Protocol of the Session on November 9, 2011

Zum aktuellen Mietenspiegel: Wir haben einen Anstieg der Kaltmieten innerhalb von zwei Jahren, der 2 Prozent über der Inflationsrate liegt. Das ist natürlich zu bedenken. Aber dieser Mittelwert sagt überhaupt nichts darüber aus, wo die Probleme liegen. Es gibt eben Bereiche, in denen diese Kalt

mieten sehr stark angestiegen sind, aber welche Bereiche sind das? Das sind kleine Wohnungen in guten Wohnlagen und im voll ausgestatteten Altbau, sprich immer mehr Singles wollen in angesagten Stadtteilen wie Ottensen oder Uhlenhorst wohnen. Da ist augenscheinlich die Antwort des Senats, die meisten der 6000 Wohnungen in Stadtteilen wie Jenfeld oder Neugraben in Retortensiedlungen zu schaffen, nicht angemessen.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU – Dirk Kienscherf SPD: Das ist doch Blödsinn!)

Wir brauchen nicht nur mehr Wohnungen, wir brauchen auch mehr bedarfsgerechte Wohnungen in einem weiteren nachgefragten Umfeld, also nicht nur in den Szenevierteln, sondern auch drumherum. Das bedeutet eine andere Stadtentwicklungspolitik als in den letzten Jahren. Denn einiges an der starken Nachfrage in einigen kleinen Stadtteilen ist hausgemacht, das müssen wir einmal zur Kenntnis nehmen.

Besonders wichtig wäre es deshalb, das Standortmarketing für Stadtteile zu verbessern, die unmittelbar an diese Szeneviertel angrenzen – das ist gar nicht einmal so teuer –, und die Nebenzentren in dieser Stadt zu stärken, wie zum Beispiel Wandsbek oder Bergedorf. Diese Stadt schaut immer nur in die innenstadtnahen Bereiche, auf St. Pauli, St. Georg, Ottensen und drumherum. Wir sollten den Wohnungsbau in der Fläche ausweiten und in den Stadtteilen auch das Umfeld qualitativ verbessern. Das würde viel Dampf aus dem Kessel nehmen.

(Beifall bei der FDP und bei André Trepoll CDU – Andy Grote SPD: Aber staatlich len- ken kann man das nicht, oder?)

Man kann zum Beispiel Stadtentwicklungsprogramme auflegen, die sich nicht nur auf die GALHochburgen in dieser Stadt konzentrieren. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der SPD)

Das Wort erhält nun Frau Senatorin Blankau.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Herr Duwe, nun haben wir schon so oft darüber geredet, dass wir auch den Süden Hamburgs stärken müssen, und Sie können davon ausgehen, dass wir das gemeinsam anpacken werden. Auch der Bezirk Harburg ist sehr schön und man kann da auch sehr gut wohnen; da sind wir uns einig. Und da ist auch in den letzten Jahren schon einiges entstanden, was es auszubauen gilt.

(Beifall bei Sabine Steppat SPD)

Meine Damen und Herren! Vor genau einer Woche haben wir den Mietenspiegel veröffentlicht. Stichtag für die Daten war der 1. April 2011, da war dieser Senat gerade acht Tage im Amt. Wenn man sich die Ergebnisse des Mietenspiegels anschaut, dann stellt man fest, dass der Anstieg von 5,8 Prozent gegenüber dem Jahr 2009 sehr deutlich macht, dass dringender Handlungsbedarf besteht. Die SPD hatte in der Opposition und im Wahlkampf bereits auf diesen dringenden Handlungsbedarf hingewiesen.

(Beifall bei der SPD)

Herr Hamann, ich fand Ihren Beitrag heute sehr versöhnlich,

(Zurufe von der CDU: Oh! – Ole Thorben Buschhüter SPD: Der kann auch anders!)

weil wir auch schon andere Diskussionen miteinander hatten. Aber wir mussten natürlich zur Kenntnis nehmen, dass das auch die Folge einer zehnjährigen Wohnungsbaupolitik in Hamburg war, die eigentlich nicht stattgefunden hat und schon gar nicht sozial gerecht war.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Und, Herr Hamann, ich bedanke mich bei Ihnen für den Hinweis, dass die Mietsteigerungen unter anderem deshalb nicht noch höher waren, weil wir nach wie vor einen sehr hohen Bestand an Sozialwohnungen haben.

Das ist natürlich eine Wohnungsbaupolitik der sozialdemokratischen Senate vor 2001 gewesen.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren! Das ist jetzt auch ein Appell an alle Parteien: Es ändert nichts daran, dass wir zur Kenntnis nehmen müssen, dass die Situation außerordentlich angespannt ist, vor allen Dingen im Altbaubestand, in den Szenevierteln, wie Herr Duwe immer so schön sagt, und darüber hinaus bei kleineren Wohnungen.

(Glocke)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Hamann?

Nein, heute nicht, Herr Hamann.

(Zurufe von der CDU: Oh! – Klaus-Peter Hesse CDU: Und ich dachte, wir wären Freunde geworden! – Heiterkeit bei der CDU)

Die dramatische Lage in Teilen des Wohnungsmarkts ist unverkennbar und wir müssen feststellen, dass ein dringender Handlungsbedarf im Bereich der bezahlbaren und preiswerten Wohnungen besteht, und da müssen wir etwas tun. Dieser

Situation hat sich dieser neue Senat gestellt. Es sind hier schon einige Stichworte gefallen, aber ich will sie noch einmal erwähnen.

Erstens: Wir haben in vergleichsweise kurzer Zeit einen Vertrag mit den Bezirken auf die Beine gestellt, in dem wir uns mit den Verantwortlichen, im Übrigen auch mit den Bezirksversammlungen, auf die Zielzahlen für die Erteilung von Baugenehmigungen verständigt haben. Die Bezirke haben die Aufgabe angenommen und sie arbeiten mit Hochdruck an ihren jeweiligen Wohnungsbauprogrammen. Die steigende Zahl erteilter Baugenehmigungen ist ein deutlicher Beleg dafür, dass sich etwas geändert hat.

(Klaus-Peter Hesse CDU: Das ist doch Quatsch! Baugenehmigungen entstehen doch nicht in einem halben Jahr!)

Wir haben mit dem Stand vom 30. Oktober mittlerweile über 5500 erteilte Baugenehmigungen.

(Beifall bei der SPD)

Zweitens: Wir haben umgehend die Gespräche mit der Wohnungswirtschaft gesucht und nicht nur mit den Wohnungsbaugenossenschaften und der SAGA GWG, sondern auch mit der privaten Wohnungswirtschaft, und wir haben die Mietervereine einbezogen.

(Klaus-Peter Hesse CDU: Wie kann man nur ein ganzes Parlament für blöd verkaufen?)

Ein Drittel der 6000 neuen Wohnungen wird im 1. und 2. Förderweg künftig öffentlich gefördert. Damit beleben wir endlich wieder das, was noch die Senate in den Neunzigerjahren ausgezeichnet hat: Es wird wieder sozialer Wohnungsbau in Hamburg stattfinden.

(Beifall bei der SPD)

Darüber hinaus wird es einen zweiten öffentlich geförderten Weg geben, der bedeutet, dass auch mittlere Einkommenshaushalte wieder in innerstädtischen Bereichen Wohnraum finden werden.

(Beifall bei der SPD – Zuruf von Olaf Duge GAL)

Herr Duge, es ist richtig, dass schon vieles begonnen worden ist. Der Wohnungsbaukoordinator ist 2010 eingesetzt worden und er ist weiterhin Wohnungsbaukoordinator und Staatsrat.

(Klaus-Peter Hesse CDU: Woher kommen denn die Baugenehmigungen? – Gegenruf von Dirk Kienscherf SPD: Vom Bezirk, das wissen Sie doch!)

Das strategische Flächenmanagement ist deutlich fortgeschritten, die Konzeptausschreibung findet statt und wir haben eine Senatskommission geschaffen, die Entscheidungen trifft.

(Senatorin Jutta Blankau)

Die Wohnungsverbände – darauf kommt es auch an – bekennen sich im Bündnis zu diesen Zahlen und die Wohnungswirtschaft verhandelt mit uns über städtebauliche Verträge, die garantieren sollen, dass auch auf privaten Grundstücken ein Drittel öffentlicher Wohnungsbau stattfinden wird. Die Wohnungswirtschaft verpflichtet sich nach wie vor, energetische Sanierungen vorzunehmen, und sie hat sich auch bereit erklärt, was uns außerordentlich wichtig war, gemeinsam mit den Mieterverbänden an Lösungen zu arbeiten, um die energetischen Zielsetzungen sozialverträglich umsetzen zu können. Da sind wir dabei.

(Beifall bei der SPD)

Auch die Frage von Sozialen Erhaltungsverordnungen haben wir beschleunigt. Es gibt eine Soziale Erhaltungsverordnung in Hamburg, die seit 1995 in der südlichen Neustadt existiert. Sechs sind auf den Weg gebracht und ich gehe davon aus, dass sie Anfang nächsten Jahres Schritt für Schritt umgesetzt werden.

(Hans-Detlef Roock CDU: Wer hat sie denn auf den Weg gebracht? Sie doch nicht!)

Drei sind bereits in der Prüfung in Gebieten, die sich zukünftig genauso entwickeln, wie andere Stadtteile sich auch entwickelt haben, wie Wilhelmsburg, Dulsberg und Barmbek.

Darüber hinaus sind wir dabei, die Frage der Novellierung des Wohnraumbewirtschaftungsgesetzes auf den Weg zu bringen. Wir haben eine Arbeitsgruppe mit den Bezirken gebildet, um den Einsatz der Asklepios-Rückkehrer zu klären für die Überprüfung von Zweckentfremdung, Leerständen und letztendlich auch für andere Fälle, die in der Öffentlichkeit immer wieder eine Rolle spielen. Selbstverständlich, das habe ich auch in der vergangenen Woche bei der Landespressekonferenz bereits gesagt, werden wir schauen, in welcher Weise wir Bundesratsinitiativen ergreifen können. Es wird hilfreich sein, im Januar darüber im Stadtentwicklungsausschuss zu diskutieren, in welchen Punkten wir als Hamburg versuchen, Initiativen zu ergreifen. Ich möchte nur eines hier sehr deutlich machen: Etwas im Bundesrat einzubringen, heißt noch nicht, dass wir irgendetwas durchsetzen. Da gibt es die eine Gruppe, die die Bundesregierung stellt und die sich für das liberale Mietrecht stark macht,

(Dietrich Wersich CDU: Die Länder stellen den Bundesrat!)

und dann gibt es die andere Gruppe, die sich für soziales Mietrecht einsetzt, und da muss man immer Kompromisse finden und auch die Frage stellen, in welchen Punkten wir glauben, mehrheitsfähig zu sein. Im Übrigen möchte ich daran erinnern, dass die Situation der Verknappung am Wohnungsmarkt in Hamburg bedauerlicherweise auf andere Situationen in Flächenländern trifft, wo es

um Rückbau von Wohnraum geht, beispielsweise im nördlichen Schleswig-Holstein oder in vielen ostdeutschen Ländern, die völlig andere Probleme haben als wir als wachsende Stadt. Dass wir wachsen, ist gut, aber dafür müssen wir Wohnraum schaffen.

(Beifall bei der SPD)