stätige Frau Spethmann, die darauf hinwies, dass zum wiederholten Mal die Opposition im Ausschuss für Justiz versuchte, sich über die notwendigen Anpassungen der Hamburger Justiz aufgrund der Urteile aus Straßburg und Karlsruhe zu informieren und dies wieder einmal abgeblockt wurde. Ihre Taktik bestand von Anfang an in Verzögern und Hinausschieben. Dieses Vorgehen befremdet uns Liberale. Es wird weder einer vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen Senat und Bürgerschaft, noch zwischen regierungstragender Fraktion und Oppositionsfraktionen gerecht. Auch ist das sensible Thema Sicherungsverwahrung als politischer Zankapfel gänzlich ungeeignet. Sehr verehrte Kollegen der SPD-Fraktion und Senatorin Schiedek, Sie tun alles dazu, dass dieses sensible Thema ein Zankapfel wird.
Wie die Kollegen der CDU im letzten Justizausschuss als Reaktion eine harte Pressearbeit anzudrohen, liegt unserer Fraktion fern. Wir haben von Anfang an gesagt, dass wir das rechtspolitisch komplizierte Thema der Sicherungsverwahrung und die berechtigten Ängste in der Bevölkerung ernst nehmen und deshalb Fakten diskutieren wollen und Populismus ablehnen.
Meine Damen und Herren! In der letzen Woche haben sich die Bundesjustizministerin sowie die Länderjustizminister und -senatoren in Magdeburg auf der Sonderjustizministerkonferenz in weiten Teilen der noch offenen Punkte geeinigt. Einer Neuregelung der gesetzlichen Materie sollte also im Wesentlichen nichts mehr entgegenstehen. Die Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger kündigte an, dass im Oktober mit einem Gesetzentwurf zu rechnen ist.
Sehr geehrter Herr Kollege Tabbert, die Sitzung der Justizministerkonferenz in der vergangenen Woche muss äußerst fruchtbar gewesen sein, denn nach Ihren mehrmaligen Einlassungen im Justizausschuss gingen Sie ja davon aus, dass von der Bundesjustizministerin bisher noch nichts geliefert worden sei und aus diesem Grund auch keine Beratungen im Justizausschuss stattfinden könnten. Das war natürlich blanker Unsinn. Auf meine Intervention hin, das Eckpunktepapier der Bundesjustizministerin liege bereits seit Monaten vor, haben Sie Ihre Einlassung ja auch korrigiert. Das Eckpunktepapier liegt schon lange vor, und wir Liberale hätten es gern im Ausschuss mit Experten diskutiert. Meiner Ansicht nach ist es gerade nicht notwendig, sich Denkverbote aufzuerlegen, solange noch keine endgültigen Ergebnisse hinsichtlich der Leitlinien des Bundes zur Neuausrichtung der Sicherungsverwahrung vorliegen.
Meine Damen und Herren! Ich hätte mir im Justizausschuss gern Ihre Verbesserungsvorschläge, Frau Senatorin Schiedek, zum Eckpunktepapier angehört und diese diskutiert. Ein Zitat aus der Pressemitteilung der Justizbehörde vom 22. September – ich zitiere –:
"Vor allem werden nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft, die Bevölkerung wirksam vor gefährlichen Straftätern mit einer psychischen Störung zu schützen."
Für eine Behandlung dieses Gegenstands bestand aber leider weder seitens der Senatorin noch seitens der SPD-Fraktion Interesse. Für die Zukunft hoffe ich, dass hier ein Umdenken stattfindet. Deshalb beantragen wir die Überweisung dieses Antrags an den Justizausschuss.
Wir hoffen, dass sich in der beabsichtigten Expertenanhörung substanziell sowohl mit den Fragen zur notwendigen Neufassung des Hamburgischen Strafvollzugsgesetzes wie auch der künftigen Unterbringung der Sicherungsverwahrten und der Erfolgschance einer norddeutschen Lösung befasst werden wird. Hierbei ist insbesondere die Frage, wie der Senat sicherstellen will, dass wir in Hamburg über ausreichend qualifizierte und motivierte Psychologen verfügen, um die Forderungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des Bundesverfassungsgerichts zu erfüllen, wie auch die Frage nach den Sicherheitskonzepten der Polizei von essenzieller Bedeutung.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom Mai verpflichtet den Bund, das Recht der Sicherungsverwahrung neu zu regeln. Erforderlich ist die Ausarbeitung eines Gesamtkonzeptes, das freiheitsorientiert und therapieausgerichtet sein muss. Dieses Gesamtkonzept muss den frühzeitigen Beginn und eine hohe Intensität therapeutischer Behandlungen schon während des Strafvollzugs vorsehen.
Inzwischen liegt – mehrere Rednerinnen und Redner haben es gesagt – auch ein Konzept seitens des Bundesjustizministeriums vor, und wenn ich die Presse richtig verfolgt habe, gibt es in weiten Teilen eine Einigkeit. Aber unabhängig davon, und das ergibt sich aus dem, was ich gesagt habe, steht auch Hamburg und steht auch die Justizbe
hörde in der Verantwortung zu handeln. Eine Expertenanhörung ist das eine, Senatshandeln ist etwas ganz anderes.
Insbesondere kann und muss Hamburg handeln, und zwar schnell. Ich fasse den Begriff Modalitäten der Sicherungsverwahrung in Hamburg sehr viel weiter als Sie, Herr Tabbert. Ich nenne nur einige Punkte: Hamburg muss handeln bei der Überprüfung der bisherigen Behandlungs- und Resozialisierungsmaßnahmen, und zwar von Angeboten, die nicht erst während des Vollzugs der Sicherungsverwahrung, sondern schon frühzeitig in der Haft gemacht werden. Hamburg muss handeln bei der Neuausrichtung des Übergangsmanagements in die Freiheit. Insbesondere muss die restriktive Gestaltung der Vollzugslockerung beendet, das heißt, es müssen Vollzugslockerungen in weitaus größerem Umfang als bisher ermöglicht, begleitet und fachkundig unterstützt werden.
Und Hamburg muss handeln bei der grundlegenden Verbesserung der bisher zur Verfügung oder auch nicht zur Verfügung stehenden Nachsorgeund Übergangseinrichtungen. Wir erwarten, dass die Justizbehörde Monate nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zumindest Grundzüge eines Konzepts für die Neuordnung der Sicherungsverwahrung, und zwar der Punkte, für die Hamburg verantwortlich ist, vorlegt. Wir hätten erwartet, und ich halte es für selbstverständlich, dass solche Gründzüge eines Konzepts vor den Haushaltsberatungen aufgestellt werden, weil es klar ist, dass das etwas kostet. Mit mehreren Fragen dazu läuft man auf, weil es im Haushalt gar nicht vorgesehen ist und es auch noch nicht dieses Konzept gibt; jedenfalls wissen wir nichts davon.
Tatsache ist, dass die Bürgerschaft nicht die geringste Ahnung hat, was die Justizbehörde macht und was nicht. Die SPD blockte bisher im Ausschuss jede Befassung mit dem Thema rigoros ab. Das nennt man eine Selbstentmachtung des Parlaments, und das wird durch die Expertenanhörung nicht aufgehoben.
Der Antrag der CDU schlägt vor, dass der Senat seine Hausaufgaben macht. Obwohl ich sicher bin, dass wir vollständig unterschiedliche Zielsetzungen verfolgen, sind wir dafür, den Antrag der CDU an den Ausschuss zu überweisen und stimmen ihm zu, denn der Senat muss endlich seine Hausaufgaben machen.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist gut und wichtig, dass die Neuregelung der Sicherungsverwahrung in der Hamburgischen Bürgerschaft immer wieder angesprochen wird. Das wird der Bedeutung des Themas durchaus gerecht. Was ich aber in keiner Weise nachvollziehen kann, sind die Vorwürfe von mehreren Seiten, nicht nur von Ihnen, Frau Spethmann, Sie würden nicht ordentlich informiert. Herr Tabbert hat ausführlich dargelegt, dass der Senat in der Sitzung des Justizausschusses am 27. Juni 2011 zu all diesen von Ihnen aufgeworfenen Fragen ausführlich Stellung genommen hat. Die Mitglieder des Justizausschusses hatten Gelegenheit, sich persönlich vor Ort von den Rahmenbedingungen der Sicherungsverwahrung in der Justizvollzugsanstalt Fuhlsbüttel zu überzeugen; und das natürlich unter Begleitung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von mir, die Sie ebenfalls informiert haben. In der letzten Sitzung am 9. September hat der Justizausschuss beschlossen, eine Expertenanhörung zu all diesen Fragen, auch denen aus einem Antrag vom Mai dieses Jahres, durchzuführen, sobald das Eckpunktepapier des Bundesjustizministeriums vorliegt. Dieses Konzept der Bundesjustizministerin liegt seit Ende letzter Woche quasi als Tischvorlage zur Sonderjustizministerkonferenz nun endlich vor und ist auf den Internetseiten des Bundesjustizministeriums für jedermann zugänglich. Insofern gehe ich davon aus, dass jetzt auch die Expertenanhörung stattfindet, und zwar auf einer sinnvollen Grundlage.
Wenn Sie aber Konzepte fordern, bevor die gesetzlichen Grundlagen auch nur in einem Eckpunktepapier klar sind, dann ist das natürlich etwas schwierig, denn solche Konzepte setzen Grundlagen, die der Bund zu liefern hat, voraus. Insofern verstehe ich weder Ihre Aufregung noch die Wiederholung Ihres bereits im Mai noch umfangreicher gestellten Antrags. Andererseits macht mir Ihr Antrag deutlich, dass man einiges aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts noch einmal klarstellen sollte.
Das Bundesverfassungsgericht hat dem Gesetzgeber aufgegeben, die Sicherungsverwahrung auf Grundlage eines Gesamtkonzepts neu zu regeln, wie Frau Schneider eben schon sagte. Anschließend müssen dann die Länder dieses Konzept in ihre Strafvollzugsgesetze und vor allen Dingen in die Praxis umsetzen – fachlich, organisatorisch und baulich. All dies muss bis 31. Mai 2013 passieren und nicht bis Ende des Jahres, wie das manchmal hier vorgetragen wird. Dabei hat das Bundesverfassungsgericht einen deutlichen Abstand zum Strafvollzug durch eine getrennte Unterbringung in besonderen Gebäuden oder Abteilungen gefordert. Das ist nicht strittig, das steht so ausdrücklich im Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Nicht nur der Senat, sondern auch das Bundesjustizministe
rium und alle anderen Bundesländer schätzen es so ein, dass besondere Gebäude oder Abteilungen erforderlich sind, aber keine vollständige räumliche Ablösung vom Strafvollzug. Darüber hinaus muss Sicherungsverwahrung künftig deutlich freiheitsund therapieorientierter sein, Behandlung und Therapie muss bereits während des Strafvollzugs beginnen. Das Bundesverfassungsgericht hat dagegen nicht entschieden, dass es einen Entlassungsautomatismus für Sicherungsverwahrte gibt, auch nicht für die Altfälle.
Lassen Sie mich an dieser Stelle kurz auf den Stand der Bundesgesetzgebung eingehen, da er schon mehrfach angesprochen wurde. Vergangene Woche hatten wir eine Sonderjustizministerkonferenz ausführlich nur zu dem Thema Sicherungsverwahrung. Wir sind in der Tat ein gutes Stück voran gekommen. Frau Kaesbach, das lag aber nicht an der Bundesjustizministerin, sondern an den Monaten vorher, in denen wirklich alle Bundesländer erheblichen Druck auf sie ausgeübt haben, damit zu dieser Sonderjustizministerkonferenz endlich ein Konzept vorliegt. In vielen Punkten hat sie sich bewegt, und die Länder waren sich in sehr vielen Punkten einig.
Auf Druck der Länder hat nun also die Bundesjustizministerin das Konzept zur Neuregelung endlich vorgelegt und ist dabei in wesentlichen Punkten den Forderungen der Länder nachgekommen. So haben wir unter anderem auf Initiative Hamburgs verhindert, dass es nach der Neuregelung zu überraschenden Entlassungen kommen kann. Das müsste Sie interessieren, da Sie es auf andere Weise ansprechen. Frau Leutheusser-Schnarrenberger hat diese Vorschläge aufgegriffen und es wird eine begleitende Kontrolle geben, bei der die Therapieangebote und die Sicherungsverwahrung regelmäßig gerichtlich überprüft und nötigenfalls nachgebessert werden.
In einem wichtigen Punkt ist es aber nicht gelungen, uns zu einigen. Dabei geht es um die Fälle, in denen sich während des Strafvollzugs eine psychische Störung und eine hochgradige Gefährlichkeit herausstellen. Nach meiner Auffassung und der einer Vielzahl von Kollegen aus den anderen Ländern muss das neue Gesetz auch für diese Fälle eine Unterbringung möglich machen, um die Bevölkerung wirksam zu schützen. Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung einen Weg aufgezeigt, eine solche Unterbringung verfassungskonform zu ermöglichen. Die Bundesjustizministerin lehnt dies leider ab. Hier droht in der Tat eine Sicherheitslücke.
Auf der Sonderjustizministerkonferenz vergangene Woche haben wir deshalb einen entsprechenden Antrag für solche Regelungen vorgelegt, die auch Hamburg unterstützt hat. Dieser Antrag wurde jedoch nicht nur von den Justizministern der FDP,
sondern auch der CDU und CSU abgelehnt und stattdessen eine Bund/Länder-Arbeitsgruppe eingerichtet; soviel zu Ihrem Zeitdruck. Was die CDU/ CSU anbelangt, ist das durchaus bemerkenswert. Liebe Abgeordnete Spethmann, wenn Sie Einfluss auf die Länder haben, dann wäre es schön, wenn Sie auch dort so ein Engagement zeigen, damit sich rechtzeitig etwas bewegt.
Wir in Hamburg sind für die anstehenden Neuregelungen des Rechts zur Sicherungsverwahrung gut gerüstet; baulich-organisatorisch haben wir Ihnen das schon mehrfach dargelegt.
In wesentlichen Punkten entspricht die derzeitige Unterbringung bereits den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts. Darüber hinaus wird es sicherlich in der nächsten Zeit und rechtzeitig bis Ende Mai 2013 Überprüfungen der Ausstattung mit medizinischem und therapeutischem Personal geben. All diese Regelungen bedürfen der Detailabstimmungen zwischen den Ländern, um auf möglichst einheitliche Standards zu kommen. Aber Sie können sicher sein, dass Hamburg, die anderen Länder und ich hoffe, auch die Bundesjustizministerin, mit Hochdruck daran arbeiten, dass die Neugestaltung der Sicherungsverwahrung rechtzeitig umgesetzt wird. – Vielen Dank.
Wer stimmt einer Überweisung der Drucksache 20/1579 an den Ausschuss für Justiz, Datenschutz und Gleichstellung zu? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist das Überweisungsbegehren abgelehnt.
Wer möchte den Antrag der CDU-Fraktion aus Drucksache 20/1579 annehmen? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? Damit ist der Antrag abgelehnt.
Ich rufe den Punkt 33 auf, Drucksache 20/1590, Antrag der SPD-Fraktion: Faire Arbeitsbedingungen am Flughafen – keine weitere Liberalisierung der EU-Bodenverkehrsrichtlinie.
[Antrag der SPD-Fraktion: Faire Arbeitsbedingungen am Flughafen – keine weitere Liberalisierung der EU-Bodenverkehrsrichtlinie