Protocol of the Session on March 28, 2012

Wenn wir den Gedanken der FDP weiterspinnen und die HHLA verkaufen, dann wird der gleiche Fehler, den seinerzeit CDU und GAL gemacht haben, die Stadt in ein paar Jahren umso stärker erneut treffen, denn ab 2020 gilt die Schuldenbremse, und dann werden wir andere Antworten zu formulieren haben. Hamburg will und braucht ein sicheres Engagement und ein Steuerungsinstrument im Hafen. Dazu bekennen wir uns ausdrücklich. Unsere Stadt ist damit unabhängig von Standortentscheidungen auswärtiger Unternehmen.

(Finn-Ole Ritter FDP: VEB Hafen!)

Die HHLA erfüllt ihre Rolle unserer Überzeugung nach vorbildlich. Wir wollen – es ist bezeichnend, Herr Dr. Kluth, dass Sie diesen Aspekt ausgeklammert haben – gerechte Löhne und Arbeitsplätze mit Zukunft im Hafen. Die HHLA ist dafür als städtisches Unternehmen ein Garant. Billiglöhne und Lohndumping darf es nicht geben.

Bei dieser Gelegenheit möchte ich auf den zweiten Punkt Ihres Antrags eingehen. Die Belegschaftsaktien gibt es heute schon, das ist laut Tarifvertrag abgesichert. Gerade erst ist eine Information an die Beschäftigten herausgegangen, ob sie sich nicht wieder beteiligen wollen. Dieser Punkt ist also schon obsolet.

(Finn-Ole Ritter FDP: Dann können Sie ja zustimmen!)

Der Verkauf wichtiger Infrastrukturen hat sich gerade in Hamburg mehr als deutlich als Fehler herausgestellt; ich will nur das Beispiel LBK erwähnen. Dresden mit den Beteiligungselementen im Wohnungsbau, das Beispiel Großbritannien, das Beispiel Energie sind Themen und Argumente, die uns eindeutig in der Position bestärken, einer weiteren Privatisierung nicht das Wort zu reden.

(Zuruf von Jörg Hamann CDU)

Deswegen lehnen wir auch die FDP-Idee ab, SAGA-Anteile zu verkaufen.

(Beifall bei der SPD – Dirk Kienscherf SPD: Richtig!)

Privatisierung ist nach wie vor das Allheilrezept der FDP. Darauf werden wir gleich auch noch bei der Diskussion um Hapag-Lloyd eingehen. Dieser Illusion dürfen Sie gerne weiter anhängen, aber eine Mehrheit in diesem Hause wird es dafür nicht geben.

(Finn-Ole Ritter FDP: Das macht es aber nicht besser!)

Mit Blick auf die Schuldenbremse und die Verpflichtung zu nachhaltiger und sorgfältiger Haus

haltsführung ist es essenziell notwendig, klug und weitsichtig mit den städtischen Ressourcen umzugehen. Wir brauchen eine verlässliche Einnahmeseite, das ist ausgeführt worden, und ein städtisches Unternehmen im Hafen. Hamburg braucht die HHLA, und deswegen bleibt die HHLA auch Teil Hamburgs und wird nicht verramscht. – Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Herr Ohlsen hat das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! 2007 war ein gutes Jahr für Hamburg und den Haushalt. 1,1 Milliarden Euro sind durch den 30-prozentigen Verkauf der HHLA in die Haushaltskasse gespült worden.

(Dirk Kienscherf SPD: Aber nicht sinnvoll eingesetzt!)

Es war auch ein gutes Jahr für die HHLA, weil 100 Millionen Euro zusätzlich als Betriebskapital zur Verfügung gestellt werden konnten. Es war ein gutes Jahr für den Hamburger Hafen, weil wichtige Infrastrukturmaßnahmen – ich will sie hier gar nicht alle noch einmal erörtern – auch in den Folgejahren durchgeführt werden konnten, ohne den Haushalt zu belasten.

(Beifall bei der CDU)

Das war und ist gute CDU-Politik.

(Beifall bei der CDU – Dirk Kienscherf SPD: Das war kurzsichtige Politik!)

Bevor wir nun, lieber Herr Kluth, zu Ihrem Antrag kommen und uns über Dinge unterhalten, die in die Zukunft weisen, um die HHLA weiterhin zu privatisieren, ist es angebracht, auch einen Blick in die nicht unproblematische Vergangenheit zu werfen. Die Geschichte zeigt, dass die Deutsche Bahn Schenker AG ein vitales Interesse daran hatte, große Teile der HHLA zu übernehmen. Die Gewerkschaften, die Betriebsräte, aber auch die Menschen, die mit und bei der HHLA arbeiten, haben erreicht, dass es nicht zu diesem Schritt gekommen ist. Auch die Opposition hat stark darauf eingewirkt, hier gilt auch unser Dank.

Unser Bestreben war es, mit den Gewerkschaften und Betriebsräten zu der einvernehmlichen Lösung zu kommen, die HHLA in dieser Form als Bestandteil für den Hamburger Hafen zu erhalten. Wir wollten die logistische Seite stärken und haben im Zusammenhang mit der 30-prozentigen Anhandgabe erreicht, dass wir viele Dinge verknüpfen konnten. Wir sehen uns außerstande – Herr Kluth hat Ihnen das vorhin kurz mitgeteilt –, diesem Antrag zuzustimmen, weil wir damals mit den Betriebsräten vereinbart haben, auf weitere Verkäufe der HHLA zu verzichten. Das geht in die richtige Richtung

(Jan Balcke)

und ist gute, verlässliche CDU-Politik. – Schönen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Herr Dr. Tjarks hat das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kluth, Sie sprechen in Zeiten der Schuldenbremse, die wir gestern mit der SPD zusammen vorgestellt haben, mit den Hafeninvestitionen ein sehr ernstes Problem an. Wenn man die Schuldenbremse mit Weitsicht betrachtet, dann kann dieses Problem nicht dadurch gelöst werden, dass man die Hafeninvestitionen dauerhaft in vollem Umfang aus dem Haushalt bezahlt. Das alleinige Bezahlen aus dem Haushalt ist ein Holzweg, und wenn Sie diesen Kurs fortsetzen, dann wird der Hafen irgendwann der einzige Investitionsschwerpunkt der Stadt sein. Deswegen sollte man sich keine Denkverbote auferlegen lassen.

(Beifall bei der GAL und bei Robert Bläsing und Finn-Ole Ritter, beide FDP)

Herr Balcke sagte eben auch, dass mit der Hafenfinanzierung alles noch nicht ganz optimal geregelt sei und dieses Thema, weil es einer der großen Investitionsschwerpunkte im Haushalt ist, vertieft im Ausschuss diskutiert werden sollte. Wenn man den Antrag nicht als reinen Privatisierungsantrag versteht, sondern als Frage, wie man die Hafenfinanzierung in Zukunft gewährleisten kann, dann würde es mich freuen, wenn Sie den Antrag an den Ausschuss überweisen oder wir im Ausschuss zu dem Thema eine Selbstbefassung machen würden. Denn das Thema, wo das Geld eigentlich herkommt, treibt uns alle um, und die Schuldenbremse, Sie haben es selbst gesagt, nagt am Geld. Vor diesem Hintergrund müssen wir uns neue Wege überlegen.

(Beifall bei der GAL und der FDP)

Ich sage das auch vor dem Hintergrund, dass Sie oder der Wirtschaftssenator vor Kurzem den Hafenentwicklungsplan-Entwurf vorgelegt habe. Dort steht alles drin, was man sich so wünscht, wenn man die Wirtschaft ist. Das ist nicht alles falsch, aber dort steht nichts zur Finanzierung, und das kostet natürlich entsprechend.

Wir diskutieren nachher über die Frage, ob Hamburg einen relativ teuren Anteilskauf von HapagLloyd stemmen soll. Und vor Kurzem ist bekannt geworden, dass mein Lieblingsprojekt, die Elbvertiefung, wieder teurer geworden ist, und das ist nicht das Ende der Fahnenstange. Wenn wir diese ganzen Investitionen stemmen wollen, dann bleibt nur etwas für den Hafen und den Verkehr, und das ist meistens Verkehr im Hafen, die großen Brücken. Es bleibt nichts mehr für die Schulen und die Hochschulen, Kultur und Soziales, und deswe

gen geht die Hafenfinanzierung die ganze Zukunft der Stadt an. Wenn man alles in den Hafen investiert, dann ist das keine Gemeinwohlorientierung für eine zukunftsfähige Politik.

(Beifall bei der GAL)

Wir glauben aber nicht – da sind wir relativ dicht bei Herrn Ohlsen, es gab ein paar Vereinbarungen in Bezug auf die HHLA –, dass es sinnvoll ist, wenn die HHLA am Ende Anhängsel eines großen, international operierenden Konzerns ist. Das kann nicht im Interesse der Bürgerschaft und der Stadt sein. Wenn man sagt, wir haben jetzt ungefähr 66 Prozent an der HHLA und wir hätten mit 50,1 Prozent dieselbe Kontrollmehrheit – dann haben wir 16 Prozent totes Kapital –, dann sollte man vor diesem Hintergrund schon darüber nachdenken, ob das nicht eine sinnvolle Option sein kann. Das muss aber auch – da stimmen wir mit der FDP nicht überein – in ein Gesamtkonzept zur Hafenfinanzierung eingebunden sein. Dieses kann nur darin bestehen – an diesem Punkt finde ich Ihren Antrag durchaus charmant –, Ziel- und Leistungsvereinbarungen mit der HPA abzuschließen, die auf Einnahmesteigerungen hinauslaufen, bei Mieten und Pachten beispielsweise. Es gibt das große Problem im Hafen, dass die Flächen relativ günstig gemietet und dann teuer weitervermietet werden, und das meistens sogar drei-, viermal, sodass wir Flächen haben, die für 4 Euro den Quadratmeter von der Stadt vermietet werden, aber für 35 Euro beim Endmieter landen. Das ist ein Problem, und wir haben nichts zu verschenken. Deswegen muss ein umfassendes Konzept her, um die Hafenfinanzierung zu lösen. Das kann man nicht hier in der kurzen Debatte lösen, aber wir sollten uns damit beschäftigen, und ich würde mich freuen, wenn wir das als Selbstbefassung im Ausschuss behandeln würden. – Danke schön.

(Beifall bei der GAL und der FDP)

Das Wort hat Herr Hackbusch.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Bei dem, was ich eben gehört habe, hätte die FDP bei der GAL auch einmal klatschen können.

(Finn-Ole Ritter FDP: Das haben wir getan, hallo!)

Das wurde mir aus Ihren Reihen vorgetragen, nicht aus meinen.

(Finn-Ole Ritter FDP: Aber wir klatschen jetzt nicht!)

Das macht nichts.

Ich bin skeptisch, wenn jemand im Zusammenhang mit solchen Fragen "Denkverbote aufheben" will. Denkverbote muss man immer aufheben, das

(Olaf Ohlsen)

ist klar und keine Frage, aber wenn man das in dem Zusammenhang sagt, werde ich sehr skeptisch.

(Beifall bei der LINKEN)

Der Antrag der FDP ist ziemlich luschig zusammengeschustert, das bin ich von Ihnen, Herr Dr. Kluth, gar nicht gewohnt. Einige Sätze stimmen einfach nicht, zum Beispiel:

"Die mit Investitionen in die Hafeninfrastruktur verbundenen Kosten übersteigen die Gewinne […] in mehrfacher Hinsicht."

Das kann gar nicht sein und ist doch umgekehrt. Auch wenn Sie etwas Allgemeines schreiben und dann HPA-Fragen hineinbringen, ist das leider etwas luschig und geht auf den Kern, mit dem Sie vorgestern die Überschriften gewonnen haben, nicht ein. Was ist denn Ihre Bilanzierung der Privatisierung? Das ist doch eine der entscheidenden Fragen, mit denen wir uns auseinandersetzen müssen. Wir haben Erfahrung mit Privatisierungen, nehmen wir die HEW, wo wir einvernehmlich in der Bürgerschaft gesagt haben, dass die Privatisierung ein Fehler war. Mich würde Ihre Meinung dazu interessieren, warum diese Privatisierung eigentlich ein Vorteil sein sollte. Das ist gerade im Zusammenhang mit politischer Steuerung bei Investitionen, die die Stadt tragen muss und von denen man sich nicht vorstellen kann, dass sie nur privat gemacht werden können, eine existenzielle und wichtige Frage. Wenn man das weggibt, was die Stadt in Zukunft ernähren könnte, dann wirkt es so, als ob man Tafelsilber verkauft. Auch im Zusammenhang mit der Deutschen Bank und der Freigabe und Entwicklung von Aktien ist die Situation völlig falsch verstanden. Das erinnert mich eher an Zockermentalität. Die Deutsche Bank schlägt den Kauf von HHLA-Aktien vor. Sie sagen, dass das toll ist, schlagen uns aber nicht den Kauf von HHLA-Aktien vor, sondern deren Verkauf. Die Deutsche-Bank-Vorschläge haben in der Politik nichts zu suchen, man sollte sich damit ernsthafter beschäftigen. Das haben Sie nicht gemacht. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei der SPD)