Protocol of the Session on June 14, 2012

(Beifall bei der LINKEN)

Wie schön, dass Sie so berechnend sind.

Die Pflege ist grundsätzlich ein attraktiver Arbeitsbereich, den viele Schulabgängerinnen gern wählen würden. Der Mensch steht in der Pflege vom Grundsatz her im Mittelpunkt, und man kann etwas an die Generation zurückgeben, die uns aufgezogen hat.

Dass wir in Hamburg einen Pflegenotstand haben, hat konkrete Ursachen, und eine davon ist neben der schlechten Bezahlung und den unzureichenden Gesundheitsschutzmaßnahmen die zu geringe Anzahl an Ausbildungsplätzen. Es liegt aber auch daran, dass der Pflegenotstand in Hamburg stets geleugnet und fast ausschließlich von der LINKEN und ver.di thematisiert wurde.

Der Antrag der SPD weist nun endlich eindeutig darauf hin, dass alle Bündnisse und Pakte zur Ausbildung in der Altenpflege – auch die, die unter Schwarz-Grün geschlossen wurden; hier unterscheiden wir uns etwas in der Einschätzung, Herr Kienscherf – nicht viel mehr als Lippenbekenntnisse waren und nicht viel gebracht haben. Wie wenig wichtig die Senate seit 2001 die Ausbildung in der Pflege genommen haben, zeigt auch die Tatsache, dass für Hamburg keine vollständigen Zahlenreihen für die Schuljahre 2000 bis 2010 für die Altenpflegeausbildung vorliegen. Bayern, Berlin und andere Bundesländer konnten diese Zahlen sehr wohl vorlegen.

Hinweisen möchte ich auch darauf, dass Hamburg Spitzenwerte in der Privatisierung der Pflegebereiche aufweist. Kein einziges Pflegeheim ist mehr in öffentlicher Hand. Die Arbeitsbedingungen bei PFLEGEN & WOHNEN – Herr Kienscherf wies bereits darauf hin – haben sich seitdem laufend ver

schlechtert; nehmen Sie nur die irrsinnige Tarifauseinandersetzung, die wir jüngst erlebt haben.

(Finn-Ole Ritter FDP: Ja, Tarifauseinander- setzungen sind total schlecht!)

Ich möchte Ihnen gern darlegen, wie das System der Pflegeausbildung aussieht. Ich mache es auch so einfach wie möglich und es wird auch ganz informativ für Sie.

(Beifall bei Regina-Elisabeth Jäck und Doris Müller, beide SPD – Jens Kerstan GAL: Nicht zu viel versprechen!)

Die Finanzierung der Krankenpflege- und Altenpflegeausbildung wird nämlich aus unterschiedlichen Töpfen gespeist. Die Kosten für Krankenpflegeschulen und die Ausbildungsvergütungen der Schülerinnen werden vor allem über die Krankenhäuser beziehungsweise die Krankenkassen finanziert. Für jeden Patienten und jede Patientin erhalten die Krankenhäuser einen Zuschlag, den sie in einen Fonds einzahlen, der von den Landeskrankenhausgesellschaften verwaltet wird. Die Mittel erhalten die ausbildenden Krankenhäuser. Daneben verhandelt jedes Krankenhaus für seine Schule noch ein zusätzliches Ausbildungsbudget mit den Krankenkassen. In der Altenpflege hingegen müssen die Einrichtungen die Kosten für die Ausbildungsvergütung und die Praxisanleitung selbst tragen. Während sie versuchen, mit den Sozialhilfeträgern höhere Pflegesätze zu verhandeln, was zu Nachteilen führen kann, werden die Schulkosten meistens von den Ländern übernommen. Eine Ausbildungsumlage in der Altenpflege ist daher dringend nötig; soweit gebe ich der Intention des SPD-Antrags auch recht.

(Beifall bei der SPD)

Am 1. März hat nun der Deutsche Pflegerat Eckpunkte zur Weiterentwicklung eines neuen Pflegeberufegesetzes vorgelegt. Alten-, Gesundheits-, Kranken- und Kinderkrankenpflege sollen zu einer Pflegeausbildung zusammengeführt werden; Spezialisierungen sollen möglich bleiben. Bis dieses Gesetz verabschiedet ist, müssen sich Gesundheits- und Familienministerium aber noch einigen, wie dies zu finanzieren ist. DIE LINKE findet, dass alle Beteiligten anteilsmäßig in einen gemeinsamen Ausbildungsfonds einzahlen müssen: Länder, Pflegeheime, Pflegedienste, Krankenhäuser. Damit gäbe es erstmals eine bundeseinheitliche verpflichtende Umlagefinanzierung. Das wäre ein wirklicher Fortschritt.

(Beifall bei der LINKEN)

Im Übrigen favorisiert auch eine Mehrheit der Akteurinnen und Akteure im Pflegebereich diese Finanzierungsvariante. Da das Jahr der Pflege 2011 ohne sichtbare Ergebnisse verstrichen ist, möchten wir über die Bürgerschaft die Bundesregierung auffordern, aus den Eckpunkten für ein Berufspflege

(Anna-Elisabeth von Treuenfels)

gesetz noch in diesem Jahr ein richtiges Gesetz zu machen.

(Beifall bei der LINKEN)

Deswegen bin ich äußerst skeptisch, die Ausbildungsumlage auf Länderebene einzuführen, auch wenn andere Bundesländer dies bereits gemacht haben. Es würde letztendlich eine überflüssige Struktur aufgebaut. Gerade in dieser Frage muss länderübergreifend gedacht und gehandelt werden. Ein Hamburger Weg forciert nur den standortorientierten Wettbewerb der Pflege und hat damit neoliberalen Charakter.

(Zurufe von der FDP: Oh!)

Er würde zudem den drei grundsätzlichen Problemen – dem Prestigemangel in der Altenpflege, der Ausbildungsmisere insgesamt und der Privatisierung – nicht abhelfen. Wir werden uns deswegen bei dem SPD-Antrag enthalten und bitten um Zustimmung für unseren Zusatzantrag. Mit einer Überweisung wären wir einverstanden, und wir finden es ein wenig tragisch, dass wir im Ausschuss – Sie haben angekündigt, dass Sie die Anträge nicht überweisen wollen – eine wichtige pflegepolitische Debatte nicht werden führen können.

(Beifall bei der LINKEN)

Danke schön. – Gibt es weitere Wortmeldungen? Wenn das nicht der Fall ist, dann kommen wir zur Abstimmung.

Wer stimmt einer Überweisung der Drucksachen 20/4330 und 20/4460 an den Gesundheitsausschuss zu? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Somit ist der Überweisungsantrag abgelehnt.

Dann lasse ich in der Sache abstimmen. Zunächst zum Antrag der Fraktion DIE LINKE aus Drucksache 20/4460.

Wer möchte diesen annehmen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Somit ist der Antrag abgelehnt.

Wir kommen dann zum Antrag der SPD-Fraktion aus Drucksache 20/4330.

Wer möchte diesen annehmen? – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Somit ist der Antrag angenommen.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 10, Drucksache 20/3921, Große Anfrage der CDU-Fraktion: "Hamburg als Metropole der Chancen" – Innovations- und Entwicklungspotenzial der Metropolregion Hamburg stärken.

[Große Anfrage der CDU-Fraktion: "Hamburg als Metropole der Chancen" – Innovations- und Entwicklungspotenzial der Metropolregion Hamburg stärken

Drs 20/3921 (Neufassung) –]

Wird das Wort gewünscht? – Frau Prien hat es.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Bei der SPD-Fraktion interessiert man sich wieder einmal nicht so sehr für die Metropolregion,

(Zurufe von der SPD: Oh!)

aber vielleicht wird sich das ja noch ändern.

(Beifall bei der CDU – Dirk Kienscherf SPD: Kommen Sie mal wieder auf die Sachebene zurück!)

Die Entwicklung der Metropolregion Hamburg ist eine Erfolgsgeschichte, aber die aktuellen Untersuchungen, insbesondere des HWWI, die Sie kennen sollten, zeigen, dass sie sich weniger dynamisch entwickelt als die anderen großen Metropolregionen in Deutschland. Werden heute nicht die richtigen Weichen gestellt, droht Hamburg, den Anschluss an die rasante wirtschaftliche Entwicklung in den Regionen München, Stuttgart, Rhein-Ruhr und Rhein-Main zu verlieren. Hamburg hat sich beim Metropolenvergleich inzwischen bequem im Mittelfeld eingerichtet und wird weiter zurückfallen, wenn in den entscheidenden Bereichen Fachkräftesicherung, Standortattraktivität, Innovationsfähigkeit und Bildung nicht gehandelt wird. Letztendlich geht es darum, den unaufhaltsamen Strukturwandel zu einer wissensbasierten Dienstleistungsgesellschaft nachhaltig und vorausschauend zu gestalten und insbesondere den Anteil an wissensintensiver Dienstleistung an der Wirtschaftsleistung deutlich zu steigern. Die Antwort des Senats auf unsere Große Anfrage zum Innovations- und Entwicklungspotenzial der Metropolregion zeigt, dass sich der Senat dieser Zukunftsaufgabe nicht stellt.

(Beifall bei der CDU)

Vielmehr ist er für die Aufgabe nicht einmal gerüstet, denn der Senat scheint die Bedeutung der Metropolregion als Wirtschaftsraum noch immer nicht zu erfassen. Die Metropolregion wird nach wie vor viel zu sehr als Verwaltungsgebilde wahrgenommen. Dies hat sich auch in unserer Debatte in diesem Hause im vergangenen März gezeigt. Bereits damals haben wir einen Antrag zum Umbau der Metropolregion eingebracht und auf die große Bedeutung eines erweiterten Regionalmonitorings hingewiesen. Solange die SPD-Fraktion und der Senat sich in dieser Frage nicht bewegen, fehlt es schon an der notwendigen Datenbasis, um die Potenziale der wirtschaftlichen Dynamik in der Metropolregion Hamburg zu erfassen.

Lassen Sie mich zu den wesentlichen Erfolgsfaktoren für einen Wiederaufstieg Hamburgs im Wettbewerb der Metropolen einige wenige Bemerkungen machen. Auch der Senat erklärt wiederholt, dass die Innovationsfähigkeit der zentrale Erfolgsfaktor

(Kersten Artus)

für die wirtschaftliche Entwicklung der Metropolregion sei. Faktisch konstatieren wir aber seit März 2011 einen Stillstand in der Innovationspolitik. Weder wird die InnovationsAllianz vorangetrieben, noch sehen wir Fortschritte bei der Einrichtung von Technologieparks, und die Neuansiedlung von außeruniversitären Forschungseinrichtungen wird gar nicht erst betrieben. Neue Programme zur Innovationsförderung werden unter Hinweis auf die ohnehin schleppende Bearbeitung eines Konzepts für eine Investitionsbank nicht aufgelegt. Schlimmer noch: Die quälende Debatte um die Zukunft der Innovationsstiftung stört die mühsam aufgebauten Netzwerke, und die mangelnde Klarheit über den Fortbestand der Stiftung fügt dem Innovationsstandort Hamburg großen Schaden zu.

(Beifall bei der CDU und bei Dr. Thomas- Sönke Kluth FDP)

Der zweite wesentliche Faktor einer dynamischen Entwicklung unserer Metropolregion wäre eine zukunftsorientierte Bildungs- und Hochschulpolitik. Hamburg kann weder bei der Anzahl der Studierenden pro Einwohner noch beim Betreuungsverhältnis Lehrender zu Studierender an den Hochschulen oder bei der Anzahl der Exzellenzzentren mit den anderen führenden Metropolregionen mithalten. Im Vergleich beschäftigt Hamburg die wenigsten sozialversicherungspflichtigen Akademiker und hat immer noch die meisten Schulabbrecher nach Berlin. Anstatt die Universitäten kaputtzusparen, wie es der Senat tut, müsste er massiv im Hochschulbereich investieren und die Voraussetzungen für mehr Exzellenz an den Hamburger Universitäten schaffen.

(Beifall bei der CDU)

Den Vorschlag des HWWI, zu den existierenden Clustern jeweils komplementär die Gründung eines entsprechenden Lehrstuhls an den Hamburger Hochschulen anzuregen, unterstützen wir daher ausdrücklich.

(Beifall bei der CDU)

Lassen Sie mich als letzten Punkt noch das Thema Fachkräftesicherung herausgreifen. Auch hier verfügt der Senat, wie die Große Anfrage beziehungsweise deren Beantwortung zeigt, nicht einmal im Ansatz über eine vernünftige Datenbasis. Die notwendige Kooperation in Fragen der Fachkräftesicherung findet in der Metropolregion schlicht und ergreifend überhaupt nicht statt. Vergleichsdaten mit anderen Metropolregionen existieren nicht. Ein Überblick über die Branchen, in denen Fachkräfte aus Staaten der Europäischen Union oder aus Drittstaaten zu uns kommen, oder über deren Anzahl existiert ebenfalls nicht. Das ist ein Armutszeugnis, meine Damen und Herren. Hier geht wiederum die Metropolregion München mit gutem Bei

spiel und einem hochleistungsfähigen Fachkräftemonitoringsystem, betrieben von der IHK, voran.

Zwar behauptet der Senat, ein besonderes Augenmerk auf das Thema Fachkräftebasis in Hamburg zu legen, tatsächlich mahnen wir aber bereits seit März 2011 ein Fachkräftekonzept an; es liegt immer noch nicht vor. Wir werden vertröstet, angeblich auf einen Termin Anfang des kommenden Jahres. Das ist einfach zu spät. Hier wird der Senat seiner Verantwortung für die Wirtschaft und die Menschen dieser Stadt nicht gerecht.

(Beifall bei der CDU)