Protocol of the Session on April 11, 2013

(Zurufe von der CDU: Oh, oh!)

Ich kann Ihnen die Situation in Moorburg beschreiben. Seit Jahrzehnten heißt es, vielleicht brauchen wir das Gebiet noch für Container. Die Kosten und Schmerzen, die wir dort verursachen, indem wir nun auf diese 25 Millionen TEU setzen, sind vielleicht nicht materiell messbar, aber es sind welche. Auch das muss man einmal ordentlich diskutieren. Ich finde die neuen Intentionen innerhalb der SPD, wenn ich das richtig verstanden habe, gut zu sagen, es ist aufgrund der Situation und der gegenwärtigen Prognosen richtig, Moorburg endlich aus dem Hafenentwicklungsplan herauszunehmen und Moorburg endlich eine Perspektive zu geben.

(Beifall bei der LINKEN)

Das wäre ein richtiger Schritt, denn das sind auch Kosten.

Wir werden diese Fragen genauer im Ausschuss diskutieren, was ich richtig finde, denn an konkreten Punkten habe ich Schwierigkeiten, die Forderungen der GRÜNEN zu unterstützen. Es gibt Verträge; ich möchte gern einmal wissen, wie die aussehen. Wir als Stadt haben praktisch Unternehmen dort wegorganisiert beziehungsweise deren Verlagerung unterschrieben; das hat Etliches gekostet. Wir haben immer gesagt, dass die Westerweiterung eigentlich vernünftig wäre, wenn man denn eine Ausweitung der Containerfläche haben wolle. Von daher würde ich gern diese Verträge sehen. Ich würde gern wissen, ob wir nicht unabhängig davon irgendetwas bezahlen, bevor man das mal schnell in der gegenwärtigen Auseinandersetzung übergeht. Ich bin skeptisch an diesem Punkt und würde gern die Diskussion darüber im Ausschuss führen.

Als Allerletztes komme ich auf die Prognose zurück, weil es wichtig ist, darüber zu diskutieren. Wir erleben das sechste Jahr hintereinander eine Stagnation. Herr Balcke, Sie haben völlig recht. Ich konnte mir eine solche Explosion von Containerzahlen, wie sie zwischen 2000 und 2006 stattgefunden hat, vorher nicht vorstellen und musste dazulernen. Andererseits sieht es aufgrund der gegenwärtigen, objektiven Voraussetzungen nicht so aus, dass sich die 25 Millionen TEU realisieren las

sen. Ich würde dazu gern die Einschätzung des Senats hören. Wenn, wie gegenwärtig, überall große Überkapazitäten geschaffen werden, in Maasvlakte, in Bremerhaven und so weiter, dann gibt es keine Begründung dafür, außer regionalem Wahnsinn, dass wir auch noch Überkapazitäten schaffen. Das kann kein Argument sein.

(Beifall bei der LINKEN und bei Heidrun Schmitt und Dr. Till Steffen, beide GRÜNE)

Das deutet doch eher darauf hin, dass der Containerisierungsgrad, der von 2000 bis 2006 kräftig gewachsen ist, natürlich am Ende angelangt ist. Es gibt nicht noch mehr in Container zu packen. Diese Steigerung ist praktisch abgeschlossen und dementsprechend wird auch der Grad insgesamt geringer werden. Wir haben die Erfahrung – das sieht jeder an den internationalen Routen –, dass die neuen 18 000-TEU-Schiffe von Maersk nach Göteborg und nach Danzig fahren.

(Arno Münster SPD: 18 000 TEU fahren nach Danzig! Ich lach mich kaputt!)

Die neuen Maersk-Schiffe, die im Juli auf Fahrt gehen, die nicht nach Hamburg fahren, fahren nach Bremerhaven, nach Göteborg und nach Danzig.

Es war im Jahr 2006 für jeden Menschen unvorstellbar, dass solche Schiffe bis Danzig fahren. Das wird die neue Realität sein, und auch darauf muss sich Hamburg einstellen.

(Zuruf von Arno Münster SPD)

Er kann nölen wie er will, unser HHLA-Betriebsratsvorsitzender.

(Beifall bei der LINKEN)

Er muss sich das anhören, es nützt ihm nichts. Kritische Stimmen sind notwendig, aber Geblöke, damit man besser dasteht, gehört nicht dazu.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Hackbusch. – Das Wort hat Herr Senator Horch.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Wir haben, glaube ich, ein gemeinsames Ziel: den Hamburger Hafen zum Wohle der Stadt, der Metropolregion und der Wirtschaft zu entwickeln und Wettbewerbsfähigkeit, Wertschöpfung und Beschäftigung für die Zukunft zu erhalten. Genauso wichtig sind, wir haben es an vielen Stellen diskutiert, der gesamtwirtschaftliche Hintergrund des Hamburger Hafens, die Ausgaben und die Einnahmen, die nutzerspezifischen Ziele, die wir uns gesetzt und mehrfach diskutiert haben, die Effizienz und die Qualität des Hamburger Hafens und immer wieder die Arbeitsplätze.

(Beifall bei der SPD)

In den letzten zwei Jahren haben wir ganz bewusst die Tatsache in den Mittelpunkt gerückt, dass der Hafen mitten in der Stadt liegt. Aufgrund dieser Tatsache haben wir eine besondere Verantwortung auch für die Ökologie. Wir setzen uns dafür ein, die ökologische Seite des Hamburger Hafens zu verbessern.

Der Hafenentwicklungsplan enthält all diese wesentlichen Grundlagen für eine langfristige und an die Marktgegebenheiten angepasste Planung. Man muss den Hafenentwicklungsplan auch intensiv lesen, denn aus ihm ist einiges erkennbar.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren! Der Wachstums- und Entwicklungshorizont für den Hamburger Hafen muss genutzt werden. Oberste Priorität ist es, die vielfältigen Arbeitsplätze im Hafen zu sichern, und nicht nur sie allein, sondern auch die Arbeitsplätze, die um die Hafenaktivitäten herum entstehen. Im Gegensatz zur Vergangenheit müssen wir das Augenmerk mehr auf Wertschöpfung in der Gesamtheit legen, weil auch das die langfristige Sicherung der Arbeitsplätze im Hafen ausmacht.

(Beifall bei der SPD)

Es wäre aufgrund der Bedeutung des Hafens wirtschaftlich betrachtet nicht gut, wenn Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, dieses Ziel aus den Augen verlören. Wer die vergangenen Tage betrachtet, könnte den Eindruck gewinnen, dass dies geschehen ist. Sie hätten heute die Gelegenheit gehabt, diesem Eindruck entgegenzuwirken, leider haben Sie die Gelegenheit nicht genutzt.

(Beifall bei der SPD)

Das finde ich angesichts der Bedeutung des Hafens sehr schade, denn das Thema hätte es verdient. Der Hafen muss in der Gesamtheit und mit viel Augenmaß und hoher Verantwortlichkeit entwickelt werden.

(Norbert Hackbusch DIE LINKE: So, und jetzt kommt's!)

Meine Damen und Herren! Die Weltwirtschaft mit ihren sprunghaften Entwicklungen nimmt bekanntermaßen keine Rücksicht auf bestehende Strukturpläne, wie sie vielleicht einmal vor Jahren angelegt wurden, und schon gar nicht auf lokale Gegebenheiten. Und langfristig angelegte Meilensteine der Hafenentwicklung habe ich bei meiner Amtsübernahme auch nicht gerade vorgefunden, selbst bei dem wichtigsten Projekt der Fahrrinnenanpassung nicht. Denn die wichtigen Maßnahmen auf dem Weg zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig, wie die umfassenden Gespräche mit den Nachbarländern und die EU-Beteiligung, haben wir in den letzten beiden Jahren ergriffen.

(Norbert Hackbusch)

(Beifall bei der SPD)

Verehrte Abgeordnete! Wir alle haben eine Verantwortung – das beziehe ich auch auf gestern –, wenn es um den wichtigsten Wirtschaftszweig Hamburgs geht, und sollten uns ernsthaft in der Sache, aber bitte auch angemessen im Ton austauschen.

(Beifall bei der SPD)

Ich hätte gestern gerne mit Ihnen diskutiert. Wie Sie jedoch seit Langem wissen, war ich gestern und zum Teil auch heute noch auf der Wirtschaftsministerkonferenz in Flensburg und zwei Tage vorher auf der Maritimen Konferenz. Es ging um Hafenwirtschaft und die große Krise in der Schifffahrt, um Hafen und Logistik, Schiffbau, Energiewende und Offshore-Energie, die wir für die Hamburger Werften brauchen. Das waren essentiell wichtige Themen, weshalb ich in den letzten beiden Tagen nicht in Hamburg war.

(Beifall bei der SPD)

Kommen wir zu den Inhalten. Hafenentwicklung ist ein Prozess, der nur dann funktionieren kann, wenn er auch in der Lage ist, flexibel auf die Gegebenheiten der Marktsituation zu reagieren; nur dann werden wir erfolgreich sein. Ziel muss es sein – das sollte jeder verstehen –, den Hafen als Wachstumsmotor für Arbeitsplätze und Wohlstand in dieser Stadt für die Zukunft zu entwickeln. Das ist nicht einfach. Wertschöpfung muss hierbei in allen Belangen äußerste Priorität haben. Unsere Verantwortung ist, die aktuelle Marktsituation zu erkennen und wenn es angezeigt ist, auch entsprechend zu reagieren.

Eine der wichtigsten und zugleich komplexesten Aufgaben für die Hafenpolitik war und ist die Umstrukturierung von Flächen und Nutzungen im gesamten Hafengebiet. Dies ist einer der wichtigsten Schlüssel zu einem langfristigen Erfolg. Ohne groß angelegte Flächenumnutzung hätte sich Hamburg beispielsweise nicht auf die Containerisierung des Seehandels einstellen können, wenn dies nicht in den Siebzigerjahren entsprechend angepackt worden wäre.

(Beifall bei der SPD)

Die großen Containerterminals, die auf diese Weise in den letzten Jahrzehnten in Hamburg geschaffen wurden, bilden heute, das vergisst man schnell, das wirtschaftliche Rückgrat des Hamburger Hafens: der Burchardkai, die EUROGAT-Terminals, Tollerort und besonders Altenwerder, eines der modernsten und leistungsfähigsten Terminals überhaupt in der Welt.

Vor diesem Hintergrund ist auch das Projekt Westerweiterung zu sehen – dieses Projekt ist nicht neu geboren, es geht zurück auf die Neunzigerjahre – und die Umgestaltung des mittleren Freihafens, Stichwort CTS. Beide Projekte sind von her

ausragender Bedeutung, denn sie dienen der langfristigen strategischen Flächenentwicklung im Hamburger Hafen, sollen die Wettbewerbsfähigkeit absichern und Wachstums- und Beschäftigungschancen eröffnen. Ich bin davon überzeugt, dass dies unbedingt weiter betrieben werden muss.

Mit der Westerweiterung beabsichtigen wir, zusätzliche Umschlagkapazitäten für Container zu schaffen, und das nicht seit gestern, sondern in einer langfristigen Planung und auch in Erweiterung an die eben von mir genannten Terminals, ob das der Burchardkai ist, Tollerort oder CTA. Das ist ein langfristiges Projekt. Künftige Kapazitätsbedarfe lassen sich nicht aus der gegenwärtigen Situation oder den aktuellen Umschlagzahlen ableiten. Das glauben einige von Ihnen, aber ich darf Ihnen sagen, dass es in der Hafenpolitik nicht zugeht wie an der Börse, heute kaufen und morgen verkaufen; so einfach ist das alles nicht.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren! Man darf, zugegeben, nicht übersehen, dass zu der Weltwirtschaftskrise seit Ende 2008 die Finanz- und die Eurokrise gekommen sind. Die Welt rückt in vielen Belangen näher zusammen und die Wechselhaftigkeit in der Weltwirtschaft wird, ausgehend von Asien, Amerika, Europa und dem Einfluss der BRIC-Staaten, immer lebhafter, und darauf müssen wir uns einstellen. Auch wenn sich die krisenhafte Situation in Europa zeitlich hinzieht, kann daraus nicht abgeleitet werden, dass dies ein Dauerzustand wird, und ich bin sicher, wenn ich das prognostizierte oder das potenzielle Wachstum betrachte, dass es wieder Wachstum geben wird. Die Hafenpolitik muss sich an diesem langfristigen Trend ausrichten, der sich über Jahrzehnte als besonders robust und auch nachhaltig für den Hamburger Wirtschaftsraum entwickelt hat.

Hinzu kommt, dass die derzeitige Entwicklung, noch mehr Großschiffe im Hamburger Hafen anlanden zu lassen, erheblich beschleunigt werden muss. Das werden wir bei unseren zukünftigen Hafenplanungen mit berücksichtigen müssen. Jetzt könnte ich viel zu den Anläufen in der Ostsee sagen – das können wir in der Ausschusssitzung besprechen – und mit welcher Wettbewerbsbeurteilung man diese und auch die Anläufe im Mittelmeerbereich sehen muss. Tatsache ist aber, dass sich der Bedarf für Großschiffliegeplätze aufgrund der Drehkreise und der ganzen Handhabung dieser großen Schiffe verstärkt – wir haben es heute schon gehört –, und die Westerweiterung böte dafür einen der entscheidenden Plätze. Auch mit Blick auf EUROGATE ist davon auszugehen, auch wenn Sie, Herr Tjarks, das anders sehen, dass dieses Unternehmen weiter ein langfristiges Interesse an der Erweiterung der Umschlagpotenziale in der gesamten Nordrange hat, ganz besonders aufgrund der Qualität im Hamburger Hafen. Das

(Senator Frank Horch)

hat EUROGATE gerade gestern noch einmal deutlich in der Pressekonferenz unterstrichen. Man sollte also nicht abwarten, bis erst ein Kapazitätsengpass eingetreten ist, um dann einen Ausbau in Angriff zu nehmen. Das ist in der Hafenentwicklung überhaupt nicht vertretbar, das wäre fahrlässig.

Meine Damen und Herren! Die Hafenkunden werden nicht jahrelang warten, bis Hamburg seinen Hafen bedarfsgerecht ausbaut, das spüren wir heute schon. Wir müssen versuchen, Vertrauen herzustellen. Die Planungshorizonte, die wir dabei berücksichtigen müssen, sind allemal nicht einfacher geworden. Das alles gilt es bei der zukünftigen Hafenplanung mit zu berücksichtigen. Wenn wir das nicht tun, werden die Reeder ihren Umschlag in andere Häfen umlenken und wir – das wäre die Quintessenz – Arbeitsplätze und Wertschöpfung in der gesamten Metropolregion verlieren. Deshalb treffen wir als gesamter Senat – das sei auch einmal gesagt, es ist nicht der Wirtschaftssenator alleine – Entscheidungen für die entsprechende Vorsorge nach der Gesamtwichtigkeit des Hamburger Hafens für den Wirtschaftsstandort.

(Beifall bei der SPD)