Protocol of the Session on October 23, 2013

(Beifall bei der CDU)

Frau Fegebank, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Habe ich bei der Debatte eben von der neuen Großen Koalition gesprochen, spreche ich nun – und ich denke, das teilen alle anwesenden Fraktionen – von der ganz Großen Koalition, denn wenn es tatsächlich um die Frage der Umsetzung der UN-Behindertenkonvention geht, haben wir doch immer sehr kollegial und sehr konstruktiv miteinander gearbeitet. Das haben wir unter Beweis gestellt in der Bürgerschaft, aber auch in den Ausschüssen. Wir haben jetzt eine Drucksache vorliegen, die deutlich besser ist als am Anfang, was mit Sicherheit auch damit zu tun hat, dass wir uns als Opposition nach Rücksprache mit Selbsthilfegruppen, Behindertenverbänden und aktiven Bürgerinnen und Bürgern konstruktiv eingebracht haben. Aber es ist eine Drucksache, die wir stetig prüfen müssen und die sich im Prozess auch stetig weiterentwickeln wird.

Die Punkte, die Frau Dr. Föcking eben ansprach, finde ich ausdrücklich richtig, denn es kann nicht nur ein Papier sein, das den Charakter hat, ein paar Verlautbarungen zu veröffentlichen, sondern es müssen auch belastbare Forderungen sein, die mit konkreten Kennzahlen und konkreten Zielen unterfüttert sind. Von daher ist diese zusätzliche Forderung, die jetzt noch einmal eingebracht wird, ausdrücklich richtig.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich muss die Herleitung – das hat Frau Jäck sehr ausführlich gemacht – dieses Landesaktionsplans, unserer Arbeitsgrundlage, nicht noch einmal darstellen. Man sieht auch anhand der Debatten, die wir in diesem Hause geführt haben, und anhand der Auseinandersetzungen im Ausschuss, dass das ein Thema ist, das uns in den letzten Monaten sehr, sehr intensiv beschäftigt hat.

Ich will nur noch einmal betonen …

(Glocke)

Frau Fegebank, bevor Sie das betonen, bitte ich das Plenum darum, nicht so laut zu reden, leiser zu sein, der Rednerin zuzuhören oder hinauszugehen.

(Christiane Schneider DIE LINKE: Ich kann Sie ja kaum verstehen!)

– Ich kann auch lauter sprechen, das stört mich nicht weiter.

Ich will etwas positiv herausstellen, denn ich denke, das könnte auch beispielgebend sein für andere Themen. Dieses Höchstmaß an Beteiligung, das von Beginn an, auch in der Weiterentwicklung des Aktionsplans, gepflegt wurde, ist durchaus etwas, wovon wir lernen können und bei dem wir auch Dinge mitnehmen können für zukünftige Debatten.

Kritisch, auch das hat Frau Dr. Föcking angesprochen, ist sicherlich das ein wenig mickrige Gebaren der SPD im Ausschuss gewesen. Da wünschten wir uns manchmal, dass Sie einmal Fünfe hätten gerade sein lassen können. Wir haben gute Anträge gestellt, wir haben gute zusätzliche Forderungen gestellt, und die hätten durchaus mit entsprechender Würdigung abgestimmt werden können. Aber das ist verschüttete Milch von gestern; ich wollte das nur in dieser Runde noch einmal anführen.

Bei allem Einvernehmen werden wir einem Punkt weiterhin nicht zustimmen, denn wir glauben, dass er nicht ausreichend behandelt wird in der vorliegenden Form. Das ist die Frage des Umgangs der Menschen mit psychischen Erkrankungen. Sie hatten in der ursprünglichen Version gar keine Berücksichtigung gefunden, und auch die jetzige Formulierung ist uns zu schwach. Deshalb werden wir uns, wie im Ausschuss auch, bei diesem Punkt nicht anschließen und ihn ablehnen.

Wir haben in den letzten Monaten Fortschritte gemacht. Es ist ein Dokument, das der stetigen Überprüfung und der Weiterentwicklung bedarf und das erst lebendig wird, indem wir es auch miteinander leben, denn eines ist klar: Inklusion ist ein sperriges Wort, das nicht in der gesamten Gesellschaft als Debattenwort bekannt ist. Aber die Selbstbestimmung des Einzelnen und die gleichberechtigte Teilhabe fußen auf der UN-Behindertenrechtskonvention, die ein einklagbares Recht in allen Lebensbereichen ist. Deshalb wird es wichtig sein, dies weiter in alle Lebensbereiche hineinzutragen, und da bleibt noch viel zu tun.

Ich habe eben in einem Artikel gelesen, dass im letzten Jahr gerade einmal drei geförderte, rollstuhlgerechte Wohnungen neu gebaut wurden. Da ist noch sehr viel Luft nach oben; das haben die Debatten im Ausschuss auch ergeben. Weiterhin brauchen wir von Anfang an den Austausch und die kritische Überprüfung bei Bauvorhaben von den Betroffenen selbst bei der Entwicklung von öffentlichen Einrichtungen, aber auch in der Infrastruktur, im Verkehrsbereich, damit wir nicht noch einmal das haben, was wir mit Beginn der HafenCity erlebten. Wir hatten nämlich einen schönen, neuen Stadtteil, der aber an vielen Stellen nicht der Barrierefreiheit gerecht wird; ich erwähne hier nur die fehlenden Blindenausweisungen.

(Dr. Friederike Föcking)

Inklusion leben bedeutet also, Teilhabe für alle zu ermöglichen, unabhängig von Handicap oder Alter. Deshalb haben wir mit diesem Dokument eine gute Grundlage, das wir weiterentwickeln im steten Prozess, im Austausch mit den Verbänden und Initiativen und das uns ermöglicht, weiterhin Begegnungen zu schaffen zwischen Menschen mit und ohne Behinderung. Deswegen ist diese Debatte ein recht guter Auftakt für die Zukunft. – Danke.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Jetzt hat Frau Kaesbach das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Vieles wurde schon gesagt, aber ich gehe noch einmal kurz auf einige Punkte ein. Die UN-Konvention für Menschen mit Behinderung ist für die Betroffenen ein Meilenstein. Mit dem Landesaktionsplan zur Umsetzung der UN-Konvention ist auch auf Länderebene in Hamburg der nächste Meilenstein erreicht worden.

Nun müssen die rund 100 Seiten, auf denen Ziele und Maßnahmen beschrieben sind, mit Leben gefüllt werden. Dass dies geschieht, darauf werden die Menschen mit Behinderung sicher ganz genau achten. Mit dem Maßnahmenplan können die Betroffenen nachvollziehen, wo Bedingungen zur gleichberechtigten Teilhabe bereits umgesetzt worden sind und wo noch Verbesserungsbedarf besteht. Wie engagiert die Menschen mit Handicap und auch deren Verbandsvertreter sind, haben sie dem Sozialausschuss in einer öffentlichen Anhörung bewiesen; meine Vorredner gingen bereits darauf ein. Sie haben auf ihre zahlreichen und sehr unterschiedlichen Anliegen aufmerksam gemacht. Sie haben auf Leerstellen im Landesaktionsplan hingewiesen und sie haben Ergänzungen eingefordert.

Wir Abgeordnete haben bei dieser öffentlichen Anhörung viel gelernt. Auch wir Liberale haben uns die Anregungen zu Herzen genommen und einen Zusatzantrag in den Sozialausschuss eingebracht. Die Interessen von Menschen mit psychischen Erkrankungen, die im Sinne der UN-Konvention Menschen mit Behinderung sind, fanden nämlich kaum Berücksichtigung. Diese Leerstellen möchten wir aber füllen. In Zusammenarbeit mit ihren Verbänden sollen die Menschen mit Behinderung Ergänzungen vorbringen können. Auch der Appell, die Verwendung von leichter Sprache auszubauen, wurde wiederholt erhoben. Diese Forderung haben wir ebenfalls in unseren Zusatzantrag aufgenommen. Wir freuen uns auch, dass die SPD-Fraktion in ihrem Zusatzantrag diese Forderung unterstützt.

Ich gehe noch auf das ein, was Frau Dr. Föcking gesagt hat. Das Vorgehen der SPD-Fraktion im Sozialausschuss, liebe Frau Bekeris, war sehr irri

tierend. Statt einzelnen Petita der anderen Fraktionen zuzustimmen oder einen Interfraktionellen Antrag anzustreben, war Ihr Antrag etwa zu 80 Prozent mit den Petita der Oppositionsfraktionen gefüllt.

(Ksenija Bekeris SPD: So sollte es auch sein!)

Die SPD-Fraktion hat die Petita der Oppositionsanträge fast identisch übernommen, ein Petitum der CDU sogar 1:1 im Wortlaut. Da haben Sie sich nicht einmal die Mühe gemacht, das zumindest redaktionell zu verändern.

(Ksenija Bekeris SPD: Das wollten wir auch nicht!)

Ich finde das peinlich und irritierend und auch höchst undemokratisch.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Insofern kann ich gut verstehen, dass die CDU ihren Antrag noch einmal einbringt. Wir haben gesehen, dass es leider nichts bringt, denn Sie werden sowieso alles für sich verkaufen wollen, liebe SPDFraktion.

(Ksenija Bekeris SPD: Wenn Sie uns bis zum Ende zugehört hätten, dann hätten Sie das verstanden!)

Frau Bekeris, Sie können das gern noch einmal erklären.

Hinzu kommt der Umstand, dass die große SPDFraktion – darauf ging auch Frau Dr. Föcking ein – gerade einmal 24 Stunden vorher ihren Antrag eingereicht hat. Das finde ich immer wieder schwierig. Ich wünsche mir für die Zukunft, dass sich die SPD-Fraktion diese Kritik zu Herzen nimmt und ihr parlamentarisches Verhalten in diesem Punkt künftig ändert.

(Beifall bei der FDP und bei Dr. Friederike Föcking CDU)

Der Landesaktionsplan wird von allen Fraktionen unterstützt. Gerade bei einem solchen Thema, bei dem so viel Einigkeit besteht, ist dieses Vorgehen der SPD-Fraktion schlechter Stil.

Meine Damen und Herren! Der Veröffentlichung des Landesaktionsplans gingen monatelange Beratungen mit Verbänden und anderen Akteuren voraus. Ich finde es etwas schade, dass sich im Moment eine gewisse Mehrheit offenbar nicht für das Thema interessiert, aber ich spreche trotzdem weiter.

Ich war selbst auf einer Veranstaltung der Landesarbeitsgemeinschaft für behinderte Menschen, an der die Senatskoordinatorin für die Gleichstellung behinderter Menschen, Frau Ingrid Körner, teilgenommen hat. Die öffentliche Anhörung im Sozialausschuss brachte aber zutage, dass einige we

(Katharina Fegebank)

sentliche Themenbereiche außer Acht gelassen worden sind. Der Senat sollte überdenken, ob er bei der Weiterentwicklung des Landesaktionsplans nicht zukünftig Verbände vergisst beziehungsweise ob er sich nicht noch enger mit ihnen austauscht und sie in die Fortentwicklung verstärkt einbindet. Der Landesaktionsplan ist nämlich ein Projekt, das stetig fortgeschrieben wird. Klar definierte Ziele, Indikatoren, mit deren Hilfe die Zielerreichung gemessen werden kann, und verbindliche Fristen fehlten bisher an vielen Stellen.

Wir als FDP-Fraktion haben ein entsprechendes Petitum eingebracht. Immerhin wurde auch dieses Petitum von der SPD-Fraktion übernommen, zwar nicht für die Vergangenheit – der Maßnahmenplan wird nicht noch einmal überarbeitet –, aber für die Zukunft. Insofern hoffen wir sehr, dass es bei der Fortschreibung des Landesaktionsplans etwas konkreter wird. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP)

Frau Özdemir, Sie haben das Wort.

Meine Vorrednerinnen haben schon vieles gesagt. Der Landesaktionsplan in Hamburg ist ein großer Schritt. Es ist wichtig zu erwähnen, dass Verbände und Organisationen beteiligt wurden. Ob das ausreichend war, kann ich momentan nicht beurteilen, aber die öffentliche Anhörung, die wir im Sozialausschuss gemacht haben, war auch wichtig. Ich denke, dass wir diese öffentliche Anhörung weiterhin machen müssen zum Thema Landesaktionsplan, da wir im Ausschuss festgestellt haben, dass der Landesaktionsplan noch nicht abgeschlossen ist. Er muss noch erweitert werden, denn wir wissen nicht, wie die Gesellschaft in zwei Jahren ausschaut, und wir wissen nicht, was wir dann noch für eine inklusive Gesellschaft brauchen werden. Ich denke, wir werden noch vieles brauchen, wir haben noch einen langen Weg vor uns.

2006 hat Deutschland die UN-Behindertenrechtskonvention unterschrieben, 2013 gab es den Landesaktionsplan in Hamburg. Wir sind zwar auf dem sicheren Weg, aber es wird noch lange dauern, bis wir das Ziel einer inklusiven Stadt Hamburg wirklich erreicht haben. Und hier muss ich meinen Vorrednerinnen recht geben. Das Verhalten der SPD im Ausschuss war nicht fair. Die anderen Fraktionen haben gute Anträge eingereicht, die die Ergänzungen und Kritikpunkte der Vertreterinnen und Vertreter während der öffentlichen Anhörung mit aufgenommen haben, was auch richtig war. Die SPD kommt dann am selben Tag mit ihrem Antrag an.

(Ksenija Bekeris SPD: Falsch wiedergege- ben!)

Frau Bekeris, Sie haben die Petita der anderen Anträge eigentlich nur kopiert beziehungsweise abgeschrieben und in Ihren Antrag eingefügt.

(Regina-Elisabeth Jäck SPD: Die Petita stammen aus einer Anhörung!)

Das zeigt auch, wie Sie mit uns im Sozialausschuss umgehen.

(Beifall bei der LINKEN und bei Dr. Friederi- ke Föcking CDU)