Protocol of the Session on May 19, 2011

Wir haben das Thema Vermögensteuer in der letzten Wahlperiode mehrfach diskutiert. Herr Kerstan hat sicherlich auch die Anzahl der Debatten im Kopf. Es hätte in diesem Haus schon damals eine Mehrheit für die Vermögensteuer geben können, allein der GAL fehlte der Mut. Das hat sich geändert, heute ist die Mehrheit wahrscheinlich sicher.

(Dennis Gladiator)

Nicht geändert hat sich die Lage, die uns die Debatte um die Vermögensteuer in der Vergangenheit hat führen lassen. Der gesamtwirtschaftliche Einbruch infolge der globalen Wirtschafts- und Finanzkrise scheint zwar früher als erwartet überwunden, die Lage der öffentlichen Haushalte ist aber nach wie vor angespannt. Zudem bestehen nach wie vor erhebliche Risiken aus der noch nicht bewältigten Vertrauensund Schuldenkrise in Europa und aus den immer noch anfälligen internationalen Finanz- und Immobilienmärkten. Trotz des Silberstreifens am Horizont und der zu erwartenden Steuermehreinnahmen werden wir an der Ausgabendisziplin festhalten müssen, gleichzeitig aber auch die staatliche Einnahmebasis sichern müssen.

Dabei ist das kein Selbstzweck. Es geht um die Handlungsfähigkeit des Staats, es geht um die Handlungsfähigkeit des Stadtstaats Hamburg. Die jüngsten Krisenjahre haben gezeigt, dass der Staat die letzte wirkliche Bastion ist, die die Bürger schützen kann. Das müssen wir auch künftig sicherstellen. Unser Steuersystem ist so angelegt, dass die finanziellen Lasten nach dem Gleichheitsund dem Leistungsfähigkeitsprinzip verteilt werden. Jeder wird entsprechend seinen Möglichkeiten an der Finanzierung staatlicher Aufgaben beteiligt.

(Beifall bei der SPD)

Neben dem Einkommen ist auch das Vermögen ein Indikator für Leistungsfähigkeit. Eine stärkere Heranziehung großer Privatvermögen für gesellschaftlich bedeutsame Gemeinschaftsaufgaben ist daher auch vor dem Hintergrund der gerechten Lastenverteilung angezeigt.

(Beifall bei der SPD)

Starke Schultern können und sollen einen größeren Beitrag leisten.

(Finn-Ole Ritter FDP: Machen die schon!)

Wir wollen eine Vermögensteuer, die die oberen 5 Prozent der Vermögen erfasst, die selbst genutztes Wohneigentum aber freistellt und die Belange der Unternehmen ausreichend berücksichtigt, indem Freistellungsregelungen für das produktive Betriebsvermögen und für zukunftssichernde Investitionen von Mittelstand und Handwerk geschaffen werden.

(Zuruf von Roland Heintze CDU)

Es gibt bestimmt ein breites Feld, Herr Heintze, das Sie uns dann darlegen können.

Eine Vermögensteuer wurde zuletzt 1996 erhoben, sie fließt den Ländern zu und hat Hamburg damals Einnahmen in Höhe von umgerechnet 225 Millionen Euro verschafft. Eine erfolgreiche Bundestagsinitiative zugunsten einer reformierten Vermögensteuer wäre deshalb für Hamburg sehr bedeutsam. Ich appelliere deswegen auch an die Fraktionen

von CDU und FDP, ihre Blockadehaltung im Bundesrat – wo sie nicht mehr entscheidend ist –, aber auch im Bundestag aufzugeben und dieses Anliegen, das im Interesse der Länder ist, zu unterstützen.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der LINKEN)

Herr Ritter, ich entnehme Ihrem freundlichen Lächeln, dass Sie das für sich schon annehmen.

(Finn-Ole Ritter FDP: Ich bin angetan von Ih- rer Rede!)

Super, dann handeln Sie auch.

Zur Steuergerechtigkeit gehört auch, den Steuervollzug gleichmäßig und gerecht zu gestalten. In Hamburg gibt es hierbei noch Nachholbedarf, vor allem im Bereich der Betriebsprüfung. Dies ist nicht den Bediensteten der Finanzbehörde und der Finanzämter anzulasten, die leisten jeden Tag eine hervorragende und engagierte Arbeit.

(Beifall bei der SPD)

Entscheidend ist vielmehr, dass die Zahl der Betriebsprüfer weiter aufgestockt und die Prüfungsdichte und -häufigkeit erhöht wird. Auch eine Große Anfrage der GAL aus dem letzten Herbst hat aufgezeigt, dass es an verschiedenen Stellen, wie beispielsweise bei der Prüfungshäufigkeit von Großunternehmen, aber auch an anderen Stellen noch Handlungserfordernisse gibt. Der Senat hat dieses Thema in sein Arbeitsprogramm aufgenommen, wir wollen uns darüber berichten lassen, wie er diese Ziele angeht.

(Beifall bei der SPD)

In der vergangenen Woche haben die Finanzminister und -senatoren der Länder in Hamburg getagt und den Bund an seine Verantwortung für die Haushalte der Länder und Kommunen erinnert. Wir begrüßen diese Positionierung der Finanzministerkonferenz. Es ist unbedingt erforderlich, dass die Finanzen der Länder und Kommunen nicht weiter Opfer bundespolitischer Begehrlichkeiten sind. Die Politik des Bundes darf nicht auf dem Rücken der Länder ausgetragen werden. Es muss das Prinzip gelten: Wer bestellt, muss auch bezahlen.

(Beifall bei der SPD)

Allein in den letzten drei Jahren haben sich die Steuerausfälle aufgrund gesetzlicher Regelungen des Bundes für den Hamburger Haushalt auf Mindereinnahmen von 750 Millionen Euro summiert. So darf es jedenfalls nicht weitergehen. Steuerentlastungen, wie die Kollegen von der FDP sie jetzt nach ihrem Erstarken am letzten Wochenende erneut fordern, sind wirklich nicht angebracht. Es ist nicht die Zeit, um jetzt Steuerentlastungen zu beschließen, dafür haben wir keinen Spielraum.

(Beifall bei der SPD)

Die heute von uns geforderten Maßnahmen, insbesondere die Wiedereinführung einer Vermögensteuer, sind keine, die schnell fiskalisch wirksam werden.

(Katja Suding FDP: Gar nicht!)

Vor uns liegt ein steiniger Weg. Wir schieben diese Maßnahme aber an, weil wir sie für richtig und notwendig halten. Wir werden deshalb aber nicht in unseren Konsolidierungsbemühungen nachlassen.

(Roland Heintze CDU: Da haben wir ja Glück!)

Wir rechnen nur mit den Einnahmen, die dem Hamburger Haushalt auch sicher sind. Das Prinzip Hoffnung, welches das Prinzip der CDU-Haushaltsführung war, ist nicht unseres.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank. – Herr Heintze hat das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Bevor ich zur Vermögensteuer selber komme, ist mir jetzt eine SPD-Logik nicht ganz eingängig, aber die mag Herr Quast noch einmal nachschärfen. Habe ich das richtig verstanden, weil Sie eine so gute Haushaltspolitik mit 1 Prozent maximaler Ausgabensteigerung sowie das hehre Ziel der Schuldenbremse bis 2020 planen und überraschende Konsolidierungsmaßnahmen übernehmen – Klammer auf, die wir in unserem Haushaltsplan-Entwurf schon drin haben –, führt das dazu, dass Sie die Vermögensteuer einführen? Irgendetwas scheint in Ihrer Logik an dieser Stelle nicht zu stimmen und ich befürchte, das zieht sich durch den gesamten Antrag.

(Beifall bei der CDU – Andy Grote SPD: Stellen Sie sich nicht dümmer, als Sie sind!)

Bevor ich mich mit diesem Antrag beschäftige, beschäftige ich mich mit den zwei Punkten, die wir, glaube ich, einvernehmlich und auch zügig gemeinsam beschließen können. Deswegen haben wir punktweise Abstimmung beantragt. Sicherlich haben Sie recht im Punkt 2, wenn Sie sagen: Wenn der Bund mehr Kosten produziert, dann muss er uns auch bitte erklären, wo wir das Geld hernehmen sollen. Sie haben nicht recht, dass es immer so ist, dass dort etwas beschlossen wird und Hamburg nichts abbekommt. Wenn Sie sich anschauen, dass uns in den nächsten Jahren im Bereich der Grundsicherung aufwachsend 150 Millionen Euro zufließen, dann haben Sie in dem Punkt nicht ganz recht.

(Jan Quast SPD: Wenn es so beschlossen wird!)

Aber grundsätzlich stimmen wir diesem Punkt natürlich zu, also Zustimmung zu Punkt 2.

Wenn Sie Ihren Senat berichten lassen wollen, wie toll der Steuervollzug aufgestellt ist und was die Veränderungen erbracht haben, können Sie das gerne auch tun. Punkt 3 stimmen wir auch zu.

(Jan Quast SPD: Danke!)

Aber jetzt kommen wir zum Unsinn dieses Antrags. Der beginnt eigentlich im Vorlauf, also in der Prosa vor dem Petitum. Da lesen wir Dinge wie die ehrgeizigen Ziele des Senats zur Haushaltssanierung und erfahren dann, dass das ehrgeizige Ziel dieses Senats zur Haushaltssanierung die grundgesetzlich vorgegebene Schuldenbremse 2020 ist. Wenn das ehrgeizig ist, möchte ich nicht wissen, was Sie unter nicht ehrgeizig fassen. Für uns ist das alles andere als ehrgeizig.

(Beifall bei der CDU – Dr. Andreas Dressel SPD: Das hat sich gestern noch ganz an- ders angehört!)

Dem Ganzen folgt dann das Eigentor im Kontext der Landesfinanzminister, die hier getagt haben. Sie haben recht, da waren viele weise Worte dabei, da ist auch viel Weises beraten worden zu der Fragestellung, wie eigentlich zukünftig das Verhältnis zwischen Geber- und Nehmerstaaten aussieht. Aber das bietet auch immer Anlass zum Benchmark. Jetzt kommt das nächste Ihrer ehrgeizigen Ziele. Sie sagen, Ihr ehrgeiziges Ziel sei es, ab 2010 nicht mehr als 1 Prozent mehr pro Jahr auszugeben, als wir es bisher getan hätten. Super ehrgeizig. Gehen Sie nach Berlin, da kommt man mit 0,3 Prozent aus. Wenn das Ehrgeiz ist, möchte ich nicht wissen, was bei Ihnen nicht ehrgeizig ist.

(Beifall bei der CDU – Andy Grote SPD: Wie ehrgeizig waren Sie denn? Wie waren Ihre Zahlen?)

Wir haben es also mitnichten, wie die Prosa dieses Antrags suggeriert, mit der konsequenten Auskleidung der SPD-Haushaltspolitik zu tun, sondern wir haben es mit verdammter Augenwischerei schon in der Prosa zu tun.

(Thomas Völsch SPD: Kommen Sie doch mal zur Sache, Herr Heintze!)

Herr Völsch, ich komme gerne zur Sache. Ich kann nichts dafür, wenn der Vorlauf Ihres Antrags nicht zur Sache kommt. Nur, mit dem habe ich mich nämlich gerade beschäftigt. Das tut mir leid, dann müssen Sie das nächstes Mal anders schreiben.

(Beifall bei der CDU)

Kommen wir zum Inhalt. Wir haben bei der Vermögensteuer drei Punkte, die es aus meiner Sicht zu berücksichtigen gilt. Wir haben im ersten Punkt das Thema Gerechtigkeit. Es wird immer vorgetragen, man müsse doch endlich einmal die Gerechtigkeitslücke schließen. Wenn ich mir Ihre Vorschläge ansehe, dann ist das maximal eine gefühl

(Jan Quast)

te Gerechtigkeit, die Sie veranstalten, weil Sie schon in Ihrem Petitum zahlreiche Ausnahmen formulieren, auf die man bitte einmal genau achten muss. Es wird mit keinem Wort darauf eingegangen, wie sich eigentlich die Wechselwirkung gestaltet zwischen einer Vermögensteuer und den Auswirkungen auf die Mieten von Immobilienmietern, die eben genau in diesem Vermögen wohnen. Ich befürchte, da gibt es eine Wechselwirkung und darauf bezogen hat Ihr Antrag mitnichten etwas mit Gerechtigkeit zu tun.