Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind über ihre Gewerkschaften übrigens auch drittelparitätisch in der Handwerkskammer vertreten und haben sich aktiv an der dortigen Meinungsbildung beteiligt. In einem einstimmigen Beschluss, also auch mit den Stimmen der Arbeitnehmerbank, hat die Vollversammlung sich für die Ablehnung des Volksentscheids entschieden.
Nun hat der Kollege Kerstan es für richtig gehalten, den Beschluss der Handwerkskammer in einem offenen Brief zu kritisieren und dafür vom Präsidenten Katzer die passende Antwort erhalten. Es ist schlicht falsch, der Handwerkskammer und damit auch den dortigen Arbeitnehmern vorzuwerfen, sie hätten sich keiner sorgfältigen Prüfung der Argumente unterzogen, das Gegenteil stimmt. Bereits im März 2012 hat sich die Handwerkskammer in einem bemerkenswerten dreiseitigen Beschluss der Vollversammlung gegen die Volksinitiative ausgesprochen. Es folgten Beratungen in zwei Ausschüssen und jetzt eine erneute Beschlussfassung in der Vollversammlung – immer einstimmig. Ich finde es, ehrlich gesagt, Jens Kerstan, schon einigermaßen frech, der Handwerkskammer fehlendes Demokratieverständnis vorzuwerfen.
neutralen Sachverständigen Dr. Engelsing, den Direktor beim Bundeskartellamt, ein, und Kollege Kerstan erklärt in seinem offenen Brief kurzerhand diesen Direktor zu einem Gegner der Rekommunalisierung. Lieber Jens Kerstan, das ist ein manipulativer Umgang mit dem Rechtsstaat, der völlig inakzeptabel ist.
Man kann über die Pflichtmitgliedschaft streiten, aber in dieser Frage würde es mich wundern, wenn die Reaktion genauso ausgefallen wäre, hätte die Handwerkskammer umgekehrt entschieden.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Debatte hat klargestellt, dass der Netzrückkauf durch die Stadt den Strom nicht billiger oder ökologischer machen würde und dass noch nicht einmal gesagt ist, dass die Stadt auch die Konzession für den Betrieb der Netze erhält. Denn diese müssen diskriminierungsfrei ausgeschrieben werden, ohne dass der Staat sich selber bevorzugen kann. Das alles reicht doch eigentlich für ein klares Nein am 22. September.
Aber ich möchte mich auch noch einmal mit den Argumenten der Befürworter auseinandersetzen und sagen, wo wir uns als CDU klar unterscheiden. Für uns heißt demokratische Kontrolle nicht Staatsbesitz.
Wir sagen, dass die Bundesrepublik Deutschland mit der sozialen Marktwirtschaft als einem weltweit vorbildlichen System gut gefahren ist, in der der Staat über Gesetze und Verordnungen den Rahmen des Marktes regelt und in der ein starker Staat die Unternehmen und den Markt kontrolliert. Es gibt in Deutschland wohl keinen zweiten Markt, der so durch Gesetze und staatliche Kontrolle geregelt ist wie der Besitz und Betrieb der Netze. Soziale Marktwirtschaft statt volkseigener Betrieb – wir brauchen kein VEB-Netz in Hamburg.
Sie finden, dass die Stadt kaufen kann, weil die Unternehmen Gewinne machen. Ich finde hingegen, dass es nicht Aufgabe der Stadt ist, private, rentable Unternehmen aufzukaufen. Da wir dieses Geld auch nicht haben, müssten wir es als Schulden aufnehmen. Das würde die Stadt ungefähr 40 Millionen Euro Zinsen kosten. Der Plan von GRÜNEN und LINKEN führt unter dem Strich dazu,
dass die Gewinne dieses Unternehmens nicht an die Hamburgerinnen und Hamburger und an Hamburg fließen, sondern dass jedes Jahr 40 Millionen Euro an die Banken gehen, die dieses Geschäft finanzieren sollen. Es ist keine logische Maßnahme, den Menschen vorzugaukeln, sie würden bei einem Staatsbesitz plötzlich Gewinn machen.
Sie finden es verdächtig, wenn Vattenfall und E.ON den Betrieb der Netze verteidigen. Ich finde es normal, wenn eine Firma in Deutschland, die einen guten Job macht, diese Arbeit mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern weitermachen will. Es ist nicht verdächtig, sondern normal,
dass man sich das Geschäft, das man als Firma macht, nicht durch eine feindliche Übernahme, auch nicht durch den Staat, kaputtmachen lassen möchte.
Auf dieser Welle der Verdächtigungen derer, die in Deutschland eigentlich normal und erfolgreich sind, liegen auch die ständigen Diffamierungen von Vattenfall und E.ON. Unsere Haltung als CDU ist glasklar: soziale Marktwirtschaft beim Stichwort Energiewende, eine der größten strukturellen Herausforderungen für unser Land. Diese Energiewende können wir nach meiner festen Überzeugung nur mit den Unternehmen, der Industrie und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in diesen Unternehmen gestalten und nicht gegen sie. Wir können nicht Atomkraftwerke und Kohlekraftwerke verkaufen und hinterher die Firmen in die Pleite treiben, um so die Kraftwerke zu schließen.
Das ist kein politisches Konzept, um die Energiewende in Deutschland mit den Menschen und für die Menschen umzusetzen.
Meine Damen und Herren! Herr Kerstan, Ihre Rede heute und Ihre grüne Haltung gegen die Wirtschaft hat mich an die Reden hier vor 30 Jahren erinnert; ich glaube, es war Thomas Ebermann. Das ging weit zurück in die Vergangenheit. Wenn Sie dieses Bündnis so diffamieren, wer soll denn in Hamburg den Wohnungsbau realisieren, wenn nicht die Wohnungsgesellschaften? Wer soll den weltweiten Handel führen, wenn nicht die Handelsunternehmen? Und wer soll Hamburg bauen, wenn nicht die Handwerker? Soll das alles wirklich die Stadt machen? Etwas mehr grüner Respekt vor dem Rückgrat unserer Wirtschaft in der Stadt täte Ihnen und unserer Stadt gut.
Die grüne Diffamierung "Wirtschaftsbosse gegen das Volk" ist eine Entgleisung der politischen Streitkultur, und sie wird der Wichtigkeit eines Volksentscheids, den wir verbindlich gemacht haben, überhaupt nicht gerecht. Ein Volksentscheid ist heute eine so wichtige und weitreichende Sache, dass man nicht auf diese Art und Weise diffamieren darf, wenn jemand sich inhaltlich gegen den Volksentscheid äußert. Mehr politischer Respekt, mehr politischer Anstand und mehr politische Kultur täten unserer Stadt gut. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Über manche Argumente, die hier genannt werden, kann man sich nur wundern. Herr Wersich, Sie haben eben gesagt, dass es nicht Aufgabe des Staates und der Stadt sei, Unternehmen zu kaufen.
Ich kann mich aber sehr genau daran erinnern, dass wir in mehreren Tranchen gemeinsam und einstimmig in diesem Haus Hapag-Lloyd gekauft haben, und da hat es von Ihrer Seite solche Reden nicht gegeben. Das ist schon ein gewisser Widerspruch.
Herr Kerstan, weshalb haben Sie mich falsch zitiert, den Begriff "rentable Unternehmen" weggelassen und nur "Unternehmen" gesagt? Welchen Eindruck wollten Sie damit erwecken?
Wir haben Hapag-Lloyd gekauft, ein Unternehmen, das, seit wir es gekauft haben, Verluste gemacht hat. Meinen Sie, dass es Aufgabe der Stadt ist, ein Unternehmen mit Verlusten zu kaufen? Sie machen merkwürdige Unterscheidungen bei den Netzen, denn bei den Netzen geht es um Unternehmen, die Gewinne machen.
Und Herr Bürgermeister, wenn man Ihrer Rede gelauscht hat, dann fragt man sich, warum Sie eigentlich 540 Millionen Euro für 25 Prozent an den Netzen ausgegeben haben. Das war dann eine völlig unverantwortliche Investition,
für die die Stadt in den nächsten Jahrzehnten Zinsen und Schulden abtragen muss, ohne jeden Nutzen zu haben. Das ist doch merkwürdig.
Gleichzeitig haben Sie damit 25 Prozent an dem angeblich wahnsinnig hohen wirtschaftlichen Risiko auf sich genommen, das Sie an die Wand malen.
Meine Damen und Herren! Ich kenne wenige Netzbetreiber, eigentlich keine, die Verluste machen. Das wirtschaftliche Risiko müssen Sie mir also erklären. Wie kommen denn die Preise zustande, die Vattenfall oder jeder Netzbetreiber nehmen darf? Er hat seine Kosten – Betrieb, Personal und ähnliche Dinge –, und diese werden von der Netzagentur anerkannt. Außerdem muss er Investitionen in den Ersatz und die Wartung der Netze tätigen. Diese Investitionen werden als Kosten auf das eingesetzte Kapital anerkannt und dürfen in die Preise einfließen.
Das heißt, dass der Netzbetreiber auskömmliche Preise nehmen darf. Sie müssen mir jetzt erklären, warum Sie immer darüber sprechen, dass Netzbetreiber wahnsinnige Verluste machen könnten.