Protocol of the Session on August 15, 2012

Liebe Kollegen und Kolleginnen! Dieser Antrag der FDP ist voller Überraschungen; Herr Kienscherf hat es schon ein bisschen angesprochen. Wenn ich die ersten Absätze lese und die Begründung, dann habe ich das Gefühl, ich kann sofort aufhören, den Rest zu lesen, denn es ist typisch FDP. Es klingt so, als wenn Sie Wohnungsbau light machen wollten, denn bei Sozialwohnungen kann man auch den letzten Schrott hinstellen.

(Finn-Ole Ritter FDP: Aber dann?)

Aber dann kommen erstaunliche Antragspunkte, alle in Frageform gekleidet, bei denen man sich fragt, was mit der FDP los ist. Herr Ritter, ich habe Herrn Duwe, nicht Ihnen, extra zugehört.

(Finn-Ole Ritter FDP: Dann gucken Sie mich doch nicht an!)

Herr Duwe sitzt hinter Ihnen, haben Sie es mit den Augen?

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Duwe, wollen Sie hören, was ich gesagt habe? Dann halten Sie mal den Mund, Herr Ritter, dann geht es weiter.

Herr Duwe, Sie haben gesagt – das hat mich sehr gefreut –, dass es Ihnen darum gehe, einen Wohnungsbau in gleicher Qualität zu machen, Sie wollten keinen abgesenkten Standard. Ich finde, dieser Antrag liefert genug Diskussionsstoff für den Stadtentwicklungsausschuss, denn in einem Punkt hat die FDP recht, auch wenn sie einen anderen Hintergrund hat als der Rest der Bürgerschaft. Sie haben recht damit, dass viele Wohnungsbauunternehmen sagen, dass sie auf diese Weise keine sozialen Wohnungen bauen könnten, da es viel zu teuer sei. Dem würde ich wirklich einmal gern auf den Grund gehen. Ich will diesen Antrag eigentlich nicht annehmen, denn ich finde ihn so nicht richtig. Aber wenn Sie alle sagen, dass Sie ihn sofort ablehnen würden, vor allem die SPD, finde ich es wirklich schade. Wir hätten jetzt nämlich einen Anlass, im Ausschuss darüber zu diskutieren, was wir eigentlich wollen. Deswegen, Herr Ritter – Sie werden gleich umfallen –, werden wir ausnahmsweise einmal einen FDP-Antrag annehmen, nur wegen der Arroganz der Macht.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Dr. Duwe, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Auch auf die Gefahr hin, dass eine oder mehrere Fraktionen sich jetzt überlegen, diesen Antrag überweisen zu wollen, muss ich sagen, dass mir die Redebeiträge so erschienen, dass ich vielleicht mit Selbstkritik einhergehen sollte. Das, was nämlich mit dem Antrag wirklich intendiert war, geht vielleicht nicht ganz aus dem Antragstext hervor.

(Heike Sudmann DIE LINKE: Das ist wahr! Überweisen! – Dr. Monika Schaal SPD: Warum zieht Ihr nicht zurück?)

Deshalb würde ich mich freuen, wenn wir diesen Antrag überweisen könnten und wir das dann weiter im Ausschuss diskutieren, denn es geht mir darum, dass wirklich jede Möglichkeit ausgeschöpft wird, damit mehr öffentlich geförderter Wohnungsbau geschieht, und dass gleichzeitig die öffentliche Hand dafür nicht zu viel Geld ausgeben muss, denn jedes zu viel ausgegebene Geld kann nicht woanders investiert werden. In diesem Sinne möchte ich Sie bitten, zumindest der Überweisung unseres Antrags zuzustimmen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Herr Kienscherf.

Wenn wir jetzt den Antrag überweisen – wie es im Antrag formuliert ist, geht es um dieses IBA-Modellprojekt und die IBA beginnt schließlich im April –, dann wird man bis dahin so schnell nichts entwickeln können. Dann sollten sich lieber einmal die Obleute zusammensetzen.

(Finn-Ole Ritter FDP: Oh, ein Angebot!)

Dann können wir das ganze Thema in einer Selbstbefassung behandeln oder auch eine Anhörung machen und das ganz sachlich diskutieren. Dann können Sie noch einmal über Ihre Formulierungen nachdenken; wir machen das ganz schneidig zusammen im Ausschuss. Das finde ich besser, als irgendeinen Antrag, bei dem Sie selbst nicht so genau wissen, wo es langgehen soll, auch noch zu überweisen. Ich glaube, das dient auch der Klarheit des Verfahrens. Lassen Sie uns also heute den Antrag gemeinschaftlich ablehnen, dann haben wir das Thema erst einmal abgeschlossen. Dann starten wir andererseits neu im Ausschuss mit den Obleuten und machen eine schöne Selbstbefassung; das ist unser Vorschlag.

(Beifall bei der SPD)

Wenn keine weiteren Wortmeldungen vorliegen, kommen wir zur Abstimmung.

Wer stimmt einer Überweisung der Drucksache 20/4814 an den Stadtentwicklungsausschuss zu? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist das Überweisungsbegehren abgelehnt.

Dann lasse ich in der Sache abstimmen.

Wer möchte den Antrag der FDP-Fraktion aus Drucksache 20/4814 annehmen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Wir rufen nun die Punkte 71, 72 und 73 auf. Das sind die Drucksachen 20/4324, 20/4459 und 20/ 4463. Antrag der Fraktion DIE LINKE: Kostenloses mobiles Internet, und Antrag der FDP-Fraktion: Prüfung der Einrichtung eines Wireless Metropolitan Area Network in der Freien und Hansestadt Hamburg sowie Antrag der SPD-Fraktion: Freies WLAN in Parks – Testfall für die IBA/igs.

[Antrag der Fraktion DIE LINKE: Kostenloses mobiles Internet – Drs 20/4324 –]

[Antrag der FDP-Fraktion: Prüfung der Einrichtung eines Wireless Metropolitan Area Network (WMAN) in der Freien und Hansestadt Hamburg (FHH) – Drs 20/4459 –]

[Antrag der SPD-Fraktion: Freies WLAN in Parks – Testfall für die IBA/igs – Drs 20/4463 –]

Zu den Drucksachen 20/4324 und 20/4463 liegen Ihnen als Drucksachen 20/4946 und 20/4934 Anträge der Fraktionen der CDU und der GAL vor.

[Antrag der CDU-Fraktion: Freier und rechtmäßiger Zugang zum WLAN in Hamburg – Drs 20/4946 –]

[Antrag der GAL-Fraktion: Kostenfreies WLAN in Bus und Bahn – Drs 20/4934 –]

Die Drucksachen 20/4324, 20/4459 und 20/4934 sowie 40/4946 möchte die Fraktion DIE LINKE an den Ausschuss für Wirtschaft, Innovation und Medien überweisen. Wer wünscht das Wort? – Frau Schneider, bitte, Sie haben es.

Meine Damen und Herren, Frau Präsidentin! Wir haben uns ein wenig auf das weitere Verfahren geeinigt und stimmen auch zu, über den SPD-Antrag heute abzustimmen und ihn dann nachträglich gemeinsam mit unserem Antrag und den weiteren Zusatzanträgen

an den Ausschuss zu überweisen. Deshalb kann ich mich heute auch kurz fassen,

(Olaf Ohlsen CDU: Das ist aber schön!)

weil eine, so hoffe ich, ernsthafte Diskussion darüber geführt wird, wie tatsächlich ein flächendeckendes freies WLAN-Netz in Hamburg geschaffen werden kann, welche Hindernisse dabei zu beseitigen sind und wie Stadt und Bürgerinnen und Bürger kooperieren können. Ich hoffe, dass eine solche Diskussion noch im Ausschuss geführt werden wird.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich möchte die folgenden zentralen Anliegen unseres Antrags also nur kurz benennen. Lassen Sie mich vorweg sagen, dass wir noch viele offene Fragen technischer, finanzieller und rechtlicher Art sehen. Wir sehen die Notwendigkeit, Erfahrungen aus anderen Städten aufzunehmen, Erfahrungen gescheiterter und Erfahrungen erfolgreicher Projekte. Auch deshalb freuen wir uns, dass die Anträge an den Ausschuss überwiesen werden. Wir können uns ganz gut vorstellen, dort eine Expertenanhörung durchzuführen.

Erstens: Wir wollen in der Perspektive ein wirklich flächendeckendes freies WLAN-Netz, und wir wollen es nicht zuletzt dort, wo man es tatsächlich am meisten braucht. Das sind nämlich nicht oder nicht nur die zentralen Orte, die viel von Touristinnen und Touristen oder Geschäftsleuten frequentiert werden – die sind auch wichtig –, aber wir wollen sie vor allem auch in den benachteiligten Stadtteilen.

Angesichts der Digitalisierung der Gesellschaft und der damit einhergehenden Umwälzungen der Arbeits- und Lebensbedingungen ist der Internetzugang für alle von enormer Bedeutung.

(Glocke)

(unterbre- chend) : Einen Augenblick, Frau Schneider. Hören Sie doch bitte der Rednerin zu. Bitte, Frau Schneider, fahren Sie fort.

Aber es gibt nach wie vor eine digitale Spaltung der Gesellschaft zwischen Menschen mit Zugang zum Internet und jenen, die keinen Zugang haben. Und diese digitale Spaltung beruht auf der sozialen Spaltung der Gesellschaft. Gerade Menschen in prekären Lebenslagen sind vom Zugang zum Internet häufig ausgeschlossen. Bei Haushaltseinkommen unter 1000 Euro sind 47 Prozent ohne Internetzugang, bei Haushaltseinkommen zwischen 1000 Euro und 2000 Euro 34,3 Prozent – ich hatte hier im Antrag einen Zahlendreher gemacht – und

bei Haushaltseinkommen zwischen 2000 Euro und 3000 Euro sind es immer noch 16,9 Prozent.

Der Hartz-IV-Regelsatz sieht den Internetzugang nicht vor, und das bedeutet gerade für Kinder von Hartz-IV-Empfängern eine schwere soziale Benachteiligung mit Langzeitfolgen. Wir brauchen aus Gründen der sozialen Gerechtigkeit für den Zugang zum Internet niedrigschwellige Angebote.

(Beifall bei der LINKEN)

Und das ist eine Aufgabe der öffentlichen Daseinsvorsorge, die sich, wenn man einmal in die Geschichte blickt, tatsächlich im Laufe der Jahrzehnte und Jahrhunderte immer ein bisschen ändert in der Frage, was dazu gehört und was nicht. Unserer Meinung nach gehört der Internetzugang zu den Aufgaben öffentlicher Daseinsvorsorge.

Zweitens: Es sind in den verschiedenen zahlreichen Anträgen einige Vorschläge gemacht worden. Die SPD will ein freies WLAN-Netz in Parks, die GAL macht sich stark für kostenfreies WLAN-Netz in Bus und Bahn. Wir verschließen uns nicht davor, den Weg zu einem flächendeckenden freien WLAN-Netz mit kleineren, überschaubaren und jeweils überprüfbaren Schritten zu beginnen.

Bundes- und weltweit gibt es zurzeit eine Reihe interessanter Projekte. In Paris will man, ähnlich wie in London, in der Metro ein freies WLAN bereitstellen. In New York wird gerade ein Projekt in Gang gesetzt, das in drei Monaten abgeschlossen werden soll, mit dem in mehreren Stadtteilen ein kostenloser Internetzugang über die Umrüstung von Telefonzellen bereitgestellt wird. Dergleichen gibt es eine ganze Menge. Ich glaube, die nächsten Rednerinnen und Redner werden auch noch ihre Beispiele anbringen.

Ich möchte aber auf folgendes Problem hinweisen, das wir im Ausschuss gründlich erörtern können. Ein stadtweites freies WLAN-Netz ist nicht kostendeckend. Viele flächendeckende Projekte, in denen die Städte beziehungsweise Kommunen mit Privatfirmen zusammenarbeiten, sind an den Kosten für kommerzielle Betreiber gescheitert. Für Privatfirmen ist es lukrativ, häufig besuchte Plätze abzudecken, flächendeckende Projekte eher nicht. Es gibt einige gegenteilige Erfahrungen, zum Beispiel in Linz, wo ein weitgehend flächendeckendes WLAN-Netz in einem PPP-Projekt errichtet wurde und seit fünf Jahren existiert, Erfahrungen, bei denen es sich lohnt, sie sich näher anzuschauen.