Protocol of the Session on September 11, 2013

Ich fasse noch einmal zusammen. In der Zielsetzung sind die beiden Anträge richtig, ich glaube, da gibt es keinen Dissens. Hamburg ist bundesweit Schlusslicht in der Personalausstattung der Krippen. Das ist bedauerlich, und wir werden nicht richtig weiterkommen, wenn sich dort nicht etwas verbessert. Es muss endlich gehandelt werden, das sehen wir auch so. Aber diese beiden Anträge haben keine solide Gegenfinanzierung und sie gehö

ren meiner Meinung nach in die nächsten Haushaltsberatungen. Aus dem Grunde stimmen wir natürlich der Überweisung zu. Würde es zur Abstimmung kommen, könnten wir diesen Anträgen nicht zustimmen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei Barbara Nitruch SPD)

Frau Özdemir, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die FDPFraktion hat zu Recht dieses Thema angemeldet und wir denken auch, dass es wichtig ist. Aber, Herr Ritter, was heißt denn, die Links-Fraktion hat es entdeckt? Wir haben schon im Frühjahr dieses Jahres einen verbesserten Betreuungsschlüssel angemahnt, wir haben es nicht neu entdeckt, sondern beschäftigen uns schon seit Längerem mit diesem Thema. Dies geschieht auch vor dem Hintergrund, dass die Träger von Einrichtungen der Kindertagesbetreuung und die Fachleute seit Jahren eine Verbesserung einfordern. In einer Protokollnotiz im jetzt noch gültigen Landesrahmenvertrag forderten die Verbände Verbesserungen schon für das Jahr 2011, und seitdem ist nichts passiert.

Herr Senator Scheele und der Bürgermeister haben auf einer Landespressekonferenz vor einigen Wochen Verbesserungen in dieser Frage auf die Zeit nach der Bürgerschaftswahl verschoben, und das, meine Damen und Herren, ist nicht hinnehmbar.

(Beifall bei der LINKEN)

Hamburg ist bei der Anzahl der neu geschaffenen Plätze im Krippenbereich Vorreiter, das stimmt, Frau Nitruch, da haben Sie recht. Aber es geht nicht nur darum, Plätze zu schaffen, es geht auch darum, dass diese Plätze eine gewisse Qualität haben.

(Beifall bei der LINKEN)

Und in Bezug auf die Qualität hat Hamburg die schlechtesten Personalschlüssel aller westlichen Bundesländer.

(Gabi Dobusch SPD: Aller westlichen, ja- wohl!)

Wir liegen nach eigenen Senatsangaben tatsächlich bei 5,7 bis 6,8 Kindern pro Erzieherin. Wenn wir auch noch die aus unserer Sicht notwendige Finanzierung für Ausfall-, Vor- und Nachbereitungszeiten der Beschäftigten sowie Elterngespräche in Höhe von 25 Prozent hinzurechnen, sind wir je nach Gutscheinart bei 7,6 bis 9,1 Kindern pro Erzieherin im Krippenbereich, und das bedeutet Windeln am Fließband.

(Christiane Blömeke)

(Beifall bei der LINKEN)

Beim Landesrahmenvertrag GBS zum Ausbau der "Ganztägigen Bildung und Betreuung an Schulen" wurde dieser Aufschlag gewährt, aber warum dann nicht auch für die Kleinen? Und dann redet die SPD von Kitas als anerkannten Bildungsorten, aber davon kann gar keine Rede sein. Die jetzigen Personalschlüssel reichen höchstens aus, um die Kinder satt und sauber zu halten.

(Zuruf von Dirk Kienscherf SPD)

Herr Kienscherf, darunter leiden doch nicht nur die Kinder und Eltern, sondern auch die Betreuerinnen und Betreuer dieser Kinder.

(Dirk Kienscherf SPD: Dann gehen Sie doch mal in eine Kita! Damit machen Sie doch die Arbeit der Betreuerinnen und Betreuer ma- dig!)

Nein, das tue ich nicht. Ich mache nur darauf aufmerksam, dass die Situation gerade für die Betreuerinnen und Betreuer so schwierig ist und dass es für sie eine Zumutung ist.

(Beifall bei der LINKEN)

Fachleute halten ausdrücklich Personalschlüssel von einer Erzieherin auf drei Kinder im Krippenbereich für nachhaltig wirksam, das müsste Ihnen eigentlich bekannt sein. Selbst die Bertelsmann Stiftung, die auch schon zitiert wurde, schließt sich dieser Einschätzung an. Die Gewerkschaft ver.di fordert Schlüssel zwischen 1:3 und 1:4 im Krippenbereich, je nach Alter gestaffelt. Damit stehen wir mit unserer Auffassung also nicht alleine da.

Unser Antrag fordert im ersten Schritt vor 2015, also vor der nächsten Bürgerschaftswahl mindestens die Übernahme der verbesserten Personalschlüssel aus dem Kita-Plus-Programm für die Elementarkinder in den sozialen Brennpunkten im Krippenbereich zu übernehmen. Hier ist die Not am größten und hier muss sofort gehandelt werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Diese Schlüssel sollten dann ab 2015 auf alle Kitas übertragen werden. In dieser Richtung sind mit den Verbänden in der Vertragskommission in den schon stattfindenden Verhandlungen Vereinbarungen zu treffen. Im Gegensatz zur FDP wollen wir das regulär aus dem Haushalt finanziert haben. Das ohnehin mickrige Bildungs- und Teilhabepaket als finanzielle Grundlage zu nehmen, ist weder solide noch gerecht.

(Beifall bei der LINKEN)

Die GRÜNEN möchten darauf warten, dass auf Bundesebene Hilfe kommt. Da können sie noch lange warten. Ich glaube nicht, dass diese Hilfe kommen wird.

(Beifall bei der LINKEN – Finn-Ole Ritter FDP: Richtig! – Olaf Ohlsen CDU: Genau!)

Auch wenn die Betreuungsschlüssel für die Qualität nur ein Merkmal sind, sind sie doch ein entscheidendes Merkmal. Der Senat sollte die Argumente der Eltern, Beschäftigten und Fachleute ernst nehmen und die Anträge der Opposition unterstützen, damit die Qualität in der Krippenbetreuung Realität werden kann. Vor diesem Hintergrund haben wir auch die Überweisung an den Familienausschuss beantragt. Wir freuen uns darüber, dass Sie diese Anträge mit uns gemeinsam überweisen möchten, denn im Ausschuss können wir über dieses ernste Thema ausführlicher und detaillierter sprechen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Ritter hat das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich musste mich noch einmal ganz kurz melden. Wir sind uns von der Zielrichtung her alle einig, dass wir mehr Qualität in den Krippenbereich bringen wollen. Es hat sich nur ein bisschen unterschiedlich angehört bei den Redebeiträgen. Aber es ist schön, dass wir im Ausschuss noch einmal darüber sprechen können.

Allerdings ist ein wenig auffällig, Frau Blömeke, dass Sie die Forderungen schon aufstellen, seitdem ich Sie kenne. Aber ein konkreter Vorschlag, wie man das finanziert und nachhaltig gestaltet, kommt von Ihnen nicht. Dann zeigt man nach Berlin und sagt, dass die in Berlin uns das finanzieren müssten, was wir hier wollten, Frau Blömeke.

(Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Das stimmt doch gar nicht!)

Es ist doch leicht zu durchschauen, dass Sie nur Bundestagswahlkampf machen, obwohl Sie sowieso nicht an die Regierung kommen.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Herr Tjarks, lassen Sie mich doch aussprechen, bevor Sie so laut werden.

Wir haben gesagt, wir wollen mehr Qualität jetzt und nehmen Reste aus dem Bildungs- und Teilhabepaket, die nachweislich übrig sind, weil der Senat sie für bestimmte Sachen verwendet. Und wir wollen sie als Anschubfinanzierung, Herr Tjarks. In den Haushaltsberatungen geht es darum, das Programm zu verstetigen. Ich glaube, wir sind die Einzigen, die sofort erkannt haben, dass wir in den Krippen den schlechtesten Schlüssel in Westdeutschland haben.

(Dirk Kienscherf SPD: Das macht uns ein wenig misstrauisch!)

(Cansu Özdemir)

Wir müssen jetzt Vorschläge machen und handeln und nicht wieder warten und ewig darüber sprechen. – Danke.

(Beifall bei der FDP)

Frau Blömeke hat das Wort.

Wie schön, dass die Freude so groß ist.

(Dirk Kienscherf SPD: Bei Ihnen immer!)

Für das Protokoll ist es mir wichtig, dies noch einmal zu betonen. Herr Ritter, vielleicht haben Sie während der Haushaltsberatungen im Dezember ein wenig abgeschaltet, das kann mal passieren.

(Finn-Ole Ritter FDP: Das kann bei Ihnen passieren!)

Ich hatte eben deutlich gesagt, und das findet man bei unseren Drucksachen in der Parlamentsdatenbank, dass die GRÜNEN zu den Haushaltsberatungen im Dezember einen Antrag gestellt haben – und es war nicht der erste –, der mehr Qualität in der Krippe fordert, und das mit einer deutlich soliden Gegenfinanzierung. Es sollten 25 Prozent mehr Personalstunden pro Krippenkind sein. Deswegen weiß ich nicht, woher Sie Ihre Weisheit nehmen, dass wir das in Hamburg noch nie konkret gefordert haben. Aber vielleicht haben Sie da einmal abgeschaltet.

(Beifall bei Dr. Anjes Tjarks GRÜNE)

Sie sind auch nicht der Erfinder dieser Idee, sondern darüber diskutiert das Parlament in der Tat schon sehr, sehr lange. Auch DIE LINKE hatte dazu schon etwas gebracht. Lassen Sie also ein bisschen die Kirche im Dorf.

(Beifall bei den GRÜNEN – Finn-Ole Ritter FDP: Das war ja ein Superbeitrag!)

Meine Damen und Herren! Wenn keine weiteren Wortmeldungen vorliegen, kommen wir zur Abstimmung.