Protocol of the Session on June 14, 2012

Der Blinden- und Sehbehindertenverein Hamburg, kurz BSVH, geht von knapp 3000 blinden Menschen und mehr als 40 000 sehbehinderten Menschen in Hamburg aus. Laut BSVH sind über 40 Prozent der blinden Menschen über 80 Jahre alt und über 60 Prozent, darin sind die über 80-Jährigen eingeschlossen, sind über 60 Jahre alt. Angesichts der Demografie und der steigenden Lebenserwartung ist damit zu rechnen, dass es in Zukunft immer mehr blinde und sehbehinderte Menschen gibt. Diese Zahlen zeigen, wie wichtig es ist, bei Planungen für öffentliche Freiräume die Belange insbesondere der Menschen mit Sehbehinderungen zu berücksichtigen.

Warum dieser Aspekt bei den Planungen der westlichen HafenCity und am Jungfernstieg anscheinend zu wenig Berücksichtigung gefunden hat, ist aus den vorgenannten Gründen schwer nachvollziehbar. Wie schon erwähnt, mag es daher rühren, dass die Sinnesbehinderungen bis jetzt noch nicht im Blickfeld von uns Politikern und auch den Stadtplanern sind. Das wird sich zum Glück jetzt offenbar ändern. Es muss sich auch in Zukunft ändern. Die Belange der Menschen mit Sehbehinderung müssen bei der Auslobung von Wettbewerben zur Freiraumplanung mit berücksichtigt werden. Insofern unterstützen wir den SPD-Antrag.

Was die HafenCity betrifft, sollten dort neben dem Einbau von Handläufen die ersten und letzten Stufen bei den Treppen unbedingt markiert werden; Frau Jäck ging darauf schon ein.

Den weitergehenden GAL-Antrag unterstützen wir zum Teil auch. Er erstreckt sich, wie Frau Fegebank vorstellte, auf alle öffentlichen Freiraumflächen der Stadt. Es soll geprüft werden, wie dort Nachbesserungen vollzogen werden können, und eine Maßnahmenliste erstellt werden. Diesen Teil des GAL-Antrags unterstützen wir auch.

Die Notwendigkeit, hier im Sinne der Sehbehinderten im Stadtbild möglichst schnell Abhilfe zu schaffen, wird wohl interfraktionell gesehen. Insofern können unseren Worten schnell Taten folgen. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Frau Kaesbach. – Das Wort hat Frau Sudmann.

Es wurde zu Recht festgestellt, dass dieses Thema auch die Planungen betrifft. Daher haben wir in unserer Fraktion beschlossen, dass ich als Stadtplanerin etwas dazu sage.

Ich glaube, es ist schade, dass wir heute überhaupt darüber reden müssen, denn normalerweise müsste es eine Selbstverständlichkeit sein, bei jeder Planung alle Bevölkerungsgruppen, egal ob

Mann oder Frau, ob behindert oder nicht behindert zu berücksichtigen.

(Beifall bei Tim Golke DIE LINKE)

Dies geht leider oft aus dem Blickfeld. Wir hatten schon damals Beispiele, wo neue Aufzüge in Bahnhöfen gebaut wurden oder neue Bahnhöfe gebaut wurden und man die Aufzüge vergessen hatte. Das heißt, es ist hier noch viel zu tun.

Mir fehlten zwei Zahlen, die die FDP in einer Großen Anfrage in diesem Jahr ermittelt hat. Ich weiß nicht, ob Ihnen bewusst ist, wie hoch die Zahl der behinderten Menschen ist; ich habe es vorher nicht gewusst. Wir haben in Hamburg 94 000 behinderte Menschen und 192 000 schwerbehinderte Menschen. Das heißt, wir reden über eine sehr große Bevölkerungsgruppe, die sehr viele Freiflächenangebote und zahlreiche andere Angebote nicht wahrnehmen kann. Von daher begrüße ich es sehr, dass wir heute versuchen, diesen Mangel zu beheben.

Ich muss gestehen, ich habe die Auswahl der SPD-Beispiele nicht ganz verstanden. Von daher ist mir der GAL-Antrag wesentlich sympathischer, weil er umfassender ist und besagt, wir müssten überall schauen, wo etwas zu verbessern sei.

Ich habe eine Frage in Richtung Senat. Ich gehe davon aus, dass die Verbände der unterschiedlichsten Behindertenvertretungen als Trägerinnen und Träger öffentlicher Belange am Bebauungsplanverfahren beteiligt sind. Ich weiß es nicht, aber ich hoffe es. Aus der Drucksache, die wir demnächst zum Thema Stadtwerkstatt diskutieren werden, geht nicht hervor, ob an dem Dialogbeirat, den der Senat neu einrichten möchte, auch die Behindertenverbände beteiligt sind. Wenn dies nicht so ist, möchte ich vorschlagen, dass der Senat oder auch die SPD das mit aufnimmt und wirklich dafür Sorge trägt – da wird mir Frau Jäck bestimmt zustimmen –, dass diese Verbände von Anfang an beteiligt sind. Dann ist auch die Gefahr nicht mehr so groß, dass so vieles verloren geht.

Insofern stimmen wir dem GAL-Antrag zu. Ich habe schon gehört, dass Sie ihm nicht alle zustimmen werden, also werden wir notgedrungen dem SPD-Antrag als kleinere Lösung auch zustimmen.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Frau Sudmann. – Das Wort hat Frau Senatorin Blankau.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Hamburg soll für alle Bewohnerinnen und Bewohner und Gäste gleichermaßen offen und zugänglich sein. In vielen Bereichen ist das bereits der Fall, aber wir wollen auch dort, wo es bislang Defizite gibt, weiter vorankommen.

(Martina Kaesbach)

Um die Zugänglichkeit im öffentlichen Raum weiter zu verbessern, setzen wir auf verschiedene Maßnahmen. Sie finden sich auch im Landesaktionsplan zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention wieder, der zurzeit – und das ist für mich außerordentlich wichtig – mit den Behindertenverbänden in Hamburg erarbeitet wird.

(Beifall bei der SPD – Dirk Kienscherf SPD: Sehr gut!)

Die Beteiligung derjenigen, die insbesondere auch die Interessen der Behinderten vertreten, ist notwendig. So beabsichtigen wir, die DIN-Norm für den barrierefreien öffentlichen Raum, die zurzeit in Planung ist, zügig einzuführen. Sie wird praxisbezogene Hinweise umfassen, die eine Umsetzung des barrierefreien Verkehrs und Freiraums voranbringen.

Mit der Aktualisierung der schon erwähnten PLAST, der Planungshinweise für Stadtstraßen in Hamburg durch die BWVI, tragen wir jetzt schon der sehr dynamischen Entwicklung im Bereich Barrierefreiheit Rechnung. Wir passen den Handlungsrahmen Freiraum und Mobilität für ältere Menschen von 2004 an aktuelle Entwicklungen an und ergänzen ihn weiter. Der Handlungsrahmen wurde für die Planungspraxis entwickelt und dient als Orientierungsleitfaden. Er soll dabei helfen, bei der Planung öffentlicher Freiflächen die Bedürfnisse und Anforderungen älterer Menschen und ihrer abnehmenden Mobilität mit zu bedenken und zu berücksichtigen. Dabei kommen diese Ergebnisse allen mobilitätseingeschränkten Personen zugute.

Diesen Ansatz begrüßen auch die Behindertenverbände, die für die Weiterentwicklung des Handlungsrahmens eine gemeinsame Beteiligung von Behinderten- und Seniorenverbänden vorgeschlagen haben – ein Vorschlag, den wir gern aufgreifen.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren! Wir wollen unsere Parks, Grünanlagen und öffentlichen Wege weitgehend barrierefrei ausgestalten. Die bereits realisierten Projekte wie in Billstedt die Grünanlage im Luisenhofstieg/Schleemer Bach, in Neuwiedenthal die Grünanlage Rehrstieg, in Steilshoop der Spielund Freizeitraum Appelhoff machen eines deutlich: Der öffentliche Raum gewinnt nicht nur für ältere Menschen an diesen Stellen an Attraktivität, sondern der Abbau von Barrieren aller Art wird auch von allen anderen Nutzergruppen sehr positiv wahrgenommen. Bei der Gestaltung von öffentlichen Räumen, den Straßen, Plätzen, Spielplätzen und Grünflächen, sind vielfältige Anforderungen von sehr unterschiedlichen Nutzergruppen zu berücksichtigen. Das wird gerade bei öffentlichen Räumen deutlich, die von vielen Hamburgerinnen und Hamburgern und ihren Gästen gern besucht werden.

Der Jungfernstieg wird häufig als Beispiel für eine kontrastarme Fläche genannt, auf der sich sehbehinderte Menschen nur schlecht orientieren können. Um die Begehbarkeit auch für Menschen mit Gehbehinderung oder ältere Menschen zu gewährleisten, wurden eher glatte Materialien eingesetzt und grobe Strukturen vermieden. Diese könnten allerdings sehbehinderten Menschen wiederum die Orientierung erleichtern. Wir setzen hier auf Lösungen, die alle Nutzergruppen berücksichtigen. So werden wir die Erkennbarkeit der Stufen auf dem Jungfernstieg verbessern und sogenannte Aufmerksamkeitsstreifen einbauen.

(Beifall bei der SPD)

In der HafenCity entstehen Freiflächen, Plätze und Promenaden unter schwierigen Rahmenbedingungen. Um die unterschiedlichen Anforderungen an die Barrierefreiheit bei der Planung zu berücksichtigen, ist die HafenCity Hamburg GmbH ständig mit der Senatskoordinatorin für die Gleichstellung behinderter Menschen und den Behindertenverbänden im Gespräch. Mängel mit Blick auf die Barrierefreiheit werden manchmal erst nach der Realisierung der Plätze erkannt. Die HafenCity Hamburg GmbH ist mit großem Engagement dabei, bestehende Probleme gemeinsam mit den Betroffenen zu lösen und die Barrierefreiheit bei der Planung von künftigen Projekten noch stärker zu berücksichtigen.

Meine Damen und Herren! Barrierefreiheit ist ein dynamischer Begriff. Wir müssen bestehende Regelungen immer wieder daraufhin überprüfen, ob sie den Bedürfnissen der verschiedenen Nutzergruppen gerecht werden. Klar ist, wenn es um akute Gefahrenquellen geht, muss Sicherheit Vorrang haben. Bei großen und komplexen Bauvorhaben wie der HafenCity macht es schon der lange Realisierungszeitraum nötig, Barrierefreiheit als Prozess zu organisieren, denn sowohl das Bewusstsein für neue Bedürfnisse als auch die rechtlichen Regelungen ändern sich fortlaufend. Ich bin mir sicher, dass wir im Großen mit der gemeinsamen Arbeit am Landesaktionsplan wie im Detail, zum Beispiel bei den Gesprächen über die Freiraumgestaltung in der HafenCity oder dem Jungfernstieg, zu guten Ergebnissen kommen und unserem Ziel, allen Hamburgerinnen und Hamburgern gleiche Teilhabe zu ermöglichen, so ein gutes Stück näherkommen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Senatorin.

Mir liegen jetzt keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir kommen zur Abstimmung. Zunächst zum GAL-Antrag aus der Drucksache 20/4468. Hierzu hat die FDP-Fraktion ziffernweise Abstimmung beantragt.

(Senatorin Jutta Blankau)

Wer möchte zunächst die Ziffern 1, 2 und 5 annehmen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist damit abgelehnt worden.

Wer schließt sich dann den Ziffern 3 und 4 an? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist auch abgelehnt worden.

Nun zur Drucksache 20/4149. Die GAL-Fraktion hat hierzu eine ziffernweise Abstimmung beantragt.

Wer möchte der Ziffer 1 des SPD-Antrags zustimmen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist einstimmig beschlossen worden.

Wer nimmt Ziffer 2 an? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist mit großer Mehrheit beschlossen worden.

Wer möchte Ziffer 3 beschließen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist dann einstimmig beschlossen worden.

Ich rufe dann auf den Tagesordnungspunkt 53, Drucksache 20/4316, Antrag der CDU-Fraktion: Verlängerung der Wahlperiode.

[Antrag der CDU-Fraktion: Verlängerung der Wahlperiode – Drs 20/4316 –]

Diese Drucksache möchten die Fraktionen der SPD, der FDP und der LINKEN an den Verfassungs- und Bezirksausschuss überweisen. Dem Präsidium wurde mitgeteilt, dass die Fraktionen einvernehmlich auf eine Debatte verzichten. Wir kommen damit direkt zur Abstimmung.

Wer stimmt einer Überweisung der Drucksache 20/4316 an den Verfassungs- und Bezirksausschuss zu? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist einstimmig beschlossen worden.

Dann rufe ich jetzt auf Tagesordnungspunkt 40, Drucksache 20/4338, Bericht des Ausschusses für Soziales, Arbeit und Integration: Verbesserung der Feststellung und Anerkennung im Ausland erworbener Berufsqualifikationen. Erstens: Vorlage des Entwurfs eines Hamburgischen Gesetzes über die Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen. Zweitens: Stellungnahme zum Ersuchen der Bürgerschaft "Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse".

[Bericht des Ausschusses für Soziales, Arbeit und Integration über die Drucksache 20/4106: Verbesserung der Feststellung und Anerkennung im Ausland erworbener Berufsqualifikationen I. Vorlage des Entwurfs eines Hamburgischen

Gesetzes über die Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen (HmbABQG) II. Stellungnahme zum Ersuchen der Bürgerschaft "Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse" (Drucksache 20/112 in der Fassung der Berichtsdrucksache 20/2822) (Senatsan- trag) – Drs 20/4338 –]

Auch hierzu wurde dem Präsidium mitgeteilt, dass die Fraktionen einstimmig auf eine Debatte verzichtet haben. Wir kommen damit direkt zur Abstimmung.

Wer möchte sich der Ausschussempfehlung anschließen und das Hamburgische Gesetz über die Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen aus Drucksache 20/4106 beschließen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist damit einstimmig bei einigen Enthaltungen beschlossen worden.

Es bedarf einer zweiten Lesung. Stimmt der Senat einer sofortigen zweiten Lesung zu?