugendliche ohne Ausbildung: Eine Allianz für Aus- und Weiterbildung soll gerade ihnen durch ausbildungsbegleitende Hilfe und die assistierte Ausbildung zu einem Abschluss verhelfen. Und für junge Erwachsene ohne Abschluss soll das erfolgreiche Spätstarter-Programm der letzten Legislaturperiode noch ausgebaut werden. Das verhilft diesen jungen Menschen zu einem richtigen Beruf, zu einem gesicherten Arbeitsplatz und ist damit eines der allerbesten Mittel, um sozialer Spaltung vorzubeugen.

Stichwort Langzeitarbeitslose: Für sie soll unter anderem ein ESF-Bundesprogramm aufgelegt werden, das massive Unterstützung ermöglicht und mehr Arbeitgeber für diese Menschen gewinnt.

Stichwort Alleinerziehende und Geschiedene, die oft besonders von Armut bedroht sind: Für sie soll der steuerliche Entlastungsbetrag angehoben und nach der Kinderzahl gestaffelt werden. Das wird ihre finanzielle Lage spürbar verbessern.

(Ksenija Bekeris)

Stichwort Erwerbsgeminderte: Ihre Renten sollen besonders angehoben werden, denn sie sind derzeit besonders von Armut bedroht.

Stichwort Altersarmut: Hier ist es vor allem die Mütterrente, die künftig viele Rentnerinnen besser schützen wird. Gerade der Ausbau der Betriebsrente in kleineren und mittleren Unternehmen ist ein gutes Instrument, um Altersarmut vorzubeugen.

Man könnte außerdem den sozialen Wohnungsbau erwähnen, die Mietkappungsgrenze, den verstärkten Bau altersgerechter Wohnungen, die Mehrgenerationenhäuser, das geplante Bundesleistungsgesetz, die Neuerungen in der Pflege und all die anderen Punkte, die schon genannt wurden. Für diese und andere Maßnahmen erhält Hamburg rund 760 Millionen Euro zusätzlich und wird bei der Grundsicherung und Eingliederungshilfe massiv entlastet. Wir müssen jetzt aufpassen, dass die vielen sinnvollen Maßnahmen der schwarz-roten Koalition in Berlin auch vom roten Senat in Hamburg ordentlich und zügig umgesetzt werden, und darüber können wir dann gern wieder debattieren. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Nun hat Frau Fegebank das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich finde es interessant, wie bemüht sowohl CDU als auch SPD versuchen, die ungeliebte Koalition schon jetzt in verschiedenen Bereichen schönzureden.

(Sören Schumacher SPD: Ihr wolltet ja gar nicht!)

Darüber müssen wir jetzt nicht sprechen,

(Dr. Martin Schäfer SPD: Jetzt schon!)

aber eines ist doch gestern und heute in den Beiträgen klar geworden: Der zugrunde liegende Koalitionsvertrag atmet alles andere als den Geist von Aufbruch, Innovation, Veränderung oder gar Begeisterung. Das darf ich wohl so ehrlich sagen, wenn ich mir Frau Bekeris, aber auch Frau Dr. Föcking anhöre. Es liegt sicher daran, dass wir über ein paar konkrete Maßnahmen hinaus noch nicht genau wissen, wie das im Zusammenspiel laufen wird. Wir haben es gestern vom Bürgermeister oder einem Vertreter der SPD eindrücklich gehört, der uns einen kleinen Einblick in den Ablauf der Verhandlungen gegeben hat. Es war klar, dass eine Umverteilung von Vermögen nicht drin ist und dass es dafür den Mindestlohn für die SPD gibt; eine ganz einfache Rechnung. Das ist kein großer Wurf nach vorn und kein Aufbruch, und das ist alles andere, als dieses Land mit seinen großen Schwierigkeiten und der in vielen Teilen beträchtli

chen sozialen Spaltung als Antwort einer Großen Koalition, die auch Probleme lösen will, gebrauchen kann.

(Beifall bei den GRÜNEN – Dirk Kienscherf SPD: In Hessen wird das alles anders, da kommt der große Aufbruch!)

Viele Punkte sind genannt worden, deshalb will ich sie nur im Stakkato noch einmal erwähnen, vielleicht auch, um der SPD vor Augen zu führen, wofür wir im Wahlkampf noch gemeinsam gestritten und in Diskussionen gerungen haben. Wir haben über die Abschaffung des Betreuungsgeldes gesprochen, wir haben über die Einführung einer Bürgerversicherung gesprochen, die endlich das ZweiKlassen-System im Gesundheitssystem abschafft, und darüber, wie Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter gestärkt werden können, was für Langzeitarbeitslose getan werden kann und wie wir Leistungen bei Hartz IV und bei der Grundsicherung zu einem gerechteren Miteinander anfassen können. Wir haben gesagt, dass wir neue Konzepte für den sozialen Arbeitsmarkt brauchen, um auch Menschen, die nicht mehr oder kaum noch vermittelbar sind, eine Perspektive zu geben, und dass wir starke Investitionen vor allem in Bildung und Infrastruktur brauchen. Bei vielen dieser Punkte sehe ich, dass die großen Forderungen und Wünsche, die gerade von der Sozialdemokratie eingebracht wurden, auf der Strecke geblieben sind und einem "Weiter so" und dem Zementieren der Verhältnisse geopfert wurden. Das ist in Anbetracht der Zahlen – und nun komme ich zum eigentlichen Thema der Aktuellen Stunde, es soll auch um Hamburg und die soziale Spaltung gehen – fast fatal.

Frau Özdemir hat bereits angesprochen, dass wir eine Kinderarmutsquote haben, die eine unrühmliche Spitzenposition in den deutschen Großstädten abbildet, und eine Altersarmutsquote, die Hamburg im Vergleich aller Städte als Spitzenreiter dastehen lässt – Tendenz steigend. Wir haben Einkommensund Vermögensungleichheiten wie in keiner anderen deutschen Großstadt. Da ich hätte mir erwartet und versprochen, dass mit dem Koalitionsvertrag auch bezüglich der sozialen Spaltung in den Großstädten etwas passiert.

(Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN)

Ich will aber etwas sehr Konkretes sagen, und ich weiß, dass ich dabei auch in der eigenen Fraktion nicht nur Freunde habe; wir hatten eben ein Streitgespräch darüber. Mit Wolfgang Rose habe ich auch schon gesprochen, und ich weiß, dass gleich Kritik kommen wird. Es geht um die Veränderungen in der Rente, und wir können konkret sehen, was sich schon zum 1. Januar 2014 und zum 1. Januar 2017 verändern wird. Ich finde es gut im Sinne der Gerechtigkeit für Frauen und Mütter, dass über die Mütterrente nachgedacht wurde und dass sie kommt. Wir müssen auch darüber sprechen, wie wir mit der Lebensleistungsrente, die

(Dr. Friederike Föcking)

steuerfinanziert ist, so umgehen, dass Altersarmut abgefedert wird. Ich habe nachgeschaut, die Einführung der Rente ab 63 wird 6,5 Milliarden Euro kosten und die Mütterrente 6 Milliarden Euro; das sind 12 Milliarden Euro. Wenn ich das mit den Investitionen für Kita, Schule und Hochschule vergleiche, dann ergibt sich ein eklatantes Missverhältnis, sodass Ihre Beschlüsse zur Rente – entschuldigen Sie meine Deutlichkeit – eine Kampfansage an die Generationengerechtigkeit darstellen. Dagegen werden wir GRÜNE auf Bundesebene, aber auch hier im Land vorgehen und etwas sagen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei Finn-Ole Ritter FDP)

Heute stand relativ groß in der "Berliner Zeitung" und auch bei "Spiegel Online", dass die Rente mit 63 eindeutig gut verdienende männliche Facharbeiter begünstigt und eine krasse Benachteiligung von Frauen darstellt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Mit Ihren Vorschlägen zur Rente hat man vielleicht ein Thema, über das man sich auch innerhalb der eigenen Parteien und Fraktionen streitet, aber wir haben keine erkennbare Bekämpfung von Altersarmut, sondern eine Benachteiligung von Frauen, wenn es darum geht, mit 63 in Rente zu gehen. Ich wiederhole mich: Das ist eine Kampfansage an die Generationengerechtigkeit, weil immer weniger Menschen für immer mehr Menschen immer länger einzahlen. Das ist ein Griff in die Rentenkasse, und wenn man das Ganze über Steuerfinanzierung abwickelt

(Glocke)

ich bin sofort fertig –, dann können wir darüber sprechen, aber nicht zulasten der jungen Generation. – Danke.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Nun hat Frau Kaesbach das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Dass DIE LINKE ihre Anmeldung zu diesem Thema in der Aktuellen Stunde separat debattieren möchte, macht deutlich,

(Zuruf von Christiane Schneider DIE LINKE)