Protocol of the Session on June 14, 2012

Ich rufe damit auf Tagesordnungspunkt 46, Drucksache 20/4149, Antrag der SPD-Fraktion: Menschen mit Behinderung bei der Planung öffentlicher Freiräume besser berücksichtigen.

[Antrag der SPD-Fraktion: Menschen mit Behinderung bei der Planung öffentlicher Freiräume besser berücksichtigen! – Drs 20/4149 –]

Hierzu liegt Ihnen als Drucksache 20/4468 ein Antrag der GAL-Fraktion vor.

[Antrag der GAL-Fraktion: Menschen mit Behinderungen beteiligen – Drs 20/4468 –]

Wer wünscht das Wort? – Frau Jäck wünscht es und hat es.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Nach diesem sehr tragenden und wichtigen Thema kommen wir zurück in den hamburgischen Alltag und zu den Menschen mit Behinderung. Menschen mit Behinderungen müssen bei der Planung öffentlicher Freiräume berücksichtigt werden.

Gerade Menschen mit Sehbehinderungen stehen in der HafenCity oder am Jungfernstieg vor vielen Problemen. Auf großen, kontrastarmen Flächen fällt die Orientierung schwer. Sturzgefahren bestehen dort, wo Sitzstufen nicht eindeutig von echten Stufen unterschieden werden können oder Handläufe unterbrochen sind oder ganz fehlen. Kontrastarme Gestaltung wird für Menschen mit Behinderung immer zum Problem, da Hindernisse wie Stadtmöbel, Poller oder Fahrradständer oftmals nur sehr schwer erkennbar sind. Wer sich diesen Gefahrenstellen nicht aussetzen möchte, meidet solche Orte oder ist auf Hilfe Dritter angewiesen.

Seit Mai 2012 gelten in Hamburg die Regelungen der neuen PLAST 10 – Planungshinweise für Stadtstraßen. Sie stellen sicher, dass zukünftig neben Menschen mit Gehbehinderung auch Menschen mit Sehbehinderung bei der Planung von Freiflächen berücksichtigt werden müssen. Diese Regelungen gelten für neue Vorhaben, nicht aber für bereits begonnene oder abgeschlossene Projekte. Inklusion realisiert sich im täglichen Leben. Wir müssen lernen, die Welt so wahrzunehmen, wie es Menschen mit Behinderung tun.

Die SPD-Bürgerschaftsfraktion fordert im Einzelnen: Für die öffentlichen Freiräume in der HafenCity und am Jungfernstieg soll überprüft werden, inwiefern durch Nachbesserungen, beispielsweise durch den nachträglichen Einbau von Handläufen an Treppen, oder durch Kenntlichmachen von Ge

(Katja Suding)

fahrenstellen eine sichere Orientierung ermöglicht werden kann. Bei der Auslobung von Wettbewerben zur Freiraumplanung und der Vergabe von Planungsleistungen sollen auch die Belange von Menschen mit Sehbehinderungen berücksichtigt werden.

(Beifall bei der SPD)

Bereits vor der Fertigstellung großer städtebaulicher Projekte soll darauf geachtet werden, dass auch Menschen mit Behinderungen gefahrlos und barrierefrei ihre Wohnung und andere Ziele erreichen können. Menschen mit Behinderungen müssen am urbanen Raum teilhaben dürfen.

(Beifall bei der SPD)

Für die Weltstadt Hamburg mit ihren vielen städtebaulichen Anziehungspunkten ist es gut, einen weiteren Schritt auf dem Weg zu einer inklusiven Gesellschaft im Sinne der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen voranzukommen. Stimmen Sie unserem Antrag zu.

(Beifall bei der SPD)

Zum Zusatzantrag der GAL-Fraktion: Die Aussagen eingangs im Antragstext entsprechen leider nicht der Faktenlage. Die Forderungen nach Beteiligung von Menschen mit Behinderungen sind richtig und dem stimmen wir zu. Dazu gibt es bereits wichtige Weichenstellungen und Aufträge, die bereits in Arbeit sind und auf deren Ergebnisse wir warten. Dem Antrag stimmen wir aufgrund dessen nicht zu. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Jäck. – Das Wort hat Frau Wolff.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Auch die Bürgerschaftsfraktion der CDU unterstützt Maßnahmen zur Verbesserung der Situation von Menschen mit Behinderungen und in diesem Fall dann auch Ihren Antrag. Dazu gehört auch, bei der Planung von Freiräumen eine sichere und gefahrlose Nutzung für alle Menschen in Hamburg zu gewährleisten. Unsichere Bereiche wie beispielsweise Treppenstufen, wie von Frau Jäck gerade angesprochen, müssen für behinderte Menschen gut erkennbar sein.

(Glocke)

Vizepräsident Dr. Wieland Schinnenburg (unter- brechend): Einen Moment, bitte, Frau Abgeordnete.

Meine Damen und Herren! Es redet nur Frau Wolff. Der Senat hat zwar nach der Verfassung das Recht, jederzeit das Wort zu ergreifen, aber bitte dann eine Anmeldung vorher, Herr Senator. Und

die Abgeordneten bitte genauso. Frau Wolff, Sie haben das Wort.

– Vielen Dank, Herr Präsident.

Wichtig ist, die Vorgaben aus der UN-Behindertenrechtskonvention systematisch umzusetzen und die Inklusion voranzutreiben. Die Teilnahme an allen gesellschaftlichen Aktivitäten und auf allen Ebenen und in vollem Umfang zu ermöglichen, muss unser Ziel sein. Dazu gehört, für ein barrierefreies Stadtbild für Menschen mit Behinderungen Sorge zu tragen. Diese Menschen müssen ungehindert und gefahrlos ihre Wohnung erreichen können und Treppenanlagen gefahrlos benutzen können. Dies muss als eine notwendige Pflicht im Sinne des Inklusionsgedankens gesehen werden.

In Hamburg sieht dies an vielen Stellen leider noch nicht komplett so aus, hier muss die Stadt nachbessern. Dabei sollten ästhetische Gesichtspunkte ohne Zweifel eine untergeordnete Rolle spielen. Aber nicht nur in diesem Punkt bedarf es der parlamentarischen Unterstützung. Wir als CDU haben in unseren Anträgen auch auf weitere Verbesserungsmöglichkeiten hingewiesen wie zum Beispiel auf ein Notrufsystem für gehörlose Bürgerinnen und Bürger, das wir im März gefordert hatten.

(Beifall bei der CDU)

Doch wir können als Opposition natürlich viel reden, wenn die Regierung nicht mitzieht. So bleibt es mir unverständlich, auch wenn wir sonst in vielen Punkten einer Meinung sind, was dieses Thema betrifft, warum der Landesaktionsplan zur Umsetzung der Behindertenrechtskonvention immer noch nicht vorgelegt wurde. Wir können nur immer wieder auf die Notwendigkeit einer flächendeckenden Barrierefreiheit von Straßen, Plätzen und Bahnhöfen für Menschen mit Behinderung hinweisen und versuchen, möglichst parteiübergreifend an einer schnellen Umsetzung zu arbeiten.

Hier gilt es, für die betroffenen Menschen an einem Strang zu ziehen. Wir haben unseren Teil dazu beigetragen, indem wir in zahlreichen Anfragen den Senat auf die ungelöste Problematik hingewiesen haben. Dazu gehört unter anderem der U-Bahnhof Langenhorn-Nord, die Situation des barrierefreien Ausbaus von vielen U-Bahn-Stationen und der barrierefreie Ausbau der S-Bahn-Haltestelle Wellingsbüttel. Die Antworten des Senats waren noch etwas zurückhaltend und nicht ganz zufriedenstellend, aber ich bin mir sicher, dass der Senat dort nahe dran ist.

Uns allen ist klar, dass etwas getan werden muss. Lassen Sie es uns gemeinsam anpacken und die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention zusammen vorantreiben. Deswegen werden wir Ihrem Antrag in voller Gänze zustimmen. – Vielen Dank.

(Regina-Elisabeth Jäck)

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Wolff. – Das Wort hat Frau Fegebank.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Auch wir werden uns in großen Teilen dem vorgelegten SPD-Antrag anschließen. Allerdings haben wir eine punktweise Abstimmung beantragt, weil wir doch an der einen oder anderen Stelle noch eine Erweiterung sehen. Dazu komme ich gleich.

Zuerst einmal wollte ich dem gesamten Haus, vor allem denjenigen Fraktionen, die auch in den letzten Wochen so fleißig Anträge zu diesem Thema gestellt haben, danken, weil ich es richtig und wichtig finde, dass das Thema "Menschen mit Behinderung", vor allem das Thema Inklusion, einen größeren Stellenwert erhält, nicht nur im Parlament, sondern auch in den Ausschüssen. Ich denke, dies ist ein deutliches Signal, dass wir es als Haus ernst nehmen, auch mit der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention ein großes Stück in der Stadt voranzukommen.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Es liegt noch eine ganze Menge Arbeit vor uns und es sind große Anstrengungen erforderlich. Das haben wir nicht nur gestern bei der Schuldebatte festgestellt, sondern erleben das auch in anderen Lebensfeldern und Bereichen. Dazu hat die SPD jetzt einen Antrag gestellt für den Bereich Freifläche und stadtplanerische Orientierung.

Zum einen wünschen wir uns, dass die angesprochene Fokussierung auf die HafenCity und den Jungfernstieg auch auf andere Flächen ausgeweitet wird. Sicherlich sind das beides neue Flächen, bei denen Nachbesserungen erforderlich sind, aber wenn man durch die Stadt geht, fällt auf, dass an der einen oder anderen Stelle – das wurde eben von Frau Wolff angesprochen – sowohl bei der barrierefreien Mobilität als auch beim Überqueren von Straßen, Parks und anderen Flächen durchaus noch große Defizite bestehen. Deshalb sollte es bei Nachbesserungen keine reine Fokussierung nur auf HafenCity und Jungfernstieg geben, sondern man sollte die ganze Stadt in den Blick nehmen. Das wäre unser erster Änderungswunsch beziehungsweise unsere erste Erweiterung.

Weiter wünschen wir uns, dass es bei der Auslobung von Wettbewerben zur Freiraumplanung nicht nur ausschließlich um die Menschen mit Sehbehinderungen geht, sondern dass man dort auch andere Formen der Behinderung mit einbezieht, denn es verengt den Blick doch zu sehr, wenn es nur um blinde und sehbehinderte Menschen geht.

Man muss hier auch die anderen Formen von Behinderung mit berücksichtigen.

Der dritte und vierte Punkt sind die Erweiterungspunkte unseres Ergänzungsantrags. Es ist zum einen die frühzeitige Einbeziehung von Menschen mit Behinderung, und zwar nicht nur in der Schlussphase der Planung, sondern von Beginn an, gerade vor dem Hintergrund, dass jetzt überall Planungswerkstätten zu unterschiedlichen städtebaulichen Projekten stattfinden. Es ist unerlässlich, dass man dort von Beginn an mit im Blick hat, auch Menschen mit Behinderungen einzubeziehen, denn das trägt natürlich dazu bei, neue Perspektiven schon in einer Frühphase einzubeziehen. Fehler, die wir jetzt offensichtlich vorfinden bei der HafenCity und beim Jungfernstieg, können so von vornherein verhindert werden.

Ein vierter Punkt, den wir in unserem Zusatzantrag fordern, ist, das Thema Beteiligung auch in den Landesaktionsplan aufzunehmen. Das fehlt bisher gänzlich, zumindest in den Ausführungen, von denen wir gehört haben. Es sollten hier konkrete Maßnahmen erfolgen.

Ansonsten werden wir bei Ihrem Antrag in der punktweisen Abstimmung den meisten Punkten zustimmen. Zu den Bereichen, in denen wir sie nicht für ausreichend halten, haben wir einen Zusatzantrag gestellt und hoffen da auf Ihre Unterstützung. – Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL)

Vielen Dank, Frau Fegebank.

Ich werde gleich Frau Kaesbach das Wort erteilen, bitte aber die eine Dame und die drei Herren dort in der Ecke, ihr Gespräch nach draußen zu verlagern: Herr Petersen, Herr Dr. Tode, Herr Hakverdi und Frau Krischok. Bitte entweder gar nicht reden oder nach draußen gehen. – Nun hat Frau Kaesbach das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Die FDP setzt sich dafür ein, für Menschen mit Behinderung Voraussetzungen zu schaffen, die es ihnen ermöglichen, so selbstständig wie möglich zu leben. Besonders wichtig für die Betroffenen ist die Mobilität. Insofern begrüßen auch wir den SPD-Antrag.

Beim Thema Barrierefreiheit denkt man selbst – und den Stadtplanern geht es wohl nicht viel anders – immer noch als Erstes an die Mobilitätseinschränkung durch die Gehbehinderung. Doch betrifft die Mobilitätseinschränkung natürlich auch Sinnesbehinderte und hier in erster Linie die sehbehinderten Bürger. Diese wurden bisher oftmals bei städteplanerischen Projekten nicht immer mit berücksichtigt, mehr noch, durch das coole, kontrastarme Design regelrecht außen vor gelassen.

(Katharina Wolff)