Protocol of the Session on December 11, 2012

In der letzten Wahlperiode wurde das Neue Haushaltswesen, NHH, fast ausschließlich in den Hinterzimmern der Finanzbehörde konzipiert. Und was daraus geworden ist, wissen wir heute. NHH wurde abgeschafft, weil dem Parlament einfach die Ergebnisse präsentiert wurden, ohne diese mit dem Parlament zu diskutieren. Wir, alle Fraktionen, haben das Konzept gemeinsam vom Kopf auf die Füße gestellt und den Rahmen für SNH abgesteckt. Diesen Rahmen gilt es, weiter auszufüllen. Mit dem neuen Antrag definieren wir unter anderem die Deckungsfähigkeiten, das heißt, den Spielraum, den die vier SNH-Behörden im Haushaltsvollzug haben. Nach unserer Einschätzung erhält die Verwaltung so die nötige Flexibilität in der Bewirtschaftung, und die Rechte der Bürgerschaft werden nunmehr gewahrt.

(Beifall bei der SPD)

Die Fehler der Vergangenheit sollten sich nicht wiederholen, darauf werden wir achten. Niemand hat die Ressourcen, teure Konzepte in den Wind zu schreiben, weil die Bürgerschaft zu spät beteiligt wird. Frühzeitige und enge Kommunikation ist das Gebot.

(Jörg Hamann CDU: So wie bei der Elbphil- harmonie!)

Im kommenden Jahr werden wir die Landeshaushaltsordnung beraten, die aus dem Experiment SNH einen neuen Standard schafft, weg vom kameralen Titelhaushalt und hin zu einem doppischen Produkthaushalt. Wir werden intensiv beraten, weil am Ende nur ein Gesetzeswerk stehen kann, welches das Budgetrecht der Bürgerschaft stärkt. Auch das Finanzrahmengesetz ordnet sich hier ein: Modernisierung des Haushaltswesens und

Stärkung des Budgetrechts der Bürgerschaft. Hamburg schlägt mit dem Finanzrahmengesetz einen neuen Weg ein, auf dem die Ausgabenobergrenze für die kommenden Haushaltsjahre verbindlich in Summe und Euro festgelegt wird durch Parlamentsbeschluss.

Der Konsolidierungspfad der SPD zu einem Haushalt ohne neue Schulden erhält damit Gesetzescharakter. Das Finanzrahmengesetz ist ein weiterer Meilenstein nach Aufnahme der Schuldenbremse im Juni, zusammen mit der FDP und den GRÜNEN. Wir meinen es ernst damit, wenn wir sagen, dass wir den Hamburger Haushalt in Ordnung bringen wollen. Auch die Haushaltspläne 2013 und 2014 und die Anträge der SPD-Fraktion weisen diesen Weg.

Uns ist es wichtig, die Hamburgerinnen und Hamburger auf diesem Weg mitzunehmen und nicht im Regen stehen zu lassen. Das erfordert ein realistisches Planen, ohne sich von unsicheren Steuerprognosen verführen zu lassen, die schnell wieder korrigiert werden müssen, wie wir zwischen der Mai- und Novembersteuerschätzung mit einem Minus von 283 Millionen Euro für 2013 und 2014 erfahren mussten. Das erfordert Ausgabendisziplin, auch wenn die Steuereinnahmen konjunkturbedingt stärker als erwartet sprudeln, anders, als es die CDU 2007 getan hat, nachdem sie gerade eine Schuldenbremse in die Landeshaushaltsordnung geschrieben hatte, um dann umso munterer Geld auszugeben.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren! Wir wollen kein Ankündigungsweltmeister in Bezug auf eine frühe Schuldenbremse werden wie andere in diesem Hause. Wir wollen und wir werden sie erreichen, und zwar nachhaltig.

(Beifall bei der SPD)

Das erfordert eine seriöse Planung und solide Bewirtschaftung. Dieser Haushaltsplan stellt das sicher. Lassen Sie ihn uns beschließen.

(Beifall bei der SPD)

Die Abgeordnete Frau Hajduk hat das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Sind wir doch so großzügig, von grüner Seite zu sagen, freuen wir uns, dass die Freie und Hansestadt Hamburg so einen selbstbewussten Bürgermeister hat.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Dann hoffe ich auch, dass der Bürgermeister weiter das Privileg genießt, der Opposition zuhören zu dürfen, und der Fraktionsvorsitzende der SPD das genauso macht.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich möchte nämlich zur Rede des Bürgermeisters Folgendes feststellen: Er ist selbstbewusst aufgetreten, aber es gehört schon eine Menge Selbstbewusstsein dazu, mit kaum einem Wort darauf einzugehen, um es noch einmal deutlich zu benennen, dass die größten Risiken, die wir im Haushalt haben, in der SPD-Regierungszeit deutlich angestiegen sind. Das gehört nämlich zur Wahrheit dazu.

(Beifall bei den GRÜNEN, der CDU und ver- einzelt bei der FDP)

Herr Bürgermeister, ich habe wahrgenommen, dass Sie das Thema HSH Nordbank ernsthaft verfolgen, und das erwarten wir natürlich auch von einem Bürgermeister. Aber es gehört auch dazu, dass ein sehr schwerwiegender und folgenreicher Fehler in Ihrer Regierungszeit passiert ist, nämlich die Rückführung der Garantie auf 7 Milliarden Euro. Und das ist der Anlass, warum wir vor einer sehr dramatischen Entscheidungssituation stehen, wie wir mit der HSH Nordbank umgehen, wenn sie unter die 9 Prozent Kernkapitalquote sinkt. Dass das droht, wissen wir alle, insbesondere die, die im Ausschuss Öffentliche Unternehmen das Schicksal der Bank enger begleiten.

(Beifall bei den GRÜNEN, vereinzelt bei der FDP und bei Dietrich Wersich CDU)

Deswegen erwarten wir von Ihnen, Herr Bürgermeister, dass Sie bei der Abwägung, wie man mit dem Thema HSH Nordbank weiter umgeht, nicht automatisch nur zur Garantieerhöhung greifen, sondern dass dabei auch sehr genau abgewogen wird, wie es zum gegebenen Zeitpunkt mit dem Thema geordnete Abwicklung steht. Ich spreche das nicht an, weil wir GRÜNEN meinen, dass es klug sei, die HSH Nordbank zu diesem Zeitpunkt wegzureden oder zu glauben, wir könnten uns von den Risiken so einfach trennen. Aber dass wir es mit einer Entwicklung zu tun haben, in der alle Alternativen sauber abgewogen werden müssen und darauf geachtet werden muss, was die Stadtkasse am nachhaltigsten schont, das ist uns GRÜNEN wichtig.

Uns hat es in den Debatten der vergangenen Wochen nicht überzeugt, wenn beim Thema HSH Nordbank vonseiten der SPD-Fraktion in erster Linie betont wurde, wie wichtig die Schiffsfinanzierung durch eine öffentliche Bank für Hamburg ist. Auf Dauer muss Schiffsfinanzierung nicht durch eine öffentliche Bank erfolgen, das kann auch von Privaten gemacht werden. Deswegen hat die Schonung des öffentlichen Vermögens beim Thema HSH Nordbank absoluten Vorrang.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei Martina Kaesbach FDP)

(Jan Quast)

Zum zweiten Thema, Herr Bürgermeister. Sie haben einen ziemlich langen Anlauf genommen, um zur Elbphilharmonie zu sprechen, und deutlich gemacht, dass Sie weiterhin sehr ernsthaft abwägen, wie Sie sich entscheiden wollen. Auch da kann ich nur feststellen: Das Risiko einer Kostensteigerung war bei der Elbphilharmonie noch nie so groß wie heute. Das hat auch etwas damit zu tun, dass wir dort schon seit mehr als einem Jahr einen Baustopp haben. Ich will nicht so weit gehen zu behaupten, das habe alles der neue Senat zu verantworten. Dafür ist die Geschichte der Elbphilharmonie zu lang und dafür sind am Anfang zu viele Fehler gemacht worden. Man kann aber auch nicht leugnen, dass die Risiken und die Kosten der Elbphilharmonie während der Regierungszeit des SPD-Senats weit mehr gestiegen sind, als Sie zu Beginn Ihrer Regierungszeit gewagt hätten, in den Mund zu nehmen.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der CDU)

Sie waren es, der die Erwartung geäußert hat, es solle zu Ende gebaut, aber nicht teurer werden. Frau Dobusch hat sich hier im Hause vor einigen Wochen zu der Aussage verstiegen, so viel Geld, wie wir beim Nachtrag 4 beantragt haben – 137 Millionen Euro –, sei an Verteuerung unter der SPD-Regierung keinesfalls zu erwarten. Wir werden diesen Maßstab übermorgen anlegen. Ich rechne eher damit, dass Sie gar nicht werden beziffern können, wie viel höher die dreistellige Millionensumme ist, die obendrauf kommt, und das gehört auch zur Wahrheit.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der CDU)

Bei einem dritten Punkt liegen wir inhaltlich auseinander, Herr Bürgermeister, und so soll es auch sein zwischen Regierung und Opposition. Während Ihrer Regierungszeit ist auch eine dritte Sache nicht aufgegangen. Sie haben die Kosten und Risiken bei der Ausweitung des Hapag-Lloyd-Geschäfts falsch eingeschätzt. Wenn man Ihre Aussagen vom März heute neben die Entwicklung von Hapag-Lloyd legt, dann haben Sie sich geirrt, und das ist ein millionenschwerer Irrtum.

Es ist vor lauter Selbstbewusstsein nicht so richtig durchgekommen, dass der SPD-Senat bei den großen Risiken im Doppelhaushalt 2013/2014 nicht etwa Risikominimierung, sondern Risikoausweitung zu verantworten hat.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der CDU)

Deswegen, Herr Bürgermeister, hoffe ich, dass die SPD mehr Flexibilität und auch mehr Selbstkritik zeigt und sich vielleicht auch bei der einen oder anderen Entscheidung, die wir heute und in den nächsten Tagen zu fällen haben, eine Tür zur Korrektur offen hält.

Ich will nicht nur auf die großen Risiken in diesem Haushalt eingehen, sondern auch auf die Vorbereitungen, die er darstellen muss, um die Schuldenbremse 2020 einzuhalten. Dabei muss man natürlich auch darüber sprechen, wie denn die Rahmenbedingungen aussehen. Die Rahmenbedingungen dieses Doppelhaushalts sind im Moment noch ziemlich günstig. Die steuerliche Entwicklung ist gut; sehr gut in diesem Jahr, etwas gedämpft in der weiteren Entwicklung. Ich will ganz frei heraus sagen: Wir finden es richtig, dass der SPD-Senat in seiner Finanzplanung mit konservativen Steuereinnahmeerwartungen kalkuliert. Das ist eine Verbesserung zu früher. An dieser Stelle haben Sie unsere Unterstützung.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Auch die Zinsentwicklung ist positiv. Schauen wir uns doch einmal an, wie sich die Neuverschuldung nach der Finanzplanung und diesem Doppelhaushalt entwickeln wird. Nach der Finanzplanung wird die Neuverschuldung von 450 Millionen Euro bis zum Jahr 2016 auf 50 Millionen Euro absinken. Da sieht man also, dass der Senat in seiner eigenen Finanzplanung gar nicht zwingend davon ausgeht, bis zum Jahr 2019 Schulden zu machen, sondern dass er bei der derzeitigen Entwicklung eine steile Abnahme der Neuverschuldung kalkuliert, und das ist richtig so. Ich schildere das, um deutlich zu machen, dass die Argumente von CDU und FDP zur Einhaltung der Schuldenbremse im Jahr 2015 oder 2016 nur funktionieren, wenn Sie die Steuereinnahmeentwicklung nicht konjunkturbereinigen.

(Katja Suding FDP: Nein, stimmt nicht!)

Daran erkennt man, dass Sie von einem strukturell ausgeglichenen Haushalt nur reden können, weil Sie sich das auf null rechnen. Das muss ich jedenfalls aufgrund des CDU-Antrags annehmen, weil Sie sagen, Sie hätten die Novembersteuerschätzung eingebaut. Die Einnahmeentwicklung muss aber konjunkturbereinigt werden. Wenn man das einmal tut,

(Katja Suding FDP: Das haben wir ge- macht!)

dann sieht man nämlich auch, dass das strukturelle Defizit in der Finanzplanung 2013 bei rund einer Milliarde Euro liegt und 2014 bei 800 Milliarden und dass es bis zur Mitte des Jahrzehnts auf nur 500 Milliarden absinkt.

(Dietrich Wersich CDU: Millionen!)

Millionen, danke schön.

Das können Sie durch Einmalzahlungen aus Rücklagen nicht dauerhaft ausgleichen, das rechnen Sie sich schön.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Ich will jetzt aber nicht weiter die Kollegen aus der Opposition kritisieren, damit würde ich es der SPD mit ihrem Haushalt zu leicht machen. Ein Kritikpunkt ist uns sehr, sehr wichtig, denn eine Ihrer Grundentscheidungen halten wir für schwerwiegend und langfristig sehr negativ wirkend. Es gibt eine 1-Prozent-Regel: 1 Prozent Ausgabenwachstum ist festgelegt, das Einnahmewachstum wird vorsichtig kalkuliert und damit schließen wir die strukturelle Lücke. 1 Prozent Ausgabenwachstum gilt jetzt als Grundsteigerung, scharf gerechnet heißt das 0,88-Prozent für alle Ausgabensteigerungen, auch im Personalbereich. Was wir für grundfalsch halten, ist die Entscheidung des Senats, keine zentrale Vorsorge mehr für die Personalkosten vorzuhalten. Wenn man nämlich keine zentrale Vorsorge für Tarifsteigerungen vorhält und gleichzeitig sagt, die 0,88-Prozent-Regel gelte für alle Behörden, dann heißt das nichts anderes, als dass ein gutes Tarifergebnis zugleich Stellenkürzungen bedeutet. Diesen scheinbar zwingenden Zusammenhang gibt es aber nicht. Das ist ein Zusammenhang, den Sie erzwingen und das müssen Sie verantworten. In der Sache ist es falsch.

(Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN)

Diese prozentuale Gießkannenkürzung führt zu Kürzungen nach dem Zufallsprinzip; das ist ungerecht. Sie bringt die Bezirke in eine sehr schwierige Situation, die zusätzlich zugewiesenen Aufgaben überhaupt wahrnehmen zu können. Vor allem aber, und das ist mir das Wichtigste, führen höhere Tarifergebnisse als 0,88 Prozent oder 1,5 Prozent zu Stellenkürzungen. Das ist kurzsichtig angesichts der Zukunft der Verwaltung. Es ist blind gegenüber der demografischen Herausforderung, vor der die Verwaltung heute schon steht. Sie müssten es besser wissen; Sie wissen, wie schwer die Personalgewinnung in den Behörden ist. Deswegen muss man hier dringend etwas ändern.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir haben mit unseren Anträgen gezeigt, dass es sehr wohl möglich ist, sowohl das Personal der Kernverwaltung als auch das Personal bei den Zuwendungsempfängern von Tariferhöhungen besser profitieren zu lassen. Das ist uns wichtig, damit nicht die Schlussfolgerung gezogen wird, in Zeiten der Schuldenbremse sei beim Personal eben nicht mehr möglich. Wir haben mit einem Gesamtvolumen von knapp 50 Millionen Euro jährlich nicht nur die Aufstockung der zentralen Vorsorge gefordert, sondern wir haben das auch ganz einfach gegenfinanziert.

(Beifall bei den GRÜNEN)