Protocol of the Session on November 6, 2013

(Beifall bei der SPD)

Wir sind der festen Überzeugung, dass die Entwicklung einer friedlichen und solidarischen Stadtgesellschaft tatsächlich die Beteiligung aller erfordert. Deswegen haben wir bereits 2011 das Format der Stadtwerkstatt entwickelt, das wir überall in der Stadt auch nutzen. Nachhaltige Quartiersentwicklung gemeinsam mit der multikulturellen Einwohnerschaft – auch das konnten wir von der IBA lernen.

Meine Damen und Herren! Ich könnte noch viele weitere praktische Beispiele nennen. So haben wir durch die IBA Erfahrungen darin gewonnen, wie wir Arbeiten, Wohnen und Freizeit auch in dafür ursprünglich nicht ideal gelegenen Arealen etablieren können. Es sind auch die Grenzen solcher Vorhaben deutlich geworden, weil Vorschriften an dieser Stelle häufig die Innenentwicklung hemmen. So geht es um mehr Vereinbarkeit von Wohnen und Arbeiten. Diese Erkenntnisse bringen wir als Großstadtstrategie zurzeit auch in die Debatte auf Bundesebene ein.

Sie sehen, dass IBA und igs fortwirken. Wir werden die Chancen nutzen und das erworbene Wissen für eine nachhaltige und zukunftsorientierte Stadtentwicklung einsetzen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Frau Stöver hat das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der "Sprung über die Elbe" ist schon angeklungen. So viel Lob für CDU-Politik haben wir von einer SPD-Senatorin und dem Kollegen Kienscherf selten gehört.

(Beifall bei der CDU – Jan Quast SPD: Wir haben ja selten Grund dazu! – Finn-Ole Rit- ter FDP: Und das, ohne rot zu werden!)

Herr Kienscherf, und das haben Sie geschafft, ohne das Wort CDU einmal in den Mund zu nehmen. Aber ich habe es herausgehört. Sie haben "wir" gesagt ohne den Zusatz "Sozialdemokraten", also können wir das "wir" auch für die CDU mit verbuchen.

(Beifall bei der CDU)

Die IBA ist eines der beiden Vorzeigeprojekte des "Sprungs über die Elbe" gewesen, auf den ich jetzt etwas näher eingehen möchte. Zur Erinnerung: Dass die Zukunft Hamburgs im Süden liegt, hat bereits Ihr Bürgermeister Weichmann in den Sechzigerjahren erkannt. Aber weder er noch andere nachfolgende SPD-Senate haben ernsthaft an einer städtebaulichen Entwicklung des Hamburger Südens arbeiten lassen. Es musste erst die CDU kommen.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von der SPD: Oh!)

Das habe ich erwartet.

Es bedurfte eines CDU-Senats und des Leitbilds der Wachsenden Stadt, um endlich anzufangen, dieses Potenzial zu heben.

(Glocke)

Erster Vizepräsident Frank Schira (unterbre- chend): Verzeihung, Frau Stöver, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Frau Sudmann?

Bitte schön, Frau Sudmann.

Vielen Dank. – Mich interessiert gerade die Rolle der Aktiven in Wilhelmsburg. Haben die nichts dazu beigetragen, dass auch die CDU erkannt hat, dass in Wilhelmsburg etwas zu tun ist?

(André Trepoll CDU: Die sind doch alle in der CDU!)

Sie haben wunderbar ausgeführt, dass die Wilhelmsburger mit dazu beigetragen haben und dass das eben auch fortzusetzen ist. Da bin ich vollkommen Ihrer Meinung, Frau Sudmann.

(Beifall bei Christiane Schneider DIE LINKE)

Der "Sprung über die Elbe" wurde 2004 als Leitprojekt im Rahmen der Wachsenden Stadt verankert, und er hatte und hat zum Ziel, die sozial und infrastrukturell abgehängten südlichen Stadtteile an der Elbe weiterzuentwickeln. Im Vergleich zu den Stadtteilen im Norden Hamburgs wurde die Elbinsel Wilhelmsburg und Harburg über Jahrzehn

(Senatorin Jutta Blankau)

te in der Planung und finanziellen Ausstattung ungenügend berücksichtigt. Das hat augenscheinlich, auch das ist schon angeklungen, mit der schnellen Entwicklung des sogenannten Speckgürtels im Norden Hamburgs zu tun. Ich betone hier ausdrücklich die Vergangenheit und die Zukunft. Ziel war und ist die Aufwertung, und dieses Ziel ist mit der Abwicklung der igs und der IBA mitnichten abgeschlossen, sondern es ist nicht vollständig erreicht worden. Dieses Ziel konnte auch gar nicht vollständig erreicht werden, sondern es muss fortbestehen. Ich fordere den Senat deutlich auf, den "Sprung über die Elbe" weiter fortzuführen und vor allen Dingen das Ziel der Aufwertung ernst zu nehmen, denn sonst wird der "Sprung über die Elbe" zum Sprung in die Elbe.

(Beifall bei der CDU)

Die CDU-Fraktion hat beim jetzigen Senat allerdings den Eindruck, dass die nötige Ernsthaftigkeit beim "Sprung über die Elbe" fehlt, denn wie sonst kann es sein, dass es zu einer Entscheidung kommt, in einem sozial hoch belasteten Stadtteil wie Harburg-Kern eine zentrale Erstaufnahme für Flüchtlinge zu planen. Harburg-Kern ist im Sozialmonitoring-Bericht von 2012 wiederholt mit der Einstufung "sehr niedriger Sozialindex" belegt worden.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Meiner Meinung nach sieht die Aufwertung eines Stadtteils, der ohnehin eine schwierige Sozialstruktur hat, so nicht aus. Ich sage Nein zu dieser Senatspolitik; der "Sprung über die Elbe" ist für Sie ein Lippenbekenntnis.

(Arno Münster SPD: Das ist einfach un- fassbar!)

So landet der "Sprung über die Elbe" in der Süderelbe, und das haben die südlichen Stadtteile nicht verdient.

(Beifall bei der CDU)

Lassen Sie mich noch ein weiteres Indiz für die mangelnde Ernsthaftigkeit des Senats nennen, und das ist die Projektgruppe "Sprung über die Elbe". Eine Schriftliche Kleine Anfrage von meiner Seite hat ergeben, dass die Projektgruppe noch besteht. Doch wann hat sie zum letzten Mal getagt, mit welcher Leitung und mit welcher Aufgabe? Ich sage es Ihnen. Die Leitung hat im Sommer offensichtlich aus Frust über die Perspektiv- und Konzeptlosigkeit gekündigt, und seitdem besteht eine kommissarische Vertretung. Der Auftrag ist völlig ungewiss, da es weder ein Konzept noch Fortführungspläne gibt. Der "Sprung über die Elbe" ist mit den Projekten IBA und igs begonnen, aber nicht abgeschlossen worden. Wir fordern die Wiederaufnahme der Arbeit der Projektgruppe "Sprung über die Elbe" mit neuen Inhalten, um die Weiterentwicklung Richtung Harburger Innenstadt und ir

gendwann in der Zukunft auch in den Landkreis fortzusetzen. Lieber Senat, das ist Ihre Aufgabe, damit der "Sprung über die Elbe" nicht in der Elbe landet.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat Frau Dr. Leonhard.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Liebe CDU, Sie haben vor allem in Ihrem Eingangsbeitrag einen richtig guten großen Bogen über das Projekt IBA und seine Bedeutung für die Freie und Hansestadt Hamburg geschlagen,

(Beifall bei Birgit Stöver CDU)

was auch beispielgebend sein sollte für die Lesart, die wir anschlagen, wenn wir in Zukunft bewerten, was dieses Stadtentwicklungslabor für die Stadt gebracht hat. Das finde ich sehr wichtig, und in diesem Zusammenhang verzichte ich ausnahmsweise darauf, auf bestimmte Dinge einzugehen, die die sonst von mir sehr geschätzte Kollegin Stöver hier gerade zum Besten gegeben hat.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU)

Auch in einer weiteren Frage möchte ich der CDU und allen anderen Parteien, die das hier vor sieben Jahren beschlossen haben, unbedingt recht geben: Die Entscheidung, sich mit Wilhelmsburg und der Schlossinsel Harburg für die IBA zu bewerben, war uneingeschränkt richtig. Gleichwohl ist eine Internationale Bauausstellung immer ein Stadtentwicklungskonzept auf Zeit, und insofern hat die FDP recht, wenn sie sagt, damit schreibe die IBA auch ein bisschen Geschichte, aber deswegen ist sie noch nicht gleich Geschichte, ganz im Gegenteil. Ich will einmal einen Wilhelmsburger für sich sprechen lassen, der mir am Wochenende sagte, Wilhelmsburg sei immer ein Stadtteil mit Potenzial gewesen und dank der IBA sei das jetzt auch national bekannt.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU)

Innerhalb der vergangenen Jahre ist es gelungen, in diesen Stadtteilen eine besondere positive Dynamik zu entfalten. Viele der IBA-Projekte waren angetreten, um neue Räume und neue Energien für die Stadt zu schaffen und freizusetzen. Eine IBA dient dazu, uns den Blick zu öffnen auf die Frage, was alles geht. Viele innovative Projekte haben Anklang und Interessenten gefunden, manche – als Stichwort sei nur einmal Wohnen am Wasser genannt – sind als IBA-Projekte geboren und erfolgreich und zeigen uns, wie die Zukunft in der Stadt auch überall sonst aussehen könnte, und das ist auch beispielgebend für alle Pläne für die

(Birgit Stöver)

östliche Stadt in Hamburg in der Zukunft. Mit diesen Impulsen inspiriert die IBA auch zur Weiterentwicklung, und das nehmen wir sehr ernst. Dafür spricht auch das anhaltende Engagement von Investoren, das messbar über den Ausstellungszeitraum hinausgeht, zum Beispiel auf der Harburger Schlossinsel. Hier ist es geglückt, Investorengruppen erstmals nicht nur für die Freie und Hansestadt Hamburg, sondern für den Hamburger Süden zu begeistern. Und sie haben sich bereits jetzt im Zuge verschiedener Immobilienprojekte dadurch ausgezeichnet, dass sie uns auch über die IBA hinaus erhalten bleiben wollen, und das ist ein großer Erfolg.

(Beifall bei der SPD)

Als Bauausstellung hat die IBA nicht nur im engeren Sinne Impulse für das Bauen an sich gesetzt, sondern auch in viele Lebensbereiche hineingewirkt. Hierfür stehen besonders die Bildungsoffensiven und auch die vier Leitthemen. Kosmopolis ist da wahrscheinlich eines der wichtigsten, aber nicht das einzige, und hier gibt es auch einen Punkt, wo ich der Lesart der LINKEN durchaus widersprechen möchte. Die Mietpreissteigerungen, die Sie für Wilhelmsburg konstatieren, sind vor allem auf zwei Dinge zurückzuführen: Es gibt jetzt in Wilhelmsburg ein Angebot an bestimmten Wohnungen, auch an Eigentum und an Neubauten, das es über Jahrzehnte nicht gegeben hat. Das führt natürlich auch dazu, dass im höherpreisigen Segment überhaupt etwas stattfindet und dass Leute die Elbinsel erstmals für sich entdecken, und das ist eine positive Entwicklung.

(Beifall bei der SPD und bei Christa Goetsch GRÜNE)

Dieser in der Tat vorhandene, aber vertretbare Preissteigerungsindex, der in absoluten Zahlen ganz anders ist, als wenn man sich die prozentuale Zahl hier anschaut, zeigt uns nur, dass Wilhelmsburg und auch die Schlossinsel, die vorher Industriebrache und überhaupt nicht mehr bewohnbar war, nicht mehr von der Stadtentwicklung in Hamburg abgehängt sind, sondern weiterhin daran teilnehmen. Das ist ein Erfolg und kein Misserfolg, und das darf man auch nicht schlechtreden.

(Beifall bei der SPD und bei Birgit Stöver CDU und Dr. Anjes Tjarks GRÜNE)

Die IBA ist damit aus unserer Sicht ein Geschenk, das sich die Stadt Hamburg selbst gemacht hat und das wir würdigen müssen, indem wir Dinge engagiert fortführen. Ich will einmal ein Beispiel nennen, auch wieder aus Wilhelmsburger und Harburger Sicht: Nehmen wir die Sanierung der Deponie in Georgswerder. Die Deponie war für die Wilhelmsburger über viele Jahre Ausdruck und Mahnmal für ihre Situation, für ein schlechtes Image und vielleicht auch für tatsächlich verfehlte Politik; dazu muss man stehen. Daraus ist dank IBA nun ein