Protocol of the Session on February 28, 2013

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat jetzt Herr Jarchow.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Einmal mehr fordern die GRÜNEN die Abschaffung des Optionsmodells. Wir Liberale sind in dieser Frage ein wenig an unsere Bundestagsfraktion gebunden.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Sie sind freie Ab- geordnete!)

Wir stimmen auch als freie Abgeordnete ab, Herr Dressel.

Dieses Modell wurde seinerzeit unter unserer Führung von Herrn Stadler entwickelt. Wir sind zwar der Meinung, dass dieses Modell nicht der Weisheit letzter Schluss ist

(Beifall bei Tim Golke DIE LINKE)

vielen Dank für die Zustimmung –, sich auf der anderen Seite aber durchaus die Frage stellt, ob jetzt der richtige Zeitpunkt ist, es zu ändern. Die Wirkung des bestehenden Rechts ist noch nicht lange genug beobachtet geschweige denn evaluiert worden. Und ob es wirklich die richtige Lösung ist, kurz vor Ende der Legislaturperiode an der Gesetzgebung herumzuschrauben, finden wir fragwürdig.

(Beifall bei der FDP)

Wir würden es für den richtigen Weg halten, Erfahrungsberichte abzuwarten, wie sich diese Regelung auswirkt, und danach die rechtlichen Anpassungsmöglichkeiten zu prüfen. Dazu werden wir in nächster Zeit sicherlich Gelegenheit haben.

Für in Deutschland aufgewachsene junge Menschen ist es nach Auffassung der GRÜNEN nicht zumutbar, sich bei Volljährigkeit für die deutsche Staatsangehörigkeit zu entscheiden, so sprechen Sie denn auch konsequent von Optionszwang. Offenbar tun sich die GRÜNEN mit der Wahlfreiheit des Individuums, der Kompetenz, sich entscheiden zu dürfen, schwer.

(Christiane Schneider DIE LINKE: Die wol- len beide Optionen! Und das nehmen wir ernst!)

Bezeichnenderweise machen die GRÜNEN nun aber nicht den Vorschlag, dass alle, die bislang die Wahlfreiheit haben, zukünftig ausschließlich die deutsche Staatsangehörigkeit haben sollen und dafür die ihres Herkunftslands aufgeben müssen, nein, anders als die Kinder deutscher Eltern sollen

(Nikolaus Haufler)

die Betreffenden durch Doppelstaatsangehörigkeit privilegiert werden.

(Farid Müller GRÜNE: Ach so!)

Warum ausgerechnet diese Bevorzugung mit dem Verweis auf den Gleichheitsgrundsatz des Artikels 3 des Grundgesetzes begründet wird, erschließt sich uns nicht. Wir glauben, dass die Stärkung von emotionalen Herkunftsbindungen durch doppelte Staatsangehörigkeit kontraproduktiv ist. Es ist bezeichnend, dass die GRÜNEN die emotionale Bindung an das Zielland, also Deutschland, konsequent vernachlässigen und Bindung allein an das Herkunftsland der Eltern knüpfen. Hier sei nochmals darauf hingewiesen, dass es um die Staatsangehörigkeit geht, nicht um die jeweilige Kultur der Kinder oder der Eltern.

Wir meinen, dass Integration in die deutsche Gesellschaft nur gelingen kann, wenn man sich zu den gleichen Rechten und Pflichten wie die anderen Staatsbürger bekennt,

(Christiane Schneider DIE LINKE: Ja, des- halb doppelte Staatsbürgerschaft!)

dazu steht und sich auch emotional daran bindet. Aus unserer Sicht erschwert Doppelstaatsangehörigkeit die Integration, wenn Migranten mit Doppelstaatsangehörigkeit dem Irrtum verfallen könnten, politisch gleichzeitig zwei Nationen anzugehören. Migrantenschicksale zeigen oft, dass genau dies eben nicht möglich ist. Wer weder ganz hier sein noch ganz dort bleiben will, ist nirgendwo als gleichberechtigter Mitbürger akzeptiert,

(Heike Sudmann DIE LINKE: Gilt das auch für Fußballer?)

ganz unabhängig vom formalrechtlichen Status.

Lassen Sie mich zusammenfassen. Wir sind durchaus gesprächsbereit. Wir halten die jetzige Regelung nicht für die letztendliche Lösung; wir würden das Thema nach einer Evaluation der jetzigen Regelung gern wieder einbringen, mit Ihnen diskutieren und dann sicherlich auch zu anderen Regelungen kommen können. – Danke schön.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Das Wort hat nun Herr Yildiz.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Haufler, wenn Sie Ihren Redeauszug zur Korrektur vorgelegt bekommen, werden Sie merken, dass nicht einmal Ihre eigene Fraktion geklatscht hat bei dem dummen Zeug, was Sie vorgetragen haben.

(Beifall bei der LINKEN und bei Christa Goetsch GRÜNE – Glocke)

Herr Yildiz, das geht nicht.

(Heike Sudmann DIE LINKE: Das streichen wir aus deinem Manuskript auch raus!)

Gut.

Herr Jarchow, Sie sind HSV-Präsident. Es tut mir ehrlich leid, dass der Präsident eines so tollen Fußballvereins so etwas über dieses Thema sagt. Sie müssen sich, glaube ich, mit diesem Thema noch einmal befassen.

(Beifall bei der LINKEN und bei Phyliss De- mirel GRÜNE)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! In der Regel haben junge Menschen zwischen dem 18. und 23. Lebensjahr andere Sorgen; Schule, Ausbildung und Studium stehen da im Vordergrund. Sie in diesem Alter vor eine tiefgreifende Entscheidung zu stellen und die Identitätsfrage auf die Tagesordnung zu setzen, ist nicht nötig. Daher gehört die Optionspflicht – ich nenne sie Zwang – abgeschafft.

Ich habe gestern als Antwort des Senats auf meine Schriftliche Kleine Anfrage zu lesen bekommen, dass in den nächsten drei Jahren 500 Hamburgerinnen und Hamburger über ihre Staatsangehörigkeit entscheiden müssen. Bis zum Jahr 2020 sind es über 1000 Jugendliche.

Auch wenn ich mit SPD und GRÜNEN einer Meinung bin, möchte ich eines feststellen. Senator Neumann hat angesprochen, dass man sich vor 14 Jahren nach der rassistischen Hetzkampagne von Roland Koch auf diesen Kompromiss geeinigt hat. Auch damals hätte man sich, wie es SPD und GRÜNE heute machen, öffentlich dagegen stellen und ihn ablehnen können. Aber nun gibt es diesen Kompromiss. Er gehört in den nächsten Wochen oder Monaten abgeschafft, weil sich ansonsten hunderte Kinder und Jugendliche die Frage stellen müssen, ob sie deutsche Staatsangehörige sein wollen oder beispielsweise türkische.

Eines muss man noch sagen. Es wurde damals nicht nur der Optionszwang eingeführt, es wurden auch die Kriterien für die Einbürgerung verschärft, die Sprachförderung wurde stärker eingeführt

(Dr. Andreas Dressel SPD: Das ist doch gut!)

und auch andere Kriterien wie Einkommen und so weiter.

Herr Jarchow, in Deutschland leben viele EU-Bürgerinnen und -Bürger, die zwei Staatsangehörigkeiten haben. Meine Kollegin hat darauf hingewiesen, dass über 2 Millionen Menschen mit deutscher Staatsangehörigkeit auch eine andere europäische Staatsangehörigkeit besitzen. Warum soll

(Carl-Edgar Jarchow)

te dieses Recht nicht auch für andere Drittstaaten gelten wie die Türkei oder andere Länder? Daher muss die Optionspflicht abgeschafft werden.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Weil SPD und GRÜNE so sehr hoffen, dass sie bei der nächsten Bundestagswahl die Mehrheit haben: Ich hoffe, dass man, nachdem die Optionspflicht abgeschafft wurde, sich die Einbürgerungsgeschichte insgesamt vorknöpft und das Verfahren für die Zigtausend Menschen, die eingebürgert werden wollen, aber Kriterien wie Einkommen oder Sprachtest nicht erfüllen, vereinfacht wird.

Ich möchte meine Rede mit einem Zitat des Bundespräsidenten Gustav Heinemann beenden. Herr Haufler, hören Sie bitte, das betrifft in erster Linie Sie. Er hat einmal gesagt – ich zitiere –:

" […] ich liebe keine Staaten, ich liebe meine Frau […]!"

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Das Wort hat jetzt Herr Simsek.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Haufler, nach dem, was ich von Ihnen gehört habe, war der alte Bürgermeister Ole von Beust schon viel weiter als Sie.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und der LINKEN)

Wir sollten uns einig sein, dass das Optionsmodell endlich abgeschafft gehört. Es steckt eine Monsterbürokratie dahinter. In diesem Jahr sind 7000 Jugendliche betroffen, im nächsten oder übernächsten werden es über 40 000 sein. Es kann nicht angehen, dass Sie sich hier hinstellen und dafür appellieren, das Optionsmodell nicht abzuschaffen beziehungsweise eine doppelte Staatsbürgerschaft nicht anzuerkennen. Das kann man überhaupt nicht verstehen.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei den GRÜNEN und der LINKEN)