Protocol of the Session on April 24, 2013

In dieser langen Diskussion, es ist nun schon 16.30 Uhr, habe ich aus keiner Fraktion eine wirkliche Alternative vernommen.

(Zurufe aus dem Plenum – Andreas C. Wan- kum CDU: Darum geht es doch gar nicht!)

Worum geht es bitte sonst als darum, am Schluss eine Entscheidung zu treffen, ob man mit HOCHTIEF weitermachen oder einen Plan B verfolgen will. Zu einem solchen Plan B habe ich bisher keinen Vorschlag gehört.

(Zuruf von Dietrich Wersich CDU)

Schauen Sie einmal in die Drucksache, Seite 8 fortfolgende. Bis Seite 8 müssten Sie eigentlich

schon gekommen sein seit gestern. Dort ist von der Abwägung des Kündigungsszenarios die Rede. Schauen Sie auch in die Akten.

Bei aller Hitzigkeit dieser Debatte finde ich es angemessen, dass wir es uns als Parlament mit dieser Entscheidung nicht einfach machen.

(Glocke)

Erster Vizepräsident Frank Schira (unterbre- chend): Herr Dr. Dressel, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Wersich?

Nein, er kann sich gleich noch einmal melden.

(Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Nee, das kann er nicht!)

Ich komme zum Schluss. Wir haben die Pflicht, verantwortlich miteinander zu beraten und verantwortlich zu entscheiden. Wir haben alle in unterschiedlichen Funktionen Verantwortung für dieses Projekt übernommen. Nach zwei parlamentarischen Untersuchungsausschüssen,

(Andreas C. Wankum CDU: Einer läuft noch!)

nach vielen Kostenexplosionen, Fehlern, Pannen und so weiter sind wir in der Pflicht, gemeinsam verantwortlich zu beraten und zu entscheiden. Ich glaube, dass wir eine ordentliche Beratungsgrundlage haben. Ich richte noch einmal die Bitte an Sie alle, dass wir uns am Montag auf einen Fahrplan verständigen, der eine ordentliche Beratung bis zum 30. Juni ermöglicht. Unser Angebot, eine solche Beratung zu ermöglichen, steht. Dann müssen wir aber zu einer Entscheidung kommen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Frau Hajduk hat das Wort.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Lieber Herr Dr. Dressel, Ihr Wort in von mir aus auch Gottes Ohren. Einen vernünftigen Beratungszeitplan für diese Entscheidung, die in ihrem Ausmaß besonders ist und von ihrer Bedeutung von Ihnen selbst hochgewürdigt wird, können Sie mit uns finden. Wenn auch Senatorin Kisseler betont, dass Sie uns in die Pflicht nehmen wollen – ich finde, das ist bei der Geschichte dieses Projekts keine unangemessene Erwartung –, dann bleibt es kleinlich, wenn Sie dieses höchstselbst gesteckte Ziel 30. Juni nicht selbstkritisch bedenken. Bitte erlauben Sie sich diese selbstkritischen Bedenken, denn in der Sache ist vom Bürgermeister und auch von der Senatorin nichts Bedeutsames dagegen gesagt worden.

(Beifall bei den GRÜNEN, der CDU und der LINKEN)

Zu diesem Projekt gehören natürlich viele Zeitphasen in verschiedener Verantwortung, Frau Senatorin, das ist richtig. Es gehört aber auch Ihre Amtszeit dazu, und einen derart langen Baustillstand hat es vorher nicht gegeben. Die Kosten dieses Baustillstands werden wahrscheinlich locker einen zweistelligen Millionenbetrag ausmachen. Sie müssen schon damit leben, dass wir fragen, warum das möglicherweise unabwendbar war. Es ist mir aber noch viel wichtiger, eine andere Sache zu betonen. Herr Dr. Dressel, vielleicht habe ich es nicht deutlich genug gesagt. Ich habe es schon dem Bürgermeister gegenüber geäußert, als ich stellvertretend beim Gespräch mit den Fraktionsvorsitzenden dabei war. Für uns stellt sich in der Tat die Frage neu, ob Ihre Entscheidung in der Sache richtig ist. Deswegen haben wir auch hier zur Sache gesprochen. Ich kann an einem relativ kurzen, aber sehr markanten Beispiel deutlich machen, dass die Argumentation von Bürgermeister Scholz nicht trägt. Wenn er sagt, die Kosten von ungefähr 200 Millionen Euro – lassen Sie es 10 Millionen Euro mehr oder weniger sein, hat er wohl damit andeuten wollen – seien gleich hoch, egal ob wir weiterbauen oder den Preis HOCHTIEF zugestehen, dann kann ich nur feststellen, dass diese Aussage nicht richtig ist. Sie lassen in dieser Argumentation wissentlich weg, dass es einen strittigen dreistelligen Millionenbetrag gibt und wir uns dann mit HOCHTIEF juristisch einlassen können. HOCHTIEF hat verlangt, dass es dieses Claim Management gibt und dass dafür bei der ReGe viel Geld investiert wurde. Dass Sie diesen Betrag einfach so fahren lassen wollen, geht nicht auf. Ihr Kostenvergleich ist nicht ehrlich. Er ist nicht nur kurz zusammengefasst, obwohl Sie sich dafür in einer Aktuellen Stunde durchaus Zeit genommen haben, sondern er ist schlicht und ergreifend falsch.

(Beifall bei den GRÜNEN, der CDU und der FDP)

Ich möchte zu Frau Kisseler und zum Thema Transparenz noch Folgendes sagen. Wir haben über die Eckpunkte und Ihre Berichtsdrucksache zum Thema Elbphilharmonie parallel zu den Haushaltsverhandlungen getagt; das war im September und im Oktober. Wir haben im Haushaltsausschuss mit dem Senat darüber gesprochen, wie wichtig ein Schiedsverfahren ist und warum auch das ein wichtiger Eckpunkt ist. Ich will es gern noch einmal nachlesen, aber ich kann mich nicht daran erinnern, dass Sie uns darüber, auch nicht in vertraulicher Sitzung, unterrichtet haben, dass Sie mittlerweile auf einer total anderen Geschäftsgrundlage tätig waren. HOCHTIEF hatte nämlich zwischenzeitlich offiziell das Eckpunktepapier abgelehnt. Sie waren aber noch auf der alten Geschäftsgrundlage aus dem Sommer und Herbst

2011 unterwegs. Sie haben es damals nicht für nötig befunden, auch in vertraulicher Sitzung nicht, das schon einmal gegenüber den Oppositionsfraktionen deutlich zu machen. Dazu kann ich als Oppositionsabgeordnete nur sagen: Wir haben mehr als einen Grund, uns bei Ihren Transparenzversprechen sehr, sehr skeptisch zu verhalten. Das tun wir auch, weil das unsere Pflicht ist. Deswegen bitte ich Sie zu überdenken, wie es mit dem Transparenzversprechen, insbesondere gegenüber der Opposition, die auch zu Vertraulichkeit fähig ist, bestellt ist. Bei diesem Beratungsverlauf über die Elbphilharmonie ist längst nicht alles so golden, wie Sie uns glauben machen wollen. Geben Sie sich einen Ruck und laden Sie uns wenigstens zu einer längeren Beratungszeit ein. In der Sache sind wir noch keineswegs überzeugt. – Schönen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der CDU)

Herr Hackbusch hat das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Debatte hat uns gezeigt, dass die Arroganz der Macht bei der SPD kräftig Nahrung gefunden hat.

(Juliane Timmermann SPD: Oh, das hat mittlerweile schon so einen Bart!)

Ich will das anhand von zwei Punkten deutlich machen. Der eine ist der Zwischenruf gerade und vor allem die Aussage von Frau Kisseler nach dem Motto: Jetzt setzt euch doch einfach mal hin, arbeitet die Akten auf und seid fleißig genug. Das ist eine Unverschämtheit gegenüber den Parlamentariern,

(Beifall bei der LINKEN und bei Jens Ker- stan GRÜNE)

die sich über Hunderte von Stunden im PUA damit auseinandergesetzt haben, die sich sehr fleißig mit den verschiedensten Themenbereichen auseinandergesetzt haben. Ich empfinde das uns gegenüber einfach als eine Unverschämtheit.

(Beifall bei der LINKEN und bei Jens Ker- stan GRÜNE)

Es kann doch nicht wahr sein, dass ohne ein Argument eine Beratungsfrist bis 30. August ausgeschlagen wird. Wir haben nicht gesagt, dass wir keine Zwänge wollen. Was ist denn das für ein Argumentationsniveau? Eine Frist bis zum 30. August hätte uns in die Lage versetzt, das normal zu behandeln. Dazu wurde kein einziges Argument gebracht. Herr Scholz hat nur gesagt, das gefalle ihm nicht und er möchte, dass es möglichst schnell zu Ende gebracht wird.

(Anja Hajduk)

(Dr. Andreas Dressel SPD: Das stimmt doch nicht!)

Das ist der Bürgerschaft gegenüber nicht würdig.

(Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und bei Dietrich Wersich CDU)

Ich will Ihnen auch sagen, was passieren wird. Sie wissen doch selbst, wie das mit Aktenbergen ist, vor denen wir gegenwärtig stehen und wo wir Schwierigkeiten haben, uns zu orientieren. Ich gebe offen zu, dass ich kein Baufachmann bin und es erstaunt mich, wie der Bürgermeister hier auftritt. Ich habe ein bisschen den Eindruck, dass er meint, der größte Bürgermeister und gleichzeitig der größte Bauspezialist der Stadt zu sein.

(Heike Sudmann DIE LINKE: Bob der Bau- meister!)

Den Anspruch habe ich an mich nicht. Ich bin der Meinung, dass ich als Parlamentarier externes Wissen und externe Beratung haben muss. Um das vernünftig organisieren zu können, reicht der Zeitplan nicht aus. Deswegen finde ich es richtig, diesen Zeitplan zu verändern.

(Beifall bei der LINKEN und bei Heidrun Schmitt GRÜNE)

Schon dass der Bürgermeister uns dargestellt hat, HOCHTIEF würde das Claim Management möglichst gering halten, zeigt mir, dass er wohl doch nicht der größte Bauspezialist ist. Claim Management gehört zum Bauunternehmen einfach existenziell dazu, das machen die immer. Sie werden vielleicht nicht in der Lage sein, den Preis zu erhöhen. Dann werden sie sich überlegen – Herr Wankum wird Ihnen dazu etliche Tricks verraten können –,

(Heiterkeit bei der LINKEN)

stattdessen vielleicht die Qualität zu verschlechtern. Wir haben viele Dinge genau zu kontrollieren und riesigen juristischen Beratungsbedarf von Bauspezialisten, die sich damit auseinandersetzen. Das ist meiner Meinung nach absolut notwendig. Ich werde das überhaupt nicht machen können, und das gebe ich auch ehrlich zu.

(Dirk Kienscherf SPD: Na, das ist ja super!)

Frau Kisseler, Ihr Zitat hat mich natürlich noch viel skeptischer gemacht. Wie kommen Sie dazu, Machiavelli in diesem Zusammenhang zu zitieren? Einer seiner wichtigsten Aussagen ist nicht nur "Der Zweck heiligt die Mittel". Er hat auch gesagt, Täuschung lohne sich,

(Beifall bei der LINKEN, vereinzelt bei der CDU und bei Jens Kerstan GRÜNE und An- na-Elisabeth von Treuenfels FDP)

das reiche, um die Macht zu erhalten. Dafür war er der Spezialist. Wie können Sie auf Machiavelli verweisen? Wir werden noch skeptischer. Wir brau

chen auf jeden Fall zwei Monate, spätestens nach diesem Zitat.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei der CDU, den GRÜNEN und der FDP)

Herr Bläsing hat das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich will es am Ende der Debatte kurz machen. Frau Kisseler – Herr Hackbusch hat es schon gesagt –, dass Sie Machiavelli offensichtlich verinnerlicht haben, merkt man nicht nur an Ihrem Zitat, was möglicherweise gut in Ihren Kontext passt.

(Ekkehard Wysocki SPD: Kommen Sie wie- der auf den Teppich!)