Protocol of the Session on January 24, 2013

Ich habe in der Zeitung gelesen, dass am 31. Januar ein Energiegipfel stattfindet unter der Leitung von Herrn Bürgermeister Scholz. Der Grund ist, dass es sehr viele Probleme mit der Energiewende gibt. Und diese Probleme sind nicht nur das Kohle

kraftwerk Moorburg, sondern wir haben da eine ganze Menge anderer Probleme. Offenkundig läuft alles nicht so rund, wie Sie gedacht haben.

Aus Sicht der SPD es so darzustellen, dass diese neuen Verträge, die mit Vattenfall und E.ON geschlossen wurden, etwas mit der Energiewende zu tun hätten, ist wirklich völlig falsch, da gebe ich Herrn Kerstan recht.

(Beifall bei der LINKEN – Vizepräsidentin Dr. Eva Gümbel übernimmt den Vorsitz.)

Die ganzen Investitionen, die aufgeführt wurden im Zuge dieser neuen Verträge, sind weniger Investitionen, als die Energiekonzerne vorhatten.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Das stimmt nicht!)

Es wird des Weiteren dargestellt, dass das GUD-Kraftwerk in Wedel ein Innovationskraftwerk sei. Wir haben im Ausschuss nachgefragt, was denn das Innovative an diesem Kraftwerk sei. Die Antwort der Experten war, das sei Standard, von Innovation sei überhaupt nicht die Rede. Sie haben also dort überhaupt nichts ausgehandelt. Wir haben bisher auch noch in keiner Weise gehört, dass Sie in irgendeiner Form Einfluss genommen haben.

(Roland Heintze CDU: Das ist Etiketten- schwindel!)

Diese 25,1 Prozent sind eine Minderheitenbeteiligung. Selbst wenn Sie von der Senatsbank und aus der Fraktion zehnmal erklären, dass Sie jetzt einen ganz tollen Einfluss hätten, wird es dadurch nicht besser, Ihr Einfluss ist gleich null.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Gucken Sie doch mal in die Verträge rein!)

Stattdessen haben die Energiekonzerne noch einmal Millionenbeiträge im dreistelligen Bereich bekommen.

Gestern haben wir darüber diskutiert, und es ist auch beschlossen worden, dass die Legislaturperiode auf fünf Jahre verlängert wird. Von den Befürwortern ist immer das Argument gekommen, dass man das in Hamburg auf jeden Fall machen könne, weil es hier sehr viele plebiszitäre Instrumente gäbe. Was ich wahrnehme, ist, dass es jetzt einen Generalangriff auf die plebiszitären Elemente gibt, der erste kommt von der CDU.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Genau!)

Erstens verstehe ich überhaupt nicht, warum die CDU viel zu spät zum Verfassungsgericht läuft und meint, festzustellen zu müssen, dass der Volksentscheid "Unser Hamburg – unser Netz" nicht rechtmäßig sei. Zweitens kommen Sie jetzt damit, es sei haushaltsrelevant. Ich kenne keinen einzigen Volksentscheid in Hamburg, der nicht haushaltsrelevant ist. Auch der gegen die Primarschule war

(Senatorin Jutta Blankau)

haushaltsrelevant, und es steht in keinem Gesetz, dass die Haushaltsrelevanz bei der Summe X anfängt. Insofern ist das völlig daneben.

(Beifall bei der LINKEN)

Und drittens fangen Sie erst, nachdem das Volksbegehren erfolgreich war, damit an. Das geht überhaupt nicht, aber da werden Sie auch die richtige Antwort bekommen.

(Beifall bei der LINKEN)

Nun zum Generalangriff der SPD. Ich bin schon ziemlich erschüttert. Als wir uns in den Haaren gelegen haben bei der Debatte über die neuen Verträge mit E.ON und Vattenfall, wurde von allen Seiten immer wieder darauf hingewiesen, dass man, wenn man politisch solide und seriös arbeitet, nicht vor einem Volksentscheid so ein Vertragswerk auf den Weg bringen kann. Damit vereitelt man im Grunde im Vorwege einen Volksentscheid. Sie haben immer wieder betont, auf jeder Ebene und in jedem Ausschuss, dass dies überhaupt nicht der Fall sei und dass man, wenn der Volksentscheid erfolgreich sei, sofort mit so gut wie keinen Kosten alles rückabwickeln könne.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Dann sind wir bei null!)

Das sei überhaupt kein Problem. Und jetzt stehen Sie plötzlich auf und sagen, das ist hochgefährlich, wenn wir das machen, dann müssen wir lange prozessieren, dann kostet das dies und jenes. Sie haben zu Beginn dieser Diskussion etwas anderes gesagt als jetzt, und das ist Wortbruch.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Kerstan, Sie haben das Wort. – Frau Dr. Schaal, Entschuldigung, ich habe Sie nicht gesehen.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Hier sind ein paar Argumente gefallen, die schon verwundern müssen. Man fragt sich, wie ernsthaft sie eigentlich vorgebracht werden. Wir haben von Herrn Dressel, aber auch von Frau Blankau gehört, dass die Beteiligung an den Energienetzen ein finanzielles Risiko und unverantwortlich sei. Eine solche Aussage kommt von diesem Senat und dieser Mehrheitsfraktion der SPD, die, ohne mit der Wimper zu zucken, mal eben 420 Millionen Euro für eine Beteiligung an Hapag-Lloyd ausgegeben haben,

(Zurufe von der SPD: Oh, oh!)

für ein Unternehmen in einer Branche, die unglaublich schwankungsanfällig ist und wo regelmäßig ganze Unternehmen vor der Pleite stehen. Wir erleben im Moment, dass Dutzende von Schiffsfonds pleitegehen; das Risiko haben Sie nicht gescheut. Aber sich an den Netzen zu beteiligen, ein

Monopol, wofür eine Regulierungsbehörde dem Besitzer dieses Netzes 9 Prozent Eigenkapitalrendite garantiert – zum eingesetzten Kapital gehören übrigens auch die Finanzierungskosten –, ist in Ihren Augen ein Risiko. Man muss sich doch wundern, mit welchem Argument Sie bei Hapag-Lloyd eine risikoreiche Investition in Ordnung finden, aber vor einer sicheren Investition mit 9 Prozent Rendite warnen und sie als unverantwortlich bezeichnen.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Wird alles runter- reguliert!)

Meine Damen und Herren! Es wird sehr deutlich, dass hier auf unverantwortliche Weise Panikmache geschürt wird, und zwar aus politischen Gründen, um den Bürgerinnen und Bürgern auch in dieser Sache Sand in die Augen zu streuen.

(Beifall bei den GRÜNEN – Dr. Andreas Dressel SPD: Dann sagen Sie doch mal, wie Sie das finanzieren wollen!)

Weiter hören wir, dass diese Netze und diese Kabel überhaupt nichts bringen. Wozu soll man die eigentlich kaufen? Das fragen sich Herr Dressel und Frau Blankau. Sie selbst haben sich doch mit 25 Prozent an den Netzen beteiligt und haben dafür 540 Millionen Euro ausgegeben. Wenn Sie wirklich glauben würden, was Sie sagen, dann hätten Sie, Herr Bürgermeister, Hunderte von Millionen Euro sinnlos verschleudert. Was Sie erzählen ist doch aberwitzig und absurd.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der CDU – Robert Heinemann CDU: Hat er ja auch!)

Wenn Sie für den Ausbau der Netze eine garantierte Rendite von der Regulierungsbehörde zugebilligt bekommen, dann können Sie damit jeden Kaufpreis finanzieren, ohne unverantwortliche Risiken einzugehen. Warum also diese Panikmache, warum 2 Milliarden Euro? Der Preis kommt doch ganz einfach zustande. Dieser Senat hat sich im vergangenen Jahr selbst unter Druck gesetzt, indem er bis zum Dezember 2012 einen Abschluss haben wollte. Vattenfall und E.ON haben hart verhandelt, und Sie haben für den 25-Prozent-Anteil einen hohen Preis bezahlt. Den nehmen Sie nun mal vier und kommen dann auf 2 Milliarden Euro. Das heißt aber noch lange nicht, dass das wirklich der Preis ist, den man zahlen muss und den die Netze wert sind. Beim Bekundungsverfahren, bei der Konzession werden wir wohl Unterlagen dazu bekommen, was die Netze wirklich wert sind. Letztendlich ist es schlicht und ergreifend das gleiche Muster, das dieser Senat immer anwendet. Wenn er etwas nicht haben will, dann schiebt er das Geld vor und sagt, das können wir uns nicht leisten. Das ist in Zeiten der Energiewende, wo nichts wichtiger ist, als dass endlich im Sinne der Bürgerinnen und

(Dora Heyenn)

Bürger die Energieversorgung umgesteuert wird, unverantwortliche Politik.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir erleben doch in vielen Bereichen, wie wichtig die Netze gerade auch für den Ausbau der erneuerbaren Energien sind. In Schleswig-Holstein müssen ganze Windparks abgeschaltet werden, weil die Netze nicht darauf vorbereitet sind, den Strom aufzunehmen. Natürlich können Sie auch in Hamburg nicht mehr auf zentrale Großkraftwerke setzen, ob in Moorburg, Wedel oder Tiefstack. Für dezentrale Blockheizkraftwerke, Solarenergie und ähnliche Dinge brauchen Sie aber neue Netze. Ihre Partner, mit denen Sie diese Energiewende voranbringen wollen, haben daran überhaupt kein Interesse, denn die bauen ständig Großkraftwerke und können die Konkurrenz der erneuerbaren Energien nicht gebrauchen. Darum blockieren sie den Ausbau und darum ist das Gegenteil – ich komme zum Schluss – von dem, was Sie sagen, richtig. Wer erneuerbare Energien in dieser Stadt voranbringen will, der braucht die Netze, und darum ist es so wichtig, dass der Volksentscheid im Herbst erfolgreich ist. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Jetzt hat aber Frau Dr. Schaal das Wort. – Entschuldigung für eben.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Heyenn, ich möchte Ihre Worte so nicht stehen lassen. Wir haben klipp und klar in den Verträgen festgelegt, dass, wenn der Volksentscheid erfolgreich ist, alles wieder von vorn beginnt. Das ist vertraglich verankert und steht so in den Drucksachen. Wenn der Volksentscheid der Initiative "Unser Hamburg – Unser Netz" erfolgreich ist, dann wird alles rückabgewickelt. Das heißt, dass es dann keine Beteiligung mehr gibt und wir das Geld zurückbekommen. Es gibt dann aber auch keine Investitionen der jetzigen Partner in Höhe von 1,6 Milliarden Euro. All das wird nicht stattfinden, das ist dann eben der Zustand null und alles fängt von vorn an. Man wird sich mit den jetzigen Netzbetreibern Vattenfall und E.ON auseinandersetzen und die Prozesse, die schon geführt wurden und die laut Vertrag ruhen, wieder aufleben lassen müssen. Sie sind nicht abgebrochen worden, sie ruhen. Dann muss man einen Preis ermitteln und wird sich dabei kräftig streiten. Man wird sich auch streiten müssen, ob die Fernwärmenetze wieder herausgerückt werden oder nicht.

(Jens Kerstan GRÜNE: Und jetzt haben Sie sie verschenkt!)

Das ist alles strittig, das wird alles wieder von vorn anfangen. Dann werden wir überlegen müssen,

woher man das Geld für die Finanzierung der Netze bekommt und was passieren muss, damit die Energiewende in Gang gehalten und fortgesetzt werden kann.

(Glocke)

(unterbre- chend) : Frau Dr. Schaal, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Heyenn?

Weil Sie es sind.

Danke schön.

Frau Dr. Schaal, stimmen Sie mit mir überein, dass damals, als wir über die neuen Verträge und auch über die Rückabwicklung gesprochen haben, so getan wurde, als sei das alles problemlos?

(Dirk Kienscherf SPD: Das ist doch auch problemlos!)

Und jetzt, kurz vor dem Volksentscheid, wird ein Szenario aus Angst aufgebaut und Probleme wie Vertragslängen, Geldstrafen und so weiter angeführt. Dieses Szenario ist damals nicht aufgebaut worden und wenn es so ist, wie Sie es jetzt darstellen, dann hätten Sie niemals diese neuen Verträge abschließen dürfen.