Protocol of the Session on June 13, 2013

Die Frage des Fonds haben wir schon einmal im Zusammenhang mit den Strom- und Wassersperren diskutiert. Sie kommen mir immer allzu schnell mit einem städtischen Härtefallfonds. Es gibt jetzt

(Hans-Detlef Roock)

schon diverse Möglichkeiten. Man kann beispielsweise bei Überschuldung über Paragraf 22 SGB II einen Antrag stellen, dass Mietschulden erst einmal übernommen werden und man ein Darlehen bekommt. Immer gleich einen Härtefallfonds für alles zu fordern, finde ich ein bisschen zu voreilig.

Die Stoßrichtung des Antrags ist richtig, aber wir haben noch großen Gesprächsbedarf bei den einzelnen Punkten. Zwangsräumung ist immer ein großes Problem und stürzt viele Menschen in eine schwierige Situation. In der Obdachlosigkeit zu leben, das wissen wir, das haben wir in vielen Debatten thematisiert, ist katastrophal. Aber ob jeder dieser Punkte, die Sie in Ihrem Antrag auflisten, einer ist, der zielführend genau das aufgreift, wage ich zu bezweifeln. Deshalb freue ich mich auf die Debatte im Ausschuss. – Danke.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das Wort hat Frau Kaesbach.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Özdemir, ich finde, Sie haben ein bisschen zu dick aufgetragen. Es ist wohl eines klar, dass unser Sozialstaat im europäischen Vergleich wirklich bestens dasteht. Was Sie soeben vorgebracht haben, ist schon eine ziemliche Verzerrung der Realität.

Und, Herr Lohmann, was Sie vorgetragen haben, war, das muss ich an dieser Stelle auch noch einmal sagen, war nichts als Senatslyrik. Es gibt auch noch andere Vermieter als die SAGA GWG; darauf möchte ich Sie hinweisen.

(Beifall bei der FDP)

Vorsorge ist besser als Nachsorge – in der Tat. Diesem Grundsatz kann die FDP-Fraktion uneingeschränkt zustimmen, denn Vorsorge rechnet sich. Durch präventive Maßnahmen werden langfristig Kosten eingespart. Deshalb begrüßt die FDPFraktion grundsätzlich gute Konzepte zur Prävention. Das gilt auch für die Wohnungsnothilfe. Zwangsräumungen sollten soweit wie möglich im Vorfeld verhindert werden. In diesem Ziel, wie unter Petitum 1 formuliert, sind wir uns einig. Eine Zwangsräumung, die zu Obdachlosigkeit führt, ist nicht nur ein menschlich tragisches Schicksal, eine Zwangsräumung ist auch eine große Herausforderung und finanzielle Belastung für die Stadt, die wohnungslose Menschen unterbringen muss. Wie schwierig es ist, neue Plätze in der öffentlichen Unterbringung zu schaffen, erleben wir gerade – von den Kosten ganz zu schweigen. Es sollte also alles versucht werden, dass es gar nicht so weit kommt, dass Menschen auf die öffentliche Unterbringung angewiesen sind. Aber in diesem Punkt hört die Einigkeit dann auch auf, denn der Rest Ihres Antrags

liest sich wieder einmal wie ein linkes Wünsch-dirwas-Programm.

(Beifall bei der FDP – Hans-Detlef Roock CDU: Freibier für alle!)

Mehr Geld, mehr Mitarbeiter sind ein linkes Universalrezept, um alle Probleme in Luft aufzulösen. Selbstverständlich wird in Ihrem Antrag das Wort Eigenverantwortung der Mieter nicht ein einziges Mal erwähnt.

(Beifall bei der FDP)

Die Fachstellen sind ein Hilfsangebot für Mieter, dort wird ihnen niedrigschwellig Hilfe angeboten. Es ist aber nicht Aufgabe der Vermieter, sich an die Fachstellen zu wenden. Wer in eine Notlage gerät, der hat Anspruch auf Hilfe, das steht außer Frage. Diese Hilfe muss dann aber auch in Anspruch genommen werden. Diese Mitwirkung müssen wir von den Mietern erwarten können. Im Übrigen werden die Fachstellen über alle Räumungsklagen informiert.

Sie fordern weiterhin, die Zahl der Mitarbeiter der Fachstellen aufzustocken, um ein Frühwarnsystem zu installieren. Was das bedeuten soll, wird leider nicht näher erläutert.

Zu guter Letzt soll es auch noch einen Härtefallfonds geben. Dabei gibt es schon jetzt die Möglichkeit, bei den Fachstellen ein Darlehen für Mietschulden zu beantragen.

Meine Damen und Herren! Die Lage in der öffentlichen Unterbringung spitzt sich immer weiter zu. Es fehlt an Plätzen, und eine Besserung der Lage ist nicht in Sicht. Grund hierfür ist aber vor allem, dass es in Hamburg zu wenige Wohnungen gibt, gerade für sozialschwache Menschen. Hier würden zum Beispiel die durchgängige Anwendung der Vergabe von Grundstücken nach Entwurfsqualität und der Ankauf von Belegungsbindungen helfen.

(Dirk Kienscherf SPD: Das machen wir doch!)

Aber nicht konsequent genug, Herr Kienscherf.

Die Zahl der Räumungsklagen und auch die der durchgeführten Räumungen ist in den vergangenen zehn Jahren erheblich gesunken. 2012 konnte zudem in 82 Prozent der abgeschlossenen Fälle die Wohnung gesichert werden.

Ihr Antrag sieht fast ausschließlich eine Gängelung der Vermieter vor. Das geht für uns in die absolut falsche Richtung. Deswegen lehnen wir Ihren Antrag ab.

(Beifall bei der FDP)

Jetzt hat Frau Sudmann das Wort.

(Katharina Fegebank)

(Olaf Ohlsen CDU: Und das um diese Ta- geszeit! Vielleicht kommen wir privat zusam- men!)

Zum Munterwerden und auf besonderen Wunsch von Herrn Ohlsen werde ich noch einmal ein paar Punkte ansprechen.

Haben Sie sich eigentlich im Vorwege dieser Debatte gefragt, warum wir in Hamburg bisher über Zwangsräumungen so wenig gesprochen haben? Ist Ihnen eigentlich klar, warum Zwangsräumungen nicht auffällig sind? Eine Zwangsräumung nehmen Sie, in Hamburg zumindest, kaum wahr. Irgendwann fährt ein Umzugswagen vor und eine Wohnung wird ausgeräumt. Niemand bekommt mit, dass da Leute gewohnt haben, die, aus welchen Gründen auch immer – und nicht aus dem Grund, weil sie keinen Bock haben, Miete zu zahlen –, ihre Miete nicht mehr zahlen konnten und obdachlos werden. Der Senat weiß oft nicht, was mit diesen Menschen passiert.

Frau Kaesbach hat erstaunlicherweise viele Punkte angesprochen, die genau die Begründung für unseren Antrag sind. Sie hat zu Recht gesagt – das geht auch in Richtung von Herrn Roock –, dass die finanzielle Belastung für die Stadt enorm hoch ist, denn viele der Zwangsgeräumten, die erst einmal untertauchen, sind später auf öffentliche Unterbringung angewiesen, und das kostet. Das heißt, Herr Roock, dass die weggefallenen Einnahmen, die Sie für die SAGA GWG beklagt haben, dann aus einer anderen Tasche bezahlt werden. Es kann und sollte aber nicht unser Ziel sein, dass das ein anderer Haushaltstitel wird.

(Hans-Detlef Roock CDU: Wisst ihr über- haupt, was eine Zwangsräumung den Ver- mieter kostet?)

Unser Ziel sollte sein, die Anzahl der Zwangsräumungen – 1590 hatten wir im Jahr 2012 – total zu reduzieren. Sie haben recht, Herr Roock, das kostet auch die Vermieter und Vermieterinnen Geld, ohne Frage.

(Hans-Detlef Roock CDU: Das kostet ein Schweinegeld!)

Auch das ist ein Argument dafür, mehr dafür zu sorgen, dass es zu keinen Zwangsräumungen kommt.

Es geht nicht darum, dass wir einen Freibrief haben wollen; wir wollen keinen Freibrief für das Nichtzahlen von Miete. Ich glaube – wenn ich mich recht erinnere, hat Frau Kaesbach das eben auch angesprochen –, Sie werden mit uns einer Meinung sein, dass ein Großteil der Menschen, deren Wohnungen zwangsgeräumt werden, enorme Probleme haben, die sie nicht alleine bewältigen können. Natürlich können wir sagen, das ist ihr per

sönliches Problem, aber damit werden wir nicht weiter kommen. Wir sagen auch nicht bei Menschen, die kein Erwerbseinkommen mehr haben, das sei ihr persönliches Problem. Auch hier müssen wir versuchen, etwas an den Rahmenbedingungen zu ändern, zum Beispiel, indem wir günstige Wohnungen anbieten. Herr Kienscherf hat eben schon dazwischengerufen, dass Sie das doch täten, aber Sie wissen genauso gut wie ich, dass der Anteil der günstigen Wohnungen in Hamburg immer weiter sinkt. Auch deswegen werden wir ein Problem haben, weiterhin genug Menschen ein Obdach zu bieten, das sie bezahlen können.

Frau Kaesbach, Sie haben es richtig erkannt, wir wollen auch mehr Personal. Ich glaube, dass Sie und auch alle anderen, die mit dem öffentlichen Dienst zu tun haben, aus Ihrer persönlichen Erfahrung wissen werden, dass überall Personal abgebaut wird. Die bezirklichen Fachstellen haben in letzter Zeit keinen Personalzuwachs gehabt, obwohl die Aufgaben auch da steigen. Ich frage Sie, wie Sie steigende Aufgaben mit weniger Personal bewältigen wollen. Das kann doch nur heißen, dass weniger beraten wird. Das ist nicht in unserem Sinne.

(Beifall bei der LINKEN)

Wenn Sie bestreiten, dass es eine Aufgabe der öffentlichen Hand ist, hier tätig zu werden, dann sagen Sie auch, dass Sie das so okay finden und nicht mehr machen wollen. Die SPD hat diese Position nicht vertreten, das muss ich ehrlicherweise sagen, aber die CDU und die FDP. Dann sagen Sie hier, dass Sie weniger Personal haben wollen und diese Menschen zusehen sollen, wie sie zu Rande kommen. Damit werden wir die Zwangsräumungen in Hamburg aber nicht reduzieren können. Ich sage es noch einmal, wir sprechen von 1590 Zwangsräumungen im Jahr. Dahinter stehen, wenn auch Familien darunter sind, locker 2000 Personen. Diese 2000 Personen können und dürfen wir nicht auf der Straße stehen lassen.

(Beifall bei der LINKEN)

Gibt es weitere Wortmeldungen? – Herr Lohmann, bitte.

Zwei ganz kurze Bemerkungen. Bei der LINKEN hört sich es an, als würde da einfach ein Möbelwagen vorfahren und plötzlich zwangsgeräumt werden. Realistisch ist es aber so: Eine Zwangsräumung dauert mindestens ein Jahr, meist deutlich länger, und es gibt eine ganze Menge Maßnahmen, die man in dieser Zeit ergreifen kann. Sie fordern mehr Personal bei den Fachstellen. Die Zwangsräumungen sind in den letzten Jahren eindeutig zurückgegangen.

(Beifall bei der SPD)

(Präsidentin Carola Veit)

Wenn keine weiteren Wortmeldungen vorliegen, kommen wir zur Abstimmung.

Wer stimmt einer Überweisung der Drucksache 20/8187 an den Ausschuss für Soziales, Arbeit und Integration zu? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Dann ist das an den Ausschuss überwiesen.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 3, den Drucksachen 20/8129, 20/8130, 20/8131 und 20/8132, das sind unsere Berichte des Eingabenausschusses.

[Bericht des Eingabenausschusses: Eingaben – Drs 20/8129 –]

[Bericht des Eingabenausschusses: Eingaben – Drs 20/8130 –]

[Bericht des Eingabenausschusses: Eingaben – Drs 20/8131 –]

[Bericht des Eingabenausschusses: Eingaben – Drs 20/8132 –]