dere, das haben Sie explizit gesagt, an solchen Stadtteilschulen, wo sogenannte verhaltensauffällige Schüler sind. Wissen Sie, was das ist? Das ist Stigmatisierung.
Das ist genauso infam wie die Äußerung von Herrn Scheuerl, auf die Frau Schneider hingewiesen hat. Diese Gleichung, höhere gemeldete Zahlen gleich Gewaltzunahme, ist einfach unzulässig. Das ist Ihnen von mehreren Seiten gesagt worden. Wenn Sie gründlich in die Berichte schauen würden, wüssten Sie das und ich glaube, Sie wissen es auch, Sie machen nur Oppositionspolitik der besonderen Art.
Nachdem diese Aktuelle Stunde angemeldet worden ist, bin ich in meiner Schule, wo wir 1400 Schüler und 120 Lehrer haben, herumgegangen und habe einige Lehrer befragt, habe auch Kollegen an anderen Schulen, die ich gut kenne, gefragt, ob Sie es so empfinden, dass Gewalt zugenommen hat. Keiner weiß das besser als die Lehrerinnen und Lehrer, die die Fälle melden. Kein einziger Kollege und keine einzige Kollegin haben mir gesagt, dass die Gewalttaten mehr geworden seien, sondern eher weniger. Insofern sind Ihre Aussagen wirklich unzulässig.
Meine Damen und Herren! Wenn keine weiteren Wortmeldungen vorliegen, kommen wir zum fünften Thema, angemeldet von der FDP-Fraktion:
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Dratelnstraße und ein Feuchtbiotop sind natürlich Anlass für eine Debatte in diesem Haus, wenn man bedenkt, dass daran eine sehr große Veranstaltung hängt, die igs in Wilhelmsburg, eine sechsmonatige Show-Veranstaltung. Dafür hat dann ein Stadtteil wie Wilhelmsburg die Folgen zu tragen.
"Dies ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Internationalen Gartenschau 2013, einem Leitprojekt der Stadt Hamburg, das seine Sonnenstrahlen vorausschickt."
Mindestens 3000 gefällte Bäume, viele Hektar plattgemachter Feuchtbiotope und noch mehr Millionen Euro Steuergelder später lesen wir auf der Internetseite der igs 2013:
"Die Internationale Gartenschau Hamburg igs 2013 ist der grüne Impulsgeber der Freien und Hansestadt Hamburg für die stadtentwicklungspolitische Erschließung des Hamburger Südens."
Wo geschieht das alles? Auf einem rund 100 Hektar großen Gebiet, dem früheren Wilhelmsburger Park, also nicht irgendwo auf einer grünen Wiese oder im Hafengebiet, sondern in einem bestehenden Park, der umgestaltet wird. Was sagt die igs heute?
"Themen wie Klimaschutz, Gesundheit und Naturschutz werden über vielfältige Aktionen und Präsentationen für den Besucher erlebbar gemacht."
(Jens Kerstan GAL: Dass eine Nabelschau kein Naturschutz ist, hätte ich Ihnen vor zehn Jahren schon sagen können!)
nachdem auf dem Gelände die Lebensräume von Haselmäusen und Eisvögeln nachhaltig zerstört worden sind. Auch Herr Baumgarten, der im BUND eine sehr hohe Stellung hat, müsste wissen, was denn die igs zum Beispiel über die Gärten der Naturwelten so von sich gibt – Zitat –:
"Die Gärten zeigen die 'Natur' der Zukunft. 'Garten der fliegenden Erdbeeren' heißt etwa eine der fünf Interpretationen oder 'Gärtnern auf dem Mars'. Der Charme dieser Welt ergibt sich aus dem Kontrast zwischen der natürlich gewachsenen und gestalteten, ja gestylten Natur. Hier das hohe Ried, dort die interaktiv animierten Pflanzen, interplanetarischen Gärten und die Nahrungsmittel der überfischten Zukunft: Planktonkuchen, Quallenschnitzel, Algensalat."
(Beifall bei Dr. Andreas Dressel SPD – Jens Kerstan GAL: Was wollen Sie eigentlich? Dass es keine igs gibt?)
"In den Naturwelten erleben die Besucher den Kontrast zwischen den vielseitigen Natur- und Kulturlandschaften […] und einem Blick auf die Nahrungsmittelproduktion des 21. Jahrhunderts vor dem Hintergrund des Klimawandels und der Bekämpfung des Welthungers."
Sie sehen, Sie werden eine Menge erleben. Einen wirklichen Kontrast aber werden Sie spüren, wenn Sie auf der Internetseite nach unten scrollen. Unter der Überschrift "Geländedokumentation 2008" können Sie auf einem Video sehen, wie es dort vorher
Der ökologische Wert dieser nun plattgemachten Natur wird nicht bestritten, man verspricht, den Schaden an anderer Stelle auf der Elbinsel wiedergutzumachen, und zwar auf den offenen Wiesenflächen in Moorwerder und Stillhorn. Bauern, die dort extensive Rinderzucht betrieben haben, werden die Pachtverträge gekündigt, den Bodenbrütern werden in Gestalt von Neupflanzungen Bäume vor den Schnabel gesetzt. Aus einer freien Wiesenlandschaft entsteht nach und nach ein Flickenteppich von Ausgleichsflächen mit unterschiedlichsten Ersatzbiotopen. Nach dem Wilhelmsburger Stadtpark ist Moorwerder das zweite Naturopfer auf der Elbinsel. Nach 2013 werden der Erhalt des igs-Parks und der Aufwand für die Ausgleichsmaßnahmen weiterhin die Stadt belasten. Das alles hätte man sich sparen können, wenn die Gartenschau auf einer Konversionsfläche errichtet worden wäre.
Noch einmal zusammengefasst: Die Standortentscheidung für diese sechsmonatige Showveranstaltung war falsch.
Die Folgekosten für die Natur, für die Wilhelmsburger und für die Steuerzahler sind skandalös. Außerdem ist die geistige Windstille vieler selbsternannter Naturschützer in dieser Stadt beim Thema igs unerträglich. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Hier stehe ich und kann nicht anders. Ich muss Ihre Kritik eigentlich teilen.
Ich gebe zu, dass die Vorfreude auf die internationale gartenschau auch bei mir merklich dadurch getrübt ist, dass Tausende von Bäumen gefällt wurden. Wir wissen, dass nahezu 5000 Bäume, zum Teil sehr wertvolle, nicht mehr da sind. Sie wurden geopfert für eine künstlich angelegte Gartenschau. Es wird zwar Ausgleich geschaffen, das sehen wir durchaus positiv, aber es ist problematisch, wenn von den Ausgleichsmaßnahmen bestehende Biotope verdrängt werden, abgesehen da
von, dass man offensichtlich vergaß, Parkplätze zu planen, und sie nun in Arealen anlegt, die ebenfalls einen hohen naturräumlichen Wert haben.
Das hat uns in der vorigen Legislaturperiode schon beschäftigt. Insbesondere das Fällen der Bäume war Gegenstand von zahlreichen Schriftlichen Kleinen Anfragen. Nun muss man sich einmal anschauen, wie das vor sich gegangen ist. Leute vor Ort haben bemerkt, dass die Kettensäge angesetzt wird, haben daraufhin Abgeordnete angerufen, dann wurden Anfragen gestellt, es gab Antworten, die Aufklärung war da, aber die Bäume waren weg. Das weist auf einen strukturellen Mangel hin. Die CDU hat seinerzeit nicht gewollt, dass das Parlament bei der Gestaltung der Gartenschau und der IBA wesentlichen Einfluss hat. Ole von Beust hat es so gewollt, dass die Rolle der Parlamentarier weitgehend auf die der Zuschauer reduziert wurde. Wir waren nur dazu da, das Geld – es war nicht gerade wenig – zu bewilligen. Die beiden Projekte sind weitgehend ohne parlamentarische Beteiligung umgesetzt worden. Herr Duwe hat schon darauf hingewiesen, dass die CDU die igs als ein Leuchtturmprojekt mit weiter Strahlkraft angesehen hat. Aber man weiß, wie Leuchttürme wirken, darunter ist es meist dunkel.
Die Bürgerschaft ist im Jahr 2004 durch eine Senatsmitteilung über die Gartenschau informiert worden. Wir wollten sie auch, aber uns war nicht klar, dass wir von Entscheidungen weitgehend ausgenommen sein würden.
Im Jahr 2006 ist dann die igs GmbH gegründet worden. Die Senatsberichte in der Folgezeit sind zwar in Abständen in den Ausschüssen beraten worden, aber es war immer ex post, wir sind im Nachhinein in Kenntnis gesetzt worden. Ein Blick in die Protokolle zeigt, dass es sehr viel Kritik gegeben hat, gerade in naturschutzfachlicher Hinsicht oder auch in Fragen des Lärm- und Gewässerschutzes. Einen nachhaltigen Erfolg allerdings hatte das Parlament. Nach heftiger Kritik wurde im Jahr 2007 entschieden, einen teuren See nicht anzulegen.
Meine Damen und Herren! Auch wenn es mit Blick auf die Gesamtmaßnahmen natürlich nachvollziehbare Gründe dafür gibt, dass Bäume gefällt wurden, bleibt aber doch das ungute Gefühl, dass Natur vernichtet wurde und man nicht darüber nachgedacht hat, wie man die bestehende Natur in die Gärten integrieren kann.
Die CDU hat keine Sensibilität gezeigt und auch die GAL hat, beim Bau der BSU zum Beispiel, nicht auf bestehende Biotope Rücksicht genommen. Ich finde das alles sehr enttäuschend. Bei der CDU waren wir es gewohnt, ich denke an die Diskussion um den Sportpark im Volkspark. Dort hat man auch, bevor auch nur das Konzept griffig war, Bäume gefällt. Später wurde das Konzept zurückgezogen, aber die Bäume waren weg. Wir müssen zu einer anderen Art und Weise von Gestaltung kommen, das Parlament und auch die Bürgerinnen und Bürger vor Ort müssen in solchen Fragen mitwirken.
Jetzt müssen wir uns darum kümmern, dass die igs ein Erfolg wird. Und wir müssen uns um eine gute Nachnutzung kümmern, denn sonst haben die Wilhelmsburgerinnen und Wilhelmsburger von dieser schönen Schau nichts. – Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD – Olaf Ohlsen CDU: Das wollen wir doch alle! – Jens Kerstan GAL: Das ist doch alles Teil des Konzepts!)