Protocol of the Session on August 15, 2012

Diese Beispiele machen deutlich, dass der Senat in seinen Haushaltsberatungen mit der Entscheidung, das Risiko für Tariferhöhungen zu dezentralisieren, nichts anderes getan hat, als sich vor einem ehrlichen, transparenten Haushalt zu drücken.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Das finde ich verantwortungslos und nicht verantwortungsvoll. Über diese Thematik, die sich nicht nur im Kernhaushalt als Problem abbildet, sondern im gesamten Zuwendungsbereich, liebe SPD-Fraktion, werden wir intensiv zu sprechen haben. Dafür haben Sie keine Lösung geboten, das hätte man vom Senat jedoch erwarten müssen. Und jetzt muss sich das Parlament an die schwierige Arbeit machen, vor der der Senat sich gedrückt hat.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Haben Sie denn eine Lösung? Würde uns interessieren!)

So ist es, Dr. Dressel, das ist gar nicht zum Lachen.

(Beifall bei der GAL und der CDU – Dirk Kienscherf SPD: Machen Sie doch mal einen Vorschlag! Sie haben doch keinen Vorschlag!)

Insofern haben wir sicherlich heute noch kein abschließendes Urteil über diesen Haushalt. Aber wir haben versucht, deutlich zu machen, welche Risiken wir schon bei der Einbringung erkennen.

Ich könnte auch noch andere Punkte aufzählen, dass wir nach wie vor nicht verstehen können, warum Einsparungen bei der Kinder- und Jugendhilfe von 3,5 Millionen Euro zwingend notwendig sind. Dafür hat es für uns bislang keine gute Begründung gegeben.

Für uns stellt sich das Ganze unter dem Strich so dar, dass sich die SPD trotz guter Rahmenbedingungen, die Sie hat – und diese Fortune ist für die Stadt auch gut –, im Großen und Ganzen, wenn man an die Investitionen denkt, nicht auf Zukunftsideen und die Entwicklung der Stadt konzentriert, sondern auf das Verwalten beschränkt. Ihre Kürzungen sind zum Teil drastisch ungerecht, und Sie gehen sehr hohe Risiken ein wie beispielsweise bei Hapag-Lloyd. Dieses alles zusammen betrachtet zeigt, dass dieser Haushaltsplan alles andere als ein Zukunftsprogramm für diese Stadt ist. – Schönen Dank.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Herr Bläsing hat das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Sozialdemokratie aus Bürgerschaft und Senat, vor einem Jahr haben Sie uns und der Stadt während der Debatten um den Haushalt suggeriert, dass er in weiten Teilen noch der Entwurf von Schwarz-Grün sei und Ihr großer Wurf erst noch komme. Heute, ein Jahr später, wissen wir: Da kommt kein großer Wurf mehr, da kommt nur kleines Karo.

(Beifall bei der FDP)

Der vorgelegte Haushaltsplan-Entwurf ist Ausdruck Ihres dramatischen Mangels einer Vision für die Zukunft dieser Stadt. Das zeigt sich aber auch an der Missachtung Ihrer eigenen Vorsätze. Hamburg braucht Klarheit, Vernunft und Verantwortung. Das hat die SPD an jeder Ecke im letzten Bürgerschaftswahlkampf plakatiert. Heute müssen wir jedoch feststellen, dass Ihr Haushaltsplan-Entwurf nicht klar strukturiert ist, dass er nicht vernünftig und auch nicht von Verantwortung gegenüber Hamburg und seinen Bürgern geprägt ist.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren! Die FDP-Fraktion erlaubt sich dieses klare Urteil, weil sie als einzige Fraktion während der letzten Haushaltsberatungen der Bürgerschaft substanzielle Einsparvorschläge unterbreitet hat, auch wenn sie manchmal unpopulär waren, das konzediere ich durchaus. Und wir werden das auch dieses Mal wieder tun, das kann ich schon ankündigen. Wir hatten und haben den Mut, konkret zu sagen, wo und wie wir sparen wollen, um den Haushalt möglichst schon 2016 – das ist unser erklärtes Ziel – auszugleichen. Das ist unsere Vorstellung von konstruktiver Opposition, und das würden wir in entsprechend großem Umfang auch von einer Regierungspartei erwarten, die von sich behauptet, die Zukunft dieser Stadt gestalten zu wollen.

(Beifall bei der FDP)

Für die zukünftige Haushalts- und Finanzpolitik haben wir gemeinsam mit Ihnen und natürlich auch den Grünen mit der Schuldenbremse Leitplanken fest in der Verfassung verankert. Wir haben gleichzeitig auch festgelegt, wie das strukturelle Defizit abgebaut werden muss, nämlich gleichmäßig in kontinuierlichen Schritten; das hatte ich bereits vor ein paar Monaten ausgeführt. Dazu stehen wir nach wie vor, ohne Wenn und Aber.

Die verfassungsrechtliche Verankerung der Schuldenbremse geht allerdings noch ein Stück weiter, denn sie gibt uns als Parlament und auch dem Se

nat den klaren Auftrag, so früh wie möglich auf neue Schulden zu verzichten. Wir stehen in der Pflicht, alle Ausgaben auf ihre Notwendigkeit hin zu überprüfen. Und da möchte ich mir auch folgenden Ausspruch des Ersten Bürgermeisters durchaus zu eigen machen, der sagte, man sei sich der Härte, die damit angesagt werde, bewusst.

(Norbert Hackbusch DIE LINKE: Na, toll!)

Herr Finanzsenator, von dieser harten Notwendigkeit ist in Ihrem Haushaltsplan-Entwurf nichts zu sehen.

(Beifall bei der FDP – Dr. Andreas Dressel SPD: Na, denn mal Beispiele!)

Sie treffen stattdessen in den entscheidenden Punkten keine klaren Ansagen, handeln unvernünftig und drücken sich darum, Verantwortung zu übernehmen. Ein ordentlich regierender Senat würde eine Politik der nachhaltigen Konsolidierung und Entschuldung machen und Risiken vermeiden oder zumindest minimieren. Sie allerdings gehen auf Shoppingtour und kaufen für 1 Milliarde Euro Rohre und Kabel der Netzbetreiber sowie eine hochriskante Beteiligung an der Reederei Hapag-Lloyd, die nach den neuesten Zahlen – Frau Hajduk hat bereits darauf hingewiesen – im Gegensatz zur Konkurrenz Verluste in Millionenhöhe einfahren wird und somit im nächsten Jahr die eingeplante Dividende nicht an die Stadt zahlen kann; das ist zumindest zu erwarten.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Haben Sie eine Glaskugel zu Hause?)

Sie mühen sich, Ihre überflüssigen Wahlgeschenke wie die Abschaffung der Studiengebühren oder das kostenlose Kita-Mittagessen zu finanzieren. Sie setzen dabei allerdings falsche Prioritäten, indem Sie im Gegenzug zum Beispiel ausgerechnet bei der Kinder- und Jugendarbeit kürzen wollen. Sie planen zu optimistisch und blauäugig, was die Einnahmen sowie die Entwicklung der Ausgabenseite angeht, um es ganz deutlich zu sagen.

Ich will Ihnen das in einigen Punkten exemplarisch vor Augen führen, beispielsweise bei den Personalausgaben. Sie prognostizieren 1,5 Prozent zu erwartende Tarifsteigerungen im öffentlichen Dienst. 3,5 Prozent sind nach den bisherigen Abschlüssen – ich verweise auf den TVöD – allerdings realistisch. Das bedeutet gut 45 Millionen Euro zusätzliche Ausgaben in 2013 und rund 50 Millionen Euro in 2014. Dies entspräche umgerechnet pro Jahr circa 900 bis 1000 Vollzeitäquivalenten. Das ist schon eine große Hausnummer. Die müssten Sie abbauen, um diesen Anstieg in der Steigerung der Ausgaben für aktiv Beschäftigte zu finanzieren. Stattdessen aber Fehlanzeige, es gibt kein Konzept zum Personalabbau, den Sie immer wieder angekündigt haben, nur das kleine Karo des Verschweigens und Weglassens.

(Anja Hajduk)

(Beifall bei der FDP)

Die FDP-Fraktion hat zu der Problematik schon konkrete Vorschläge gemacht. Ich kann auch auf den jetzigen Bezirksamtsleiter, Herrn Völsch aus Harburg, verweisen, der noch als Abgeordneter erklärte, dass dazu Konzepte in Arbeit seien. Aber nach fast einem Jahr liegt immer noch nichts vor. Wir warten darauf, woher denn die großen Konzepte kommen.

Ein zweites Beispiel sind die Pensionsrisiken. Hamburg ist insolvent und braucht einen Insolvenzverwalter. Das haben Sie zumindest sinngemäß, Herr Finanzsenator, in einem kurzen Moment der Wahrheit mit Blick auf die Pensionsrisiken selbst einmal gesagt. Ein riesiges Loch von 5,6 Milliarden Euro wird in der für Sie rein virtuellen Bilanz für die Pensionsrückstellungen ab 2015 klaffen. Und da erscheint es Ihnen wohl auch konsequent, wenn Sie hieraus keine Konsequenzen ziehen. Dieses riesige Finanzloch ist aber alles andere als virtuell, denn es hat schon im kommenden Haushalt konkrete Auswirkungen. Wären Sie sich dessen bewusst, hätten Sie die im vorliegenden Doppelhaushalt geplanten Ausgaben für Pensionen auch nicht zu niedrig angesetzt. In Zahlen heißt das: Mindestens 16 Millionen Euro in 2013 und 35 Millionen Euro in 2015 fehlen in der Planung. Dieser Betrag wächst bis 2020 auf gut 156 Millionen Euro an zusätzlichen Ausgaben für Pensionen an – und das allein bei einer unterstellten Pensionsanpassung von jährlich viel zu optimistischen 1,5 Prozent. Im Wirtschaftsleben, Herr Finanzsenator, würde dies wohl bereits den Tatbestand der Insolvenzverschleppung erfüllen.

(Beifall bei der FDP)

Das dritte Beispiel ist der 400-Millionen-Euro-Puffer. Was ist eigentlich aus dem Puffer geworden, den Sie letztes Jahr zur Entschuldung des Sondervermögens Stadt und Hafen verwendet haben? Wir erinnern uns. Sie haben entgegen der Mahnungen der gesamten Opposition und auch des Rechnungshofs das um 400 Millionen Euro höhere Soll anstelle des Ist aus 2010 für Ihre Planungen als Ausgangswert angesetzt. Dieser erhöhte Ansatz verschwindet jetzt still und heimlich im Posten der globalen Mehrausgaben. Das ist ein Skandal, das muss man wirklich so benennen.

(Beifall bei der FDP)

Sie schaffen sich durch die Hintertür mehrere Sonderfonds zur senatseigenen Verfügung und nennen das dann euphemistisch "allgemeine zentrale Reserve zur Sicherung der politischen Handlungsfähigkeit" oder "IT- und Modernisierungsprojekte".

Dann haben wir noch eine "Globale Mehrausgabe für Haushaltsrisiken und Budgetaufstockungen" in Höhe von 29 Millionen Euro in 2013 und 69 Millionen Euro in 2014. Das Sprungbrett von 400 Millionen Euro aus dem letzten Jahr, welches vernünfti

gerweise zur Entschuldung des Sondervermögens Stadt und Hafen verwendet wurde, verschieben Sie so klammheimlich in den konsumtiven Bereich. Sie brechen damit endgültig mit Ihrem Prinzip "pay as you go", das ich übrigens schon seit Längerem nicht mehr aus Ihrem Mund gehört habe, Herr Finanzsenator.

(Beifall bei der FDP)

Das war immer die große Propaganda im letzten Wahlkampf. Für Maßnahmen zur Sanierung, Entschuldung und Rekapitalisierung bleibt ein Volumen von 189 Millionen Euro in 2013, 85 Millionen Euro in 2014 und jeweils 20 Millionen Euro in 2015 und 2016. Zur Rekapitalisierung des Hamburgischen Versorgungsfonds wollen Sie nur 35 Millionen Euro aufwenden und das, obwohl hierfür mindestens 450 Millionen Euro notwendig sind.

Das ist nur eines von vielen Beispielen, welches zeigt, dass Ihre groß angekündigte Reduzierung von Risiken außerhalb des Kernhaushalts nur ein Tropfen auf den heißen Stein ist. Und wieder einmal gibt es nur kleines Karo statt des großen Wurfs, von nachhaltiger Sanierung keine Spur.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren! Das sind jedoch nicht die einzigen Puffer, die Sie sich als Senat gönnen. Die Kreditmarktzinsen setzen Sie zu hoch an, um anschließend das, was Sie eingespart haben, an anderer Stelle zu verkonsumieren. Die historisch niedrigen Refinanzierungskosten ermöglichen eigentlich Einsparungen in Millionenhöhe. Dabei sinken die Refinanzierungssätze und liegen deutlich unter Ihrer Annahme von 3,5 Prozent für das Jahr 2013.

Um zu verhindern, dass Sie, meine Damen und Herren von der SPD, die Niedrigzinsperioden zu einer versteckten Ausgabenausweitung beziehungsweise zu einer Reduktion der Konsolidierungsbemühungen nutzen, muss dieser Effekt unseres Erachtens transparent im Haushalt dargestellt werden. Die eingesparten Zinsen sind aus unserer Sicht ausschließlich zur Reduzierung der Nettokreditaufnahme zu verwenden. Das passiert aber nicht. Allein in diesem ersten Halbjahr sind so rund 12 Millionen Euro übrig, auf das ganze Jahr gesehen könnten es 25 Millionen Euro und mehr werden. Und wieder ergibt sich dadurch ein hübsches Sümmchen zur freien Verfügung für den Rangierbahnhof sozialdemokratischer Wohltaten. Das werden wir Ihnen nicht durchgehen lassen.

(Beifall bei der FDP)

Das Unkonkrete hinter Ihrem kleinen Karo zieht sich auch beispielsweise beim Thema Kulturtaxe wie ein roter Faden hindurch. Ihr Gesetzentwurf aus dem Frühjahr ist nicht nur ein Schaden für die Tourismuswirtschaft, belastet Hoteliers mit Bürokratie und soll am Ende eine Art Eventobolus…

(Dirk Kienscherf SPD: Mit den Hoteliers ha- ben Sie es ja! – Dr. Andreas Dressel SPD: Aber die haben doch keinen Schaden dank Ihrer Steuersenkung!)

Wir können noch einmal ausdiskutieren, welche komplizierte Rechnung jeder Hotelier dann machen muss. Da kann sich jeder Hotelier einen kleinen Verwaltungsapparat gönnen, Herr Dr. Dressel.

Ihr Entwurf für ein Bettensteuergesetz ist nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts juristisch gescheitert und reine Makulatur. Das sollten Sie einmal zur Kenntnis nehmen, Herr Dr. Dressel. Dennoch planen Sie die nach einer extrem komplizierten Formel zu erhebenden Summen schon ein. Das ist aus unserer Sicht schlicht unseriös und hat mit verantwortungsvollem Haushalten nichts zu tun.

(Beifall bei der FDP)

Dann gibt es noch das Thema Steuer-CDs, das ist auch so ein Thema, das uns derzeit alle bewegt.

(Jan Quast SPD: Das glaube ich, Schwarz- geld!)