Protocol of the Session on May 15, 2013

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Hamburg ist eine lebendige und weltoffene europäische Metropole.

(Beifall bei der SPD)

Das haben die Hamburgerinnen und Hamburger vielfach unter Beweis gestellt, gegenwärtig etwa im Rahmen der "internationalen gartenschau", bei der andere Kulturen und Regionen der Erde vorgestellt werden, ebenso bei der Internationalen Bauausstellung, wo unter anderem mit dem Leitthema COSMOPOLIS gezeigt wird, wie die Zukunft des Miteinanders in der Metropole aussehen kann, und zuletzt im Rahmen des Evangelischen Kirchentages mit der Podiumsreihe "Europa" im Thalia Theater, die von der Senatskanzlei organisiert wurde und die ganz fantastisch war.

(Beifall bei der SPD)

Die Offenheit Hamburgs zeigt sich natürlich auch im Rahmen der gegenwärtig laufenden Europawoche. Zum 63. Mal wird EU-weit an den politischen Beginn des europäischen Einigungsprozesses erinnert, an die Schuman-Erklärung vom 9. Mai 1950. Die Europawoche 2013 steht in Hamburg unter dem zutreffenden Motto "Hamburg – Ganz Europa in einer Stadt". In vielen Veranstaltungen engagieren sich in der Stadt Vereine, Stiftungen und Organisationen, um zu zeigen, dass es beim Thema Europa nicht nur um Finanzkrisen und Bankenrettungen geht, sondern auch um gemeinsame

Traditionen, Ideale, Werte und um Solidarität – kurz, um die europäische Idee.

(Glocke)

Vizepräsident Dr. Wieland Schinnenburg (unter- brechend): Einen Moment, Frau Abgeordnete. Meine Damen und Herren! Nur Frau Steppat redet. Schenken Sie Ihre ganze Aufmerksamkeit bitte Frau Steppat. – Frau Steppat, fahren Sie bitte fort.

Daher sollten wir nicht müde werden hervorzuheben, dass uns die Europäische Union seit vielen Jahrzehnten nicht nur Frieden und Sicherheit, sondern auch Wohlstand beschert hat. Das gilt für Hamburg als Hafenmetropole und Handelsstadt in besonderem Maße.

(Beifall bei der SPD)

Dabei bietet die Berichterstattung des Senats über seine europapolitischen Schwerpunkte eine gute Übersicht über seine umfangreichen Aktivitäten und Initiativen in der Stadt.

In der vorliegenden Drucksache sind Schwerpunkte in neun Themenfeldern benannt. Auf alle möchte ich an dieser Stelle nicht im Einzelnen eingehen, da wir diese detailliert dann im Ausschuss erörtern werden.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Heute möchte ich nur drei Punkte herausstellen.

Erstens: Unser Wohlstand basiert zu einem großen Teil auf den Leistungen von Einrichtungen der Wissenschaft und Forschung. So verfolgt der Senat das Ziel, diesen Bereich zu stärken und Hamburg zur Innovationshauptstadt Europas zu machen. Da befinden wir uns bereits auf bestem Wege. Es ist Hamburg gelungen, aus dem derzeit laufenden, siebten EU-Forschungsrahmenprogramm stolze 156 Millionen Euro einzuwerben.

(Beifall bei der SPD)

Das siebte EU-Forschungsrahmenprogramm sichert der Stadt mehr Rückflüsse von EU-Mitteln als alle anderen Strukturförderprogramme der EU zusammen. Angesichts dieses großartigen Erfolgs der universitären Einrichtungen und Unternehmen bei der Einwerbung von Mitteln steht die forschungspolitische Dimension der europäischen Integration im Zentrum der Europawoche.

Den Auftakt machte Professor Dingwell am 29. April, der die Funktionsweise des Europäischen Forschungsrats vorstellte. Welche Forschungsprojekte in Hamburg durch EU-Mittel konkret gefördert wurden und noch immer werden, war der beeindruckenden Ausstellung in der Rathausdiele zu entnehmen, die einige der fast 400 Hamburger Projektbeteiligungen dokumentierte.

(Vizepräsident Dr. Wieland Schinnenburg)

Die zentrale europapolitische Herausforderung im Bereich Wissenschaft und Forschung liegt nun in der Ausgestaltung des zukünftigen Forschungsrahmenprogramms für den Zeitraum 2014 bis 2020. Es trägt den Titel "Horizon 2020". "Horizon 2020" wird mit 71 Milliarden Euro deutlich höher ausgestattet sein als das siebte Forschungsrahmenprogramm, das nur gut 50 Milliarden Euro umfasste.

Es gilt, auch zukünftig exzellente Förderrahmenbedingungen für Hamburger Wissenschaftler und Unternehmen sicherzustellen. Daher werden Hamburger Cluster in den Bereichen Lifescience, Logistik, Luftfahrt, Medien, Gesundheits- und Kreativwirtschaft sowie erneuerbare Energien mit Hilfe verschiedener Instrumente darin unterstützt, Fördermöglichkeiten der EU verstärkt nutzen zu können, etwa durch Veranstaltungen, in denen eine breitere Öffentlichkeit über Fördermöglichkeiten der EU informiert wird. Auch sollen bürokratische Hindernisse bei der Antragstellung weiter abgebaut werden.

Für die internationale Wettbewerbsfähigkeit Hamburgs ist die gute Ausbildung ihrer Studierenden von zentraler Bedeutung. Auslandserfahrungen und interkulturelle Kompetenz sind von Vorteil und notwendig für die Schaffung eines europäischen Hochschulraums. Hamburg fördert mit der gezielten Nutzung der europäischen Programme Erasmus, Erasmus Mundus sowie Marie Curie die Mobilität von Studierenden, Lehrenden und Forschenden.

Zweitens: Von welch großer Bedeutung die EU für Hamburg ist, lässt sich auch gut anhand von Projekten des Europäischen Sozialfonds veranschaulichen. Die Hansestadt profitiert in der aktuellen Förderperiode 2007 bis 2013 mit 91 Millionen Euro aus dem ESF.

(Beifall bei der SPD)

So wurden beispielsweise in diesem Zeitraum rund 60 ESF-Projekte zur Unterstützung von jungen Erwachsenen oder Jugendlichen initiiert. Von den 56 300 Teilnehmern an ESF-Projekten sind über ein Drittel junge Menschen zwischen 15 und 24 Jahren. Dabei geht es um Themen wie Berufsorientierung, Qualifizierung und Vermittlung in Ausbildung und Arbeit. Mit dem ESF können Auszubildende beispielsweise auch in Fachpraktika in Marseille, Barcelona oder Kopenhagen vermittelt werden.

In Hamburg werden die Gelder unter anderem eingesetzt, um mehr Mädchen für technische und naturwissenschaftliche Berufe zu interessieren. Aber auch Jungen zwischen 13 und 16 Jahren erleben in der Praxis, wie es ist, kranke und alte Menschen zu pflegen oder in Kindertagesstätten zu arbeiten, und lernen damit bislang für Männer eher untypische Berufe kennen.

(Beifall bei der SPD)

Darüber hinaus werden in Hamburg die Mittel genutzt, um Jugendliche, die eher schlechte Voraussetzungen haben, einen Ausbildungs- oder Arbeitsplatz zu finden, noch stärker zu unterstützen.

Drittens: Im Bereich der Gleichstellungspolitik verfolgen sowohl die EU als auch der SPD-Senat ehrgeizige Ziele, denn die EU hat Ende 2012 ihren Richtlinienvorschlag zur Verbesserung des Geschlechterverhältnisses in Aufsichtsräten vorgelegt. Und Hamburg hat eine entsprechende Bundesratsinitiative erfolgreich auf den Weg gebracht,

(Beifall bei der SPD)

die gerade aber durch die Parteikollegen und leider auch -kolleginnen von CDU, CSU und FDP im Bundestag verhindert wurde. Schade, dass offenbar die Einsichten aus dem Scheitern freiwilliger Regelungen in den schwarz-gelben Köpfen noch nicht angekommen sind und wir nun noch bis nach dem 22. September warten müssen, bis die Regelung dann auch in Deutschland umgesetzt werden kann.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren! Mit der Einzigartigkeit der europäischen Idee war auch die Verleihung des Friedensnobelpreises verbunden.

(André Trepoll CDU: Den hat aber nicht die SPD bekommen!)

Diese Auszeichnung muss gleichzeitig auch Auftrag an uns sein, uns auf allen Ebenen für die Stabilität und Weiterentwicklung der Europäischen Union einzusetzen. Dazu wollen wir in Hamburg weiter unseren Beitrag leisten. Es gilt, auch denjenigen, die sich in Vereinen, Organisationen oder Stiftungen für Europa engagieren, an dieser Stelle – sicherlich nicht nur im Namen der SPD-Fraktion – einmal zu danken, wie etwa der Europa-Union, dem Infopoint Europa oder dem Europa-Kolleg Hamburg, das gestern den 60. Geburtstag hier im Rathaus gefeiert hat.

(Beifall bei der SPD)

EU-Parlamentspräsident Martin Schulz hat einmal treffend formuliert,

(Heike Sudmann DIE LINKE: Einmal!)

dass der Erfolg in der EU nationalisiert werde und der Misserfolg europäisiert. Lassen Sie uns bei allen Schwächen und notwendigen Reformen, die die EU benötigt, auch immer wieder gemeinsam betonen, wie sehr Hamburg als eine der großen Metropolregionen Europas von den Errungenschaften des europäischen Integrationsprozesses profitiert und wie intensiv wir mit unseren Nachbarn verbunden sind und kooperieren, in ganz besonderem Maße mit den Ländern des Ostseeraums. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Steppat. – Das Wort hat Herr Heintze.

(Christiane Schneider DIE LINKE: Aber bitte keinen Populismus!)

– Linkspopulismus. Auch dafür würde sich Europa eignen.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Angemeldet sind die europapolitischen Schwerpunkte des Senats. Ich bin verwundert, dass sich selbst in solchen Debatten die Wahlkampfschlager der SPD-Gleichstellungspolitik und Schwarz-Gelb wiederfinden.

(Gabi Dobusch SPD: Haben Sie das Papier gelesen?)

Frau Steppat, das hatte ich so gar nicht aus diesen Leitlinien des Senats herausgelesen. Aber wir merken, selbst bei solchen Themen können Sie es sich nicht verkneifen, Wahlkampf zu machen,

(Gabi Dobusch SPD: Stand auch im Papier!)

und das finde ich ein bisschen schade.

(Beifall bei der CDU und bei Robert Bläsing FDP)

Nichtsdestotrotz muss ich ehrlich sagen, dass wir auf den 13 Seiten, die es zu lesen gab – der Senat hat das sehr geschickt gemacht, indem er die Anlage mit den ganzen Projekten und Programmen noch angefügt hat, das finde ich auch legitim, weil es eine gute Übersicht dessen ist, was Europa für Hamburg praktisch bedeutet –, viele Themen wiedergefunden haben, die für Hamburg ohne Frage wichtig sind. Ein Senat, der europapolitische Leitlinien vorstellt, muss die auch bearbeiten. Da ist neben Hafen und Verkehr natürlich die Beschäftigungspolitik, die Wissenschafts- und Forschungspolitik sehr extrem. Gerade Hamburg profitiert an dieser Stelle in wesentlichen Punkten von der EU, aber auch bei Fragen der Energiepolitik und des Klimaschutzes sowie der transnationalen, aber auch die überregionalen Zusammenarbeit, sei es im Ostseeraum, sei es aber auch mit den Staaten Südeuropas. In allen Fragen, die wir in Hamburg in der Landespolitik voranbringen, spielt Europa eine wichtige Rolle, und wir sind wie kein anderes Bundesland, vielleicht noch neben Bremen und Berlin, in der Position, dass man in Hamburg sehr gut sehen und merken kann, was Europa für Deutschland bedeutet, wie wichtig Europa für uns ist und wie wichtig Europa für die Hamburgerinnen und Hamburger ist. Ich glaube, das kann man nicht oft genug unterstreichen.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)