Protocol of the Session on June 13, 2013

Wer stimmt einer Überweisung der Drucksache 20/8211 an den Verfassungs- und Bezirksausschuss zu? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist dieser Antrag überwiesen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 57 auf, Drucksache 20/8187, Antrag der Fraktion DIE LINKE: Prävention über Fachstellen stärken – Zwangsräumungen verhindern!

[Antrag der Fraktion DIE LINKE: Prävention über Fachstellen stärken – Zwangsräumungen verhindern! – Drs 20/8187 –]

Zu dieser Drucksache liegt ein Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Überweisung an den Ausschuss für Soziales, Arbeit und Integration vor. Wer wünscht das Wort? – Frau Özdemir, Sie haben es.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Laut Angaben des Senats hat es im Jahr 2012 genau 4428 Räumungsklagen und 1590 durchgeführte Räumungen gegeben. Krankheit, Tod eines Angehörigen oder Arbeitslosigkeit sind Gründe, warum für betroffene Menschen auf einmal nichts mehr wichtig ist.

(Glocke)

Darf ich noch einmal darum bitten, dass die Abgeordneten sich nicht unterhalten, während hier geredet wird. Herr Münster und Herr Rose, bitte unter

(Farid Müller)

halten Sie sich doch draußen. – Frau Özdemir, fahren Sie bitte fort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin.

Krankheit, Tod eines Angehörigen oder auch Arbeitslosigkeit sind Gründe, warum für betroffene Menschen auf einmal nichts mehr wichtig ist, nicht einmal die monatliche Miete. Aber auch unbezahlbare Mieten durch Wohnungsknappheit und die Aufwertung von Stadtteilen bringen die Menschen in schwierige Situationen, sogar in Notsituationen. Sie werden aus den schicken und teuren Stadtteilen, in denen sie vielleicht seit Jahrzehnten leben, vertrieben. Sie können sich die teuren Mieten nicht mehr leisten und ihre monatliche Miete nicht mehr zahlen. Manche Betroffene schämen sich für ihre einkommensschwache Situation. Sie trauen sich nicht, sich an die Fachstellen zu wenden, und wenn die Wohnung geräumt werden soll, verlassen sie schon vorher ihre Wohnung.

Sie sehen, Armut hat in dieser Stadt viele Gesichter, und leider viele traurige Gesichter. Dass in einer reichen Stadt wie Hamburg Menschen von Obdachlosigkeit und Zwangsräumung bedroht sind, wenn sie ihre Miete nicht mehr zahlen können, ist sozialpolitisch unerträglich.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Stadt Hamburg richtete Anfang der Neunzigerjahre die Bezirksstellen zur Wohnungssicherung ein, die die Zwangsräumungen mit verschiedenen Maßnahmen verhindern sollen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der sieben Bezirksstellen sind seit längerer Zeit enorm belastet, das ist auch kein Geheimnis. Aus Kapazitätsmangel können sie wichtige Maßnahmen wie zum Beispiel Hausbesuche nicht ergreifen. Das Hauptziel der bezirklichen Fachstellen soll eigentlich die Verhinderung von Obdachlosigkeit sein. Dennoch wird ein großer Teil der betroffenen Menschen und Familien auf die Straße gesetzt und fällt in die Obdachlosigkeit.

(Olaf Ohlsen CDU: Skandal! – Mehmet Yil- diz DIE LINKE: Ganz genau!)

Als Obdachloser und Arbeitsloser eine neue Wohnung zu finden, ist sehr schwierig, manchmal sogar fast unmöglich. Viele leben jahrelang in den überfüllten Notunterkünften der Stadt. Und je länger sie dort leben – das ist das Drama –, desto schwieriger wird die Reintegration in gesicherte Wohnverhältnisse.

Der Senat hat sich mit dem neuen Konzept zur Bekämpfung der Wohnungslosigkeit das Ziel gesetzt, die Obdachlosigkeit zu bekämpfen. Dazu gehört aber auch, den Zwangsräumungen, die in die Obdachlosigkeit führen, vorzubeugen und sie zu verhindern.

Das Beispiel Duisburg zeigt, dass es auch anders geht, nämlich Vorbeugen statt Nichtstun.

(Beifall bei der LINKEN)

Wenn eine Mieterin oder ein Mieter in Schwierigkeiten stecken, werden die Fachstellen sofort informiert. Sie reagieren schnell, leisten umfassende und unbürokratische Hilfe und verhindern Zwangsräumungen. Das Konzept hat sich als erfolgreich und kostengünstiger erwiesen. Warum also ergreift Hamburg nicht solche Maßnahmen, um Zwangsräumungen zu verhindern?

Die Wohnungsnot verschärft sich in Hamburg immer mehr, die Obdachlosenzahlen steigen und die Notunterkünfte sind überfüllt; der Senat muss hier dringend handeln.

(Beifall bei der LINKEN – Olaf Ohlsen CDU: Genau!)

Die Zahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Fachstellen muss dringend aufgestockt werden, damit ein frühzeitiges Handeln auch möglich ist. Die Vermieterinnen und Vermieter müssen in die Verantwortung genommen und aufgefordert werden, bei Mietzahlungsversäumnissen die Fachstellen für Wohnungssicherung zu informieren. Auch die SAGA GWG muss verpflichtet werden, vor einer Räumung die Hilfsangebote gemeinsam mit den Mieterinnen und Mietern und der zuständigen Fachstelle für Wohnungssicherung in Anspruch zu nehmen.

Die Mieten steigen weiterhin, deshalb müssen die Kosten der Unterkunft massiv angehoben werden. Zur Vermeidung von Zwangsräumungen muss der Senat einen städtischen Härtefallfonds einrichten.

(Beifall bei der LINKEN)

Die SPD möchte unseren Antrag an den Sozialausschuss überweisen. Das begrüßen wir und halten es auch für notwendig.

In zwei Tagen, also an diesem Samstag, findet in Hamburg erstmals eine vom Bündnis "Mietenwahnsinn stoppen" getragene Kundgebung gegen Zwangsräumungen statt. Wir kritisieren als Fraktion DIE LINKE die Behinderung beziehungsweise die Nichtgenehmigung dieser Kundgebung.

(Olaf Ohlsen CDU: DIE LINKE geht voran, oder was?)

Es ist nämlich ein großes und dramatisches Problem, wie es sich auch in Berlin gezeigt hat. Und die Menschen in Hamburg haben ein Recht darauf, ihren Unmut gegen dieses Problem zum Ausdruck zu bringen. Deshalb fordern wir die Behörden auf, diese Kundgebung zu genehmigen.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Lohmann, Sie haben das Wort.

(Vizepräsidentin Kersten Artus)

Das ist nicht Herr Kienscherf, der ist auch deutlich jünger als ich.

(Finn-Ole Ritter FDP: Das sieht man aber nicht! – Olaf Ohlsen CDU: Der ist auch nicht so hübsch!)

Sehr geehrte Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! In dem Vortrag eben wurde schon deutlich, dass es global natürlich um Wohnungsbaupolitik geht. Vorab also einige Bemerkungen zu diesem Thema.

(Präsidentin Carola Veit übernimmt den Vor- sitz.)

Wir als SPD-Fraktion tun etwas, damit es gar nicht erst zu Zwangsräumungen kommt. Die SAGA GWG baut endlich wieder Wohnungen. Mindesens ein Drittel aller neu gebauten Wohnungen muss sozial gefördert sein. Wir erlassen die Soziale Erhaltungsverordnung in den Bezirken, um Gentrifizierung und die damit einhergehenden Mieterhöhungen zu verhindern.

Wir werden jetzt die Mietpreisbremse umsetzen, um so den Anstieg der Bestandsmieten auf maximal 15 Prozent innerhalb von drei Jahren zu begrenzen.

(Beifall bei der SPD)

Das sind Maßnahmen, die wirklich etwas bewegen und auch direkt bei den Menschen ankommen.

(Beifall bei der SPD)

Was mich in diesem Zusammenhang eigentlich tief erschüttert hat und ich mit Erstaunen gelesen habe, waren zwei Pressemitteilungen der letzten Woche, eine von den GRÜNEN und eine von der CDU. Sie behaupten, dass der SPD-Senat sein Ziel nicht erreicht habe und im Jahr 2012 keine 6000 Wohnungen fertiggestellt worden wären. Damit hätte der Senat sein Wahlversprechen gebrochen.

(Hans-Detlef Roock CDU: Genau richtig!)

Jeder, der nur ein bisschen Ahnung von Wohnungsbau hat, weiß ganz genau, dass von der Baugenehmigung bis zur Fertigstellung mindestens zwei Jahre vergehen. Wer war denn 2010 an der Regierung?

(Olaf Ohlsen CDU: Sag mal deinem Bürger- meister Bescheid!)

Wir werden jedenfalls alles dafür tun, dass dieses Ziel erreicht wird. Ich bin mir sicher, dass wir in den nächsten Jahren über ganz andere Zahlen diskutieren werden.

(Beifall bei der SPD)

Nun zum Antrag der LINKEN. Das eben von Ihnen dargestellte Bild ist nämlich ganz anders als von Ihnen beschrieben.

(Christiane Schneider DIE LINKE: Was?)

Die SAGA GWG leistet gute Arbeit im Bereich der Prävention. Gleiches gilt übrigens auch für die Wohnungsbaugenossenschaften in Hamburg. Grundsatz ist erst einmal, wenn ein Mieter in Zahlungsrückstand kommt, dann wird eine Mahnung zugestellt, damit sich gar nicht erst Mietschulden aufbauen. Dies steht jedoch nicht allein da, sondern wird von verschiedenen Gesprächs- und Beratungsangeboten flankiert. SAGA GWG und auch die Genossenschaften beschäftigen Sozialpädagogen oder haben ihre Mitarbeiter geschult. Diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden sofort eingesetzt, um alle Möglichkeiten auszuschöpfen und eine Zwangsräumung zu verhindern. Die SAGA GWG stellt Beratungsmöglichkeiten in ihren Räumen bereit oder sucht die Betroffenen in der Wohnung auf. Auch werden sofort Beratungsmöglichkeiten bei der Öffentlichen Rechtsauskunft angeboten.