Wenn wir uns den Pflegebereich und den Gesundheitsbereich anschauen, dann kann man sehen, dass dort viele Menschen mit Migrationshintergrund arbeiten, und zwar deutlich mehr als in anderen Bereichen; es sind aber immer noch zu wenige. Bei den Krankenkassen kann ich zum Beispiel nicht sehen, dass dort mehr Menschen mit Migrationshintergrund arbeiten. In den Krankenhäusern und auch in den Arztpraxen hingegen arbeiten viele junge Frauen. Aber ich kann wahrscheinlich mit einer Hand abzählen, wie viele Menschen mit Migrationshintergrund in den Gesundheitsämtern tätig sind.
Für viele Menschen mit Migrationshintergrund, die vielleicht auch sprachliche Barrieren haben, sind die niedrigschwelligen Beratungen in ihren Stadtteilen und ihrem Bezirk sehr wichtig und werden oft aufgesucht. Die Beratungen werden oft von jüngeren Menschen gemacht, und dort fühlen sie sich sehr gut aufgehoben; deshalb müssen diese Stellen auch gestärkt werden.
einmal, sie machen eine vorbildliche Arbeit. Sie bieten Seminare und Beratungsgespräche zu Gesundheits- und Pflegethemen an, wo die Menschen über Krankheiten wie zum Beispiel Krebs oder altersbedingte Beschwerden wie Demenz aufgeklärt werden. Es gibt auch Beratungen und Aufklärung zu den Themen Schwangerschaft und Geburt. Ich habe viele Organisationen besucht, und mir ist deutlich geworden, dass die Menschen, die sich daran beteiligen, meistens zwischen 45 und 65 Jahre alt sind. Das sind genau die Menschen, die diese sprachlichen Barrieren haben. Die erste und zweite Generation ist jedes Mal ziemlich begeistert, und wissen Sie, wer diese aufklärt? Das ist immer die dritte Generation, also Menschen in meinem Alter. Das finde ich bewundernswert.
Wir haben in den letzten Bürgerschaftssitzungen über die Freiwilligenarbeit gesprochen und gesehen, dass diese Arbeit offiziell nicht anerkannt wird. Meiner Auffassung nach verdient die Arbeit in den Migrantenselbstorganisationen große Anerkennung, denn dort werden die Aufgaben erledigt, die die Politik machen sollte.
Die Zahl der pflegebedürftigen älteren Migrantinnen und Migranten wächst in Deutschland kontinuierlich. Es gibt die Faktoren Barrieren, geringe Kultursensibilität sowie Altersarmut. Diese können die schlechte Lebenssituation beeinflussen, wenn nicht rechtzeitig gehandelt wird. Deshalb muss die Politik in Deutschland und Hamburg rechtzeitig Maßnahmen ergreifen.
Sie haben auf die muttersprachliche Psychotherapie aufmerksam gemacht und gesagt, dass diese erfolgreich ablaufe. Aber rufen Sie doch einmal dort an, es gibt monatelange Wartezeiten. Ich kenne viele Menschen in meinem Umfeld, die diese Psychotherapie nicht in Anspruch nehmen können. In Ihrer Pressemitteilung haben Sie die muttersprachliche Psychotherapie feierlich angekündigt, aber das ist eine Baustelle, dort muss ein bisschen mehr gemacht werden.
Wir haben einige Barrieren deutlich gemacht. Es wurde gesagt, dass der Migrationshintergrund nicht daran schuld sei, dass Menschen einen schlechteren Zugang zum Gesundheitssystem hätten. Aber viele Menschen mit Migrationshintergrund sind von Armut und Diskriminierung betroffen. Diese Faktoren machen die Menschen krank und hindern sie daran, sich am Gesundheitssystem zu beteiligen. Sie finden keinen rechten Zugang. Deshalb muss neben der interkulturellen Öffnung, die vorangetrieben werden muss, auch die Diskriminierung und Armut bekämpft werden.
Die Mängel sind Ihnen nun bekannt, und die Politik hat in diesem Bereich noch sehr viel nachzuholen. Jetzt haben Sie die Chance, Maßnahmen zu ergreifen. Das Ersuchen wird an den Gesundheitsausschuss überwiesen. Ich finde es gut, dass wir dort noch einmal die Möglichkeit haben, darüber zu sprechen und unsere Vorschläge einzubringen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Vom demografischen Wandel sagen wir häufig, dass unsere Gesellschaft durch ihn weniger, älter und bunter würde. Was das "bunter" betrifft, sind wir in Hamburg schon mitten in der Entwicklung. Ende 2010 lebten hier 515 000 Menschen mit Migrationshintergrund, das sind 30 Prozent aller Einwohnerinnen und Einwohner.
Ihr Anteil wird weiter steigen. In einigen Stadtteilen haben inzwischen mehr als die Hälfte der Menschen einen Migrationshintergrund, zum Beispiel in Billstedt, Wilhelmsburg, Allermöhe oder Rothenburgsort. Das Merkmal Migrationshintergrund lässt aber keineswegs auf eine homogene Gruppe von Menschen schließen.
Die Menschen unterscheiden sich durch ihr Herkunftsland, durch die Länge und die Qualität ihres Hierlebens, den Grad ihrer Integration und ihre Sprachkenntnisse. Zu den Menschen mit Migrationshintergrund zählen auch Kinder und Jugendliche mit deutscher Staatsangehörigkeit, die hier geboren sind und keine eigene Migrationserfahrung haben. Ein Migrationshintergrund ist also für sich allein genommen kein Merkmal, das Aussagen über gesundheitliche Risiken oder das Gesundheitsverhalten in ganz allgemeiner Form zuließe.
Menschen mit Migrationshintergrund erleben grundsätzlich die gleichen gesundheitlichen Risiken wie Deutsche oder Angehörige der Mehrheitsgesellschaft. Sie haben höhere Risiken zu erkranken, wenn sie über geringe Bildung und Ausbildung, einen niedrigen Berufsstatus und wenig Einkommen verfügen. Risikofaktoren sind auch schlechte Wohnverhältnisse, belastende Arbeitsbedingungen, Arbeitslosigkeit oder eigenes Risikoverhalten wie zum Beispiel Bewegungsmangel. All das kann die Gesundheit beeinträchtigen, und hier
Selbstverständlich gibt es auch migrationsspezifische Besonderheiten wie Traumatisierungen, Erfahrungen aus den Herkunftsländern, Flucht, Illegalität, schlechte soziale Lage. Es gibt aber auch positive Faktoren, die Migrantinnen und Migranten in ihr neues Heimatland mitbringen. Das kann beispielsweise ein günstigeres Ernährungs- und Gesundheitsverhalten sein. Wir stellen häufig fest, dass Menschen mit Migrationshintergrund, die mit 20 bis 35 Jahren zuwandern, zu Beginn ihrer Zeit bei uns gesünder leben als Deutsche, sie bringen ein gesundes Essverhalten mit. Leider gehört zur Integration auch, dass sie sich dann an die Mehrheitsgesellschaft anpassen und diese gesunden Gewohnheiten, dieses tradierte, mitgebrachte Wissen im Hinblick auf Ernährung und Hygiene allmählich bei der Annäherung an die Mehrheitsgesellschaft abnimmt. Also kann das Leben in der Aufnahmegesellschaft auch ein gesundheitliches Risiko darstellen, und neue Risiken wie Alkohol und Tabak kommen hinzu.
Unterschiede zeigen sich auch bei der Inanspruchnahme von Angeboten der Gesundheitsversorgung, zum Beispiel von Vorsorge- und Präventionsangeboten. Das mag daran liegen, dass dies aus den Herkunftsländern nicht bekannt ist, und deshalb stellen wir immer wieder fest, dass Menschen mit Migrationshintergrund zum Beispiel durch die Kindervorsorgeuntersuchungen bedauerlicherweise weniger gut erreicht werden. Das ist ein wichtiger Ansatzpunkt für unsere Gesundheitspolitik in Hamburg.
Die Stellungnahme des Senats zeigt aus meiner Sicht, dass wir gerade in der Gesundheitsmetropole Hamburg gute Rahmenbedingungen auch für die Versorgung von Menschen mit Migrationshintergrund haben. Sie profitieren wie alle Hamburgerinnen und Hamburger von einem qualitativ hochwertigen Versorgungsangebot und von vielfältigen, einschlägigen und spezialisierten Beratungs- und Unterstützungsangeboten, und so soll es auch sein. Menschen mit Migrationshintergrund müssen denselben Zugang zur Versorgung haben, sei es nun die wohnortnahe haus- und kinderärztliche Versorgung oder bei schwerwiegenden Erkrankungen der Zugang zu spezialisierter Versorgung.
Weil das nicht überall gleichermaßen gegeben ist, setze ich mich besonders dafür ein, dass wir zum Beispiel bei der Verteilung von Hausärztinnen und Hausärzten oder Kinderärztinnen und Kinderärzten auf die Stadtteile ein besseres Verhältnis zur Einwohnerzahl bekommen. Es ist doch evident, dass gerade sozial belastete Stadtteile mit einem hohen Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund
Wir haben in Hamburg auf der anderen Seite das Glück, dass sich die Offenheit, die kulturelle und ethnische Vielfalt der Stadt auch im Gesundheitswesen widerspiegelt. Wir haben mehr als 500 Ärztinnen und Ärzte nichtdeutscher Staatsangehörigkeit in Hamburg, Tendenz steigend. Das sind natürlich nur die, die wir in der Statistik als Nichtdeutsche ausfindig machen können. Hinzu kommen viele mit Migrationshintergrund, die die deutsche Staatsangehörigkeit haben. Leider kann ich diese Zahl nicht liefern, weil sie statistisch nicht erfasst wird. Migrationshintergrund ist kein Kriterium der ärztlichen Zulassung und ich glaube, es würde vielleicht auch von den Menschen, die diese Zulassung erlangen wollen, als diskriminierend empfunden, wenn danach gefragt würde.
Über die im Gesundheitswesen arbeitenden Menschen mit Migrationshintergrund hinaus gewährleisten wir durch gut funktionierende Dolmetscherdienste, dass trotz der Sprachvielfalt eine angemessene und auch kompetente Gesundheitsversorgung sichergestellt wird. Ergebnisse unserer Recherchen aus Literatur, aus Gesundheitsdaten sowie Erfahrungen aus Projekten und Rückmeldungen der Befragten zeigen, dass die Notwendigkeit einer interkulturellen Kompetenz im Gesundheitswesen mittlerweile von den Akteuren anerkannt ist und dass es in Hamburg verschiedene Maßnahmen gibt, die dem auch Rechnung tragen.
Was heißt eigentlich interkulturelle Kompetenz im Hinblick auf medizinische Versorgung? Interkulturelle Kompetenz ist ein ganzes Bündel von Fähigkeiten und auch Einstellungen, die ein professionelles und integratives Verhalten gegenüber Patientinnen und Patienten ermöglichen, und zwar sowohl auf der persönlichen Ebene von Arzt, Ärztin zu Patienten als auch auf der institutionellen Ebene. Hintergrundwissen über die Folgen von Migration gehört dazu, aber auch die Akzeptanz verschiedener Lebensentwürfe, ein Wissen über kultursensible Unterschiede, über kultursensible Angebote auch in der Behandlung und der Pflege. Ich bin der Meinung, dass in einer multikulturellen Gesellschaft, wie wir sie haben, die interkulturelle Kompetenz zum professionellen Handwerkszeug aller Akteure im Gesundheitswesen gehört,
genauso wie übrigens das Wissen über geschlechtsspezifische Unterschiede im Gesundheitsverhalten und in der Betroffenheit bei Erkrankungen. Auch daran müssen wir die Qualität unseres Gesundheitswesens messen und nicht nur an
Ich bin froh, dass es in Hamburg seit Jahren vielfältige Angebote gibt, zum Beispiel vonseiten der Ärztekammer, die interkulturelle Trainings anbieten, die interkulturelle Kompetenz und Öffnung vermitteln. Die Ärztekammer tut das, die Stadt selbst tut das, die Universität, die Fachhochschulen, die Wohlfahrtsverbände und das Landesinstitut für Lehrerbildung. Zunehmend werden auch Stellen im Gesundheitswesen von Menschen mit Migrationshintergrund besetzt, und es gibt auch einschlägige Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen der Institutionen im Gesundheitswesen. Wir haben auf der anderen Seite vielfältige und zielgruppenspezifische Angebote für wenig integrierte Menschen mit Migrationshintergrund, für sozial Benachteiligte und für Menschen mit schlechten Deutschkenntnissen. Verschiedentlich sind schon Initiativen wie MiMi oder Keypersons gelobt worden; wir berichten ausführlich darüber. Das sind wirklich ausgezeichnete Angebote, hier wird hervorragende Arbeit geleistet.
Sie werden übrigens auch rege nachgefragt, sowohl in den Communities der Menschen mit Migrationshintergrund als auch bei den Gesundheitsanbietern, die sie als eine wertvolle Unterstützung ihrer Arbeit sehen. Es hat sich sehr bewährt, schon bei der Planung dieser Angebote die zukünftigen Zielgruppen einzubeziehen.
Meine Damen und Herren! Alle Untersuchungen zur gesundheitlichen Lage von Menschen mit Migrationshintergrund bestätigen, dass Gesundheit maßgeblich mit der sozialen Lage verknüpft ist. Die Wirkung von zum Beispiel Bildung oder Einkommen auf die Gesundheit von Menschen wird im Zusammenhang mit dem Migrationshintergrund noch verstärkt. Wenn dann noch Armut, Flucht, Vertreibung hinzukommen, große kulturelle Unterschiede zwischen Herkunftsland und Aufnahmeland und geringe Sprachkenntnisse, dann kann das schon eine sehr beeinträchtigende Wirkung auch auf die Gesundheit haben.
Integration und Inklusion sind erklärte Ziele in unserer Stadt, und das gilt auch für das Gesundheitswesen. Deshalb werden wir weiterhin auf Lebenswelt orientierte, wo immer erforderlich, unterstützende Angebote für besondere Zielgruppen in der Gesundheitsversorgung und in der Gesundheitsförderung setzen, aber auch darauf, dass unser Gesundheitswesen weiter voranschreitet und sich professionell interkulturelle Kompetenz aneignet und dass die vielen Profis mit Migrationshintergrund zunehmend auch Stellen im Gesundheitswesen besetzen.