Protocol of the Session on December 13, 2012

Außerdem hat FDP die Veröffentlichung von Schulinspektionsergebnissen im Internet grundsätzlich durchgesetzt,

(Beifall bei der FDP)

übrigens ein Punkt, Herr Senator, wo wir immer noch auf Ihren versprochenen Vollzug warten.

Meine Damen und Herren! Diese vier Erfolge liberaler Bildungspolitik in Hamburg gründen auf unseren gestalterischen Schwerpunkten. Wir wollen mehr Wahlfreiheit und Durchlässigkeit, weil eben kein Kind dem anderen gleicht. Wir wollen mehr Flexibilität des Schulsystems, weil dieses System sich auf die Kinder und Jugendlichen einstellen soll und nicht andersherum. Wir wollen mehr Qualität im Unterricht durch größere Konzentration der Lehrer auf ihre eigentliche Aufgabe, und wir wollen verstärkte Kontrollmöglichkeiten der Unterrichtsqualität.

Wir wissen, dass diese Ansätze von vielen im Hause und bis weit in die Regierungsfraktion hinein geteilt werden. Leider aber fehlt es in der Behörde unter Senator Rabe häufig nicht nur am Gestaltungswillen, sondern auch an der Fähigkeit zu gutem Verwalten. So hat der Senat weitere Maßnahmen zur Lehrerentlastung angekündigt und dabei ausgerechnet die wichtigen Lernentwicklungsgespräche auf die Streichliste gesetzt. Das geht so nicht.

(Beifall bei der FDP und bei Dr. Stefanie von Berg GRÜNE)

Dass gut gemeint noch längst nicht gut gemacht bedeutet, erleben wir auch in anderen Bereichen. Vor genau einem Jahr wurden an dieser Stelle Konzepte zu Inklusion, Ganztagsbeschulung und Schulbau angekündigt. Die Papiere, die wir dazu dann gesehen haben, waren ohne gestalterische Strahlkraft und ohne konkrete Umsetzungsstrategien, und die Praxis, die wir erleben, hakt gewaltig.

Das ist zum Beispiel beim Schulbau so. Die Konzeption eines Mieter-Vermieter-Modells ist zwar ein

(Dr. Stefanie von Berg)

richtiger Ansatz, aber die vorgelegte Prioritätenliste strotzt vor Fehlern, hat zudem überlange bis zur Fertigstellung gebraucht und steckt voller Unwägbarkeiten. Wann was wie mit welchen Mitteln umgesetzt wird, bleibt immer noch unklar,

(Beifall bei der FDP und bei Robert Heine- mann CDU)

ebenso der Weg, wie Schulöffentlichkeit und Schulleitungen einbezogen werden. Ob damit der Milliarden-Sanierungsstau je überwunden wird, steht in den Sternen.

Ein zweites Beispiel, heute schon sehr treffend formuliert, ist das Thema Inklusion. Herr Senator, hier hat Sie schon im Konzept der gestalterische Mut völlig verlassen. Sie verteilen die Mittel mit der Gießkanne, nennen das – offenbar zur Tarnung – systemische Ressource und treffen damit überhaupt nicht die Bedürfnisse der Schulen.

(Beifall bei der FDP und bei Robert Heine- mann und Dr. Walter Scheuerl, beide CDU)

Die Abschaffung der Diagnosegutachten verhindert die individuelle Förderung aller Kinder. Das finde ich verantwortungslos. Und wenn dann ganze Schulen über diese Fehlplanung klagen, dann stellen Sie sich hin, Herr Senator Rabe, und sagen, die Forderungen der Lehrer nach Zweitbesetzung seien maßlos. Das ist so unzutreffend wie herablassend, das können Sie so nicht machen.

(Beifall bei der FDP und bei Robert Heine- mann CDU)

Auch die langfristige Reduzierung der Sonder- und Förderschulen auf Beratungszentren halten wir für übereilt. Damit schaffen Sie die Wahlfreiheit de facto à la longue nämlich ab.

Die Inklusion ist von Ihnen gestalterisch falsch angelegt und in der Verwaltung schlecht umgesetzt. Darüber sind wir uns als Oppositionsparteien wirklich alle einig, das sollte Ihnen ruhig zu denken geben. Auch wenn die vormalige GAL an diesem Dilemma wesentlich beteiligt ist – das wollen wir nicht außer Acht lassen –, trifft der GRÜNEN Antrag zu diesem Thema doch ins Schwarze. Mehr Lehrer brauchen mehr Fortbildung, Coaching und Unterrichtsbegleitung. Die FDP fordert Sie auf, Herr Senator, Ihre nichtfunktionierende Gießkannenförderung zu überdenken und endlich zur Einzelfalldiagnose zurückzukehren.

(Beifall bei der FDP und bei Robert Heine- mann und Dr. Walter Scheuerl, beide CDU)

Meine Damen und Herren! Problembeispiel Nummer 3 ist die Ganztagsbeschulung. Die Ganztagsangebote werden gut nachgefragt, dennoch sind sehr viele Eltern sehr unzufrieden. Die Horte haben früher oft bessere Betreuung gewährleistet

(Dirk Kienscherf SPD: Ja, aber das waren ganz wenige!)

und werden von Ihnen jetzt peu à peu geschlossen. Die Eltern haben damit keine Wahl mehr. Deshalb müssen Sie dringend eine Qualitätsoffensive starten, Herr Senator. Die verstärkte Einbindung in den Sozialraum mit Vereinen, Musikschulen und der offenen Kinder- und Jugendarbeit gehört dazu. Einige Runde Tische sind eingerichtet, aber wir bekommen auch viele Rückmeldungen, dass es in den Schulen hakt und Eltern ratlos zurückgelassen werden. Das dürfen Sie mit Ihrer großen Behörde doch nicht einfach so hinnehmen, da müssen Sie gestalten und dann muss geholfen werden.

(Beifall bei der FDP und bei Robert Heine- mann CDU und Dr. Stefanie von Berg GRÜ- NE)

Beispiel Nummer 4 für Ihre schleppend vorankommenden Maßnahmen ist die Etablierung der Stadtteilschule. Schon während der Konzeption vor mehr als fünf Jahren stand die enge Verknüpfung mit den beruflichen Schulen ganz oben auf der Agenda. Da scheint Ihnen etwas entgangen zu sein. Vor wenigen Wochen mussten wir hören, dass Herr Rabe nach wie vor großen Handlungsbedarf sieht. Das wissen wir doch alle schon lange, das ist absolut nicht ausreichend. Wir müssen die Stadtteilschule dringend – da sind wir uns alle einig, es passiert nur nicht – in allen Bereichen stärken, um sie wirklich zur gleichwertigen Alternative der Gymnasien zu machen. Insofern unterstützen wir den SPD-Antrag und legen mit unserem FDPAntrag noch nach.

Meine Damen und Herren! Ein anderes Thema findet bei Ihnen gar nicht statt – das ist für uns zwar nichts Neues, ich möchte es aber trotzdem noch erwähnen –: die Entwicklung der Gymnasien. Eine Stärkung der Unterrichtsqualität ist nötig und nicht nur der Kompetenzfelder. Das hat uns auch die Basis, auf die Sie vielleicht gelegentlich einmal hören sollten, nämlich die Teilnehmer von Jugend im Parlament, ausdrücklich bestätigt; Sie haben das sogar schriftlich. Hamburgs Eltern, Schüler und Lehrer und auch wir im Parlament erwarten von Ihnen dazu mehr Gestaltungswillen und eine bessere Umsetzung in der Verwaltung.

(Beifall bei der FDP)

Die FDP-Fraktion wird dabei gern weiter helfen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei Robert Heine- mann CDU)

Frau Heyenn hat das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zurzeit wird an den Hamburger Schulen in der Breite mehr gelitten als gelernt. Immer mehr Lehrkräften geht es an die Gesund

(Anna-Elisabeth von Treuenfels)

heit, da braucht man sich nur an der eigenen Schule umzuschauen, immer mehr Schüler leiden unter anderen Schülern – das hat Herr Heinemann gut dargestellt –, und immer mehr Eltern verzweifeln, gerade Eltern, die Kinder mit Handicap haben, die in eine allgemeinbildende Schule gehen. Insgesamt ist das, was in den Hamburger Schulen zurzeit stattfindet, alles andere als ermunternd,

(Beifall bei der LINKEN und bei Robert Hei- nemann, Dr. Walter Scheuerl, beide CDU und Dr. Stefanie von Berg GRÜNE)

und das nach all den schulpolitischen Kämpfen, die diese Stadt durchgestanden hat, und dem Volksentscheid von 2010.

Im Antrag der SPD aus Drucksache 20/6158 ist mehrfach der Begriff Schulfrieden erwähnt, aber Sie haben ihn jedes Mal falsch verwendet. Was ist denn der Schulfrieden gewesen? Nachdem der Volksentscheid gelaufen war, haben sich CDU, SPD und die GRÜNEN zusammengesetzt und sich geschworen, die nächsten zehn Jahre nichts daran zu ändern, dass nach der vierten Klasse aufgeteilt wird und dass das die Eltern entscheiden können. Das war und ist der Schulfrieden, nicht mehr und nicht weniger. Alles andere ist blanke Phantasie.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir haben damals klipp und klar gesagt: Wir werden diesen Schulfrieden nicht mittragen, wir schauen uns erst einmal an, wie das Ganze läuft.

Ausgerechnet die SPD hat in ihrem Antrag unter Punkt 2 des Petitums stehen – ich zitiere –:

"[…] um an den Gymnasien die hohe Zahl von Abschulungen zu reduzieren zu prüfen, inwieweit am Übergang von Klassenstufe 4 nach Klassenstufe 5 Methoden entwickelt werden können, die den Eltern eine bessere Hilfestellung bei der Schulformwahl geben."

Da muss doch bei Ihnen das Herz hochgehen, Herr Scheuerl,

(Robert Heinemann CDU: Bei mir auch!)

da wittern Sie doch fette Beute; das geht doch gar nicht.

(Beifall bei Christiane Schneider DIE LINKE)

Ausgerechnet die, die diesen Schulfrieden unterschrieben haben, wollen da jetzt dran drehen. Es würde schon helfen, wenn der Senator es einmal mit dem, was im Schulgesetz steht, versuchen würde, nämlich nach der vierten Klasse eine Schulentwicklungsprognose und keine Schulformempfehlung zu geben. Wir haben schon mehrere Diskussionen darüber geführt, und Sie haben auch schon einmal laut überlegt, es damit zu versuchen. Aber wenn Sie an diesem Beschluss nach dem Volksentscheid herumdrehen, bekommen wir die nächste Welle in der Stadt.

(Beifall bei der LINKEN)

Sie haben Ihren Antrag überschrieben mit der Überschrift "Erfolgsmodell Stadtteilschule weiterentwickeln". Ich will Ihnen sagen, was das ist, das ist das Singen im Walde, denn vom Erfolgsmodell ist die Stadtteilschule in Hamburg leider Gottes weit entfernt.

(Lars Holster SPD: Pauschal, alle sind schlecht!)

Besonders problematisch ist, dass Sie in Ihrem Antrag sagen, dass alles, was in ihm vorgeschlagen ist, im Rahmen der vorhandenen Ressourcen weiterentwickelt werden solle. Ich greife einfach mal Punkt d heraus. Die Stärkung von Stadtteilschulen in besonderer Lage werden Sie ohne zusätzliche Ressourcen nicht hinbekommen. Was wollen Sie denn machen? Das bekommen Sie nicht hin.

(Beifall bei der LINKEN)

Und Ihren Punkt e, die Unterstützung bei der Organisation und Nutzung des Ganztags, um vielfältige Lernvoraussetzungen zu schaffen, werden Sie auch nicht ohne zusätzliche Mittel bewerkstelligen können.

(Beifall bei Robert Heinemann CDU)