Das ist keine Ausrede. Sich einer notwendigen Lösung zu verweigern, indem man sich hinstellt, als ob man die Weisheit mit Löffeln gegessen hätte, ist ein Armutszeugnis. Dazu ist die Situation in Europa zu ernst, und deswegen kann man Ihnen nicht glauben, dass Sie eine proeuropäische Partei sind. Das sind Sie nicht.
Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 39, Drucksache 20/1813, Bericht des Haushaltsausschusses: Entwurf eines Gesetzes über die jährliche Sonderzahlung und die Besoldungs- und Versorgungsanpassung 2011/2012.
[Bericht des Haushaltsausschusses über die Drucksache 20/1016: Entwurf eines Gesetzes über die jährliche Sonderzahlung und die Besoldungs- und Versorgungsanpassung 2011/2012 (Senatsantrag) – Drs 20/1813 –]
[Antrag der Fraktion DIE LINKE: Hände weg vom Weihnachtsgeld! – Beibehaltung der Sonderzahlungen für hamburgische Beamte, Richter und Versorgungsempfänger – Drs 20/1908 –]
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Über das Weihnachtsgeld wurde in diesem Parlament schon einmal sehr, sehr heftig diskutiert, und zwar fast auf den Tag genau, nämlich am 29. Oktober 2003. Damals brachte die CDU-FDP-Schill-Koalition eine Kürzung der Sonderzahlungen von 86,3 Prozent auf 60 Prozent beziehungsweise 66 Prozent ein. SPD und GAL stimmten dagegen, aber diese schillernde Koalition bekam eine Mehrheit. Nicht alle Abgeordneten aus dieser Koalition stimmten dafür. Eine enthielt sich, und Schill blieb gleich in Urlaub auf Kuba. Interessant ist auch, dass damals von allen Seiten versprochen wurde, dass die Kürzung des Urlaubs- und Weihnachtsgeldes für die Hamburger Beamtenschaft auf drei Jahre begrenzt werden sollte. Also ab 2006 sollte die alte Regelung wieder
in Kraft treten. Die CDU betonte damals, es gebe keinen Zweifel an der Glaubwürdigkeit dieses Senats. Ich wiederhole, CDU-Schill-FDP-Senat, glaubwürdig. Und die FDP versprach, sie werde sehr konsequent auf die Einhaltung der Befristung bis 2006 achten. Das geschah 2003 auch in der Person von Herrn Schinnenburg. Schon damals war der Deutsche Beamtenbund sehr skeptisch, ob die Politik dieses Versprechen einhalten würde, und der Deutsche Beamtenbund sollte Recht behalten. Unter Schwarz-Grün wurde der Vorschlag zur erneuten Kürzung des Weihnachtgeldes eingebracht. Unter der Forderung nach mehr Gerechtigkeit erklärte Ole von Beust am 16. Juni 2010, dass Einsparungen weitestgehend gerecht verteilt werden müssten. Da haben wir von der LINKEN zugestimmt. Er fügte dann hinzu – Zitat –:
"Darum werden Sie mich an Ihrer Seite und auch als Streiter dafür haben, […] die Erhöhung des Spitzensteuersatzes um zwei Punkte von 42 Prozent auf 44 Prozent und auch die Erhöhung der sogenannten Reichensteuer […] von 45 auf 47 Prozent hinzukriegen."
Mir hat bis heute keiner der Akteure, die die Sonderzahlung erneut kürzen beziehungsweise streichen wollen, erklären können, warum eine einzige Berufsgruppe die Löcher im Haushalt stopfen soll. Schon unter Rot-Grün wurden in Hamburg Sparmaßnahmen auf dem Rücken der Beamtinnen und Beamten durchgesetzt. Im Jahr 1994 wurden 7000 Stellen im öffentlichen Dienst abgebaut und die Arbeitszeit um 1,5 Stunden wöchentlich erhöht.
Die Beamtinnen und Beamten fordern keine Sonderrechte. Sie wollen aber auch nicht ständig zu finanziellen Sonderopfern herangezogen werden.
Dabei ist natürlich immer im Hinterkopf zu behalten, dass sie nicht streiken dürfen, was inzwischen übrigens auf EU-Ebene durchaus zu Recht infrage gestellt wird. Uwe Grund hat heute in einem Brief an alle Fraktionen darauf hingewiesen, dass Weihnachtsgeld kein Privileg ist, aber es ist auch kein Almosen. Seit Jahrzehnten wiederholt sich das gleiche Szenario. Der Senat, egal in welcher Zusammensetzung, verlangt der Beamtenschaft bei ständig schlechter werdender Bezahlung immer mehr Arbeit ab. Dafür gibt es keine Berechtigung. Das hat mit Fürsorgepflicht gar nichts zu tun.
Die Beamtinnen und Beamten haben die Finanzkrise nicht verursacht. Nun sollen die Banken kapitalisiert werden, einige sprechen sogar davon, dass
sie zwangskapitalisiert werden sollen. Das heißt, man will den Banken sogar gegen ihren eigenen Willen Steuergelder in die Kassen spülen. Das kann doch nicht wahr sein. Wir sind für eine Kapitalisierung der öffentlichen Haushalte, für eine Kapitalisierung von sozialen Projekten, des sozialen Wohnungsbaus, der Schulen und der Hochschulen.
Wir wollen auf keinen Fall, dass den Beamtinnen und Beamten, wo auch immer, die Gehälter gekürzt werden.
Uwe Grund hat heute in seinem Schreiben darauf hingewiesen, dass der Bund das Weihnachtsgeld von 30 Prozent auf 60 Prozent ab dem 1. Januar 2012 für Bundesbeamtinnen und -beamte wieder aufstockt. Daran sollte Hamburg sich ein Beispiel nehmen.
Wir werden heute eine namentliche Abstimmung beantragen und wir werden die zweite Lesung verweigern. Das halten wir bei der Tragweite dieser erneuten Kürzung der Sonderzahlung für absolut notwendig. Übrigens sah das die Oppositionspartei SPD 2003 genauso. Wir hoffen, dass der Senat nach dieser Debatte noch einmal in sich geht. Zurzeit findet auf dem Jungfernstieg eine Kundgebung von DGB, Deutschem Beamtenbund, VHS und vielen anderen Organisationen mit Tausenden von Teilnehmern statt unter dem Motto: Stopp dem Staatsdiebstahl. Wir hoffen, der Senat und die ihn tragende Partei SPD nimmt diese Demonstration ernst. Nehmen Sie Abstand von Gehaltskürzungen und Arbeitsplatzabbau im öffentlichen Dienst. Hände weg vom Weihnachtsgeld.
Deswegen haben wir den Antrag gestellt und wir möchten Sie bitten, der Drucksache des Senats nicht zuzustimmen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Opposition hat nach unserer Verfassung die Aufgabe, die Kritik am Regierungsprogramm im Grundsatz und im Einzelfall öffentlich zu vertreten. Das haben Sie eben gemacht, Frau Heyenn. Die Opposition hat aber auch die politische Alternative zur Regierungsmehrheit deutlich zu machen, und sie soll diese Alternative benennen, wenn sie den Kurs der Regierung kritisiert. Die einzigen, die das gemacht haben, ist die Fraktion DIE LINKE, das gestehe ich Ihnen zu. Alle anderen haben es nicht getan. Deshalb müssen sich
auch alle anderen die Frage gefallen lassen, die die Kollegin Antje Möller in unseren Ausschussberatungen den Vertretern der Gewerkschaften bei einer Sachverständigenanhörung gestellt hat, nämlich, wo ist Ihre Alternative?
Die einzigen, die eine Alternative genannt haben, das habe ich eben schon erwähnt, das sind die Kolleginnen und Kollegen von der LINKEN. Aber auch Sie sagen nicht, wo das Geld herkommen soll. Das darf schon ein bisschen konkreter sein.
Was Sie natürlich auch nicht sagen, wenn Sie über Historie reden, dass zum Beispiel im vergangenen Jahr in Brandenburg eine rot-rote Koalition das Weihnachtsgeld ebenfalls gestrichen hat, und zwar ganz.
Ich möchte kurz deutlich machen, welche Situation wir nach dem Regierungswechsel Anfang dieses Jahres vorgefunden haben. Der Vorgängersenat hatte vergangenes Jahr im Herbst verkündet, im Rahmen von Veränderungen in der Beamtenbesoldung 100 Millionen Euro einzusparen. Dazu sollte die Sonderzahlung für Besoldungsgruppen bis A 8 auf 840 Euro, für die Besoldungsgruppen bis A 12 und C 1 auf 710 Euro festgesetzt werden, für alle anderen sollte es entfallen. Zusätzlich sollte für das Jahr 2011, unabhängig vom Tarifergebnis, nur eine einprozentige Einmalzahlung erfolgen und auch ab dem Jahr 2012 war nur eine Erhöhung um jeweils 1 Prozent vorgesehen. Wenn man die Tarifänderung mit einbezieht, ging es nicht mehr um 100 Millionen Euro, sondern um 180 Millionen Euro. Außerdem hat der damalige Senat nicht nur diese politischen Beschlüsse gefasst, er hat sie auch komplett und vollständig in sämtliche Haushaltsplanungen übernommen. Ob das nun die Personalbudgets der einzelnen Behörden waren, die Planung von neuen Projekten oder die Darstellung von Haushaltskennzahlen im Haushaltsplan in den Produktinformationen, überall waren die neuen Bezüge vollständig eingepreist. Überall ist der Senat von den neuen Daten ausgegangen, nur die zwingend erforderliche gesetzliche Regelung hat man unterlassen. Den vollen Umfang dieser Entscheidung zu verschweigen und die notwendige gesetzliche Regelung auf die lange Bank zu schieben, das, meine Damen und Herren, war nicht seriös.
Wir haben vor der Wahl und im Wahlkampf zugesagt, dass wir nach einer erfolgreichen Regierungsübernahme Gespräche mit den Gewerkschaften über diese Frage aufnehmen, und deshalb war es auch gut und richtig, dass der SPD-geführte Senat mit den Gewerkschaften im Frühjahr
Deshalb war es richtig, anders als die CDU es gemacht hat, im Wahlkampf nicht populistisch etwas zu versprechen, was wir am Ende nicht halten können. Es kam vielmehr darauf an, einen Weg zu finden, der den Bedenken und Interessen der Beschäftigten Rechnung trägt und gleichzeitig berücksichtigt, dass das Geld im Haushaltsplan-Entwurf bereits verplant war. Es war deshalb der dringende Wunsch der Gewerkschaften, in Zukunft die Tarifergebnisse auf die Beamtenbesoldung zu übernehmen. Das war und das ist berechtigt, und diesem Wunsch wird gefolgt.
Die Besoldung wird rückwirkend zum 1. April 2011 linear um 1,5 Prozent erhöht. Die Erhöhung wird in einer Summe im November ausgezahlt, und zum 1. Januar 2012 wird die Besoldung um weitere 1,9 Prozent erhöht. Diese Zusage gilt auch für die Zukunft. Die Garantieerklärung des Bürgermeisters liegt dem Parlament mit der Berichtsdrucksache, die wir hier debattieren vor. Die Kürzung des Weihnachtsgeldes wird teilweise zurückgenommen. Alle aktiven Beschäftigten erhalten ein Weihnachtsgeld von 1000 Euro. Versorgungsempfänger der Besoldungsgruppen bis A 12 erhalten 500 Euro. Außerdem wird das Weihnachtsgeld ab 2012 in die entsprechenden Tabellen eingearbeitet. Beschäftigte mit Kindern erhalten ein zusätzliches Weihnachtsgeld von 300 Euro für jedes Kind, für das Familienzuschlag bezahlt wird. Anwärterinnen und Anwärter erhalten ein Weihnachtsgeld von 300 Euro, das Urlaubsgeld für die Gehaltsgruppen bis A 8 wird ab 2012 auf 400 Euro erhöht und in die Tabelle eingearbeitet. Damit steigen die Bezüge aller, der Aktiven und der Versorgungsempfänger, um insgesamt etwa 3,4 Prozent.
Meine Damen und Herren! Diese Entscheidungen kosten Geld, viel Geld. 100 Millionen Euro mussten in den Haushalt gegenüber der ursprünglichen Planung eingestellt werden. Das war ein enormer Kraftakt und es ist ein Glück, dass dieser Kraftakt gelungen ist.
Ich verstehe die Reaktion vieler betroffener Kolleginnen und Kollegen. Vor dem Hintergrund der Haushaltslage war aber eine vollständige Rücknahme der Beschlüsse aus der vorigen Wahlperiode nicht finanzierbar. Wir sind uns darüber im Klaren, dass wir motivierte und engagierte Beschäftigte in der Stadt brauchen. Mit dem nun gefundenen Ergebnis im Nachgang zu dem Gespräch zwischen dem Senat und den Gewerkschaften ist es trotz aller Haushaltszwänge möglich geworden, dass die zukünftigen Tarifergebnisse für die Beamtinnen und Beamten nun übernommen