Protocol of the Session on August 15, 2013

(Beifall bei der FDP und der CDU – Wolf- gang Rose SPD: So ein Quatsch!)

Eines wird in der Diskussion auch immer falsch dargestellt: Das betrifft nicht diejenigen, die vor 50 oder 60 Jahren den Spitzensteuersatz gezahlt haben. Den zahlte damals nämlich, wer das Zwanzigfache des Durchschnittseinkommens bezog. Heute greift der Spitzensteuersatz bereits beim 1,8-fachen des Durchschnittseinkommens. Nicht

(Anja Hajduk)

die Reichen, sondern weite Teile der Mittelschicht sind betroffen. Das müssen wir uns immer wieder vor Augen führen. Ich empfehle, Herr Quast, tatsächlich einen Besuch beim Infostand, dann werden Sie merken, wie besorgt die Menschen bei diesem Thema sind.

(Beifall bei der FDP und bei Dr. Walter Scheuerl CDU)

Meine Damen und Herren! Sie sehen, mit Steuerund Leistungsgerechtigkeit haben die Pläne von SPD und GRÜNEN nichts zu tun. Im Gegenteil, die Vorschläge von SPD und GRÜNEN sind ein Anschlag auf die Leistungsgerechtigkeit in Hamburg und im gesamten Land. Die Leistungsbereitschaft und die Aufstiegschancen der mittleren Einkommensbezieher werden zerstört, wenn schon Facharbeiter in die Situation kommen, den Spitzensteuersatz zahlen zu müssen, und wenn selbst moderate Lohnerhöhungen durch die kalte Progression steuerlich aufgefressen werden. In diesem Zusammenhang ist und bleibt es mir wirklich schleierhaft, dass die SPD und die GRÜNEN die Abmilderung der kalten Progression im Bundesrat blockieren.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Auf der einen Seite vergeht kein Tag, an dem Sie nicht lauthals für Lohnerhöhungen und Mindestlöhne werben. Auf der anderen Seite kassieren Sie dann aber einen Großteil davon wieder bei den kleineren und mittleren Einkommen ab. Das ist wirklich absurd und hat mit Gerechtigkeit gar nichts zu tun.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Aber damit ist es nicht genug. Vor allem die Erhöhung der Einkommen- und Erbschaftsteuer, aber auch die Wiedereinführung der Vermögensteuer, wie es die SPD will, ebenso die Pläne einer Vermögensabgabe der GRÜNEN treffen das Rückgrat unserer Wirtschaft. Sie treffen den Mittelstand besonders hart. 95 Prozent der Unternehmen in unserem Land sind mittelständisch geprägt. Es sind Handwerker, Freiberufler und kleine und mittelständische Unternehmen, die Verantwortung für ihre Mitarbeiter und ihre Auszubildenden übernehmen. Hunderttausende von Firmen, die insgesamt 60 Prozent aller Erwerbstätigen in Deutschland beschäftigen, wären von den Plänen betroffen.

Allein in Hamburg reden wir dabei über mehr als 45 000 Freiberufler, 15 000 Handwerksbetriebe und 381 000 Beschäftigte in den kleineren und mittleren Betrieben. Die Personengesellschaften, die mit 95 Prozent aller Unternehmen das Rückgrat der deutschen Wirtschaft sind, wären nach den Plänen von SPD und GRÜNEN dreifach belastet: durch die Erhöhung der Einkommensteuer, durch die Erhöhung der Erbschaftsteuer und durch die Wiedereinführung von Vermögensteuer bezie

hungsweise Vermögensabgabe. Die Gesamtsteuerbelastung dieser Unternehmen würde nach Berechnungen des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung, ZEW, massiv steigern, um 16 Prozent nach den SPD-Plänen und sogar um 36 Prozent nach den Plänen der GRÜNEN. Und der DIHK sieht 1,4 Millionen Arbeitsplätze in Gefahr.

Das ifo Institut meldete gestern, dass knapp die Hälfte der Unternehmen aus dem verarbeitenden Gewerbe seine Investitionen in 2013 reduzieren wolle. Das ist bedrohlich für die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft. Und gerade in diesen Zeiten eine Vermögensteuer oder eine Vermögensabgabe einführen zu wollen, ist extrem kurzsichtig und extrem schädlich.

(Beifall bei der FDP und bei Dietrich Wersich CDU)

An dieser Stelle möchte ich daran erinnern, dass die Länder, als die Vermögensteuer 1997 ausgesetzt wurde, für die wegfallenden Einnahmen entschädigt wurden. Damals wurde die Grunderwerbsteuer von 2 auf 3,5 Prozent erhöht, die erzielten Einnahmen verdoppelten sich fast, und damit konnte auch der Wegfall der Vermögensteuer für die Länder zu zwei Dritteln kompensiert werden. Wer jetzt die Vermögensteuer reaktivieren will, der sollte dann auch konsequent sein und die Grunderwerbsteuer wieder senken. Von solchen Plänen haben wir jedoch von SPD und GRÜNEN noch nichts gehört. Steuern machen offenbar süchtig.

(Beifall bei der FDP und bei Dietrich Wersich CDU)

Meine Damen und Herren! Noch eine Anmerkung zu den Plänen, Einkommen aus Minijobs ab einer Höhe von 100 Euro voll zu versteuern. Gerade in einer Stadt wie Hamburg mit hohen Lebenshaltungskosten sind es nicht selten die Minijobs, die dazu beitragen, den Lebensunterhalt abzusichern. Viele Menschen sind auf einen Minijob angewiesen. Liebe Kollegen auf der linken Parlamentsseite, daran würde auch ein Mindestlohn nichts ändern. Die Mini- und Nebenjobber voll zu versteuern, wäre eine enorme Belastung gerade für die unteren Einkommensgruppen. Und dieser Vorschlag ist deswegen vor allem eines: Er ist grotesk.

(Vereinzelter Beifall bei der FDP)

Um es ganz klar zu sagen: Wir müssen aufhören, neue Schulden zu machen, und wir müssen so schnell wie möglich herunter von unseren Schuldenbergen. In Hamburg waren sich SPD, GRÜNE und FDP darüber 2012 auch einig, als wir gemeinsam die Schuldenbremse in die hamburgische Verfassung geschrieben haben.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Ja, gute Sache!)

Den Menschen jetzt aber weismachen zu wollen, dass der Staat nur dann mit seinem Geld auskom

men kann, wenn er seinen Bürgern und den Unternehmen kräftig in den Geldbeutel langt, das ist grundfalsch.

(Beifall bei der FDP)

Der Standort Hamburg würde sich für Arbeitnehmer, für freie Berufe, für Handwerk und Industrie sowie die Wettbewerbsfähigkeit aller Unternehmen erheblich verschlechtern. Wir brauchen private Investitionen und Wachstum durch Konsum. Darum sollen die Bürger von ihrem Einkommen mehr haben und nicht weniger. Unterstützen Sie deshalb am 22. September die gute und hervorragende Arbeit der Bundesregierung aus CDU und FDP.

(Dora Heyenn DIE LINKE: Wir sind hier doch nicht auf einer Wahlkampfveranstal- tung!)

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Das Wort hat Herr Hackbusch.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Bei so vielen Wahlkampfphrasen fällt es natürlich schwer, sich jetzt noch durch dieses Thema zu bewegen.

(Beifall bei Christiane Schneider DIE LINKE)

Dieser Antrag ist schlecht und ich werde dazu gleich einiges sagen. Außerdem vergisst er uns völlig, das finde ich besonders dramatisch. Ich möchte einzelne Punkte herausnehmen, damit wir wenigstens einiges diskutieren können.

Frau Suding, mir ist das besonders wichtig, weil Sie ein einleuchtendes Argument nannten, dass die Leute mit einem Einkommen von etwa 5150 Euro betroffen seien.

(Katja Suding FDP: Ja, sind sie!)

Diejenigen mit 5150 Euro sind nicht betroffen.

(Katja Suding FDP: Doch!)

Mit 5151 Euro würden sie den ersten Euro versteuern nach den neuen Bedingungen. Wenn man so argumentiert, ist das einfach demagogisch.

(Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN)

Sie tun nämlich so, als wenn alle betroffen sind, die genau diese Summe einnehmen. Das ist eindeutig falsch. Nehmen Sie dieses Argument einfach an. Alle Studien, die zu diesem Thema etwas untersucht haben, sagen, dass etwa 15 Prozent betroffen sind. Und zu sagen, nur diejenigen wären die Leistungsträger, ist meiner Meinung nach eine Frechheit gegenüber der Hamburger Bevölkerung.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Was ist eigentlich die Bilanz? In welcher Situation stehen wir gegenwärtig in der Gesellschaft? Die Situation ist doch nicht so – Sie müssten wirklich einmal versuchen, an Ihren Ständen darüber zu diskutieren –, dass es Deutschland wunderbar geht, dass das Selbstbewusstsein der Wirtschaft klasse ist und dementsprechend alles sprudelt. Wir haben ein Jahrzehnt der Umverteilung hinter uns. Das haben wir schon einmal diskutiert anhand des Reichtumsberichts. Wir haben festgestellt, dass 50 Prozent der Bevölkerung vor 15 Jahren noch 4 Prozent des Volkseinkommens hatten. Jetzt haben diese 50 Prozent nur noch 1 Prozent. Das Ganze haben gewonnen die ersten 10 Prozent und die höchsten 1 Prozent dieser Gesellschaft. Bei dieser riesigen Umverteilung ging es für jeden darum, dass er praktisch kein Geld mehr zurücklegen konnte. Das ist die Situation der letzten Jahrzehnte und das ist Ihre Bilanz. Das ist die Art und Weise, wie Ungerechtigkeit in dieser Gesellschaft existiert, unabhängig von Steuerpolitik.

(Beifall bei der LINKEN, vereinzelt bei der SPD und bei Heidrun Schmitt GRÜNE)

Und diese Ungerechtigkeit gilt es zu ändern, das ist ein wichtiger Punkt. Sie müssen doch einmal auf diese Argumente eingehen und sich in Ihrem eigenen Armuts- und Reichtumsbericht ansehen, wie diese Umverteilung vor sich geht. Sie können nicht einfach darüber hinwegfegen nach dem Motto, alles sei schön. Gegenwärtig wirkt es auch so in Deutschland, denn im Süden Europas sieht es schlecht aus, hier dagegen wirkt es noch einigermaßen stabil. Dann kann man sich noch ein bisschen beruhigt fühlen. Aber wenn diese Ungerechtigkeit nicht verändert wird, geht es insgesamt schief.

(Finn-Ole Ritter FDP: Wie sehen denn Ihre Steuerpläne aus?)

Das können wir gern einmal länger diskutieren.

Das Zweite, um was es mir jetzt geht, ist die Frage der Rekordeinnahmen. Frau Suding nehme ich da aus, sie ist noch nicht so lange im Parlament, aber Herr Heintze und die CDU sind es, und sie haben sich lange damit auseinandergesetzt. Was sagt der Rechnungshof in dieser Stadt zur finanziellen Ausstattung Hamburgs? Er sagt, dass es seit Jahren ein strukturelles Defizit von 1 Milliarde Euro gäbe, und das gibt es heute noch.

(Katja Suding FDP: Das bestreitet ja keiner!)

Das ist zu Ihrer Zeit nicht verändert worden. Sie sagen jetzt, man hätte das irgendwie verändern können. Wenn Sie das in acht Jahren nicht konnten, dann ist das doch ein größeres Problem, auch wenn ich Ihre Fähigkeit zu regieren nicht so hoch einschätze. Aber Sie müssen dieses Argument

(Katja Suding)

doch akzeptieren. Das Ergebnis von alledem ist eine marode Infrastruktur sowohl im baulichen Bereich als auch im sozialen und kulturellen Bereich – das diskutieren wir hier sehr häufig –, und dann sagen Sie vor den Wahlen, wir bräuchten gar kein Geld, wir könnten das alles anders. Sie wissen doch, dass es nicht geht.

(Dietrich Wersich CDU: Nein, es geht um die Frage, wie man das Geld einnimmt! Man darf doch Deutschland nicht kaputt ma- chen!)

Sie haben es über Jahre so dargestellt und über Jahre regiert und es nicht gelöst.