Protocol of the Session on March 27, 2013

Nach wie vor bestimmt das Geschlecht den Platz in der Gesellschaft: bei der Wahl des Berufs, bei der Höhe des Gehalts, bei den Aufstiegsmöglichkeiten und beim Wiedereinstieg in den Beruf nach der Geburt eines Kindes. Wir wollen aber in Hamburg die Rahmenbedingungen so gestalten, dass jeder Mensch selbstbestimmt über den eigenen Weg entscheiden kann, denn nur wenn das möglich ist, geht es in unserer Gesellschaft gerecht zu. Dabei gilt aber auch, damit das klar ist, Frau Wolff: Für welchen Weg sich jeder oder jede entscheidet, bleibt natürlich jeweils in seiner oder ihrer freien Entscheidung, aber jeder Mensch verdient eine faire Chance und faire Rahmenbedingungen.

(Beifall bei der SPD)

Deswegen trägt unser Gleichstellungspolitisches Rahmenprogramm auch den Titel "Selbstbestimmung und gerechte Teilhabe". Das ist alles andere als eine leichte Aufgabe. Es ist eine Aufgabe, die viel Ausdauer und Entschlossenheit benötigt und die wir auch mit genau dieser Ausdauer und Entschlossenheit angehen werden. Das tun wir bei der laufenden Novellierung des hamburgischen Gleichstellungsgesetzes, und das tun wir bei der Besetzung von Gremien im Einflussbereich der Freien und Hansestadt Hamburg. Und, Frau Wolff, entgegen Ihrer Darstellung sinken die Anteile nicht, sondern sie steigen deutlich seit Beginn dieser Legislaturperiode.

(Zuruf von Katharina Wolff CDU)

Wenn Sie das Programm gelesen hätten,

(Kersten Artus DIE LINKE: Hat sie nicht!)

dann wüssten Sie, dass wir dort ein Gremienbesetzungsgesetz ankündigen, was sich natürlich auch mit den Gremien im Hamburger Einflussbereich beschäftigt. Und wenn Sie dann noch unsere Bun

desratsinitiative gelesen hätten, dann wüssten Sie auch, dass wir das nicht morgen von der Privatwirtschaft fordern, sondern großzügige Übergangsfristen vorsehen, um diese Quotenregelung zu erfüllen, und das noch in zwei Schritten.

(Beifall bei der SPD – Katharina Wolff CDU: Sagen Sie doch mal was Grundsätzliches!)

Das tun wir aber auch mit der Klage gegen das Betreuungsgeld, und das tun wir mit dem nunmehr vorgelegten Gleichstellungspolitischen Rahmenprogramm. Mit diesem Rahmenprogramm wollen wir die Gleichstellung von Frauen und Männern als ein Leitprinzip in alle Politikfelder integrieren, denn dazu braucht es das Engagement ganz vieler. Es braucht das Selbstverständnis und das Bekenntnis aller Fachbehörden, und dementsprechend haben diese das Programm nicht nur erarbeitet, sondern werden es natürlich auch selbst umsetzen. Denn Gleichstellungspolitik, und das möchte ich immer wieder betonen, ist keine Sonderaufgabe, sondern selbstverständlich Teil einer jeden Fachpolitik. Eine umfassende Gleichstellung ist nur dann zu erreichen, wenn Geschlechterfragen nicht allein von einigen Experten und Expertinnen in möglichst abgeschlossenen Zirkeln diskutiert werden, sondern wenn diese zu den Arbeitsaufgaben aller Verantwortlichen auf allen Ebenen und in allen Politikund Arbeitsbereichen gehören. Demensprechend begrüße ich es sehr, dass das auch in allen Fachausschüssen diskutiert wird.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren! Als Senat sind wir dort gefordert, wo Chancen sich nicht von allein ergeben, wo die gerechte Teilhabe des Einzelnen von gesellschaftlichen Rahmenbedingungen abhängt, die er oder sie nicht selbst schaffen kann. Im Gleichstellungspolitischen Rahmenprogramm analysieren wir diese Herausforderungen, bestimmen die Handlungsfelder und definieren konkrete gleichstellungspolitische Ziele und Maßnahmen. Wer gesellschaftliche und staatliche Rahmenbedingungen verändern will, der braucht natürlich wirkungsvolle Instrumente. Dazu zählen die klassischen Instrumente der Gesetzgebung – ich habe dafür soeben einige Beispiele genannt –, aber auch finanzielle und wirtschaftliche Anreize. Die Möglichkeiten des sogenannten Gender Budgetings und des staatlichen Zuwendungswesens nehmen wir in den Blick. Aber natürlich wird es auch in vielen Lebensbereichen erst einmal darum gehen, gleichstellungspolitische Daten zu erheben und auszuwerten, denn nicht alle Bereiche sind hier gleich weit. Nur so können lang- oder mittelfristig überhaupt sinnvolle gleichstellungspolitische Maßnahmen und Ziele bestimmt werden.

Meine Damen und Herren! Wir wissen, im Leben eines Menschen gibt es Weichenstellungen und Weggabelungen, und zwar in jeder Lebensphase: im Kleinkindalter wie in der Schule, bei der Berufs

(Senatorin Jana Schiedek)

wahl und der Ausbildung, bei der Gründung einer Familie, in der Erwerbsphase und auch im Alter. Genau an diesen Schlüsselpunkten setzen wir an. Mit der Lebensverlaufsperspektive rücken wir den einzelnen Menschen in den Vordergrund und die oft durch Zuständigkeiten geprägte Sicht des Staats in den Hintergrund. Dies – und das ist ein positiver Effekt schon in der Erarbeitung gewesen – bestärkt und zwingt auch die beteiligten Fachbehörden zu einer besseren und intensiveren Zusammenarbeit.

Das Programm zeigt über 160 Maßnahmen, von der Kindheit bis ins Alter, von der Gesundheitsversorgung, der Wirtschaft, dem öffentlichen Dienst, der Kultur, der öffentlichen Wahrnehmung und Anerkennung bis hin zur gesellschaftlichen Partizipation – kurz: alle Bereiche, die die Menschen in unserer Stadt berühren. Ich glaube, wir werden in den Fachausschüssen noch hinreichend über die einzelnen Maßnahmen diskutieren. Insofern will ich die einzelnen und sehr wichtigen Bereiche wie die frühkindliche Bildung oder die schon angesprochene Arbeitsmarktpolitik an dieser Stelle nicht weiter vertiefen.

Das Gleichstellungspolitische Rahmenprogramm ist für die Gleichstellungspolitik in Hamburg ein Aufbruch zu neuen Ufern. Es formuliert die Grundsätze und Leitlinien der Gleichstellungspolitik des Hamburger Senats und legt Verantwortlichkeiten und Zeitvorgaben fest. So ein umfassendes Programm hat es in der hamburgischen Gleichstellungspolitik noch nicht gegeben.

(Beifall bei der SPD)

Ich will aber auch nicht verschweigen, dass mich während der Arbeit an diesem Programm doch an der einen oder anderen Stelle Ungeduld beschlichen hat. Wir haben zahlreiche Akteure und Institutionen beteiligt, innerhalb wie außerhalb der Verwaltung, und es hat dabei nicht nur offene Türen und Jubelschreie, sondern durchaus auch Widerstände und Unbill geben, auch in den Behörden. Ich glaube aber, im Rückblick hat sich dieser teilweise doch sehr mühselige Weg sehr gelohnt, denn wir haben nicht nur in den zahlreichen Gesprächen und Fachveranstaltungen wirklich gute und vielfältige Ideen und Anregungen erhalten, wir haben bei der Entwicklung des Programms, und das wird entscheidend für den weiteren Weg sein, ganz viele Unterstützerinnen und Unterstützer in dieser Stadt gefunden, und auf diese können, möchten und müssen wir bei der Umsetzung bauen.

Meine Damen und Herren! Wir werden das Gleichstellungspolitische Rahmenprogramm, die Handlungsfelder und Maßnahmen in den nächsten Wochen intensiv in den Fachausschüssen beraten. Ich würde mich aber freuen, wenn sich die Bürgerschaft dabei nicht nur intensiv mit den Zielen und Maßnahmen des Senats auseinandersetzen wür

de, sondern – und das ist auch eine dort angesprochene Maßnahme – die Chance für eine Diskussion nutzen würde, wie die Gleichstellung in der Politik und auch in der Bürgerschaft noch weiter befördert werden kann. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Senatorin Schiedek. – Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir kommen damit zur Abstimmung.

Wer stimmt einer Überweisung der Drucksache 20/7126 an den Ausschuss für Justiz, Datenschutz und Gleichstellung zu? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist einstimmig beschlossen worden.

Wer möchte diese Drucksache mitberatend an die eingangs genannten Fachausschüsse überweisen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist mit großer Mehrheit so beschlossen worden.

Ich rufe dann auf die Tagesordnungspunkte 48 und 76, Drucksachen 20/7138 und 20/7236, Bericht des Ausschusses Öffentliche Unternehmen zum Beteiligungsbericht 2010 und Antrag der SPDFraktion: Transparenz als Daueraufgabe – regelmäßige Berichterstattung über die Vergütung der Vorstände und Geschäftsführungen Hamburger Beteiligungen gegenüber der Bürgerschaft.

[Bericht des Ausschusses Öffentliche Unternehmen über die Drucksache 20/2343: Beteiligungsbericht 2010 (Senatsmitteilung) – Drs 20/7138 –]

[Antrag der SPD-Fraktion: Transparenz als Daueraufgabe – regelmäßige Berichterstattung über die Vergütung der Vorstände und Geschäftsführungen Hamburger Beteiligungen gegenüber der Bürgerschaft – Drs 20/7236 –]

Zum Antrag aus Drucksache 20/7236 liegt Ihnen als Drucksache 20/7394 ein Antrag der CDU-Fraktion vor.

[Antrag der CDU-Fraktion: Berichterstattungsersuchen der Bürgerschaft bei öffentlichen Unternehmen – Drs 20/7394 –]

Diese beiden Drucksachen möchte die CDU-Fraktion an den Ausschuss Öffentliche Unternehmen überweisen.

Wer wünscht das Wort? – Frau Rugbarth, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Unsere öffentli

(Senatorin Jana Schiedek)

chen Unternehmen leisten einen wichtigen Beitrag zur öffentlichen Daseinsvorsorge. Sie übernehmen ganz wichtige Aufgaben. Wir haben ungefähr 400 dieser Unternehmen in Hamburg und können dankbar für die fleißigen Mitarbeiter sein.

Da öffentliche Unternehmen mit öffentlichen Geldern arbeiten, ist es eine Selbstverständlichkeit, dass die Öffentlichkeit auch einen angemessenen Einfluss auf diese Unternehmen sicherstellen muss. Steuerung und Kontrolle passiert dabei im Allgemeinen über den Aufsichtsrat und, da die Aufsichtsräte weisungsgebunden sind, über den Senat. Aber auch wir als Parlament sind natürlich daran interessiert, dass die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit in den öffentlichen Unternehmen eingehalten werden. So haben wir für den in Rede stehenden Beteiligungsbericht 2010 etliche Unternehmen in den Ausschuss vorgeladen: SAGA GWG, Hamburg Marketing, Bäderland, HHLA, die Wohnungsbaukreditanstalt, HGV und HapagLloyd. Wir hatten einen sehr umfangreichen Beratungsbedarf und angesichts dessen, dass wir im Ausschuss auch noch das Lieblingsunternehmen der Hamburger, die HSH Nordbank, in jeder zweiten Sitzung behandelt haben, haben wir Enormes geleistet.

Bei einem der Unternehmen haben wir unter anderem auch die Vorstandsvergütungen sehr intensiv diskutiert. Das war schon damals durchaus ein Thema in der Öffentlichkeit, und wir haben schon damals gesagt, dass wir uns mit der Vergütungsstruktur in den öffentlichen Unternehmen sowohl hinsichtlich der festen als auch der variablen Bestandteile der Vergütung einmal umfangreich auseinandersetzen möchten; der Senat hat dies zugesagt.

Wir haben jetzt einen Antrag unserer Fraktion vorliegen, die Vergütungen gebündelt aufgelistet zu bekommen. Es ist selbstverständlich – da brauchen wir unseren Senat ganz bestimmt nicht zum Jagen zu tragen –, dass diese Vergütungen offiziell im Beteiligungsbericht oder wo auch immer dargestellt werden. Ich nehme an, dass Herr Heintze, der nach mir ans Rednerpult treten wird, uns weismachen will, dass die CDU jetzt für Transparenz sorge; dem ist nicht so. Ich darf Sie darauf hinweisen, dass wir schon 2008 einen Antrag gestellt haben, die Vergütungen offenzulegen. Sie haben ihn abgelehnt. Gemeinsam haben wir dann aber ein Transparenzgesetz beschlossen, nach dem Vergütungen transparent darzustellen sind. Und der Hamburger Senat hat sich am 1. Januar 2012 einen neuen Hamburger Corporate Governance Kodex verpasst, in dem eindeutig steht, dass die Vorstandsvergütungen einzeln darzustellen sind. Das ist also kein Verdienst Ihrerseits, liebe CDU, denn Sie hatten Ihre Möglichkeiten. 2010 haben Sie den Hamburger Corporate Governance Kodex geändert und nach Ihrer Version sollten die Vorstandsvergütungen als Gesamtsumme angege

ben werden. Wir haben das dahingehend geändert, dass die Vergütungen einzeln nach Vorstandsmitgliedern angegeben werden sollen.

(Glocke)

Vizepräsident Dr. Wieland Schinnenburg (unter- brechend): Einen Moment, Frau Abgeordnete. – Meine Damen und Herren! Nur Frau Rugbarth redet und niemand anders. Das geht vordringlich an den Fraktionsvorsitzenden der CDU-Fraktion und drei seiner Fraktionskollegen. Ich glaube, Sie unterhalten sich schon seit zehn Minuten; das können Sie gerne tun, aber nicht im Plenarsaal.

Frau Abgeordnete, fahren Sie bitte fort.

Andrea Rugbarth SPD (fortfahrend) : Danke schön, Herr Präsident.

Nun hat uns heute noch ein Beitrag zum Thema Bürokratieaufbau ereilt. Die CDU hat einen Zusatzantrag gestellt und möchte noch mehr Transparenz schaffen, indem sie uns ersucht, nun auch die Jahresabschlüsse der öffentlichen Unternehmen in Schriftform herüberzureichen. Als ich diesen Antrag gelesen habe, Herr Heintze, habe ich mich als allererstes einmal im Büro umgeschaut, ob ich noch irgendwo einen Schrank unterbringen kann, denn wir haben 400 öffentliche Unternehmen. Es ist vielleicht ein bisschen übertrieben, dass man das von allen in Papierform braucht. Zum anderen, Herr Heintze, macht sich Transparenz nicht daran fest, dass wir das tatsächlich in gedruckter Form vorliegen haben. Wir haben jederzeit die Möglichkeit, die Geschäftsberichte auf den Seiten von hamburg.de einzusehen, und man hat ebenso die Möglichkeit, über den Bundesanzeiger sämtliche Gewinn- und Verlustrechnungen einzusehen.

(Thilo Kleibauer CDU: Die sind doch gar nicht alle da!)

Ich habe heute extra noch einmal nachgeschaut. Das muss dort veröffentlicht werden, Sie werden dort alles finden.

(Thilo Kleibauer CDU: Wo finden wir denn Bäderland?)

Ich habe nicht nach Bäderland gesucht, sondern nach Hapag-Lloyd oder Albert Ballin, und das hat man sofort gefunden. Meines Erachtens nach ist auch Bäderland verpflichtet, seinen Abschluss offenzulegen; das werden wir sicherlich prüfen.

Ich halte es aber nicht für erforderlich, von 400 Unternehmen die Geschäftsberichte zu haben. Wir werden den Antrag ablehnen.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD – Glocke)

Vizepräsident Dr. Wieland Schinnenburg (unter- brechend): Frau Abgeordnete, einen Moment bitte. – Ich hatte mir gerade schon einmal erlaubt, vier