Protocol of the Session on September 13, 2012

Bereits in den vergangenen Jahren wurde aber deutlich, dass sich das CCH inhaltlich neu ausrichten muss. Das erfordert Mut und die Bereitschaft, unterschiedliche Institutionen, auch Hochschulen und insbesondere die Clusterakteure, eng in diese Planung miteinzubeziehen. Konzerte, das wissen wir mittlerweile, sind nicht mehr die Margenbringer; an anderen Standorten innerhalb der Stadt können sie wesentlich attraktiver ausgerichtet werden. Wichtiger ist es, auf Verbandstagungen oder Kongresse mit wissenschaftlichem oder anwendungsorientiertem Hintergrund zu setzen; die Nähe zur Universität mit ihren Tagungen und Veranstaltungen sei hier exemplarisch genannt. Das sind die wichtigen Motoren für das CCH der Zukunft.

Die Entscheidung des Senats ist daher richtig, über den Tellerrand Hamburgs und Deutschlands hinauszuschauen. Referenzen aus anderen Ländern und anderen Standorten sind vorhanden. Nun geht es darum, diesen Kurs, den wir ausdrücklich unterstützen, auszubauen. Es gilt, bei der Fortent

(Heike Sudmann)

wicklung des CCH neue Wege zu gehen, sowohl bei der räumlichen Struktur als auch bei der Finanzierung der anstehenden Investitionen. Die Vision ist klar: Am Ende wird ein zeitgemäßes und attraktives Kongresszentrum stehen, das sich in den internationalen Vergleich einordnen kann.

(Beifall bei der SPD)

Die räumliche Struktur ist nicht mehr zeitgemäß, das wissen wir. Hier besteht erheblicher Modernisierungsbedarf, denn weiche Standortfaktoren alleine werden nicht ausreichen. In einem Zukunftskonzept muss das Kongresszentrum aber auch wesentlich stärker Teil des Stadt- und Metropolmarketings werden. Wir sehen eine vordringliche Aufgabe der Hamburg Marketing GmbH darin, dieses Potenzial zu erkunden und schließlich zu heben. In Hamburgs Vielfalt liegt einer der Schlüsselfaktoren, der erklärt, warum unser Kongressstandort national wie international so beliebt ist.

Die Finanzierung der vor uns liegenden Sanierungs- und Umbaumaßnahmen ist ein wichtiger Punkt, über den wir ab heute werden sprechen müssen. Fakt ist, dass noch niemand verbindlich sagen kann, wie hoch die Summe ausfallen wird, die eine Revitalisierung des CCH nach sich zieht. Die Summen, die im Raum stehen, sind bisher nicht validiert und völlig aus der Luft gegriffen.

Der Rechnungshof hat zu Recht darauf hingewiesen, dass der Investitionsaufwand dem belegbaren Nutzen gegenübergestellt werden muss. Die Umwegrendite muss belastbar sein, dieser Nachweis ist zu erbringen, und darüber soll das Revitalisierungskonzept Aufschluss geben. Wir werden auch die Schaffung von öffentlich-privaten Partnerschaften gezielt vorantreiben, denn alleine wird Hamburg diese Investition nicht stemmen können.

(Beifall bei der SPD)

Dabei geht es mitnichten darum, das CCH vollständig zu privatisieren, wir wollen natürlich weiterhin die Stellschrauben in der Hand behalten. Erfahrungen aus anderen Städten wie beispielsweise Berlin und Barcelona, die sehr stark auf Privatisierung und Kooperation gesetzt haben, sind in dieser Erkundung aber durchaus mit zu berücksichtigen.

Es liegen wichtige Schritte vor uns. Im kommenden Jahr wird der Senat das Parlament über die Markterkundung informieren und eine Entscheidungsvorlage in die Bürgerschaft einbringen. Dabei will ich all denen, die jetzt aufs Tempo drücken, zu bedenken geben, dass übertriebener Eifer von denen, die über Jahre hinweg die Entwicklung verschlafen haben, unseriös ist.

(Beifall bei der SPD – Zuruf von Jens Ker- stan GRÜNE)

Wichtig ist, ein solides Konzept vorzulegen, das die Grundlage und die Neuausrichtung des CCH darstellt. Dies alles bedarf sorgfältiger Planung und

das wird auch Zeit in Anspruch nehmen. Eines ist klar: Wir erwarten, dass während der Umbau- und Revitalisierungsmaßnahmen kein Kongress, keine Tagung und keine Messe aus Hamburg abgewiesen wird.

Ich habe einmal in den Archiven gestöbert. Die Zeitschrift "Kongress" schrieb 1977, man müsse dem Senat auf Knien danken für das Congress Centrum Hamburg. Auf dass diese Schlagzeile in wenigen Jahren wieder prangen möge. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat nun Frau Prien.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Lieber geschätzter Herr Balcke, ich hätte mir sehr gewünscht, dass Sie sich vielleicht erst einmal ohne Wenn und Aber zu dem internationalen Kongressstandort Hamburg bekannt hätten, bevor Sie wieder mit dem parteipolitischen Klein-Klein anfangen. Das hat mir heute gefehlt.

(Beifall bei der CDU – Vizepräsidentin Dr. Eva Gümbel übernimmt den Vorsitz.)

Wir als CDU-Bürgerschaftsfraktion bekennen uns ausdrücklich nicht nur zu einem leistungsfähigen CCH, sondern auch zum jetzigen Standort und der Revitalisierung. Dieser Kongressstandort ist im Wettbewerb Hamburgs mit anderen Metropolen in Deutschland und Europa von ganz entscheidender Bedeutung, und er ist auch regionalwirtschaftlich – Herr Balcke, Sie haben es in Ansätzen ausgeführt – wichtig. Die Anzahl der in Hamburg stattfindenden Kongresse und deren Qualität haben sich erfreulicherweise aufgrund des von Gunnar Uldall und des CDU-geführten Senats errichteten Erweiterungsbaus sehr positiv entwickelt. Darüber freuen wir uns; es war eine richtige Entscheidung, den Erweiterungsbau zu machen. Gute Arbeit bewährt sich am Ende eben doch.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren! Wir sind uns einig mit dem Senat, dass die Sicherung der Attraktivität des CCH für die Zukunft eines mutigen Schritts und eines neuen Konzepts bedarf. Natürlich kommt ein Bau, der 40 Jahre alt ist, irgendwann an den Rand seiner Kapazitäten, und da müssen wir ran. Wir haben zur Kenntnis genommen, dass Hamburg aufgrund glücklicher Umstände, nämlich der Tatsache, dass die Berliner auch erkannt haben, dass sie ihr Kongresszentrum ICC jetzt werden renovieren müssen, in den nächsten fünf Jahren mit einer sehr guten Auslastung des CCH rechnen darf. Das ist sozusagen eine glückliche Fügung, aber nichts, worauf wir uns etwas einbilden oder worauf wir uns ausruhen könnten. Befremd

(Jan Balcke)

lich allerdings finde ich, dass gerade Sie von der SPD dieses Thema heute zur Debatte anmelden.

(Dirk Kienscherf SPD: Ist doch richtig!)

Ich darf Ihnen einmal in Erinnerung bringen: Sie haben beim Regierungswechsel in Sachen CCH eine entscheidungsreife Vorlage vorgefunden. Bereits im letzten Sommer hat uns der Bürgermeister erklärt, dass er für eine Revitalisierung des CCH eintrete. Bitte erklären Sie mir doch einmal, worin der Neuheitswert Ihrer Debatte und auch der Presseerklärung des Senators von letzter Woche liegt.

(Beifall bei der CDU und der GAL – Dr. An- dreas Dressel SPD: Welche Vorlage meinen Sie?)

Herr Dr. Dressel, in der Zeit zwischen 2008 und dem Zeitpunkt, zu dem Sie die Regierung übernommen haben, gab es Gutachten; ich will gar nicht sagen, wie viele es gab, weil es fast schon peinlich ist.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Gutachten?)

Es gab Gutachten und Machbarkeitsstudien, und Sie haben anderthalb Jahre gebraucht, um von diesen Vorgaben überhaupt zu einer Entscheidung zu kommen. Dann wollen Sie uns auch noch weismachen, jetzt müsse man einmal in eine Markterkundung eintreten. Das ist, ehrlich gesagt, ein schwaches Bild.

(Beifall bei der CDU und den GRÜNEN)

Herr Balcke, mit Ihrem Mut ist es nicht ganz so weit her. Sie bekennen sich zwar irgendwie zum CCH, aber wenn es um die entscheidende Frage geht, nämlich den Eintritt in die Planung und die Frage, wie wir denn das Ganze finanzieren, haben Sie leider keine Antwort. Und auch in den letzten anderthalb Jahren sind Sie einer Antwort nicht nähergekommen.

Meine Damen und Herren! Bitte streuen Sie doch den Hamburgerinnen und Hamburgern keinen Sand in die Augen. Wenn Sie sich mit den Gutachten, die bereits vorliegen, befasst hätten, dann wüssten Sie, dass es kaum ein Kongresszentrum weltweit gibt, das rentabel arbeitet. Es wird schwierig werden, einen privaten Investor zu finden, der mit Ihnen gemeinsam das Ganze finanziert. Wir müssen uns darauf einstellen, dass wir es hier mit einer städtischen Aufgabe zu tun haben. Und da, meine Damen und Herren von der SPD, habe ich Ihr Bekenntnis noch nicht gehört, dass Sie sich tatsächlich ohne Wenn und Aber zum Kongressstandort Hamburg und zur Revitalisierung bekennen.

(Beifall bei der CDU und bei Dr. Stefanie von Berg GRÜNE)

Es tut mir leid, aber das ist zu wenig für unsere Stadt und auch zu wenig für das CCH. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei Jens Kerstan GRÜNE)

Herr Dr. Tjarks, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Auch ich war ein wenig verwundert, dass die SPD meine Große Anfrage hier zur ersten Debatte angemeldet hat,

(Dr. Andreas Dressel SPD: Ist doch schön! – Dirk Kienscherf SPD: Den Bericht haben wir angefordert!)

aber immerhin sind wir uns einig, dass das CCH ein wichtiges Thema für unsere Stadt ist. Wir haben die Zahlen gehört: 170 000 Kongressübernachtungen lassen mehrere Hundert Euro pro Übernachtung hier, und jeder im CCH ausgegebene Euro fließt mit dem Faktor 15 multipliziert zurück in Einzelhandel, Gastronomie und Hotellerie. Deswegen ist Hamburg ohne Kongresszentrum auch undenkbar, und das nicht nur, weil es wichtig für wissenschaftliche Kongresse ist; insbesondere das UKE wäre ohne das CCH fast nicht denkbar.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD und der CDU)

Das ist die eine Seite, aber die andere Seite ist, dass die Bürgerschaft mit den verschiedenen Varianten der CCH-Erweiterung und -Revitalisierung auch nicht immer nur gute Erfahrungen gemacht hat. Zwischen 2005 und 2007 haben wir das CCH für fast 50 Millionen Euro erweitert, weiterer Sanierungsbedarf wurde damals nicht angemeldet. Es gibt jetzt eine erste vorsichtige Kostenschätzung, die sich auf 100 Millionen Euro beläuft. Der Rechnungshof, das haben meine Vorredner bereits ausgeführt, hat gesagt, das revitalisierte CCH werde sich betriebswirtschaftlich nicht rechnen. Ich glaube auch, dass wir deswegen am Ende bei einer städtischen Aufgabe landen, und das alles bei leeren Kassen. Deswegen ist es unsere Pflicht, auch genau hinzuschauen, was hier eigentlich passieren soll, und da reicht es nicht, Herr Balcke, genau das nachzuerzählen, was Herr Aufderheide uns im Wirtschaftsausschuss erzählt hat, und genau dasselbe Pamphlet mit dem Knien und dem Danken wieder hervorzuholen.

(Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und der CDU)

Wir haben bisher vor allen Dingen eine teure Ausschreibung gehabt, die 327 000 Euro gekostet hat und die untersucht hat, ob das CCH jetzt abgerissen, neu gebaut oder revitalisiert werden soll. Ich habe es immer so verstanden, dass der Senat sich da eigentlich schon lange festgelegt hat. Seit anderthalb Jahren hat er gesagt, es solle revitalisiert werden, und deswegen war ich etwas verwundert über die Tatsache, dass er sich jetzt noch einmal

(Karin Prien)

festgelegt hat, dass es revitalisiert werden soll. Aber wenn er sich jetzt noch einmal festlegt, dann fände ich es fair, wenn er dem Parlament auch die Entscheidungsgrundlage für diese Festlegung geben würde, die kennt das Parlament nämlich nicht. Die Revitalisierung ist zwar eine gute Option, aber es gibt noch andere gute Optionen. Deswegen fände ich es bei 327 000 Euro schon fair, der Bürgerschaft das bei der Vorgeschichte, die das CCH in diesem Parlament hat, auch transparent darzulegen. Ein Parlament, das ein Transparenzgesetz beschlossen hat, das ausdrücklich Gutachten mit einschließt, sollte sich das auch nicht bieten lassen, sondern darauf drängen, dass ihm dieses Gutachten vorgelegt wird.

(Beifall bei den GRÜNEN, vereinzelt bei der CDU und bei Dr. Thomas-Sönke Kluth FDP)

Wo wir gerade bei diesem Gutachten sind: Man kann durchaus bezweifeln – ich sagte bereits, dass auch die Variante Neubau St. Petersburger Straße ganz gut gerankt worden ist –, ob die ÖPP Deutschland AG überhaupt die betriebs- und volkswirtschaftliche Kompetenz besitzt, das zu beurteilen. Die ÖPP Deutschland AG – das ist die Firma, die damals beauftragt worden ist und an der auch Hamburg einen kleinen Anteil hält – ist eine Firma, die vom damaligen Finanzminister Steinbrück im Wesentlichen mit großen Unternehmen gegründet wurde, nämlich der Deutschen Bank, der Commerzbank und HOCHTIEF. Das sind alles Unternehmen, die gut daran verdienen werden, wenn die Stadt öffentlich-private Partnerschaften eingeht, und genau das war das Ziel dieses Beratungsunternehmens ÖPP Deutschland AG. Es war nicht Teil des Auftrags der ÖPP Deutschland AG zu bewerten, ob es eine öffentlich-private Partnerschaft beim CCH geben sollte oder nicht. Aber es kam nicht von ungefähr, dass sie genau das getan und ihren Satzungszweck erfüllt haben, nämlich ungefragt dem Senat nahezulegen, doch eine öffentlich-private Partnerschaft einzugehen. Und der Senat sagt, genau das wolle er machen, und zwar – das ist mir wichtig an dieser Stelle –, ohne eine zweite Meinung einzuholen. So haben wir die Situation, dass ein Unternehmen, an dem HOCHTIEF beteiligt ist – die bauen übrigens auch in öffentlich-privater Partnerschaft die Elbphilharmonie –,

(Dora Heyenn DIE LINKE: Richtig!)

dem Senat wieder einmal nahegelegt hat, noch eine öffentlich-private Partnerschaft einzugehen. Vor diesem Hintergrund ist es umso dringlicher, dass man diese Studie endlich kennenlernt, weil die Geschichte des CCH in der Bürgerschaft nicht immer leicht war. Die Expertise ist zumindest vom Grundsatz her anzuzweifeln, und vor diesem Hintergrund bitte ich Sie sehr, wenn Sie unsere Unterstützung haben wollen, hier Transparenz walten zu lassen. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der CDU)