Protocol of the Session on August 28, 2013

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Selbstbezogen wurschteln Olaf Scholz und Frank Horch vor sich hin. Genosse Albig und erst recht seine GRÜNEN- und SSW-Koalitionspartner haben in Kiel sowieso andere Prioritäten. Und in Hannover will SPD-Verkehrsminister Lies den A20Weiterbau auf Niedersachsens Gebiet von der Zustimmung des grünen Koalitionspartners abhängig machen. Das ist eine Milchmädchenrechnung erster Güte.

(Beifall bei der FDP – Dr. Anjes Tjarks GRÜ- NE: Da sind Sie neidisch, was?)

Derweil sitzen Logistiker, Touristen und Pendler auf den norddeutschen Fernstraßen immer öfter und immer länger im Stau, egal. ob auf der Rader Hochbrücke, ob zwischen Hamburg und Lübeck oder in und um den Elbtunnel herum. Im Elbtunnel, dem norddeutschen Verkehrsnadelöhr überhaupt, erleben die gestressten Autofahrer schon jetzt mehr als 1000 Autostaustunden im Jahr. Und diese Belastung für Wirtschaft und Umwelt durch ungenutzt verstrichene Stauzeiten und tonnenweise in die Luft geblasene Abgase wird weiter zunehmen.

(Wolfgang Rose SPD: Und jetzt kommen Ih- re Vorschläge!)

Die boomende Wirtschaft sorgt für eine Zunahme des Güterverkehrs um 28 Prozent und des Seehafen-Hinterlandverkehrs um sogar 131 Prozent bis 2025. So lautet die Nordprognose des Bundesverkehrsministeriums. Deshalb brauchen wir so dringend die Fehmarnbeltquerung, für die die Kieler GRÜNEN den Landeszuschuss streichen wollen, während die SPD dann doch irgendwie dafür ist, zumindest verbal. Deshalb brauchen wir dringender denn je die Verlängerung der A 20 über die A 7 hinaus bis hin zur Elbe.

(Beifall bei der FDP – Sören Schumacher SPD: Einen neuen Verkehrsminister in Ber- lin brauchen wir!)

Deshalb brauchen wir die Elbquerung westlich von Hamburg, die die GRÜNEN in Kiel und Hannover torpedieren, während die SPD tatenlos zuschaut. Deshalb brauchen wir, wie bei vielen Erneuerungsprojekten auf unseren Fernstraßen, dringend frischen Wind,

(Karin Timmermann SPD: In Berlin!)

etwa durch PPP-Projekte, wie sie jetzt ein französisches Konsortium für die Elbquerung vorgeschlagen hat.

(Dr. Till Steffen)

(Glocke)

Erster Vizepräsident Frank Schira (unterbre- chend): Gestatten Sie eine Zwischenfrage von Frau Koeppen?

– Jetzt nicht, danke.

Dass solche privatstaatlichen Mischmodelle vorbildlich sein können, hat sich beim Autoausbau Hamburg – Bremen gezeigt. Es wurde schneller gebaut als geplant und es wurde günstiger gebaut als geplant. Nun ist die Strecke längst fertig. Aber statt solche Erfolgsgeschichten aufzugreifen, verharrt Hamburgs Senat, zusammen mit den Genossen in Kiel und Hamburg, beim Durchwurschteln, auch heute. Kein positives Signal vom Bürgermeister oder vom Verkehrssenator war auf den französischen Vorschlag hin zu vernehmen. Keine Planungen über die Landesgrenzen hinweg liegen vor, die sich eine Entschärfung des absehbaren Chaos nach Beginn des A7-Ausbaus vornehmen. Keine Ideen zur Entlastung von Autofahrern und Anwohnern in der Bauzeit für den A7-Deckel werden diskutiert oder gar projektiert. Stattdessen gibt es nur den nackten Planfeststellungsbeschluss.

Selbstbezogen, wie die "Kieler Nachrichten" zu Recht schreiben, agiert dieser Senat nun weiter für Bus-Sekunden oder -Minuten mit einer Viertelmilliarde Euro Einsatz und den schlimmen Folgen für Hamburg, wie der Kollege Schinnenburg eben aufgezeigt hat. Es ist ganz eindeutig: Die Schicksalsgemeinschaft Hamburg – Kiel und auch Hamburg – Hannover funktioniert in Sachen Infrastrukturerhalt und Infrastrukturausbau überhaupt nicht. Und dieser traurige Zustand ist Ihr politisches Versagen, Herr Bürgermeister und Herr Verkehrssenator.

(Beifall bei der FDP und bei Klaus-Peter Hesse und Birgit Stöver, beide CDU)

Sie verzetteln sich in teurem Kleinklein, statt selbstbewusst in den anderen norddeutschen Landeshauptstädten und in Berlin für große Lösungen in der Verkehrspolitik zu werben. Ihre Infrastrukturpolitik, die binnenbezogen und perspektivlos ist, wird für Hamburg und Norddeutschland im negativen Sinne schicksalhaft werden, wenn Sie nicht endlich umsteuern. Dazu fordern wir Sie nachdrücklich auf. Machen Sie die großen Infrastrukturprojekte zur Chefsache, damit die Zukunft der Mobilität nicht auf der Strecke bleibt. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei Klaus-Peter Hesse CDU)

Das Wort hat Frau Sudmann.

Es ist wirklich enorm, welche Krokodilstränen die FDP und die CDU vergießen. Wenn mich nicht alles täuscht, waren die CDU und die FDP in Niedersachsen und auch in Schleswig-Holstein bis vor ein oder zwei Jahren an der Regierung.

(Katja Suding FDP: Machen Sie doch mal die Augen auf!)

Ich glaube nicht, dass die Schäden so schnell entstanden sind.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Ich möchte Ihnen jedoch etwas Aktuelles sagen. Sie reden von Kleinklein, Frau Suding. Sie vergessen allem Anschein nach, was auf Bundesebene passiert. Ich zitiere einmal Ihren Generalsekretär, Herrn Döring, weil er ausnahmsweise einmal etwas gar nicht so Dummes gesagt hat.

"Deutschland ist bereits sehr gut mit Verkehrswegen erschlossen."

sagt Herr Döring am 15. August.

"Wir brauchen maximal noch auf einigen Autobahnen den Ausbau von vier auf sechs Streifen und die eine oder andere Ortsumgehung."

Sie haben gerade etwas ganz anderes erzählt. Sie sollten sich ein bisschen besser abstimmen.

Ihr gemeinsamer CDU- und FDP-Verkehrssenator, der aus der CSU stammt, dabei ist er immerhin der Verkehrssenator,

(Finn-Ole Ritter FDP: Immer noch Minister!)

Minister, Entschuldigung, aber nicht mehr lange, bis zum 22. September kann ich das vergessen –, Ihr Verkehrsminister, Herr Ramsauer,

(Finn-Ole Ritter FDP: Super, Frau Sud- mann!)

glänzt absolut in Fragen, Herr Ritter, die den Norden betreffen, ich sage nur Nord-Ostsee-Kanal. Was hat denn Ihr Verkehrsminister dazu beigetragen, dass der Nord-Ostsee-Kanal in diesem Zustand ist? Sehr viel mehr, als man sich wünschen kann. Und das haben Sie komplett ausgeblendet.

(Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN)

Ich weiß gar nicht, wie oft wir in der Bürgerschaft schon über das Nord-Süd-Gefälle gesprochen haben. Nicht nur, dass in Bayern immer wesentlich mehr Geld vorhanden ist für Bildung und Ähnliches und dass es mehr Einnahmen gibt, nein, Herr Ramsauer trägt auch dazu bei, dass im Süden sehr viele Verkehrsprojekte kommen werden.

(Klaus-Peter Hesse CDU: Das ist doch Quatsch! – Dietrich Wersich CDU: Das stimmt doch gar nicht!)

(Katja Suding)

Sie sagen hier auf einmal mit großem Mund, das stimme alles nicht. Schauen Sie erst einmal in Ihren eigenen Laden.

(Klaus-Peter Hesse CDU: Aber Sie verste- hen ihn nicht! – Dietrich Wersich CDU: Das ist doch Quatsch! Verabschieden Sie sich mal von Ihren alten Ideen!)

Ich höre Sie, Herr Wersich.

Ich bin sehr froh und dankbar für das, was Herr Steffen gesagt hat, denn genau das war meine Zwischenfrage, was Sie als Sozialsenator einmal gesagt haben, bevor Sie sich veränderten. Aber diese Frage ist schon abgehandelt. Sie haben einen wichtigen Satz gesagt. Sie haben gesagt, dass Staus Lebenszeiten vernichten würden; das stimmt. Aber Ihr Patentrezept gegen Staus heißt, immer mehr Straßen zu bauen. Straßenbau jedoch vernichtet Lebensraum. Deswegen brauchen wir eine andere Verkehrspolitik, die wir so mit Ihnen bestimmt nicht bekommen werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Stemmann hat das Wort.

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Eines stellen Senat und SPD dieser Tage und in dieser Debatte wieder deutlich zur Schau: Wirtschaftsund Infrastrukturpolitik waren nie und werden nie Kernkompetenz der deutschen Sozialdemokratie sein.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der FDP)

Dass marode Straßen saniert werden müssen, ist unbestreitbar. Aber wofür ist das unsinnige Busbeschleunigungsprogramm? Wenn Sie, lieber Herr Horch, von ideologischen Positionen Abstand nehmen wollen, dann stellen Sie das Busbeschleunigungsprogramm sofort ein. Dass Ihr Programm infrastrukturell betrachtet ein Reinfall ist und die Verkehrspolitik unserer Stadt nicht im Geringsten voranbringt, ist mittlerweile stadtweit bekannt. Selbst dem Senat wohlgesonnene Mitbürgerinnen und Mitbürger müssen mit dem Kopf schütteln, wenn sie hören, dass beispielsweise für einen Zeitgewinn von maximal 26 Sekunden zwischen den Haltestellen Nedderfeld und Niendorfer Straße der Metrobuslinie 5 über 5 Millionen Euro ausgegeben werden.

Doch mittlerweile erfahren wir, welche dramatischen Ausmaße Ihr Planungschaos und Ihre wirtschaftspolitische Konzeptlosigkeit mit sich bringen. Nachdem bereits im Juni der erste Unternehmer am Siemersplatz sein Traditionsgeschäft wegen Ihres Busbeschleunigungsprogramms schließen musste,

(Jan Quast SPD: Ja klar, Herr Stemmann!)

wandten sich nun die übrigen Geschäftsleute am Siemersplatz an den Verkehrssenator. Sie schrieben, dass die Zustände nicht mehr zumutbar seien und für die Selbstständigen ruinös. Sie ständen täglich ohnmächtig davor, Busbeschleunigung und Busstellenchaos seien ein Alptraum. Und wie hat eine Verkehrsbehörde, die übrigens auch das Wort Wirtschaft in ihrem Namen führt, reagiert? Mit blankem Hohn. Gegenüber der "Bild"-Zeitung wurde erklärt, dass man sich generell nicht zu offenen Briefen äußere. Wo bleibt Ihr Dialogprozess? Am Siemersplatz ist er jedenfalls nicht angekommen.