Protocol of the Session on May 29, 2013

(Beifall bei der CDU)

Und genau diesen Menschen haben Sie, wie so häufig, Versprechungen gemacht – Versprechungen, die Sie nicht halten können, wenn man sie genau betrachtet. Dieser Bericht ist ein Beispiel dafür. Sie haben sehr vollmundig angekündigt, die Vertreter der Fraktionen aus diesem Hause seien im Integrationsbeirat überflüssig,

(Kazim Abaci SPD: Ja, Sie!)

weil es diesen Bericht gäbe, durch den man alle zwei Jahre umfassend informiert würde. Tatsache ist aber, dass substantielle inhaltliche Darstellungen aus der Arbeit des Beirats sich nur auf den Seiten 4 bis 12 Ihrer Drucksache finden, und davon entfällt der Großteil auf Darstellungen über die Anzahl der Treffen, wie häufig und worüber man miteinander gesprochen hat, und auf die abstrakte Benennung von Themenfeldern. Aber wir finden keine Sitzungsprotokolle des Beirats, wir finden keine Abstimmungsergebnisse, und wir finden vor allem keinen Hinweis auf die Ideen und Vorschläge des Beirats, die der Senat nach seinem klugen Ermessen entschieden hat zu ignorieren. Sie filtern die Arbeit des Beirats gegenüber uns, dem Parlament, und zeigen uns nur das, was Ihnen passt. Dabei behaupten Sie selbst auf Seite 4 Ihres Berichts – ich zitiere –:

"Zudem greift die Hamburger Verwaltung Beschlüsse und Empfehlungen des Beirats verbindlicher auf. Das bedeutet speziell für die Fachbehörden ein Novum: Sie sind zur Prüfung der Beschlüsse und Empfehlungen des Integrationsbeirats verpflichtet. Sollten diese nicht umgesetzt werden, haben sie dies […] substantiiert zu begründen."

Herr Scheele, ich fordere Sie auf: Stellen Sie dem Parlament dar, welche Vorschläge des Beirats Sie geprüft haben, und begründen Sie substantiiert, warum Sie diese Vorschläge nicht umgesetzt haben.

(Beifall bei der CDU)

(Ali Simsek)

Sie verweisen immer wieder auf das von Ihnen gegenüber dem Konsensprinzip bevorzugte Prinzip der Mehrheit. Dann stellen Sie doch bitte dar, welche Abstimmungen so umstritten waren, dass sich in einer Mehrheitsentscheidung Mehrheit gegen Minderheit durchsetzen musste; ich kann mich an solche Streitigkeiten im Beirat jedenfalls nicht erinnern.

(Kazim Abaci SPD: Weil Sie nie da sind! Er kommt ja nicht!)

Sie erwecken ansonsten hier den Eindruck, Beteiligung und Mitsprache zu versprechen, aber eine Deckelung der Meinungsverschiedenheiten zwischen den beteiligten Bürgern und Ihrem Senat zu betreiben.

Selbstverständlich werden wir Christdemokraten mit unseren verfassungsgemäßen Möglichkeiten dafür sorgen, dass eine echte Bilanz der Mitsprache erstellt wird, dass wir transparent deutlich machen, ob vollmundige Ankündigung und Realität wirklich übereinstimmen. Das sind wir den Menschen schuldig, die sich teilweise in schwierigen räumlichen Verhältnissen bis spät in den Abend versammeln, um neue Lösungen für das Zusammenleben in dieser Stadt zu finden. Nehmen auch Sie diese Menschen ernst und legen Sie uns das nächste Mal einen echten, einen ehrlichen Bericht über die Arbeit des Beirats vor. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Frau Demirel, Sie haben das Wort.

Ich möchte das Plenum bitten, die Murmelgruppen an den Rändern und zwischen den Bänken aufzulösen.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Nach der langen Werbepause von SPD und CDU – der Streit darüber, wer den Beirat erfunden hat, macht das Ganze auch nicht besser – möchten wir uns mit dem Inhalt des Berichts beschäftigen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sicherlich leisten die Mitglieder viel, die für den Beirat freiwillig und ehrenamtlich ihre Zeit investieren. Dafür verdienen sie unseren herzlichen Dank. Umso wichtiger ist es aber, dass die Mühe und das Engagement dieser Menschen auch die erforderliche Berücksichtigung findet und ihre Arbeitsergebnisse Verbindlichkeit bekommen.

Bis Seite 4 beschäftigt sich dieser Bericht mit den angeblich neu konzeptionierten oder veränderten formalen Bedingungen, unter denen der Beirat zusammentritt. Sie berichten über die Beteiligung der integrationspolitischen Obleute bei der Errichtung des Beirats und dass das Thema im Sozialausschuss ausführlich beraten wurde. Es ist richtig,

die Obleute haben sich einmal im Rathaus getroffen. Unter Beteiligung verstehen Sie aber nur Mitteilung, Herr Senator, Sie haben doch alle Vorschläge der Opposition in diese Richtung abgelehnt. Ich hoffe, Sie agieren im Beirat etwas anders.

Im Gegensatz zu Ihren Aussagen ist der Beirat weiterhin kein Gremium, das inhaltlich und organisatorisch unabhängig agieren und entscheiden kann. Das Management des Beirats, inhaltlich und organisatorisch, liegt bei der BASFI, ebenso die Mittelverwaltung. Der Beirat hat weiterhin nur empfehlende Funktion und kann entsprechend auch nur Empfehlungen aussprechen. Ich möchte keineswegs die Arbeit und das Engagement der einzelnen Mitglieder des Beirats schlechtreden. Was ich kritisiere, ist, dass Sie versuchen, das alte Konzept des Beirats sozusagen in einer anderen Farbe als Erfolgsmodell zu verkaufen. Weil Sie den Beirat verkleinert haben und zweimal – pro Legislaturperiode, wohlgemerkt – ein Bericht in der Bürgerschaft vorgelegt wird, werden seine Beschlüsse nicht verbindlicher. Alle Beschlüsse gehen über Ihren Tisch, Herr Senator.

Ich halte den Integrationsbeirat nach wie vor nicht für ein geeignetes Gremium, das die Mitwirkung und Vertretung von Migranten auf gleicher Augenhöhe verbindlich leisten kann.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die damalige Stelle der Ausländerbeauftragten – damals hieß es so – mit eigenem Stab war deutlich effektiver. Dieser Beirat kann das nicht ersetzen.

(Beifall bei den GRÜNEN – Kazim Abaci SPD: Warum haben Sie es nicht anders ge- macht, Sie waren doch an der Regierung?)

Nun zu den inhaltlichen Punkten des Berichts, zu Punkt 3. Sie berichten, dass der Beirat mehrfach von der Möglichkeit Gebrauch gemacht habe, Vorschläge für die Besetzung von Gremien der Hamburger Verwaltung mit Personen mit Migrationshintergrund zu unterbreiten. Welche Gremien der Hamburger Verwaltung wurden dadurch tatsächlich mit Menschen mit Migrationshintergrund besetzt? Das wüsste ich gerne.

Im Bereich Antidiskriminierung/Interkulturelle Öffnung gehen die Forderungen der Arbeitsgruppe deutlich über die Ziele des vorliegenden Integrationskonzepts hinaus. Viele Vorschläge der AG haben Sie nicht aufgenommen.

(Kazim Abaci SPD: Welche?)

Kein Wunder, Sie haben ja auch kaum Geld für die Antidiskriminierungsarbeit in der Stadt im Haushalt zur Verfügung gestellt. Sie haben entschieden, dass die Umsetzung des Konzepts haushaltsneutral erfolgen soll. Damit lassen Sie dem Integrati

(Nikolaus Haufler)

onsbeirat bei seinen Beratungen und Entscheidungen kaum Spielraum.

Auch im Bereich Wohnungsmarkt bleiben die Anregungen des Beirats unberücksichtigt. Für die Unterbringung von Flüchtlingen haben Sie keine Ziele genannt. Obwohl Sie bei der Veröffentlichung des Integrationskonzepts groß angekündigt haben, dass das Thema Flüchtlinge Teil des Konzepts sei, sehen wir im gesamten Konzept nur an einer Stelle eine kleine Erwähnung. So geht es nicht.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich möchte hier nicht auf Einzelheiten und die Diskrepanz zwischen Konzept, Vorschlägen des Beirats und der Umsetzungsbereitschaft der SPD eingehen, dafür haben wir den Ausschuss. Ich möchte lediglich betonen, dass das Engagement der Beiratsmitglieder sich am Ende auch lohnen muss. Bei dieser Konstruktion des Beirats ist es nicht gewährleistet, dass die Mitglieder, die alle ehrenamtlich tätig sind, viel Zeit investieren und unter Zeitdruck Vorschläge erarbeiten und Beschlüsse fassen, am Ende sicher sein können, dass diese Vorschläge oder Beschlüsse von den Behörden übernommen werden.

Wir wollen die Beteiligung und die Mitgestaltungsrechte der Menschen mit Migrationshintergrund erweitern. In der jetzigen Form kann der Beirat nur eine Alibifunktion für den Senat sein. Das heißt, das ist viel Lärm um nichts und damit der falsche Weg, meine Damen und Herren. Fortsetzung folgt im Ausschuss. – Danke schön.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Frau Kaesbach, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Zunächst einmal möchte ich mich meinen Vorrednern anschließen und mich auch bei den Mitgliedern des Integrationsbeirats bedanken. Sie leisten mit ihrem ehrenamtlichen Engagement einen wichtigen Beitrag für eine bessere Integration und für einen starken Zusammenhalt der Hamburger Gesellschaft.

Schon 30 Prozent der Hamburger haben einen Migrationshintergrund, bei den Jüngeren sind es sogar fast 50 Prozent. Vor diesem Hintergrund kann man kaum noch von Integration sprechen, Vielfalt ist schlichtweg schon Normalität in Hamburg. Es geht vielmehr um ein gemeinsames Miteinander und die Anerkennung dieser Vielfalt. Das zeigte sich besonders eindrücklich bei der Aktion "Hamburg bekennt Farbe". Hier haben sich die Mitglieder des Integrationsbeirats und die von ihnen vertretenen Vereine engagiert eingebracht. Gemeinsam wurde es eine sehr erfolgreiche Aktion, an der 10 000 Hamburger Bürger teilgenommen haben.

Bei der Bewertung des Integrationskonzepts des Senats, das auf einer der letzten Sitzungen besprochen wurde, war noch unklar, welche Anteile des Konzepts der Hamburger Integrationsbeirat eingebracht hat. Das wird mit dem vorgelegten Bericht etwas ersichtlicher, auch wenn die Forderungen des Beirats recht allgemein gehalten sind.

Wie wir schon bei der Neuausrichtung des Handlungskonzepts des Senats monierten, fehlen klare Zielwerte und Zeiträume, in denen die Ziele erreicht oder zumindest das Erreichte überprüft werden sollte. Das konnte nun sicher nicht der Beirat mit seiner ehrenamtlichen Arbeit liefern, wohl aber der Senat. Insofern wiederhole ich gerne an dieser Stelle noch einmal unsere grundsätzliche Kritik.

In der Geschäftsordnung des Beirats steht als eine seiner Aufgaben konstruktives und kritisches Beraten des Senats zu integrationspolitischen Fragen. Kritische Stellungnahmen konnte ich im Bericht des Beirats allerdings nicht finden, und auch in den letzten anderthalb Jahren seit der Konstituierung habe ich sie nirgendwo gelesen. Immerhin steht in der Geschäftsordnung des Beirats, dass er öffentlich Stellung nehmen kann, und er bezeichnet sich als unabhängig. Bei aller Würdigung der umfänglichen ehrenamtlichen Arbeit des Integrationsbeirats sollte man sich, da schließe ich mich Herrn Hauflers Kritik an, schon einmal die Frage stellen, ob der Beirat dem Senat nicht zunehmend als Vehikel nützt, um seine Integrationspolitik als mit den Hamburger Migranten abgestimmt zu verkaufen. Es ist zu begrüßen, wenn der Beirat dem Senat für dessen Öffentlichkeitsarbeit zuarbeitet wie bei der Entwicklung des BASFI-Portals Integration oder bei der Erstellung eines neuen Faltblatts. Schwierig wird es dann, wenn der Beirat zunehmend als verlängerter Arm des Senats und weniger als unabhängiges Gremium wahrgenommen wird.

(Beifall bei der FDP)

Genauso problematisch ist es aber auch – und da schließe ich mich der Kritik von Frau Demirel an –, wenn der Beirat sich selbst als Sprachrohr und als die Interessenvertretung aller Hamburgerinnen und Hamburger mit Migrationshintergrund bezeichnet, wie es im Bericht auf Seite 5 zu lesen ist. Diese Haltung des Integrationsbeirats ist sehr weitgehend, wie ich finde.

(Beifall bei Phyliss Demirel und Anja Hajduk, beide GRÜNE)

Danke schön.

Dem Beirat gehören 23 von Migrantenorganisationen gewählte und 29 vom Senat berufene Mitglieder an; wir hörten es bereits. Damit sind die Mitglieder fast durchweg Vertreter von Verbänden und Institutionen. Vielleicht sollte man sich einmal an dieser Stelle Gedanken darüber machen, das Wahlrecht so auszugestalten, dass sich Hambur

(Phyliss Demirel)

gerinnen und Hamburger mit Migrationshintergrund direkt bewerben können.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei den GRÜNEN und der LINKEN – Kazim Abaci SPD: Das können wir machen!)

Alles in allem enthält der Bericht vielfältige zu unterstützende Forderungen und Vorschläge. Insofern wünsche ich dem Integrationsbeirat viel Erfolg und ein wenig mehr Chuzpe bei der Begleitung der Integrationspolitik des Senats. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit.