Protocol of the Session on August 24, 2011

(Zurufe von der CDU: Oh! – Dirk Kienscherf SPD: Das sehen wir im Ausschuss!)

Eine Antwort findet sich gleich im zweiten Satz der CDU-Anfrage, und zwar lobt sich die CDU, dass – ich zitiere –:

"2003 (…) vom CDU-geführten Senat die Überprüfung des Sprachstandes im Rahmen des Vorstellungsverfahrens der Viereinhalbjährigen gesetzlich verankert [wurde]."

Zitatende. –

(Beifall bei der CDU)

Das ist die halbe Wahrheit.

Im Jahre 2001 wurde die deutsche Öffentlichkeit durch die desaströsen Ergebnisse der PISA-2000-Studie aufgeschreckt. Deutschland landete bei der Lesekompetenz auf Platz 22 von 32 Ländern und Deutschland war fast überall schlecht, vor allem bei den Kindern mit Migrationshintergrund.

Bei den Jugendlichen, die sich zu Hause nicht in der Landessprache unterhielten, schnitt nur Luxemburg noch schlechter ab. Besonders gut waren Australien, Kanada, Finnland und das Vereinigte

(Anna-Elisabeth von Treuenfels)

Königreich, kurz gesagt, alle Staaten mit einem Einheitsschulsystem.

(Zurufe von der CDU: Oh!)

Als LINKE sind wir für die Sprachförderung. Das ist auch nicht verkehrt, doch ich habe natürlich noch Verbesserungsvorschläge.

(Glocke)

Vizepräsident Dr. Wieland Schinnenburg (unter- brechend): Frau Abgeordnete, ich muss Sie kurz unterbrechen. Meine Damen und Herren! Es redet nur Frau Özdemir und niemand sonst. Fahren Sie bitte fort.

(Beifall bei der LINKEN und bei Gert Kek- stadt SPD)

Bevor ich zu den Verbesserungsvorschlägen komme, möchte ich auf zwei Punkte der Großen Anfrage eingehen.

Erstens: Bei der Sprachförderung handelt es sich nicht nur um ein migrantisches Problem; Frau Duden hat es eben erwähnt. Fast ein Drittel der Vorschulkinder, die an Sprachfördermaßnahmen teilgenommen haben, sprach zu Hause Deutsch.

Zweitens: In den Schulen ist der Anteil der Kinder mit Förderbedarf in der Sprachentwicklung besonders hoch, die einen niedrigen Sozialindex beziehungsweise KESS-Faktor haben. Dies macht deutlich, dass wir es bei der Sprachproblematik auch mit sozialen Problemen zu tun haben.

(Beifall bei der LINKEN und bei Wolfgang Rose SPD)

Nun möchte ich darauf zurückkommen, was an der Sprachförderung verbessert werden kann. Ganz besonders möchte ich auf Folgendes hinweisen: Manche Kinder und Jugendliche empfinden die Förderkurse als Nachsitzen. Sie müssen nach dem regulären Unterricht noch weiterhin in der Schule sitzen und andere dürfen dann schon nach Hause. Auch empfinden manche Kinder und Jugendliche die Förderkurse als Stigmatisierung. Der additive Sprachförderunterricht ist insbesondere in Ganz

tagsschulen ein Problem. Die Kinder und Jugendlichen müssen nach 16 Uhr in diesen Unterricht und das Problem wird sich noch verstärken, wenn weitere Schulen zu Ganztagsschulen werden.

Nach Ansicht der LINKEN muss Sprachförderung aber mehr umfassen. Was in der Großen Anfrage und deren Beantwortung nicht vorkommt, ist der muttersprachliche Unterricht. Beim PISA-Sieger Finnland haben Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund ein Anrecht auf muttersprachlichen Unterricht. Zweisprachige Kinder, die ihre Muttersprache beherrschen, lernen auch die Landessprache besser. Es erhöht ihr Selbstwertgefühl, wenn ihrer Muttersprache Wertschätzung entgegengebracht wird. Außerdem werden Sprachbewusstsein und Abstraktionsfähigkeit gefördert. Zweisprachige Kinder können leichter zwischen zwei Sprachen switchen. In den Hamburger Stadtteilen werden circa 100 Sprachen gesprochen. Dies wird auch unterstützt durch die Forderung der EU, dass alle Menschen in Europa drei Sprachen lernen sollten, und deshalb sollten wir von Finnland lernen. – Danke.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Frau Özdemir. – Mir liegen jetzt keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir kommen damit zur Abstimmung.

Wer stimmt einer Überweisung der Drucksache 20/441 federführend an den Familien-, Kinder- und Jugendausschuss sowie mitberatend an den Schulausschuss zu? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist das einstimmig beschlossen.

Meine Damen und Herren! Das ist das Ende des ersten Sitzungstages. Ich wünsche Ihnen eine schöne Heimreise und wir sehen uns morgen wieder. Die Sitzung ist geschlossen.