Protocol of the Session on November 24, 2011

Zum Kita-TÜV. Im Landesrahmenvertrag ist alles geregelt; wir brauchen weder einen Kita-TÜV noch einen Kita-Zoll.

Grundsätzlich unterstützen wir die Forderungen der SPD. Wir begrüßen, dass die SPD nach Protesten von Eltern, Gewerkschaften und Verbänden und langen Verhandlungen mit dem Landeselternausschuss zu der Einsicht gekommen ist, dass die frühkindliche Bildung ein Schwerpunkt sein soll.

(Finn-Ole Ritter)

(Beifall bei der LINKEN)

Der Senat hat eingesehen, dass die Bekämpfung von Ausgrenzung bei gleichzeitiger Förderung von Chancengleichheit auch volkswirtschaftlich Sinn macht, da dies langfristig die gesamtgesellschaftlichen Kosten senken wird. Mehrausgaben für die frühkindliche Bildung werden mittel- und langfristig zu Einsparungen in den nachgelagerten Sozialsystemen führen.

Ich will aber auch anmerken, dass es uns an vielen Punkten nicht weit genug geht, und Defizite benennen. Die soziale Selektion von Kindesbeinen an geht weiter, weil das Kita-Gutscheinsystem die Berufstätigkeit der Eltern bevorzugt und voraussetzt. Damit wird das Recht des Kindes auf Bildung unterlaufen.

(Beifall bei der LINKEN)

Kinder ohne Aufenthaltsstatus werden weiterhin ausgegrenzt. SPD und GAL haben unsere Forderung nach einem Zugang dieser Kinder zu frühkindlicher Bildung in der Vergangenheit unterstützt. Im Haushaltsverlauf ist davon nichts mehr zu finden; ich habe von beiden Fraktionen kein einziges Wort dazu gehört. Wenn man das Grundrecht auf Bildung dieser Kinder ernst nähme, würde man ihnen Teilhabe ermöglichen, und das würde nicht einmal viel kosten.

Gebührenfreiheit für Kinder aus Hartz-IV- und Geringverdienerfamilien muss endlich umgesetzt werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Eine Familie, die mit 215 Euro für ein Kind auskommen muss, kann es sich nicht leisten, noch zusätzlich die Kita-Gebühren zu bezahlen. Das sind etwa 25 Prozent des Regelsatzes, die sie für die Kita bezahlen müssen.

(Andy Grote SPD: Die zahlen doch gar nichts, Herr Yildiz! Das wissen Sie doch!)

Statt dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu entsprechen und dafür zu sorgen, dass diese Kinder ohne Wenn und Aber an frühkindlicher Bildung teilhaben können, werden sie weiter belastet.

(Andy Grote SPD: Das ist doch Unsinn!)

Man versucht hier immer noch, nackten Menschen in die Taschen zu greifen.

(Beifall bei der LINKEN – Zurufe von der SPD)

Die zahlen auch Kita-Gebühren.

Zum Antrag der GAL. Den Antrag der GAL, mehr akademisches Personal im Gruppendienst einzusetzen und die mittelbare pädagogische Arbeit besser auszustatten, unterstützen wir. Den Antrag zur Sprachförderung lehnen wir ab. Wir wollen eine generelle Änderung der Definition des sozialbe

dingten Bedarfs. Sprachförderung soll als Kriterium für einen sozialbedingten Bedarf eingeführt werden, damit die Förderung direkt bei den Kindern ankommt.

(Beifall bei der LINKEN)

Was die weitere Förderung der mittelbaren pädagogischen Arbeit angeht, warten wir die Ergebnisse der Verhandlungen zwischen Senat, Verbänden und dem Landeselternausschuss ab.

Wir kommen zur Jugendhilfe. Bei der Jugendhilfe sind die zusätzlichen 10 Millionen Euro, die für "Sozialräumliche Hilfen und Angebote" (SHA) vorgesehen sind, nur ein Tropfen auf den heißen Stein.

(Andy Grote SPD: 100 Millionen brauchen wir oder 200 Millionen! Eine Milliarde!)

Hier ist in den letzten Jahren massiv gekürzt worden. Nicht nur, dass versucht wird, mit wenig Geld die Defizite der letzten Jahre zu lindern, man will diese zusätzlichen Gelder auch noch über die Köpfe der Bezirke hinweg verteilen. Die Rahmenzuweisung zeigt, dass die SPD jetzt zu einer anderen Ansicht gekommen ist; wir begrüßen das. Dabei ist zu betonen, dass die SPD mit ihrem A-Länder-Papier versucht, den Rechtsanspruch auf Hilfen zur Erziehung zu reduzieren. Man muss offen sagen, dass sie diesen Rechtsanspruch auch durch die Verträge mit den Bezirken kürzt. Vielen Bezirken wird vorgegeben, wie viele der "Sozialräumlichen Hilfen und Angebote" gekürzt werden müssen, damit sie die Gelder auch bekommen. Darum freuen wir uns, dass die jetzt zu bewilligenden Gelder über Rahmenzuweisungen an die Bezirke gehen werden.

Wir haben einen Antrag zur offenen Kinder- und Jugendarbeit gestellt. Jeder wird Ihnen sagen, dass dieser Bereich unterfinanziert und personell unterbesetzt ist. Seit zehn Jahren wird real bei den Häusern der Jugend, den Clubs und Bauspielplätzen gekürzt. Gleichzeitig erwartet man, dass sie noch zusätzliche Aufgaben und Probleme übernehmen. Mit Blick auf die "Ganztägige Bildung und Betreuung an Schulen" (GBS) brauchen diese Einrichtungen die nötigen Mittel, um auf Augenhöhe mit den Schulen ihre Aufgaben im Sozialraum wahrnehmen zu können. Wenn die offene Kinderund Jugendarbeit langfristig gegen die Wand gefahren wird, wird es auch keinen Erfolg bei der SHA und der GBS geben. Daher fordern wir die personelle und finanzielle Aufstockung der Einrichtungen.

(Beifall bei der LINKEN)

Diese Mittel müssen zusätzlich – ich betone: zusätzlich – in den Haushalt eingestellt werden und nicht, wie es die SPD in ihrem Antrag 20/2172 vorsieht, aus dem Titel für "Sozialräumliche Hilfen und Angebote" genommen werden.

(Andy Grote SPD: Wie viel möchten Sie denn da haben zusätzlich? – Olaf Ohlsen CDU: Gib mir alles!)

Die Ausweitung der Mittel soll zu einer Verbesserung und einer größeren Vielfalt der Angebote führen. Dann werden sie auch erfolgreich sein.

In diesem Zusammenhang möchte ich auch auf JUS-IT eingehen. Es gibt Gerüchte – die Presse hat das bereits aufgegriffen –, dass höhere Kosten auf uns zukommen, da die geplante Einführung von JUS-IT nicht rechtzeitig stattfindet. Hier brauchen wir Klarheit; ich hoffe, dass wir es nicht mit einer Elbphilharmonie der Sozialbehörde zu tun bekommen.

Es gibt zwei Anträge von CDU und FDP zur Kindertagespflege. Tagespflege ist aus unserer Sicht ein Instrument, das vorübergehend Anwendung finden sollte, weil das Kita-Gutscheinsystem den Betreuungsbedarf nicht optimal deckt. Daher sind wir dafür, diesen Bereich zu unterstützen.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir verkennen nicht, dass Eltern, die für ihr Kind keinen Kita-Platz bekommen, auf dieses Instrument zurückgreifen müssen und dass es für einige Eltern vor allem im Krippenbereich seine Funktion erfüllt. Aus diesem Grund sind wir für eine Verbesserung der Bedingungen in der Kindertagespflege. Der CDU-Antrag enthält einige richtige Verbesserungen für die Tagespflege,

(Olaf Ohlsen CDU: Das ist ja unglaublich!)

beinhaltet aber eine Gegenfinanzierung, die wir nicht mittragen können. Daher werden wir den CDU-Antrag ablehnen.

Den Antrag der FDP lehnen wir in allen Punkten aus grundsätzlichen Erwägungen ab. Er ist handwerklich schlecht, durch und durch neoliberal und ausdrücklich gegen die Fortentwicklung des Ausbaus der Kitas gerichtet.

(Glocke)

Verzeihen Sie bitte, Herr Yildiz. – Es ist eindeutig zu laut im Plenum. Bitte hören Sie zu oder verlassen Sie den Raum.

(Olaf Ohlsen CDU: Herr Yildiz ist zu laut! – Glocke)

Herr Ohlsen, ich erteile Ihnen einen Ordnungsruf.

Fahren Sie bitte fort, Herr Yildiz.

Wir unterstützen die Vorhaben der SPD, aber wir hätten uns gewünscht, dass einige Punkte schon früher umgesetzt würden, bevor das Recht auf einen KitaPlatz ab dem zweiten Lebensjahr von der Bundesregierung vorgegeben wird. – Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Senator Scheele, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich will nur noch wenige Worte sagen; Frau Dr. Leonhard hat das Wesentliche zu dem, was wir vorhaben, schon ausgeführt.

Eine Ergänzung: Selbstverständlich kommt in dieser Legislaturperiode der verbesserte Betreuungsschlüssel Erzieher/Kinder. Wir verhandeln zurzeit mit dem LEA darüber, welches die richtige Methode ist und welches die richtigen Gebiete sind. Das, was wir zugesagt haben, kommt; wir sind dabei, es einzuführen. Darauf können Sie sich verlassen, hier soll kein anderer Eindruck entstehen.

Dann möchte ich auf etwas eingehen, was Herr Ritter hier vorhin gesagt hat, es gäbe auch – in Anführungsstrichen – ganz normale Familien. Die Kinder- und Familienpolitik richtet sich an alle Menschen in dieser Stadt. Frühkindliche Bildung ist ein Aspekt zur gleichberechtigten Teilnahme von Kindern und Jugendlichen, egal, wo sie geboren sind, woher ihre Eltern kommen, welchen sozialen Status und welchen Bildungshintergrund sie haben.

(Präsidentin Carola Veit übernimmt den Vor- sitz.)

Es ist aber auch ein Aspekt der Fachkräftesicherung in dieser Stadt, damit junge Frauen an der Karriere teilhaben können und die Erwerbstätigenquote von Frauen steigen kann, die zumindest im Alter zwischen 20 und 30 Jahren zu niedrig ist, obwohl diese Frauen gut ausgebildet sind. Damit das gelingen kann, brauchen wir ein gutes Kinderbetreuungsangebot. Insoweit bieten wir allen etwas, den benachteiligten Familien und Quartieren, aber auch allen – in Anführungsstrichen – ganz normalen Familien, in denen die Eltern ihrer Arbeit nachgehen und die Frauen schneller zurück in den Beruf wollen. Darauf wollte ich hinweisen; ansonsten ist alles gesagt. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, gibt es weitere Wortmeldungen zum Bereich Familie, Kinder und Jugend? – Das ist nicht der Fall.