Protocol of the Session on March 28, 2012

Beginn: 15.03 Uhr

Meine Damen und Herren! Die Sitzung ist eröffnet.

Bevor wir gleich in die Tagesordnung eintreten, möchte ich als unseren Gast Herrn Ralf Wieland, den Präsidenten des Berliner Abgeordnetenhauses, begrüßen. Er wird der heutigen Aktuellen Stunde beiwohnen. Sehr geehrter Herr Wieland, herzlich willkommen.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Meine Damen und Herren! Dann kommen wir zur

Aktuellen Stunde

Dazu sind fünf Themen angemeldet worden, und zwar von der Fraktion DIE LINKE

Alles wird teurer. Die Arbeit wird härter. Nur der Lohn soll stehen bleiben? Die reichste Stadt Deutschlands muss ihre Beschäftigten vernünftig bezahlen!

von der SPD-Fraktion

NPD-Verbot: Hamburg als Schrittmacher

von der CDU-Fraktion

Eltern und Schüler in Sorge – zunehmende Zahl gemeldeter Gewalttaten an Schulen

von der GAL-Fraktion

NPD-Verbot – ganz oder gar nicht: V-Leute komplett abziehen!

und von der FDP-Fraktion

igs statt Naturschutz: Senat opfert 25 Jahre Wilhelmsburger Renaturierung

Die Fraktionen sind übereingekommen, das zweite und vierte Thema zum NPD-Verbot gemeinsam zu debattieren.

Ich rufe nun das erste Thema auf. Wird das Wort gewünscht? – Frau Artus, Sie haben es.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Herren und Damen! Die Menschen, die in Hamburg leben, brauchen einen handlungsfähigen und effektiven öffentlichen Dienst. Sie benötigen qualifizierte Fachkräfte, die ihre Arbeit gern verrichten, ihre Ideen einbringen und ihre Leidenschaft dafür einsetzen, dass den Bürgern und Bürgerinnen sowie den Institutionen gute öffentliche Dienstleistungen zur Verfügung stehen.

(Beifall bei der LINKEN)

Dafür ist es erforderlich, dass diese Frauen und Männer auch gut und angemessen bezahlt werden.

(Beifall bei der LINKEN und bei Arno Mün- ster SPD)

Selbst das "Handelsblatt" stellte in seiner Ausgabe vom 12. März fest, dass die Einkommen der Staatsbediensteten seit Jahren langsamer steigen als der Durchschnitt der Tariflöhne im Land. Wenn die öffentlichen Arbeitgeber über einen klammen Haushalt jammern, dann kann ich ihnen nur entgegenhalten: Es ist vor allem die Steuerpolitik des Bundes, die seit Jahren die Kommunen in die roten Zahlen treibt.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Es sind die fehlenden Einnahmen, die die öffentlichen Finanzen so miserabel aussehen lassen. Die LINKE hat deswegen schon vor langer Zeit ein Konzept vorgelegt, das sich auf Vermögensteuer, Finanztransaktionssteuer und den Steuervollzug bezieht. Dies würde zu Mehreinnahmen in Milliardenhöhe führen.

Dass alles eine Frage der Verteilung und Gewichtung ist, zeigt sich schon an drei Beispielen:

Der SPD-Senat will sich mit 25 Prozent an den Versorgungsnetzen beteiligen.

(Dirk Kienscherf SPD: Na, Sie wollen ja 100 Prozent!)

Diese Kapitalbeteiligung ist äußerst fragwürdig. Das wurde in der letzten Woche von Expertinnenund Expertenseite noch einmal bestätigt.

(Dirk Kienscherf SPD: Sie wollen ja noch mehr ausgeben!)

Doch dafür sind Millionen vorhanden, ohne einen Gegenwert – sprich politischen Einfluss oder Gestaltungsmacht – zu erhalten.

Auch den Klinikkonzernen wird weiter munter Geld zugeschoben, obwohl sie satte Gewinne machen. Gesundheitssenatorin Prüfer-Storcks kündigte in der letzten Woche an, dass die Krankenhausinvestitionen weiterhin auf hohem Niveau bleiben sollen.

Und nehmen wir die HSH Nordbank: Da müssen heute selbst diejenigen, die in der Bürgerschaft auf der rechten Seite sitzen, konstatieren, dass die LINKE recht hatte. Diese Bank ist ein Milliardengrab und hätte besser geschlossen werden sollen.

(Beifall bei der LINKEN)

Zu diesem Ergebnis kam gestern auch ein Kommentator in der "Süddeutschen Zeitung"; er schreibt in einem Kommentar auf der Wirtschaftsseite:

"Auch im Jahr fünf nach der Finanzkrise leistet sich die Bundesrepublik noch immer sage und schreibe acht Landesbanken. Die nächste Katastrophe für die Steuerzahler lässt sich erahnen."

Er vermutet auch einen Grund dafür; etwas zugespitzt formuliert er, viele Landespolitiker wollten die Landesbanken am Leben halten, um ihr eigenes Spielzeug zu haben. Dem kann ich mich nur anschließen.

Ich fand und finde es nach wie vor ein äußerst schlechtes Signal und eine falsche Weichenstellung, dass der SPD-Senat weiteren Personalabbau ankündigt und sogar die Kürzung bei der Beamtenbesoldung vollzogen hat.

(Beifall bei der LINKEN)

Und nun konfrontiert der Erste Bürgermeister die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes im Rahmen der laufenden Tarifrunde auch noch mit dem Totschlagargument, wenn es höhere Löhne gebe, müsse eben mehr Personal abgebaut werden. Eine derartige Äußerung ist unerträglich. Sie ist arbeitnehmerfeindlich und sie ist nicht sozialdemokratisch. So macht man keine ordentliche Personalpolitik, sehr geehrter Herr Scholz.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich kann nur hoffen, dass die Beschäftigten sich davon nicht einschüchtern lassen und Herr Krupp seinem Herrn in dieser Frage nicht folgt.

Die Gewerkschaften haben 6,5 Prozent gefordert, mindestens 200 Euro mehr im Monat sowie die unbefristete Übernahme von Auszubildenden und eine Erhöhung ihrer Vergütung um 100 Euro. Die Arbeitgeber haben daraufhin 2,1 Prozent für das erste Jahr und 1,2 Prozent für das zweite Jahr angeboten. Dieses Angebot wird von den Beschäftigten als Provokation empfunden – zu Recht, wie ich finde. Allein die Energiepreise, schrieb gestern die wohl selbst bei CDU und FDP unverdächtige "Frankfurter Allgemeine Zeitung", fressen die Lohnsteigerungen auf. Was noch übrigbleiben würde, reicht nicht dafür aus, dass die Einkommen dieses großen Beschäftigungssektors – gerade angesichts des zu erwartenden Wachstumsrückgangs im Jahr 2012 – zur Steigerung der Binnennachfrage beitragen können und damit zur Stabilisierung der Wirtschaft. Diese Beschäftigten stellen ein erhebliches Konsumpotenzial dar. Daher findet die LINKE es richtig, in dieser Tarifrunde auf die unteren Einkommensgruppen zu blicken.

(Finn-Ole Ritter FDP: Die gehört zu uns!)

Sie benötigen besonders dringend einen Aufschlag. Ich möchte von hier aus ein klares Signal an die Kollegen und Kolleginnen des öffentlichen Dienstes senden. Öffentlich ist wesentlich und die Beschäftigten im öffentlichen Dienst sind es wert, dass sie einen kräftigen Zuwachs ihrer Einkommen erfahren.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort hat nun Herr Quast.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Liebe Kollegin Artus, wir haben in Hamburg einen handlungsfähigen und engagierten öffentlichen Dienst. Das möchte ich zunächst einmal betonen.

(Beifall bei der SPD und bei Finn-Ole Ritter FDP)

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verdienen für ihre Arbeit den Dank und Respekt dieses Hauses, und dabei geht es um viel mehr als nur um die Bezahlung.

Meine Damen und Herren! Tarifverhandlungen sind Angelegenheiten der Tarifparteien. Es ist gute Tradition, dass sich Politik in Tarifverhandlungen nicht einmischt. Dabei sollte es auch in diesem Fall bleiben.