Protocol of the Session on August 25, 2011

(Beifall bei der GAL)

Das Wort hat nun Herr Grote.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Lieber Kollege Duge, wenn man es nicht gewohnt ist und in große Fahrzeuge steigt, dann kann man sich schon einmal verschalten, und so ist es Ihnen eben auch gegangen.

(Beifall bei der SPD)

Es wäre doch eigentlich nach zwei Jahren durchaus der Zeitpunkt, auch einmal darauf hinzuweisen, was im Gängeviertel alles erreicht wurde. Da war die GAL nicht immer an vorderster Front, wenn ich die Zeitabläufe seit der Besetzung im Sommer 2009 einmal Revue passieren lasse. Insofern ist es gut, dass die GAL-geführte Behörde am Ende einen anderen Weg eingeschlagen hat, und inzwischen ist einiges erreicht.

(Jens Kerstan GAL: Genau! und Beifall)

Es ist inzwischen klar, dass die Gebäude nicht veräußert werden und in private Hand kommen, sondern in städtischem Eigentum geführt und entwickelt werden, dass die historische Bausubstanz komplett erhalten und saniert wird und dass wir mindestens 80 geförderte günstige Wohnungen bekommen und außerdem günstige Flächen für Gewerbe und Künstler. Wir haben hier ein einzigartiges soziokulturelles Zentrum und einen insgesamt in Deutschland einzigartigen, nicht kommerziellen, künstlerisch-sozial geprägten Ort des lebendigen und vielfältigen Austausches, offen für alle. Ermöglicht wird das durch die Festsetzung des Gebiets als Sanierungsgebiet und durch eine Investition aus öffentlichen Mitteln von mehr als 20 Millionen Euro.

(Dirk Kienscherf SPD: Hört, hört!)

Das alles ist auch gar nicht streitig. Jetzt gibt es aber zwei offene Punkte und die betreffen die Absicherung der Rolle der Initiative Gängeviertel selbst im Sanierungsverfahren und bei der Nutzung der Flächen. Das sind Dinge, die jetzt in einer Kooperationsvereinbarung geregelt werden sollen. Dazu kann ich Ihnen einmal sagen, weil Sie meinen, das Wegweisende sei alles schon unter der GAL gemacht worden, welchen Sachstand wir zu diesem Kooperationsvertrag bei Regierungsübernahme vorgefunden haben, nämlich gar keinen.

Den gab es nicht, es gab nicht einmal einen Entwurf eines Kooperationsvertrages. Wenn die GAL die anderthalb Jahre ihrer Verantwortung für das Gängeviertel genutzt hätte und diesen Job auch zu Ende gebracht hätte, dann müssten wir heute nicht mehr darüber diskutieren.

(Beifall bei der SPD)

Nach dem Regierungswechsel wurde sofort ein Entwurf für einen Kooperationsvertrag erarbeitet. Er wurde im Mai der Initiative vorgelegt und seitdem wird kooperativ, auf Augenhöhe und partnerschaftlich in einem langen Prozess verhandelt. Das dauert dann manchmal auch ein bisschen, aber jetzt ist dieser Vertrag unterschriftsreif und er könnte sofort unterschrieben werden. Der Vertrag sichert erstmals die zentrale Rolle der Initiative als maßgeblicher Partner in allen Belangen des Gängeviertels rechtlich ab; das war unter Ihnen nicht gegeben und nicht einmal vorbereitet. Insbesondere enthält der Vertrag umfassende Mitwirkungsrechte bei der Sanierung, die Übergabe sämtlicher gewerblicher und soziokultureller Flächen an die Initiative sofort nach dem jeweiligen Ende der Sanierung, die Belegung der Wohnungen nur im Einvernehmen zwischen Stadt und Initiative und nach der Sanierung des Gängeviertels insgesamt exklusive Verhandlungen nur mit der Initiative über den Kauf des gesamten Quartiers. Das ist eine außergewöhnlich weitreichende und exklusive Partnerschaft zwischen Stadt und Initiative und auch ein großer Vertrauensbeweis, wenn wir uns überlegen, um wie viele öffentliche Gelder es geht, und das geht weit über das hinaus, was die GAL mit der Initiative vereinbart hatte.

Ich halte das vor dem Hintergrund des großen Verdienstes der Initiative um das Quartier für gerechtfertigt. Wir würden über diese Zukunftsperspektive heute nicht sprechen, wenn es die Initiative nicht gäbe. Insofern kann man das gar nicht hoch genug einschätzen. Natürlich geht es auch darum, genau diesen Charakter, der dem Viertel durch die Initiative jetzt neu gegeben wurde, auch dauerhaft abzusichern. Das sind alles Dinge, zu denen wir uns ausdrücklich bekennen.

(Beifall bei der SPD)

Aber es gibt zwei darüber hinausgehende Forderungen und die sind allerdings noch diskussionswürdig. Zum einen geht es darum, jedes einzelne Gebäude sofort nach der Sanierung komplett in die alleinige Verfügungsgewalt der Initiative zu übergeben, und in der Verfügung der Initiative heißt es dazu, einschließlich der Sozialwohnungen, die dann zwangsweise in die Genossenschaft eintreten sollen. Der zweite Punkt ist die Beauftragung eines von der Initiative mit ausgesuchten Architekten für die Planung und Durchführung, wobei die Planung wortwörtlich unabhängig von der Finanzierung sein soll. Wenn man das ein bisschen böswillig zuspitzt, könnte man sagen, die Rolle der

(Olaf Duge)

Stadt solle sich nach Beginn des Verfahrens im Wesentlichen aufs Bezahlen beschränken und dabei auch mit möglichst geringer Kostenkontrolle. Das halte ich für eine unglückliche Rollenverteilung.

(Beifall bei der SPD)

Insofern sind alle Beteiligten, auch die Initiative, weiter aufgefordert, konstruktiv am Abschluss der Vereinbarung mitzuwirken. Wir werden das tun und ich hoffe, dass alle anderen das auch tun werden, einschließlich der GAL. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Herr Hamann, Sie haben das Wort.

(Zurufe von der SPD und der GAL)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! "Komm in die Gänge" war Motto, das vor zwei Jahren diese Stadt erheblich aufgescheucht und aufgewühlt hat und das dazu geführt hat, dass wir bisherige Überlegungen und Projekte, die wir bis zum damaligen Zeitpunkt weitestgehend einvernehmlich zwischen allen Fraktionen entwickelt haben, noch einmal überdacht und neue Konzepte dafür erarbeitet haben. Insofern steht der Verdienst der Initiative "Komm in die Gänge" hier überhaupt nicht zur Diskussion; das haben auch meine Vorredner deutlich gemacht. Ein bisschen bedauerlich ist es aber in der Tat, dass diese Vereinbarungen, die meiner Kenntnis nach sehr wohl weitestgehend ausgehandelt und unterschriftsreif waren,

(Andy Grote SPD: Kein Stück!)

bis zum heutigen Tage nicht unterzeichnet wurden, Herr Grote.

Die Zeit rast, das weiß jeder. Das erste halbe Jahr dieses Senats seit der Wahl ist im Grunde vorbei. Wenn Sie so wollen, ist ein Achtel Ihrer Zeit gelaufen, ohne dass Sie dieses Projekt weitergebracht haben. Nun können Sie zu Recht sagen, das sei nicht allzu viel und Sie würden auf noch mehr Zeit hoffen, nur so viel Zeit, auch das haben alle Vorredner schon gesagt, hat das Gängeviertel gar nicht mehr. Wenn wir jetzt zwei Jahre Initiative feiern, ist das zwar einerseits ganz schön, aber es heißt im Grunde nur, dass sich zwei Jahre lang der bauliche Zustand weiß Gott nicht verbessert hat und dass viele, die in dem Viertel immer noch leben und auch arbeiten, ganz extrem darunter leiden, dass die Zustände so sind, wie sie heute sind. Insofern wäre es schön, wenn der Senat nun endlich mit einem Ergebnis käme.

Da hören wir jetzt von dem Kollegen Grote als Bote, es sei nun alles ausverhandelt und es gebe Vereinbarungen. Da wären wir im Grunde bei der Debatte, die wir gestern geführt haben. Wenn es

diese Vereinbarung gibt und es ausverhandelt ist, warum weiß dann das Parlament nichts davon und warum bekommt der Ausschuss es nicht? Warum bespricht man es mit Ihnen – gut, das kann ich mir noch irgendwie polittaktisch erklären –, aber warum unterrichtet man dieses Parlament nicht und legt offen auf den Tisch, was man doch angeblich so Gutes ausgehandelt hat?

(Andy Grote SPD: Haben Sie alle Ihre Ent- würfe immer hier vorgelegt?)

Die zuständige und federführende Senatorin in diesem Bereich ist heute auch nicht da, Herr Kollege Grote. Es mag sein, dass sie einen Termin hat, aber auch ihr Staatsrat hat den Weg nicht hierher gefunden. Er findet ohnehin recht selten den Weg auf die Senatsbank. Da scheint die Arbeitsteilung zu sein: Der eine macht's, die andere sagt's. Ob das eine gut ist oder das andere passt, das lasse ich einmal dahingestellt sein.

(Thomas Völsch SPD: Bringen Sie hier doch einmal ein bisschen Substanz!)

Es ist insgesamt ein sehr unglückliches Bild, das Sie in dieser Situation leider erneut zeigen.

(Beifall bei der CDU)

Wenn Sie tatsächlich der Ansicht sind, dass alles so weit ausverhandelt ist, dann stellen Sie es doch hier zur Diskussion. Entscheidende Punkte haben Sie hier angesprochen, beispielsweise was mit dem Eigentum geschieht. Wer bekommt das Eigentum an dem Grundstück und damit auch letztlich an den Häusern?

(Andy Grote SPD: Wie ist denn da Ihre Mei- nung?)

Wenn es da Vereinbarungen mit der Initiative gibt, dann sollte man auch ganz klar sagen, ob sie eines Tages Eigentümer wird oder nicht. Irgendwelche Formulierungen zu finden, von denen ich mir habe erzählen lassen,

(Andy Grote SPD: Ach so!)

in denen es heißt, es könnte einmal sein, dass die Initiative Eigentümer wird, das wird weder der Stadt gerecht noch dem Parlament und auch nicht der Initiative. An diesem Punkt zumindest sollten Sie die Vertragstrickserei lassen,

(Andy Grote SPD: Wie möchten Sie es denn geregelt haben?)

denn das bringt unterm Strich weder der Stadt etwas noch der Initiative. Da ist Klarheit erforderlich, dass Sie sagen, was Sie wollen und was Sie für politisch vertretbar halten.

(Beifall bei der CDU)

Genauso ist Klarheit in anderen Punkten erforderlich; ich finde in der heutigen Diskussion viele Parallelen zur gestrigen Diskussion. Da war von Ihnen

(Andy Grote)

voller Inbrunst und Überzeugung zu hören, wie unmöglich es gewesen sein soll, die Elbphilharmonie zu bauen, obwohl Entwurfs- und Ausführungsplanung noch nicht fertig gewesen seien. Jetzt sind wir beim Gängeviertel, da haben Sie 20 Millionen Euro genannt. Meine Damen und Herren von der SPD, einmal gemessen an Ihren eigenen Maßstäben, wo ist denn die Entwurfs- und wo ist denn die Ausführungsplanung?

(Dirk Kienscherf SPD: Hat doch gar keiner gesagt, dass das getrennt werden soll!)

Wie wollen Sie denn jetzt 20 Millionen Euro bei einem zentralen Grundstück der Stadt verbauen, wie wollen Sie die entsprechenden Zuschüsse und die entsprechenden Titel beschließen, wenn nach Ihren eigenen Maßstäben die Entwurfs- und Ausführungsplanung für dieses Bauvorhaben noch überhaupt nicht da ist?

(Metin Hakverdi SPD: Aber es wurde schon gestern der Vertrag geschlossen!)

Herr Kollege Hakverdi, beantworten Sie doch beispielsweise einmal solche Fragen. Sie haben das doch alles gestern zum großen Maßstab dafür gesetzt, was unbedingt sein muss. Aber Sie halten Ihre eigenen Maßstäbe nicht ein, sondern drehen und wenden es dann letztlich, wie Sie wollen.

(Beifall bei der CDU – Dirk Kienscherf SPD: Erst ist es zu langsam, jetzt ist es zu schnell!)

Genossenschaften sind letztlich nichts anderes als Körperschaften des privaten Rechts.