Protocol of the Session on September 25, 2013

(Dora Heyenn DIE LINKE: Quatsch!)

denn ich glaube, dass es Frust erzeugt, wenn die Menschen jetzt in der Zeitung lesen, dass erst einmal ein riesengroßer Rattenschwanz an Maßnahmen erfolgen müsse, um den Willen, den sie ausgedrückt haben, überhaupt umsetzen zu können. Ich denke, dass das ein ernstes Problem ist, mit dem wir uns intensiv auseinandersetzen müssen, unabhängig von der Haltung, die wir da vertreten haben.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

In Zukunft muss es uns wirklich darum gehen, das Instrument Volksentscheid noch besser zu machen. Mit der Verbindlichkeit der Volksentscheide haben wir bereits ein wichtiges Element bei der Bürgerbeteiligung geschaffen. Wir sollten es aber für den Bürger noch greifbarer machen und vor al

len Dingen für die Politik noch besser umsetzbar machen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Das Wort hat der Erste Bürgermeister.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich bin ein großer Anhänger der Volksgesetzgebung, und ich glaube, dass es zur Volksgesetzgebung schon dazu gehört, dass sie eine Stadt zusammenführt. Das war nicht nur im klassischen Athen der Fall, sondern es ist auch heute der Fall. Es ist eine antidemokratische Vermutung zu glauben, dass eine Stadt nur dann zusammenhält, wenn immer alle einer Meinung sind. Das ist keine demokratische Vorstellung. Zur Demokratie gehört, dass es unterschiedliche Meinungen gibt. Zur Demokratie gehört übrigens auch, dass die Bürgerinnen und Bürger in einem Fall auch eine andere Meinung haben als sonst, wenn sie eine Partei wählen. Es ist der Sinn der neu geschaffenen plebiszitären Elemente in einer ansonsten parlamentarischen Demokratie, dass man nicht so, wie man bei der Wahl abstimmt, auch in der Einzelfrage abstimmen muss, denn wenn wir das nicht wollen, bräuchten wir die ganze Volksgesetzgebung nicht. Ich sage noch einmal: Volksgesetzgebung ist in Ordnung, und wenn das Volk eine Entscheidung getroffen hat, dann ist sie auch zu beachten.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und der LINKEN)

Der Einigungsprozess, der in der Volksgesetzgebung für eine Gemeinschaft wie unsere Stadt zustande kommt, bedeutet aber auch, dass sich nach der Entscheidung alle daran halten müssen. Es bedeutet nicht, noch einmal all die Argumente, die wir vorher aus guten Gründen sehr unterschiedlich vorgetragen haben, sorgfältig erneut vorzutragen, denn das alles ist bereits gesagt.

(Beifall bei der SPD)

Jetzt geht es darum, den Volksentscheid umzusetzen. Wie das zu geschehen hat, war schon vorher absehbar, und das ist auch gut beschrieben in dem Antrag, der nachher noch zu beraten sein wird, aber auch in vielen anderen Äußerungen, die wir in diesem Haus und anderswo gehört haben.

Wir werden natürlich die Unternehmen fragen, ob sie uns ihre Anteile an den drei Netzgesellschaften verkaufen. Das gehört sich so, weil es die unmittelbare, schnelle und zügige Umsetzung des Volksentscheids ermöglichen würde und weil möglicherweise auch die Unternehmen für sich erwägen, eine solche Entscheidung zu treffen, wenn sie das alles einmal sorgfältig durchdenken. Wir kennen den Ausgang nicht, wir haben in den Medien gelesen, dass das möglicherweise schwierig ist. Aber

(Katja Suding)

es gehört sich, dass man darüber spricht und diese Frage stellt. Der Senat wird sie im Auftrag der Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt unseren Geschäftspartnern, den drei Netzgesellschaften, stellen.

(Beifall bei der SPD)

Als wir die drei Netzgesellschaften neu aufgestellt haben und uns selbst mit 25,1 Prozent als Stadt daran beteiligt haben, haben wir immer vorgesehen, dass ein Volksentscheid, der schon absehbar war, zu einem anderen Ergebnis kommen kann. Deshalb gibt es in all diesen Verträgen sorgfältige Regelungen über die Rückabwicklung der Beteiligung. Sollte es also so sein, dass die Geschäftspartner sagen, sie seien nicht bereit, diese Anteile an uns zu vertretbaren Bedingungen zu verkaufen, dann werden wir selbstverständlich von den Rückabwicklungs- und Kündigungsmöglichkeiten, die damit verbunden sind, Gebrauch machen. Das muss nach den Verträgen auch schnell und zügig erfolgen, damit wir uns dann im Wettbewerb zu den heutigen Netzbetreibern um die jeweiligen Konzessionen bemühen können.

(Beifall bei der SPD)

Das heißt selbstverständlich auch, dass wir den ruhenden Streit über die Frage, ob es sich beim Fernwärmenetz um eine Konzession handelt, die neu vergeben werden kann, bei der die Stadt auch selbst wieder in die Besitzrechte eintreten kann oder auch nicht, wieder aufnehmen. Wir brauchen natürlich diese Klärung, um den Volksentscheid umsetzen zu können. Das ist ebenfalls in den verhandelten Verträgen vorgesehen. Wir haben gesagt, dass wir das ruhen lassen, aber falls die Volksgesetzgebung anders ausgehe, würden wir diesen Rechtsstreit wieder aufleben lassen. Dieser Fall ist nun eingetreten.

(Beifall bei der SPD)

Wir werden uns zügig darauf vorbereiten, falls es nicht zu Einigungen kommt, die jetzt schnell absehbar sind, uns mit einer eigenen Netzgesellschaft um die Konzessionen zu bewerben. Die nächste Konzession, die ansteht, ist schon ausgeschrieben, das ist bereits bekannt gemacht, es ist die Konzession um das Stromnetz. Hier muss man sich bis Anfang Januar melden, ob man überhaupt Interesse daran hat. Dann gibt es ein festgelegtes und zügiges Verfahren, das noch im nächsten Jahr zu einer Entscheidung über die Stromnetzkonzession führen wird.

Wir werden uns für diesen Fall vorbereiten und dafür Sorge tragen, dass wir in der Lage sind, eine Bewerbung abzugeben, die so gut ist, dass sie keine Behörde irgendwo in Deutschland ablehnen könnte. Das ist die Aufgabe, die wir uns selbst gestellt haben, und ich bin sicher, dass wir alle unsere Kraft und alle unsere Möglichkeiten zusammennehmen, die beste Bewerbung um das Stromnetz

in Hamburg vonseiten einer von der Stadt gegründeten Gesellschaft abzugeben.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und der LINKEN – Anja Hajduk GRÜNE: Na, geht doch!)

Ein Punkt ist mir an dieser Stelle aber wichtig. Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dieser drei Unternehmen – diejenigen, die jetzt im Stromnetz tätig sind, aber auch die anderen – dürfen nicht die Leidtragenden dieser Entwicklung werden. Wir werden deshalb bei allem was wir machen sicherstellen, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eine gute Perspektive auch in Zukunft haben.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der LINKEN)

Damit das alles gut gelingt, wird der Senat den Auftrag der Bürgerinnen und Bürger umsetzen, aber er wird sich natürlich von allen beraten lassen – von der Bürgerschaft, von der Initiative und von vielen anderen. Alle, die uns Vorschläge zu machen haben, sind eingeladen, diese auch tatsächlich loszuwerden. Es wird Vorschläge geben, die wir in großer Breite diskutieren und erörtern können. Es wird auch vielleicht einen so guten Vorschlag geben, dass wir den nur für uns behalten wollen, damit er nicht von den Netzbewerbern gewissermaßen eingesetzt werden kann. Aber das sind alles Dinge, die in gutem Einvernehmen miteinander entschieden und vorbereitet werden können.

Meine Damen und Herren! Wir haben eine Entscheidung im Rahmen der Volksgesetzgebung. Wir haben uns gewünscht, dass es möglich ist, in der Hamburger Verfassung niederzulegen, dass die Bürgerinnen und Bürger in Einzelfällen Entscheidungen treffen können. Wenn diese Entscheidungen getroffen sind, dann müssen sie beachtet werden; dieser Senat wird das tun.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Das Wort hat Herr Hackbusch.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Bürgermeister, ich habe Ihre Worte gern gehört. Ich glaube, dass es die richtige Art und Weise ist, damit umzugehen. Sie ahnen es, dass wir als Opposition immer ein bisschen kritisch schauen werden, aber wir finden diesen Weg, den Sie jetzt eingeschlagen haben, richtig und werden ihn unterstützen.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei der SPD und den GRÜNEN)

Ich möchte jetzt nicht zu der konkreten Umsetzung sprechen; das werden wir zu einem gesonderten

(Erster Bürgermeister Olaf Scholz)

Tagesordnungspunkt bereden. Aber ich möchte einige Punkte beleuchten, die bei dieser Frage der Bürgerbeteiligung nicht ganz unwichtig waren.

Erstens: Wir unterhalten uns gegenwärtig viel über politische Konstellationen auf Bundesebene und was da alles möglich und denkbar ist. Ich stelle fest, dass es in dieser Stadt in einer zentralen politischen Angelegenheit eine Mehrheit gibt links von Olaf Scholz. Es ist links von Olaf Scholz eine Mehrheit dafür, dass wichtige Aktivitäten nicht in private Hände zu geben sind, sondern in staatliche Hände. Ich denke, es ist eine wichtige Frage für alle politischen Zukunftskonstellationen, das weiterhin im Kopf zu behalten und auch weiterhin zu überlegen.

(Beifall bei der LINKEN)

Zweitens: Wir haben es hier mit einer sehr wichtigen Frage von Volksgesetzgebung zu tun, und hierbei finde ich auch die Worte des Bürgermeisters sehr gut und muss zugeben, dass ich etwas entsetzt bin über die Äußerungen von Herrn Wersich dazu. Ich lobe in diesem Zusammenhang ausdrücklich Frau Suding, die sagte, dass sie diese Entscheidung übernehme. Herr Wersich hat nicht davon gesprochen, dass er das Ergebnis akzeptiert.

(Dietrich Wersich CDU: Doch, das steht so- gar im Antrag drin! – André Trepoll CDU: Doch, wortwörtlich!)

Das Wort, das er dazu in seiner Rede gewählt hat, war Respekt gegenüber diesem Ergebnis, aber nicht Akzeptanz. Herr Wersich, das Entscheidende ist, dass wir dem Volk diese Frage gestellt haben. Sie und die gesamte Bürgerschaft haben die Aufgabe, diese Sache umzusetzen

(Beifall bei der LINKEN)

und zu sagen, dass wir den Volksentscheid in dieser Stadt umsetzen wollen; das ist entscheidend. Ich bin Ihnen gegenüber deswegen so skeptisch, weil wir eine böse Erfahrung mit Ihnen haben im Zusammenhang mit den Krankenhäusern. Es gab eine Entscheidung der Mehrheit in dieser Stadt, und zwar eine viel größere, aber Sie und Ihr Bürgermeister haben etwas völlig anderes durchgesetzt. Sie haben meiner Meinung nach ein Demokratiedefizit in diesem Bereich, und das werden wir in der nächsten Zeit mit Ihnen diskutieren.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Ich möchte noch etwas anderes dazu sagen, weshalb dieses Ergebnis meiner Meinung nach durchaus die Bezeichnung verdient, dass es ein Sieg der Demokratie ist. Dazu will ich etwas aus dem Nähkästchen plaudern aus einer Erfahrung von jemandem, der bei einem Werftarbeiter in Hamburg aufgewachsen ist.

(Finn-Ole Ritter FDP: Wer war das?)

Mein Vater, ich will das einmal persönlich erzählen, der 30 Jahre Werftarbeiter war, hat mir eine ganz wichtige Erfahrung beigebracht. Er sagte, seine Erfahrung sei, dass man zwar alles Mögliche erzählen könne, aber wenn es darauf ankäme, werde sich das Geld immer durchsetzen. Er sagte, mein Sohn, du hast nie eine Chance dagegen.

(Finn-Ole Ritter FDP: Das hat mich geprägt!)

Das ist meiner Meinung nach eine entscheidende Sache. Wir als Initiative und deren Unterstützer haben nämlich gezeigt, dass jemand zwar mit sehr viel Geld ankommen kann, dass aber Geld nicht immer die Welt regiert. Das ist meiner Meinung nach das Entscheidende hierbei.

(Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN)

Ich will Ihnen auch sagen, warum das wichtig ist und warum es gerade für die SPD so wichtig ist.

(Karin Timmermann SPD: Das müssen Sie uns nicht erzählen! – Zurufe von der SPD)