Protocol of the Session on June 19, 2013

mit keiner Silbe über das, was wir bekommen und auch mit keiner Silbe darüber, ob ein fairer Lastenausgleich zwischen HOCHTIEF und der Stadt stattfindet. Und das ist die große Schwäche bei dem Vorschlag, den wir heute abzustimmen haben.

(Beifall bei den GRÜNEN, der CDU und bei Robert Bläsing und Katja Suding, beide FDP)

Wir gestehen aber zu, dass diese Verträge aus rechtlicher Sicht, im rechtlichen Konstrukt eine Verbesserung zu den Verträgen aus der Vergangenheit darstellen. Das haben uns auch die Gutachter sehr deutlich nahegelegt. Was die Gutachter aber noch gesagt haben, davon spricht Herr Dressel mit keinem Wort. Sie haben nämlich gesagt: Rechtlich sind diese Verträge in Ordnung, ob aber 200 Millio

nen Euro als Preis in Ordnung sind, können wir überhaupt nicht beurteilen.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Das stimmt so auch nicht!)

In Wirklichkeit können wir das aus den Unterlagen gar nicht herauslesen, und wir geben Ihnen den guten Rat – das war an das Parlament gerichtet –, den Senat einmal zu fragen, wie sich diese Summe genau zusammensetzt. Das haben wir getan. Wir haben in drei Expertenanhörungen die ReGe, den Aufsichtsrat der ReGe und auch den Senat gefragt. Bis zum heutigen Tag haben wir darauf keine Antwort bekommen.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Das stimmt doch nicht!)

Insofern drängt sich doch eindeutig der Eindruck auf, dass es bei diesen 200 Millionen Euro um eine politische Summe geht,

(Dr. Andreas Dressel SPD: Protokoll Seite 40!)

um eine Einigungssumme, die in weiten Teilen durch keinerlei Leistung von HOCHTIEF begründet ist. Insofern ist das ein Preis, für den wir keine Verantwortung übernehmen wollen und deshalb heute die Zustimmung verweigern.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Dieser hohe Preis ist doch nicht vom Himmel gefallen. Dieser Preis ist das Ergebnis eines zweieinhalbjährigen Verhandlungsprozesses, der von einem Zickzackkurs geprägt ist. Wie dieser Bürgermeister mit dem Projekt Elbphilharmonie umgehen wollte, hatte er eigentlich schon im Wahlkampf angelegt. Damals gab es markige Worte nach dem Motto: Unter mir als Bürgermeister wird dieses Projekt zügig und kostenstabil weitergebaut, Spielräume für zusätzliche Zahlungen an HOCHTIEF gibt es nicht. Genau das, so haben wir von den Verantwortlichen der ReGe gehört, war die Anweisung dieses Bürgermeisters an die ReGe. Kein Cent mehr für HOCHTIEF. HOCHTIEF muss weiterbauen. Sie bekommen nur Geld, das ihnen ein Schiedsgericht entweder begleitend oder hinterher zuspricht. Wenn HOCHTIEF nicht bereit ist, das zu akzeptieren, dann müssen wir ein Kündigungsszenario vorbringen und am Ende HOCHTIEF rauswerfen.

Wir haben nun von Herrn Dressel gehört, wie absurd es doch sei, mit Kündigung zu drohen,

(Dr. Andreas Dressel SPD: Das habe ich so auch nicht gesagt!)

welch ein wahnsinniges Risiko das sei, und dass man das niemals im Leben machen dürfe, dass die Prozesse sehr lange dauern würden und die Kosten, die auf die Stadt zukämen, am Ende hoch sein könnten. Ihrem Bürgermeister müssen ganz schön die Ohren geklungen haben, als Sie das gesagt

haben, Herr Dressel, denn er hat anderthalb Jahre lang mit Kündigung gedroht.

(Beifall bei den GRÜNEN, der CDU und bei Katja Suding FDP und Norbert Hackbusch DIE LINKE)

Er hat billigend in Kauf genommen, dass HOCHTIEF daraufhin die Baustelle stillgelegt hat, und hat es immer weiter eskalieren lassen und weiter gedroht

(Dr. Andreas Dressel SPD: Ohne die Dro- hung hätte es den Vertragsabschluss nicht gegeben!)

bis zu dem Punkt, als nach mehreren Ultimaten HOCHTIEF im Sommer 2012 eine Eckpunktevereinbarung unterschrieben hatte. Drei Monate später musste dieser Bürgermeister feststellen, dass HOCHTIEF zwar bereit ist, Verträge oder Eckpunktepapiere zu unterschreiben, aber in keiner Weise bereit ist, das dann auch wirklich umzusetzen. Wenn er anderthalb Jahre lang mit Kündigung gedroht hat, dann war das der Moment, in dem er folgerichtig hätte kündigen müssen, so wie es die Verantwortlichen der ReGe, die doch mit viel Aufwand im Auftrag des Bürgermeisters diese Kündigung vorbereitet haben, entschieden haben. Dann kam der dramatische Schwenk des Bürgermeisters. Es wurde deutlich, dass der Bürgermeister nicht mehr bereit war, das zu tun, womit er gedroht hat, nämlich zu kündigen. Plötzlich, Herr Wersich deutete es an, gab es Geheimgespräche mit Herrn Fernández Verdes. Ziel der Gespräche war es, auszuhandeln, wie viel Geld HOCHTIEF bekommt, damit weitergebaut wird. An diesem Punkt, Herr Bürgermeister, haben Sie Ihre Verhandlungsstrategie aufgegeben, weil Sie nach 20 Monaten Baustillstand erkannt haben, dass Ihre Strategie gescheitert ist. Sie sind damit erpressbar geworden, denn Sie brauchten jetzt eine Einigung und mussten jeden Preis akzeptieren, den HOCHTIEF vorgeschlagen hat.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Das ist doch nachweislich falsch!)

Das ist letztendlich das Ergebnis dieser Neuordnungsverhandlungen; 195 Millionen Euro Einigungssumme, damit der Bürgermeister nach 20 Monaten Baustillstand, die er selbst mit verursacht hat, nicht mit leeren Händen dasteht. Das ist die Geschichte, und das ist die Wahrheit hinter diesem Vertrag, den wir heute beschließen sollen.

(Beifall bei den GRÜNEN, der CDU und bei Christiane Schneider DIE LINKE – Dr. An- dreas Dressel SPD: Das ist ein Märchen, was Sie da erzählen!)

Nur damit wir uns jetzt nicht falsch verstehen:

(Zurufe von der SPD)

Ich plädiere nicht dafür, dass der Bürgermeister hätte kündigen sollen,

(Dr. Andreas Dressel SPD: Ach so! – Dirk Kienscherf SPD: Das ist ja eine ganz absur- de Diskussion! Das wird ja immer schlim- mer!)

aber wenn es denn so ist, dass er in letzter Konsequenz eine Kündigung für risikoreich hält, dann hätte er niemals den Weg beschreiten müssen, die Baustelle aufgrund von Kündigungsdrohungen für fast zwei Jahre stillzulegen. Wenn der Bürgermeister nicht bereit war zu kündigen, dann war doch die Alternative zu dieser Neuordnung nicht die Kündigung. Die Alternative wäre gewesen, sich zu einem früheren Zeitpunkt mit HOCHTIEF auf eine Neuordnung zu verständigen. Dies hat der Bürgermeister fahrlässigerweise versäumt. Das bezahlen die Steuerzahler heute sehr teuer.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei Nikolaus Haufler und Dietrich Wersich, beide CDU – Dirk Kienscherf SPD: Das glauben Sie sel- ber nicht, was Sie da sagen!)

Diese Alternative ist keine reine Theorie, diese Alternative hat es wirklich gegeben.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Genau zu diesen Konditionen!)

Diese Alternative hat es wirklich gegeben, Herr Dressel, und zwar im Sommer 2013, Entschuldigung, 2011.

(Dirk Kienscherf SPD: Wissen Sie selber gar nicht mehr!)

Im Sommer 2011 hat der damalige Vorstandsvorsitzende von HOCHTIEF, Herr Mahlstedt, einen Brief an Frau Kisseler geschrieben, worin er mehrere Szenarien vorgeschlagen hat. Eines davon war die Neuordnung. Das war noch kein Angebot. Er hatte die Frage an den Bürgermeister gestellt: Wollen wir über folgende Punkte verhandeln, um zu einer Einigung zu kommen? Das Erstaunliche ist, dass diese Eckpunkte genau die gleichen sind, die der Bürgermeister zwei Jahre später als Eckpunktepapier diesem Hause vorlegt. Die Planer werden HOCHTIEF unterstellt, dafür garantiert HOCHTIEF den Fertigstellungstermin und einen Preis. Die Stadt zieht sich aus diesem Projekt zurück und beschränkt ihre Rolle dramatisch. Dann ist HOCHTIEF bereit, den Bau zu Ende zu bringen. Das war im Sommer 2011. Damals hat der Bürgermeister entschieden, dieses Angebot auszuschlagen und stattdessen auf ein Kündigungsszenario zu setzen, bei dem 15 Monate später erkennbar war, dass er mit dieser Strategie scheitern würde. Wir wissen heute, dass es eine schwere Fehlentscheidung war, diesen Vorschlag von HOCHTIEF im Sommer 2011 auszuschlagen. Das kommt die Steuerzahler in dieser Stadt teuer zu stehen.

(Beifall bei den GRÜNEN, der CDU und bei Katja Suding FDP – Erster Vizepräsident Frank Schira übernimmt den Vorsitz.)

Allein die Bauzeitverzögerung seit dem Sommer 2011 beläuft sich auf 36 Millionen Euro. Die Planer haben für den gleichen Zeitraum 11 Millionen Euro bekommen. Nicht, weil sie geplant haben – das konnten sie gar nicht, da die Baustelle stillgelegt wurde –, sondern weil sie Personal für den Fall vorhalten mussten, dass irgendwann einmal weitergebaut wird. Diese 50 Millionen Euro Kosten für Baustillstand sind entstanden, weil das Angebot von Herrn Mahlstedt damals bei diesem Bürgermeister auf taube Ohren gestoßen ist. Jetzt, 15 Monate später, will dieser Senat doch tatsächlich den Eindruck erwecken, dass erst im Dezember 2012 dieser Weg dem Senat offen gestanden habe. Jeder, der diesen Brief von Herrn Mahlstedt kennt, weiß, dass das nicht die Wahrheit ist. Es hat eine Alternative gegeben, und dieser Senat hat sie nicht genutzt. In der Konsequenz muss der Steuerzahler mehr zahlen. Diese Verantwortung muss der Bürgermeister tragen, und deshalb werden wir dieser Vereinbarung heute auch nicht zustimmen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Natürlich wäre vor 20 Monaten der Druck auf den Bürgermeister nicht so groß gewesen, jeden Preis zu akzeptieren, weil er vier Monate nach seinem Amtsantritt politisch noch nicht so unter Druck stand. Es gab noch keine 20 Monate Bauverzögerung und viele Fragen. Insofern hat dieser Bürgermeister einen Großteil der Summe von 195 Millionen Euro durch eine verfehlte Verhandlungsstrategie selbst verursacht, und insofern muss er dafür auch allein die Verantwortung tragen.

Von Ihnen, Herr Dressel, und anderen wird als Begründung gern genannt, dass diese Verträge ein Rundum-sorglos-Paket seien und man deshalb einen derart hohen Preis bezahlen müsse. Ich finde es immer noch kritisch, dass die Summe in keinem einzigen Punkt plausibel hinterlegt wird.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Das stimmt doch nicht!)

Dieser Vertrag ist kein Rundum-sorglos-Paket. Im Bereich Qualitätssicherung und Bauleistung wird einfach das Risiko, das jetzt besteht, auf den Punkt der Abnahme verlagert.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Vor allem wird es auf HOCHTIEF verlagert! Das ist ja wohl das Entscheidende!)

Dass HOCHTIEF am Ende zahlen muss, ist nur dann der Fall, wenn HOCHTIEF sich an die Verträge hält. Ein Experte in der Anhörung hat gesagt, was von Ihnen nicht gern gehört wird: Die besten Verträge der Welt nützen nichts, wenn der Vertragspartner nicht bereit ist, sich an sie zu halten. Leider ist das die bisherige Erfahrung, die diese

Stadt mit HOCHTIEF gemacht hat, und das ist auch die Erfahrung, die der Bürgermeister mit der Eckpunktevereinbarung im Sommer 2012 gemacht hat. Es wurde etwas unterschrieben und HOCHTIEF hat es nicht umgesetzt, und es gibt keinerlei Anzeichen dafür, dass HOCHTIEF diesen unverantwortlichen und unzuverlässigen Kurs geändert hat.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Also doch kündi- gen?)

Es könnte durchaus sein, dass wir am Ende bei der Abnahme das gleiche Problem haben, das wir auch jetzt haben. Dieser Vertrag ist kein Rundumsorglos-Paket, das solch einen enormen Preis und eine solche Einigungssumme rechtfertigt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Auch wenn wir GRÜNE zum Projekt Elbphilharmonie stehen, können wir heute dieser Neuordnungsvereinbarung nicht zustimmen.

(Gabi Dobusch SPD: Wenn das Ding dann fertig ist, stehen Sie wieder dazu!)

Der Preis von 195 Millionen Euro ist durch eine verfehlte Verhandlungsstrategie dieses Bürgermeisters entstanden, und ihm stehen in weiten Teilen keine konkreten Leistungen von HOCHTIEF gegenüber. Der Bürgermeister musste diese Vereinbarung akzeptieren, um nach 20 Monaten Baustillstand nicht mit leeren Händen dazustehen.