Protocol of the Session on August 24, 2011

Es geht jetzt um die Frage, wie man bestimmte Instrumente ausgestaltet und welche Wege man in der Umsetzung geht, aber dass man in der Zielsetzung einer Meinung ist, das ist richtig. Und deshalb stellt sich jetzt die Frage, wie man weiter vorgeht. Da haben Sie gesagt – diese Litanei kommt auch immer von der LINKEN –, wir sollten doch nicht mit den Atomkonzernen reden, sondern mit der Volksinitiative.

(Dora Heyenn DIE LINKE: Das ist auch rich- tig!)

Wir haben während des gesamten Verfahrens auch mit der Initiative geredet, und zwar als Politik, als Partei, als Fraktion schon vor Erstellung unseres Konzepts. Während der Volksinitiative und auch jetzt während des Verfahrens war man miteinander im Gespräch; ich habe mit Herrn Braasch gerade am letzten Montag gesprochen. Die Frage

ist nur, ob es um Gespräche oder um Verhandlungen geht.

(Jens Kerstan GAL: Genau!)

Es ist richtig, dass man, wenn man viele politische Zielsetzungen sogar miteinander teilt, dann auch miteinander sprechen und Argumente austauschen muss. Die Frage ist, ob für Verhandlungen ein vernünftiger realer Raum da ist, und den sehen wir nicht, weil zwischen der Minderheitsbeteiligung mit den ganzen Zusatzoptionen, die wir benannt haben, und einer Mehrheitsbeteiligung beziehungsweise einem Komplettkauf nicht wirklich ein Kompromiss sichtbar ist. Das ist ein Unterschied und deswegen sind wir mit allen Beteiligten im energiepolitischen Dialog, aber für Verhandlungen auf der Grundlage sehen wir keinen Raum. Das ist auch eine vernünftige Position, die man dazu einnehmen kann.

(Beifall bei der SPD)

Dazu gehört auch, dass wir uns selbstverständlich buchstabengetreu an die Regeln unserer Volksgesetzgebung halten. Hier schwingt immer so mit, wir wollten das aushebeln und hintergehen; nichts davon wird passieren. Frau Schaal hat es schon benannt: Das geht jetzt in den Ausschuss, wir werden die Anhörung durchführen und den Faktencheck dazu machen und da wird sich die Initiative auch noch einige Fragen zu den Kosten und der Finanzierung gefallen lassen müssen; das gehört im Moment dazu. Über die Frage der Finanzierung haben Sie natürlich nichts gesagt, obwohl das aktuell die Kardinalfrage ist. Diese ganzen Diskussionen und Fragestellungen wird man angehen. Und was nachher den Volksentscheid betrifft, haben wir eine ganz wichtige Klarstellung des Bürgermeisters und des Senats bekommen, die wir als SPD-Fraktion noch einmal bekräftigt haben. Der Volksentscheid wird nicht ausgehebelt, sondern wir haben die Zusicherung gegeben, dass er nicht leerläuft und wir am Schluss die Situation haben werden, wenn nicht noch irgendetwas anderes passiert, eine Entscheidung zwischen dem Modell einer Minderheitsbeteiligung mit allen möglichen Zusatzoptionen, die Sie eigentlich kennen müssten, weil wir sie in der Bürgerschaft im März beschlossen haben, und der Variante eines Rückkaufs von 100 Prozent zu treffen. Das ist eine transparente Entscheidung und diese Regelung wollen wir ganz konsequent umsetzen. Volksentscheide gelten, diese Zusage gilt, und darauf kann man sich an dieser Stelle verlassen.

(Beifall bei der SPD)

Und es ist wirklich nicht in Ordnung, wenn Sie die demokratische Legitimation für diesen Weg in Zweifel ziehen, denn wir haben in unserem Wahlprogramm glasklar gesagt, dass wir diesen Weg beschreiten wollen, und diese demokratische Legi

timation von 48,4 Prozent kann man jetzt nicht wirklich in Zweifel ziehen.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben vor der Wahl gesagt, was wir machen, und das setzen wir jetzt auch Punkt für Punkt um.

Es wäre bei der Sache auch ganz hilfreich, wenn wir uns nicht nur über diese Prozente unterhalten würden, sondern wenn Sie gelegentlich einmal einen Blick in die Beschlusslage werfen, die wir im März dazu gemacht haben und die sich auf unsere politische Beschlusslage bezieht, was wir mit unserem Eckpunktepapier wollen. Darin stehen eben nicht nur die 25,1 Prozent, sondern darin steht die klare Vorgabe, dass jeder Partner die Ziele der Energiewende unterstützen muss – Frau Schaal hat es eben noch einmal gesagt –; das ist quasi auch politische Geschäftsgrundlage der Veranstaltung.

Dann wollen wir uns über einen Vertrag mit den jeweiligen Mitgesellschaftern, den es begleitend dazu geben soll, die Möglichkeit zusichern lassen, im Falle der Planung und Errichtung neuer Erzeugungsanlagen auf die eingesetzten Brennstoffe Einfluss zu nehmen, um künftig eine umwelt- und klimafreundliche Erzeugung von Energie durchsetzen zu können. Das steht exakt in unserer politischen Maßgabe drin; auch deswegen sollte man das nicht in Zweifel ziehen.

Auch das Thema Preisgestaltung und Transparenz ist ein Eckpunkt, den wir in das Pflichtenheft mit aufgenommen haben. Der entscheidende Punkt ist, weil immer gesagt wird, mit 25 Prozent könne man gar nichts machen, dass wir uns zusichern lassen wollen – es gibt auch bundesweit Vorbilder, wenn man sich das anschaut –, dass wir eine Mehrheitssituation in den Aufsichtsgremien erreichen. Das ist auch unsere politische Maßgabe und auch das haben wir so festgelegt. Insofern lesen Sie bitte die Anträge, die wir dazu als Bürgerschaft beschlossen haben.

(Beifall bei der SPD)

Zu guter Letzt zu den Kosten und Risiken, wozu Sie hier heute wieder einmal gar nichts gesagt haben. Die Stellungnahme der Handelskammer hat für die Kostenseite 2 Milliarden Euro genannt; das wollen wir jetzt nicht im Einzelnen nachvollziehen, aber es ist schon eine erhebliche Größenordnung. Dazu habe ich bisher von Ihrer Seite noch nichts gehört.

(Birgit Stöver CDU: Allgemein anerkannt!)

Da gibt es Überlegungen von Herrn Kerstan, man könne auf die Rücklagen der Stadtentwässerung zurückgreifen, die übrigens einmal von den Gebührenzahlern angelegt wurden. Die Gebührenzahler haben diese Rücklagen angelegt und da kann man nicht einfach sagen, mit dieser Kriegskasse könne man bestimmte energiepolitische Zielsetzungen

verfolgen. So einfach geht das nicht und deshalb wird es Zeit, dass Sie und die Partner, die Sie in der Volksinitiative haben, der Stadt an dieser Stelle reinen Wein einschenken, was das kostet und wer dafür die Zeche zahlen muss.

(Beifall bei der SPD)

Deshalb baut unser Modell darauf auf – und das ist der entscheidende Unterschied –, eine Garantiedividende festzulegen in einem entsprechenden Vertrag, der sicherstellt, dass wir die Finanzierung eines solchen Anteilerwerbs auch völlig unabhängig von anderen Situationen darstellen können. Das ist der entscheidende Punkt und deshalb ist es richtig, die energiepolitischen Anliegen, die diese Stadt hat – das ist auch die Botschaft des Volksbegehrens –, ernst zu nehmen und aufzugreifen. Das wollen wir tun, aber wir müssen in einer Zeit, in der wir finanzpolitisch unter Druck stehen, bis 2020 die Schuldenbremse zu erfüllen, gemeinsam dafür sorgen, dass es machbar und finanzierbar ist. Das ist der Weg, den wir gehen wollen, und wir werden damit in der Stadt auch gut überzeugen können.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kerstan, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ein Punkt ist heute deutlich geworden. In der Tat brauchen wir über Inhalte mit der SPD anscheinend nicht mehr zu reden, denn Herr Dressel hat deutlich erklärt, man habe vor dem Volksbegehren mit den Initiatoren geredet, man habe während des Volksbegehrens mit ihnen geredet und warum solle man jetzt hinterher mit ihnen reden.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Wir reden stän- dig mit der Initiative!)

Auf die SPD macht es inhaltlich anscheinend überhaupt keinen Eindruck, dass 116 000 Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt – wohl wissend, dass die SPD nur eine Minderheit erwerben will – gesagt haben, dass sie das nicht wollen, sondern dass sie eine Mehrheitsbeteiligung haben wollen. Und da hilft Ihnen auch nicht der Verweis auf eine Wahl, die deutlich vor diesem Termin lag und bei der Sie beachtliche 48 Prozent für ein Gesamtprogramm bekommen haben. 116 000 Hamburgerinnen und Hamburger haben gesagt, dass sie Ihnen in diesem Punkt, auch wenn Sie die absolute Mehrheit haben, nicht folgen. Und was sagt die SPD dazu? Sie sagt, für sie sei direkte Demokratie wichtig, aber das interessiere sie nicht und man werde mit denen reden, aber nicht verhandeln. Das, meine Damen und Herren von der SPD, ist nicht Sinn und Zweck der direkten Demokratie, das ist eine Missachtung der direkten Demokratie.

(Dr. Andreas Dressel)

(Beifall bei der GAL – Dr. Andreas Dressel SPD: Dann dürfte es ja nie Volksentscheide geben!)

Und es ist doch eine Botschaft dieser neuen SPD mit ihrer absoluten Mehrheit

(Andy Grote SPD: Das ist ein richtiges Trau- ma für Sie!)

an die Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt zu sagen: Was ihr denkt, das interessiert uns nicht, wozu sollen wir mit euch verhandeln? Weil es in der Verfassung steht, müssen wir notgedrungen mit euch reden, aber wir sagen euch vorher schon, dass dabei nichts herauskommen wird.

(Jan Quast SPD: Was ist denn demokrati- scher als abzustimmen?)

Aber mit denjenigen, die sich mit Zähnen und Klauen gegen die Energiewende wehren, die die Bundesregierung verklagen wollen, weil sie aus der Atomenergie aussteigen will,

(Dirk Kienscherf SPD: Ganz billige Rhetorik!)

die hier gegen die Stadt auf 2 Milliarden Euro Schadensersatz geklagt haben, weil sie europäisches Umweltrecht anwendet, werden wir verhandeln. Das ist Nichtbeachtung direkter Demokratie, das ist die Arroganz der Macht, die diese Stadt seit Jahrzehnten leidvoll erfahren hat.

(Andy Grote SPD: Wie oft wollen Sie das in den nächsten Jahren noch bemühen?)

Auch das ist etwas, was wir uns nicht gewünscht hätten nach der letzten Wahl. Deshalb ist es wohl sehr richtig, dass mit dieser SPD und diesem Bürgermeister eine inhaltliche Debatte nicht mehr notwendig ist, sondern dass wir jetzt über das Verfahren reden müssen.

Ich komme zum Schluss: Wenn Sie die direkte Demokratie nicht aushebeln wollen, dann können Sie gerne mit den Konzernen verhandeln. Aber wenn Sie den Vertrag abschließen und schon in Gang setzen und dann die Bürger dazu zwingen, das im Nachhinein wieder zurückzudrehen, dann ist das in der Tat eine ungleiche Situation, die nur das Ziel hat, den Willen der Bürgerinnen und Bürger auszuhebeln. Lassen Sie von solchen Tricksereien die Finger im Sinne der Demokratie und der Akzeptanz von Politik. – Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL – Dirk Kienscherf SPD: Sagen Sie mal was zur Finanzierung!)

Frau Heyenn, Sie haben das Wort.

Herr Dressel, wenn die SPD tatsächlich eine neue Konzession für die Netze ausschreiben will, dann können Sie unserem ersten Punkt zustimmen. Und wenn die SPD tatsäch

lich behauptet, sie wolle keine Fakten schaffen, bevor der Volksentscheid komme, dann können Sie auch ohne Probleme unserem Antrag zustimmen; das ist das Erste.

Zweitens zu den Finanzen: Sie treiben gemeinsam mit der Handelskammer, der FDP und der CDU die Preise in die Höhe. Als die Diskussion in dieser Stadt anfing, wurde gesagt, dass die Netze 1 Milliarde Euro kosten, dann waren es 2 Milliarden Euro, jetzt sind einige schon bei 2,5 Milliarden Euro. Wir haben überhaupt noch keine Endschaftsregelung, der Umfang und der Zustand der Netze liegen nicht vor. Und wenn Sie sich das anschauen, dann brauchen E.ON und Vattenfall sie erst dann vorzulegen, wenn eine Bekanntgabe für eine Neuvergabe der Netze da ist. Keiner von Ihnen, der hier behauptet, es koste 2 Milliarden Euro und mehr, weiß, wie überhaupt der Zustand der Netze ist. Und die Frage, die dann geklärt werden muss, ist doch, ob man den Zeitwert oder den Ertragswert nimmt. Dann liegt man irgendwo zwischen 500 000 Euro und vielleicht 2 Milliarden Euro. Wir haben es im Verfassungsausschuss und im Umweltausschuss angesprochen und auch die Initiative hat immer wieder gesagt, dass diese Rekommunalisierung, so wie in anderen Ländern auch, umgesetzt werden kann, indem man ein städtisches Unternehmen gründet, das dann kreditär den Kauf der Netze finanziert und das durch die Erträge langsam wieder abbaut. Das ist nur eine Frage des Willens. Die Menschen in dieser Stadt wollen eine Rekommunalisierung,

(Thomas Völsch SPD: Sie wollen keine wei- teren Schulden!)

also muss es auch eine geben.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Dr. Duwe, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es wurde gerade oft von Volksgesetzgebung gesprochen und von dem Willen der Hamburger. Wir sollten doch daran denken, dass wir eine Volksgesetzgebung haben und die Bürgerinnen und Bürger letztendlich in einem Volksentscheid entscheiden. Es geht nicht darum, obwohl es sehr anschaulich ist, dass über 100 000 Hamburgerinnen und Hamburger ein Anliegen mit Unterschriften unterstützt haben. Wie Frau Heyenn davon auszugehen, dass die Hamburgerinnen und Hamburger für ein Ziel sind, halte ich doch für sehr gewagt. Also sollten wir in dieser Stadt ideologiefrei über die Energiepolitik reden und diskutieren.