Protocol of the Session on August 15, 2013

Warum tun Sie das? Ich erahne es. Sie sagen sich, mir fällt noch sehr viel ein, was man bezahlen könnte, es gibt auch noch die Schuldenbremse. Und das ist alles anstrengend, warum eigentlich sparen. Es ist doch viel einfacher, wenn wir die Einnahmebasis erhöhen und den Leuten noch einmal in die Tasche greifen, die schon heute dazu

beitragen, dass dieser Finanzsenator so viel Geld zur Verfügung hat wie kein Finanzsenator vor ihm. Herr Dr. Tschentscher, benennen Sie es doch einfach beim Namen und sagen, was Sie von den Leuten wollen. Wir fordern das mit diesem Antrag. Wir wollen wissen, welche Auswirkungen diese Programme haben, damit die Hamburgerinnen und Hamburger am 22. September eine reale Alternative haben und nicht von Ihren Sonntagsreden irgendwie das Gefühl haben, man bräuchte die 39 Milliarden Euro doch. Sie brauchen Sie nicht, aber Sie sind ideenlos, was das Thema Sanierung des Staatshaushalts betrifft.

Schauen wir weiter ins Programm: Anhebung der Abgeltungssteuer, Abschaffung des Ehegattensplittings – davon wären in Hamburg 137 000 Ehepaare betroffen –, Abschaffung der Minijobs – das betrifft in Hamburg 30 000 Minijobber – und so weiter. Nun könnte man sagen, wenn die privaten Haushalte übermäßig belastet werden, dann ist die starke Wirtschaft immer noch die Basis und das kommt schon von irgendwo her. Sie erhöhen den Spitzensteuersatz und die Steuern aber nicht nur für Privatpersonen, sondern im gleichen Zuge für die Kapitalgesellschaften und die Personengesellschaften. Sie sind lustig dabei, der Freien und Hansestadt Hamburg ein Konjunkturpuffer-Programm zu verordnen, wie man es noch nicht gesehen hat. Mich wundert, warum die Wirtschaft nicht Sturm läuft. Halt, Sie tut es, nur der Wirtschaftssenator scheint das noch nicht gemerkt zu haben. Warum erhebt er nicht seine mahnende Stimme im Senat? Was Sie für den Bund planen, hat Auswirkungen auf Hamburg, die Sie am Ende des Tages spüren werden. Sie wären gut beraten, noch einmal zu überlegen, ob Hamburg nicht eine klarere Position einnehmen sollte, nämlich die, alles dafür zu tun, dass die Wirtschaftskraft dieser Stadt erhalten bleibt und die hier lebenden Menschen nicht über die Maßen belastet werden und alles dafür zu tun, dass Sie mit den Einnahmen auch auskommen. Ich glaube, die Hamburgerinnen und Hamburger und die Unternehmen in Hamburg haben Ihnen mit den 9 Milliarden Euro, die Sie Ihnen am Ende dieses Jahres beschert haben werden, schon gezeigt, dass sie mit Ihnen mitarbeiten. Sie brauchen keinen weiteren Griff in die Tasche, wie Sie und Ihre Parteikollegen es planen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Deswegen haben wir diesen Antrag vorgelegt; er hat mehrere Punkte. Erstens wollen wir wissen, welche Auswirkungen Ihre Pläne konkret für Hamburg haben,

(Jan Quast SPD: Das haben Sie doch gera- de erläutert! Ich dachte, Sie wissen das al- les!)

damit jeder Hamburger einmal nachvollziehen kann, was hinter Ihrer blumigen Rhetorik steckt, damit jeder Hamburger einmal sehen kann, dass

er natürlich exorbitant betroffen ist, sonst würde man nicht auf 39 Milliarden Euro über den ganzen Bund verteilt kommen, und damit Sie einmal von dieser Wir-verteilen-um-Rhetorik wegkommen, die nicht der Realität entspricht. Sie nehmen allen etwas weg und geben es dem Staatshaushalt. Das kann nicht der Ansatz sein, mit dem man Finanzpolitik in dieser Stadt macht.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Deswegen entschuldigen Sie bitte die kurze Berichtspflicht bis zum 20. September. Das ist für den Senat eine sehr ungewöhnliche Frist,

(Jan Quast SPD: Wäre auch nicht so schlimm; es wird ja nicht beschlossen!)

ich weiß, aber am 22. September fällt nun einmal das Beil. Ich würde mich freuen, wenn Sie als Finanzsenator, als verantwortlich Handelnder, den Hamburgerinnen und Hamburgern darlegten, was die von Ihnen freudig unterstützten Pläne kosten, vor allen Dingen, was die Pläne kosten, für die Sie im Jahr 2012 ein Gutachten erstellen ließen, finanziert aus dem Hamburger Staatshaushalt, nämlich ein DIW-Gutachten zur Vermögensteuer. Die Länder Hamburg, Baden-Württemberg und NRW haben kein Gutachten in Auftrag gegeben, wie man den Steuervollzug besser machen kann oder wie man Synergieeffekte in der Finanzpolitik hebt und besser mit dem Geld umgeht, nein, Sie nehmen Steuergelder, um ein Gutachten zu finanzieren, in dem steht, wie man die Vermögensteuer am besten finanzieren kann. Das zeigt meines Erachtens exemplarisch, wie Sie über dieses Thema denken. Ich halte das für einen fatalen Fehler und Gift für diese Stadt.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Neben der Frage nach den Auswirkungen wollen wir – das ist Punkt 2 in unserem Antrag –, dass Hamburg ganz klar Stellung bezieht.

(Jan Quast SPD: … sicherheitshalber schon mal ablehnen!)

Wer auch immer das im Bundesrat auf den Weg bringt – und ich sage sehr offen, dass ich nicht an Ihren Wahlsieg glaube –, wir wollen, dass dieses Parlament sehr klar Position gegen alle Steuereinnahmen, die die wirtschaftliche Basis dieser Stadt angreifen und den Menschen das Leben schwieriger machen, bezieht und sagt: Nicht mit uns. Uns ist es wichtig, verantwortungsbewusst mit Steuergeldern umzugehen. Dafür steht die CDU, und deswegen haben wir diesen Antrag eingebracht. Stoppen Sie diesen Unsinn und sagen Sie den Hamburgern ehrlich, was sie Ihr Vorhaben kosten wird.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Herr Quast hat das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist schon ein Stück weit bezeichnend für die CDU, dass Sie nur über Hamburg reden, obwohl Sie doch das Bundeswahlprogramm von großen Parteien zur Steuerpolitik angemeldet haben. Das ist wirklich armselig und zeigt deutlich, wie Ihre Politik in den vergangenen Jahren war, weil Sie nicht über den Tellerrand von Hamburg hinausgucken konnten.

(Beifall bei der SPD)

Genauso bezeichnend für Ihre Politik ist es, Herr Heintze, wenn Sie in Teil 1 Ihres Antrags fordern, einmal aufzuschreiben, was denn tatsächlich auf Hamburg zukommen würde, aber in Teil 2 schon jetzt fordern, dazu nein zu sagen. Genauso agieren Sie: Sie wissen nicht, was passiert, aber Sie sagen schon mal nein.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren! Sozialdemokratische Politik zielt darauf, das Leben der Menschen in unserem Land zu verbessern und Chancen zu bieten.

(Finn-Ole Ritter FDP: Das Wir zählt!)

Wohlstand in der Breite unserer Gesellschaft erreichen wir nur, wenn wir das gemeinsam anpacken und nicht jeder versucht, sein eigenes Schäfchen ins Trockene zu bringen, wie es manchmal bei Ihnen etwas durchklingt, Herr Heintze. Wir sagen vor der Wahl, was wir tun wollen. Wir wollen bessere Bildung, mehr Kindertagesstätten, funktionsfähige Verkehrswege und attraktive Städte und Gemeinden, und zwar nicht nur hier in Hamburg, sondern in der ganzen Bundesrepublik Deutschland. Vor allen Dingen sagen wir auch vor der Wahl, wie wir das finanzieren wollen. Und das unterscheidet uns von Ihnen, denn es gibt Vertreter Ihres Wirtschaftsflügels, die durchaus deutlich sagen, dass man das, was Sie in Ihr Wahlprogramm geschrieben haben, gar nicht bezahlen kann. Wir sind da ehrlich.

(Beifall bei der SPD und bei Katharina Fege- bank GRÜNE)

In Ihrem Wahlprogramm wimmelt es von Versprechungen. Die CDU will mehr Kindergeld, höhere Renten, mehr Investitionen in die Infrastruktur. Gleichzeitig wollen Sie aber den Schuldenabbau und mit der FDP am besten auch noch Steuersenkungen.

(Dietrich Wersich CDU: Wir haben das schon mehrfach geschafft!)

Meine Damen und Herren! Es beleidigt den gesunden Menschenverstand der Bürger und Bürgerin

(Roland Heintze)

nen dieses Landes, wenn Sie solche Forderungen aufstellen. Das passt nicht zusammen.

(Beifall bei der SPD – Dirk Kienscherf SPD: Wahlbetrug! – Finn-Ole Ritter FDP: Wir ha- ben es bewiesen, mehrfach! Sie haben doch gesehen, wie es funktioniert!)

Ich weiß aber nicht, Herr Ritter, ob Sie das im Herbst auch noch so sehen. Ich vermute eher nicht, denn dann werden Sie bekennen müssen, dass die vor uns liegenden Zukunftsaufgaben, die notwendigen Investitionen in die Infrastruktur, auch bezahlt werden müssen und zugleich die Schuldenbremse eingehalten werden muss. Deswegen ist das Steuerkonzept der SPD das richtige, und deswegen gehört für dieses Steuerkonzept auch eine Mehrheit in den Deutschen Bundestag.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren! Was Sie erzählen, Herr Heintze, sind Ammenmärchen. Wir wollen eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes, der diesen Namen auch verdient. Wir erhöhen die Steuer für die Spitze der Einkünfte, für zu versteuernde Einkünfte von 100 000 Euro oder 200 000 Euro. Das betrifft genau 5 Prozent der Menschen, der Haushalte und auch der Unternehmen in diesem Staate, wie eine Studie des DIW belegt. Das gilt auch für Hamburg. In Wirklichkeit sind die Hamburger viel weiter, als Sie glauben machen wollen. Diese Einkommensteuererhöhung ist ein vertretbarer Schritt in Richtung Finanzierung von Investitionen in die Zukunft unseres Staates.

(Beifall bei der SPD – Birgit Stöver CDU: Das stimmt ja nicht!)

Gleiches gilt für die Vermögensteuer und anderes, wobei wir sehr wohl mit Augenmaß vorgehen. Wenn Sie die Stimmung an den Infoständen aufnehmen, dann merken Sie, dass die Steuerpolitik der SPD das Letzte ist, was die Menschen stört.

(Katja Suding FDP: Sie waren noch nie am Infostand, Herr Quast!)

Deswegen kann ich Ihnen nur raten, sich schon vor der Wahl Gedanken zu machen, wie Sie Ihre Steuerversprechungen nach der Wahl finanzieren wollen.

Sie stellen insbesondere auf den Mittelstand ab. Ein von den Menschen als gerecht empfundenes Steuersystem, eine zukunftsfähige Ausrichtung des Bildungssystems ist das Beste, was dem Mittelstand passieren kann. Denn mehr Investitionen in Bildung und Chancengleichheit bedeuten auch Sicherung des Fachkräftebedarfs. Investitionen in die Infrastruktur sichern Vermögenswerte und bedeuten Aufträge für den Mittelstand, Arbeitsplätze für die Menschen und auch mehr Kaufkraft. Dazu bedarf es einer vernünftigen Einnahmepolitik, die eine Besteuerung nach Leistungsfähigkeit wieder in den Mittelpunkt stellt.

Meine Damen und Herren! Mit dem Programm der SPD liegt ein ausgewogener Vorschlag vor. Deswegen haben wir keinen Grund, Ihrem Antrag heute zuzustimmen, sondern wir machen einfach das Beste daraus.

(Beifall bei der SPD)

Frau Hajduk hat das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zu diesem Antrag der CDU, Drucksache 20/8788,

(Dietrich Wersich CDU: Ja, der ist gut, nicht?)

kann man als Erstes eigentlich nur sagen: Herr Heintze, Ihre Worte in Gottes Ohr, dann hätte RotGrün am 22. September die Wahl gewonnen. Ich wusste aber gar nicht, dass die CDU in Hamburg so verzagt ist.

(Beifall bei den GRÜNEN – Zurufe von der CDU)

Dass Sie den Senat beauftragen wollen auszurechnen, wie sich das alles auswirkt, ist schon wirklich eine interessante Variante,

(Dietrich Wersich CDU: Weil Sie es ja nicht machen!)

ein Bundestagswahlthema hier an prominenter Stelle in der ersten Debatte auf die Tagesordnung zu setzen. Vielleicht zeigt das ein bisschen die Ratlosigkeit der CDU, was sie im Moment zu Steuerfragen sagen soll.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)