Protocol of the Session on September 12, 2013

(Christiane Schneider DIE LINKE: … die Wähler hinters Licht zu führen!)

Diese Aufgabe übernehmen andere, das ist nicht unser Job. Ich will Ihnen gern einmal zu Ende ausführen, worum es uns ging.

Unser Antrag ist ein Zusatzantrag, weil er Bezug nimmt auf unsägliche Versprechungen, die Sie den Beschäftigten machen. Man muss sich nur noch einmal die Neufassung anschauen: Ihr kommt alle irgendwie nach Hamburg und dann wird alles gut. Das Komische ist nur, dass die Beschäftigten das offensichtlich anders sehen, und das ist erkennbar Ihr Problem. Wir wollten die Stimme der Beschäftigten ins Rathaus bringen, und es ist schon inter

essant, dass die Links-Fraktion das nicht hören möchte.

(Beifall bei der SPD, der CDU und der FDP)

Das Zweite ist die HAMBURGER ERKLÄRUNG, die ein sehr breites Bündnis aus der Wirtschaft – Kammern, Verbände, Bund der Steuerzahler, IGBCE – widerspiegelt. Dieses Bündnis hat einen Wahlaufruf formuliert, und wenn dahinter weit über 100 000 Unternehmen stehen mit fast 1 Million Beschäftigten in dieser Stadt, dann gehört es dazu, dass in diesem Haus auch darüber abgestimmt werden kann.

(Beifall bei der SPD und bei Carl-Edgar Jar- chow FDP)

Es ist legitim, dass hier ein Aufruf formuliert wird. Wir machen zu allen möglichen Sachen alle möglichen Aufrufe. Dass wir vermutlich nicht die Zustimmung von CDU und FDP bekommen hätten, wenn wir den Wahlaufruf "Wählt SPD" zur Bundestagswahl formuliert hätten, ist irgendwie naheliegend.

(Zurufe aus dem Plenum)

Hier geht es aber um eine Sachfrage, zu der sich auch in der Bürgerschaft ein breites Bündnis zusammengefunden hat. Dass Ihnen das nicht passt und dass es in Ihrer Kampagnenstrategie nicht vorgesehen war, dass sich breiter Widerstand gegen Ihren Volksentscheid Bahn bricht, ist Ihr Problem, aber nicht unseres.

(Beifall bei der SPD, der CDU und der FDP)

Es reiht sich aber ein in all das, was wir bisher mit Ihnen erlebt haben: dass Sie Bündnispartner diffamieren, die für ein Nein sind, dass Sie versuchen, der Handelskammer und der Handwerkskammer zu untersagen, sich dort zu beteiligen, dass Sie dem Bürgermeister bestimmte Äußerungen untersagen wollten und jetzt auf kaltem Wege eine Beschlussfassung verhindern, dass die Bürgerschaft sich zu den Beschäftigten und diesem breiten Bündnis positionieren kann. Es ist wahrhaft undemokratisch, was Sie hier machen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD, der CDU und der FDP)

Insofern wird es auf Sie zurückfallen. Aber das muss man ertragen, das sind offenbar die Umgangsformen in den letzten Tagen vor dem Volksentscheid. Ihnen gehen die Argumente aus, und deshalb wird jetzt schmutzig gespielt; das finde ich bedauerlich.

Zum Antrag ist in Wahrheit schon alles gesagt. Die Senatorin hat ausgeführt, was sie vorgefunden hat. Sie hätten sehr wohl schon in 2010 eine Gebührenordnung erlassen können. Sie hätten, um in Ihrem Sprachgebrauch zu bleiben, Vattenfall abkassieren können. Das haben Sie nicht hinbekommen, und jetzt legen Sie es zwei Wochen vor dem Volksentscheid der Bürgerschaft vor. Das ist ein

(Dora Heyenn)

fach nur peinlich und ein Bumerang, der auf Sie zurückfällt.

(Beifall bei der SPD, der CDU und der FDP)

Wenn keine weiteren Wortmeldungen mehr vorliegen, dann kommen wir zur Abstimmung. Der Abgeordnete Dr. Till Steffen hat mir mitgeteilt, dass er an der Abstimmung nicht teilnehmen werde.

Wer möchte den Antrag der GRÜNEN Fraktion aus Drucksache 20/9133 annehmen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist dieser Antrag mit großer Mehrheit abgelehnt.

Ich rufe nun den Punkt 54 der Tagesordnung auf, das ist die Drucksache 20/9139, Antrag der FDPFraktion: Einbindung der Linie "Alsterkreuzfahrt" der ATG Alster-Touristik GmbH in die Hamburger Verkehrsverbund GmbH.

[Antrag der FDP-Fraktion: Einbindung der Linie "Alsterkreuzfahrt" der ATG Alster-Touristik GmbH (ATG) in die Hamburger Verkehrsverbund GmbH (HVV) – Drs 20/9139 –]

Diese Drucksache möchte die FDP-Fraktion an den Verkehrsausschuss überweisen. Vonseiten der CDU-Fraktion liegt ein Überweisungsbegehren an den Haushaltsausschuss vor.

Wer wünscht das Wort? – Herr Dr. Schinnenburg, Sie haben es. Ich bitte das Parlament, auch dieser Debatte Aufmerksamkeit zu schenken.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Hamburg sollte seine Schätze nutzen. Zu den größten Schätzen, die Hamburg hat, gehören die Alster und auch die Alsterschiffe. Leider ist es so, dass es derzeit durch die Fahrpreisgestaltung sowohl für Touristen als auch für Hamburger eine finanzielle Barriere gibt, die Alsterschiffe zu nutzen. Wir glauben, dass das ein Fehler ist. Wir sind dafür, dass künftig zumindest eine Linie, nämlich die Alsterkreuzfahrt, mit dem normalen HVV-Fahrausweis benutzt werden kann.

(Beifall bei der FDP)

Lassen Sie mich die vier wichtigsten Gesichtspunkte darlegen: Zunächst wäre es eine zusätzliche Attraktion für Touristen. Es ist interessant für Touristen, sich Hamburg vom Wasser aus anzusehen. Das kann man hervorragend von den Alsterschiffen aus, und es ist verkehrt, das mit einer hohen Gebühr zu blockieren.

Zweiter Grund: Die Touristen in Hamburg sind oft nur am Jungfernstieg oder im Hafen. Mit einer Frei

gabe und einer leichten Erreichbarkeit der Alsterkreuzfahrt wäre es möglich, dass auch weitere Stadtteile von den Touristen profitieren und Touristen auch andere Stadtteile erreichen können.

Der dritte Grund kommt vor allem den Hamburgern zugute: Eine zusätzliche Verbindung von Uhlenhorst und Winterhude in die Innenstadt würde den Busverkehr – ich denke insbesondere an die Metrobuslinie 6 – entlasten. Ein kurzer Hinweis zu der Debatte vorhin: Sie bräuchten am Mühlenkamp vielleicht gar nichts zu machen, wenn die Menschen aus Winterhude und Uhlenhorst die Alsterschiffe nutzen könnten

(Heike Sudmann DIE LINKE: Das ist aber auch eine Entschleunigung! – Ole Thorben Buschhüter SPD: Machen wir doch 'ne Auto- fähre!)

und ein Teil des Verkehrs, der jetzt per Bus abgewickelt wird, anderswo ablaufen würde.

Vierter Grund: Es gibt bisher eine sehr schlechte Verbindung von Alsterufer zu Alsterufer. Auch das wäre wesentlich leichter, wenn die Alsterkreuzfahrt mit dem HVV-Ticket benutzt werden könnte.

Meine Damen und Herren! Sie haben vielleicht noch Probleme damit, die Hamburger sind da schon weiter. Es gab eine Umfrage des "Hamburger Abendblatts", nach der 78 Prozent der Befragten es für eine gute Idee halten, das so zu machen, wie die FDP es vorschlägt. Sie wissen ja, wie das mit diesen Umfragen ist: Das können nicht nur FDP-Leute gewesen sein. Das waren vernünftige Hamburger, die eine vernünftige Idee unterstützen; das sollten Sie auch tun.

(Beifall bei der FDP)

Bevor ich das näher untersuchte, habe ich gedacht, dass es vielleicht viele Millionen Euro kosten würde, wenn wir die Alsterschiffe so zur Verfügung stellen.

(Dorothee Martin SPD: Ja, tut's auch!)

Dann hätte die FDP diesen Antrag nicht gestellt. Wir haben aber recherchiert – das sollten Sie auch tun – und eine Schriftliche Kleine Anfrage gestellt, die Drucksache 20/8700. Dabei kam heraus, dass die Einnahmen aller drei Linien – also nicht nur die der Alsterkreuzfahrt, sondern auch die der Museumsfahrt und der Vierlandefahrt – bei derzeit etwa 570 000 Euro liegen. Nun rechnen wir einmal grob damit, dass die Hälfte davon auf der Alsterkreuzfahrt erzielt wird, das sind hochgerechnet etwa 300 000 Euro. Auch diese Zahl ist mit Sicherheit bei Weitem überhöht, weil viele Menschen, die die Alsterschiffe nutzen würden, natürlich HVV-Tickets kaufen werden. Das heißt, der tatsächliche Zuschuss würde deutlich geringer sein. Das wäre ein maximaler Einnahmeausfall von unter 300 000 Euro. Wie Sie vielleicht wissen, hat der HVV im Jahr 2011 Einnahmen von 652 Millionen Euro ge

(Dr. Andreas Dressel)

habt, wir reden also über ein halbes Promille. Völlig zu Recht sagt der Senat, dass sich Auswirkungen auf den HVV-Tarif durch die Maßnahme nicht ergäben, auf den Haushalt sowieso nicht.

Deshalb bitten wir um Unterstützung für unseren Antrag. Er ist sicher kein Quantensprung in der Hamburger Verkehrspolitik, aber es ist ein kleiner Beitrag dazu, Hamburg für Touristen attraktiver zu machen und das Angebot des HVV abzurunden. Eine gute Idee verdient Ihre Unterstützung, genau wie bei 78 Prozent der Hamburger. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Frau Martin, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Schinnenburg, wenn das "Hamburger Abendblatt" eine Umfrage gemacht hätte, "Sind Sie auch dafür, dass ab morgen wieder Sommer ist?", dann hätten Sie ähnliche Prozentzahlen erreicht.

(Katja Suding FDP: Die wären höher!)

Das ist nämlich nicht gerade eine Umfrage, die die Gemüter besonders spaltet.

(Zuruf von Dr. Wieland Schinnenburg FDP)

Hören Sie einmal zu, Herr Schinnenburg.

Ich habe Ihren Antrag nämlich ein bisschen anders interpretiert. Vorweg muss man sagen, dass es des Öfteren so etwas wie Loch-Ness-Debatten gibt, Themen, die alle paar Jahre wieder auftauchen. So ist es auch mit diesem Thema, das eigentlich Rückführung der Alster-Touristik in den HVV-Linienverkehr heißen müsste. Deswegen zu Beginn ein kurzer Blick in die Vergangenheit.

Sie haben eben schon kurz angerissen, dass die weiße Flotte der Alsterschiffe seit über 150 Jahren zum Hamburger Stadtbild gehört. Vor der Zeit von U-Bahn und dem umfangreichem Busnetz war der Linienverkehr sicherlich sinnvoll. 1984 wurde er aber endgültig eingestellt, und das aus guten Gründen. Die Fahrgastzahlen waren sehr stark gesunken, sodass ein jährlich steigendes Defizit entstand. Die Alsterrouten wurden und werden auch heute zu über 80 Prozent für touristische Zwecke genutzt und nur noch zu ungefähr 9 Prozent von Berufs- oder Ausbildungspendlern. 1987 hat die CDU dann einen Antrag gestellt, den Linienverkehr doch wieder einzuführen, damals unterstützt von den GRÜNEN. Und es war, man höre und staune, die zu der Zeit kurzzeitig mitregierende FDP-Fraktion, die mit ihrem Wirtschaftssenator Wilhelm Rahlfs und der SPD diesen Antrag aus den oben genannten guten Gründen ablehnte. Es ist schon erstaunlich, meine Damen und Herren, wie anders man doch denkt, wenn man auch einmal in realer Regierungsverantwortung ist.

(Beifall bei der SPD)