Protocol of the Session on May 9, 2012

Frau Dr. Schaal, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es ist immer schlecht, nach der Rede des eigenen Senators zu sprechen,

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der FDP)

aber ich möchte die Gelegenheit ergreifen, Frau Heyenn, Ihnen energisch darin zu widersprechen, dass die SPD-Fraktion parlamentarische Mindeststandards missachtet habe. Rufen Sie sich bitte ins Gedächtnis zurück, dass wir über die Frage der Beteiligung oder der Übernahme der Netze im Grunde seit Beginn der Legislaturperiode diskutieren. Unsere Aufforderung an den Senat, ein Konzept für unseren Vorschlag der Beteiligung vorzulegen, war der Auftakt. Dann haben Sie zahlreiche Anmeldungen zur Aktuellen Stunde vorgenommen, und nach den Vorlagen des Senats haben sich etliche Debatten in den Ausschüssen und im Plenum mit entsprechenden Unterlagen und Akteneinsichten angeschlossen. Ich kann nicht nachvollziehen, dass Sie die Verletzung von Mindeststandards im

Parlament beklagen. Das ist einfach nicht richtig, da müssen Sie die Kirche im Dorf lassen.

(Beifall bei der SPD)

Bei den Debatten hat sich für jeden Außenstehenden herausgestellt, dass sich die Opposition in der Bürgerschaft einig in der Ablehnung einer Beteiligung an den Energienetzen ist, aber keinerlei eigene Gegenvorschläge macht, wie man die Energiewende erreichen kann. Herr Kluth, heute ist unter Ihrem Namen ein Artikel im "Hamburger Abendblatt" erschienen, Sie wollen sich offensichtlich nicht länger die Konzeptionslosigkeit vorwerfen lassen. Sie machen den Vorschlag, die Stadt solle im Zuge des Konzessionsvergabeverfahrens ihre energiepolitischen Ziele umsetzen. Die Stadt solle den Bietern Konzepte abverlangen, die den rationellen, sparsamen und ressourcenschonenden Umgang mit Energie vorantreiben. Das diene der Energiewende und dem Klimaschutz mehr als eine Beteiligung, meint Herr Kluth. Es hört sich zunächst gut an, was Sie formuliert haben,

(Dr. Thomas-Sönke Kluth FDP: Entspricht der Konzessionsvergabeverordnung!)

aber der Vorschlag hat einen Haken. Die Konzessionsabgabenverordnung schließt in Paragraph 3 gerade diese Möglichkeiten aus. Danach dürfen den Energieversorgungsunternehmen bei den Konzessionsvergaben weder Leistungen im Rahmen der Aufstellung kommunaler Energiekonzepte noch Maßnahmen abverlangt werden, die für die Energiewende nützlich sind. Eine Konzession muss diskriminierungsfrei vergeben werden. Nicht jeder Bieter ist willens oder in der Lage, ein Kraftwerk hinzustellen. Meines Wissens sind Nebenleistungen bei der Konzessionsvergabe ausgeschlossen.

(Dr. Thomas-Sönke Kluth FDP: Sorgfältiges Lesen stärkt die Sachkenntnis!)

Das kann ich nur zurückgeben, Herr Kluth.

(Beifall bei der SPD)

Darum führt der Vorschlag der FDP leider nicht weiter, so verlockend er auch klingen mag. Die SPD hatte vor dem Konzessionsvergabeverfahren, das erst in diesem Jahr oder Ende des Jahres einsetzt, ihre Forderungen in Sachen Energiewende mit den Energieversorgern bereits umgesetzt. Das ist der Königsweg und nicht Ihr Vorschlag, Herr Kluth.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Es bleibt dabei, dass die Opposition keinen Weg zur Umsetzung der Energiewende aufzeigt. Ihre Positionen sind überdies unvereinbar wie Feuer und Wasser. Sie sind lediglich eins in dem Willen, das Vertragswerk solange zu verzögern, dass es doch noch zum Scheitern kommt, und das machen wir nicht mit.

(Senator Dr. Peter Tschentscher)

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Wir würden es als Fehler ansehen, wenn der Staat die Energiepolitik so laufen ließe. Wir brauchen einen strategischen Einfluss auf die Energiewirtschaft, um die Energiewende bewerkstelligen zu können. Die Verträge ebnen den Weg für einen strategischen Einfluss auf die Energiewirtschaft, und darum wollen wir keine Zeit mehr verlieren, sondern diese beschließen.

(Zurufe von der SPD: Ja, ja!)

Die Gasnetzbewertung – Herr Kerstan, das kann ich mir nicht verkneifen – hat zuzeiten des schwarz-grünen Senats bereits angefangen, weil das im Konzessionsvertrag vorgesehen ist. Wir haben dazu Anfragen gestellt.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Er hat ja auch noch die ganzen Papiere!)

Sie haben keinen Wert genannt, wir haben nichts erfahren. Ich selber habe eine Menge von Anfragen dazu gestellt und es kamen keine Antworten. Herr Kerstan, wer im Glashaus sitzt, der sollte nicht mit Steinen schmeißen.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren! Für uns ist vor allem wichtig, dass die Fernwärmeversorgung mit dem Gasturbinenkraftwerk klimafreundlich und effizienter wird. Die Umstellung von Kohle auf Gas bei der Fernwärme bringt unsere CO2-Bilanz nach vorne, wir sparen ungefähr 30 Prozent ein. Deshalb haben die GAL und DIE LINKE damals zusammen mit uns ein Gaskraftwerk gefordert. Nun soll es kommen, und plötzlich kneifen GAL und LINKE und kämpfen dagegen an. Das ist nicht nachvollziehbar.

(Beifall bei der SPD)

Mit dem Bau des GUD-Kraftwerks nördlich der Elbe wird auch die Moorburg-Trasse überflüssig. Auch das ist wichtig und richtig, und nun wird es möglich und GAL und LINKE kämpfen wieder dagegen an; das ist verkehrte Welt.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kluth, das GuD-Kraftwerk kann wirtschaftlich betrieben werden. Wir haben vielleicht gemeinsam gelesen, was PWC ausgeführt hat. Das Kraftwerk wird nicht nur Wärme, sondern auch Strom erzeugen, und zwar Regelenergie, und damit kann das Unternehmen richtig Geld verdienen. Mit beidem zusammen, der Beteiligung und dem Vertragswerk, gehen wir davon aus, dass die Energiepolitik wieder in unsere Hände zurückkommt, dass wir Spielräume gewinnen und auch die Energiewende hinbekommen. Mit den Netzen alleine gelingt die Energiewende nicht, aber ohne die Netze haben Sie nicht einmal Strom und die Energiewende erst recht nicht. Nicht das Eigentum ist entscheidend bei den Netzen, sondern es ist entscheidend, dass

die Stadt veranlassen kann, dass die Netze für die Energiewende fit gemacht werden und die für die dezentrale Energiewelt notwendigen Investitionen in virtuelle Kraftwerke, in Smart Grid, in den Ausbau der Elektromobilität und so weiter auch vorgenommen werden. Und genau das soll mit den zugesagten Investitionen in Höhe von 1,6 Milliarden Euro erfolgen. Das ist kein Sowieso-Beitrag – es wäre schön, wenn das sowieso passieren würde, dann müsste man sich hier nicht abäschern –, sondern das ist rausverhandelt worden, und das ist ganz wichtig, da wir hier sonst nämlich nicht weiterkommen würden. Das macht den Vertrag so wichtig und nicht die Beteiligung.

(Beifall bei der SPD)

Durch die sogenannte Anreizregulierung werden bis jetzt jedenfalls keine ausreichenden Anreize für Investitionen in die Energiewende gesetzt. Das beklagen übrigens auch die Stadtwerke, und zwar unisono. Dem Senat ist es gelungen, die beiden großen Energieversorger jenseits von Konzessionsverfahren zu verpflichten, in die Energiewende zu investieren, und das ist gut so. Da die Investitionsplanung der Unternehmen in die Netzgesellschaften im Einvernehmen mit der Stadt verabschiedet wird, kann die Stadt hier auch Einfluss ausüben.

Meine Damen und Herren! Über das vorliegende Konzept hinaus wollen wir aber auch HAMBURG ENERGIE weiterentwickeln, um den Ausbau der erneuerbaren Energien in der Stadt voranzutreiben. Wir wollen Hamburg in der Energiewirtschaft effizienter machen,

(Dietrich Wersich CDU: Eigentlich wollen Sie 100 Prozent der Netze!)

wir wollen Wärme- und Kältekonzepte entwickeln, und wir müssen auch das Potenzial unserer Hochschulen einbeziehen, um in der Energiewende voranzukommen.

(Beifall bei der SPD – Glocke)

(unterbre- chend) : Meine Damen und Herren! Bevor Frau Dr. Schaal mit, wie wir alle hören, angeschlagener Stimme fortfährt, bitte ich Sie, etwas ruhiger zu sein, damit es für die Rednerin nicht so beschwerlich ist. Ich bitte Sie wirklich um Ruhe. – Fahren Sie fort, Frau Dr. Schaal.

Dr. Monika Schaal SPD (fortfahrend) : Vielen Dank, Frau Präsidentin.

Die Beteiligung an den Netzen ist eine notwendige, aber aus meiner Sicht keine hinreichende Bedingung zur Umsetzung der Energiewende. Es ist auch keineswegs so, dass mit der Verabschiedung der vorliegenden Verträge und der Drucksachen das Thema Energiewende für uns erledigt ist. Die

(Dr. Monika Schaal)

SPD-Fraktion hat schon in ihren Zusatzanträgen gesagt, dass wir die Umsetzung aktiv und eng im Parlament und öffentlich begleiten wollen. Zusätzlich hat der Senat – Herr Quast hat darauf hingewiesen – schon fast 100 Fragen und Antworten ins Netz gestellt, wo man sich weiter informieren kann. Ich möchte daran erinnern, dass viele Kolleginnen und Kollegen aus der SPD-Fraktion von Bürgerinnen und Bürgern bei abgeordnetenwatch.de gefragt wurden und wir dort teilweise sehr ausführlich Rede und Antwort gestanden haben. Offensichtlich wurde daran Gefallen gefunden und das Nachfragebedürfnis damit gestillt, denn die Nachfragen haben dann nachgelassen. Das finde ich doch eine gute Sache.

(Beifall bei der SPD)

Wir werden hier also nicht das letzte Mal diskutieren, sondern die Diskussion wird weitergehen. Wir haben noch viel zu tun, packen wir es an und stimmen Sie den Drucksachen zu. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Wenn keine weiteren Wortmeldungen vorliegen, kommen wir nun zur Abstimmung. Die Ziffern 2 und 3 des Senatsantrags aus der Drucksache 20/2949 sind bereits am 18. April 2012 in erster Lesung angenommen worden. Der Senat hatte einer sofortigen zweiten Lesung zugestimmt. Mindestens ein Fünftel der anwesenden Mitglieder dieses Hauses hatte dagegen Widerspruch erhoben.

Wir kommen nun zur zweiten Lesung. Die FDPund die GAL-Fraktion haben hierzu gemäß Paragraf 36 Absatz 1 unserer Geschäftsordnung namentliche Abstimmung beantragt.

Herr Hakverdi und Herr Wankum werden Sie nun gleich in alphabetischer Reihenfolge aufrufen. Wenn Sie die am 18. April 2012 in erster Lesung beschlossenen Ziffern 2 und 3 des Petitums aus der Drucksache 20/2949 nun in zweiter Lesung beschließen möchten, antworten Sie bitte deutlich mit Ja, wenn Sie sie ablehnen wollen mit Nein, und wenn Sie sich enthalten möchten, antworten Sie bitte mit Enthaltung.

Ich darf nun Herrn Hakverdi bitten, mit dem Namensaufruf zu beginnen.

(Der Namensaufruf wird vorgenommen) 1 Meine Damen und Herren! Ist ein Mitglied der Bürgerschaft nicht aufgerufen worden? – Es sind alle aufgerufen worden, dann erkläre ich die Abstimmung für beendet. Das Abstimmungsergebnis wird nun ermittelt und Ihnen in wenigen Minuten mitgeteilt. Solange unterbreche ich die Sitzung. Unterbrechung: 22.13 Uhr Wiederbeginn: 22.17 Uhr (Vizepräsidentin Kersten Artus übernimmt den Vorsitz.)

Verehrte Abgeordnete! Wir setzen die Sitzung fort.

Bei der Abstimmung über den Senatsantrag aus Drucksache 20/2949 gab es 62 Ja-Stimmen, 54 Nein-Stimmen und keine Enthaltungen. Damit ist der Senatsantrag aus der Drucksache 20/2949 in zweiter Lesung angenommen und somit endgültig beschlossen worden.