Protocol of the Session on February 4, 2015

Sie behaupten zwei Dinge, zum einen, dass Sie als SPD sparsam gewirtschaftet hätten, und zum anderen, dass Sie tolle Steuereinnahmen gehabt hätten und dass dies auch geholfen habe. Die Realität ist ein wenig anders. Sie haben nicht sparsam gewirtschaftet, aber Sie hatten so tolle Steuereinnahmen, dass es keinem aufgefallen ist. Das ist die Realität, und das müssen Sie auch so benennen.

(Beifall bei der CDU)

Anders als in Ihrer Märchenstunde würde ich das gern mit Fakten hinterlegen.

(Dr. Monika Schaal SPD: Es war einmal!)

Sie haben seit Amtsantritt bis Ende 2013 die Ausgaben um 5,5 Prozent erhöht und reden immer noch von 0,88 Prozent. So viel Realitätsverweigerung kann ich langsam nicht mehr verstehen, das grenzt an Ignoranz.

(Beifall bei der CDU)

Dann haben Sie Ihre 0,88-Prozent-Doktrin auf den Markt geschmissen, sind aber zwischenzeitlich davon doch lieber abgerückt, denn es ist ein bisschen schwierig, mit 0,88 Prozent Ausgabenobergrenze zu rechnen. Deswegen haben Sie ge

(Dr. Andreas Dressel)

sagt, Sie nähmen lieber den sogenannten bereinigten Finanzbedarf zum Maßstab und damit das Saldo. Man muss hier ernsthaft fragen, was das mit dem Durchhalten eines soliden Konzepts zu tun hat. Das ist genauso gewesen wie "pay as you go" und "I want my money back". Das alles ist nicht eingetreten, aber Sie reden es immer noch schön.

(Beifall bei der CDU)

Fakt ist, dass das Defizit innerhalb von drei Jahren um 1,5 Milliarden Euro erhöht wurde. Es gibt 726 Millionen Euro neue Schulden, 730 Millionen Euro Rücklagen sind aufgebraucht. Sie betreiben in dieser Stadt Wählertäuschung, denn Ihre Bilanz sieht deutlich anders aus.

(Beifall bei der CDU)

Profitiert haben Sie von der Einnahmenlage, keine Frage. Seit Ende 2010 bis Ende 2013 sind die Gesamteinnahmen um mehr als 1 Milliarde Euro gestiegen. Wenn Sie jetzt sagen, die Bezeichnung Hans im Glück sei unpassend, der Finanzsenator sei doch tüchtig gewesen, dann fehlt mir ein sehr großes Dankeschön an die Steuerzahler und die Unternehmen in dieser Stadt, die das Geld erwirtschaftet haben.

(Beifall bei der CDU – Dr. Andreas Dressel SPD: Wir danken auch den Steuerzahlern! und Beifall)

Dazu haben Sie wenig beigetragen, aber Sie versteigen sich immer noch zu der Behauptung, das sei Ihr Verdienst. Es ist nicht Ihr Verdienst, es ist das Verdienst der Wirtschaftstreibenden in dieser Stadt.

(Beifall bei der CDU)

Jetzt wird es interessant. Wie sieht denn nun das Jahr 2014 aus? Wir führen Debatten in der Stadt, obwohl Sie bisher noch gar keine richtigen Zahlen vorgelegt haben. Einmal sind es 100 Millionen Euro Überschuss, ein anderes Mal sind es 400 Millionen Euro Überschuss. Mal sehen, was der Finanzsenator heute noch erzählt. Zum Glück gibt es aber das Bundesfinanzministerium. Das hat schon Zahlen vorgelegt, die Sie immer nicht hören wollen, aber dieses Mal helfen sie zumindest ein Stück weit. An einer Stelle helfen sie nicht, denn die Ausgaben sind in 2014 gestiegen, und zwar klar um 1,9 Prozent von 11,6 Milliarden Euro auf 11,8 Milliarden Euro und das, obwohl die Zinsausgaben noch nie so niedrig waren. Sie sind noch einmal gesunken von 764 Millionen Euro auf 685 Millionen Euro, und die Einnahmen aus Gebühren sind um 10 Prozent gestiegen. Allein die Steuern haben einen Anteil von fast 900 Millionen Euro an diesem Anstieg. Wenn Sie nun sagen, es hätte irgendjemand sparsam gewirtschaftet, dann sind Sie einer totalen Täuschung erlegen. Ich emp

fehle Ihnen sehr, sich Ihre Zahlen einmal besser anzusehen, bevor Sie große Reden halten.

(Beifall bei der CDU und bei Dr. Walter Scheuerl fraktionslos)

Die Bilanz heißt also 2 Prozent mehr Ausgaben, 2,2 Milliarden Euro mehr Einnahmen. Das ist ein Geschenk, das hat mehr mit Hans im Glück zu tun als mit dem Glück des Tüchtigen. Tüchtig war allein der Steuerzahler.

Wenn wir uns aber die Zahlen von 2014 ansehen und Ihren fadenscheinigen Versuch, mal eben aus der Rücklage kurz vor Toresschluss 700 Millionen Euro zu verschieben, dann ist uns eines aufgefallen. Wir haben beim Statistischen Bundesamt nachgesehen und gefragt, ob die Stadt eigentlich keine neuen Schulden mehr mache. Was sagt das Statistische Bundesamt? Die Stadt habe in den ersten drei Quartalen des Jahres 2014 600 Millionen Euro neue Schulden gemacht, zwar nicht im Kernhaushalt, da sind Sie bei null, sondern beim Sondervermögen und den städtischen GmbHs. Ich erwarte hier von Ihnen, Herr Dressel, Herr Quast und Herr Finanzsenator, dass Sie das bitte dem Wähler erklären und aufhören, Blödsinn zu erzählen. Die Stadt hat 2014 600 Millionen Euro mehr Schulden gemacht. Hier müssen wir etwas tun und uns das detailliert ansehen. Wir müssen gegensteuern, und das werden wir in der nächsten Legislaturperiode tun.

(Beifall bei der CDU und bei Dr. Walter Scheuerl fraktionslos)

Nun hat Herr Kerstan von der GRÜNEN Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Frage ist, worüber wir heute eigentlich reden.

(Beifall bei Christiane Schneider DIE LINKE – André Trepoll CDU: Diese Frage stellt sich ja immer!)

Herr Dressel kam mit dieser Geschichte an, man hätte in diesem Jahr keine Schulden gemacht, sondern sogar einen wunderbaren Überschuss erwirtschaftet. Man muss doch einmal fragen, wie die Situation denn nun eigentlich ist. Der NDR hat berichtet, Hamburg habe in diesem Jahr 400 Millionen Euro Überschuss erwirtschaftet; dieser Senat hat das dementiert. Das "Hamburger Abendblatt" hat berichtet, aus gut unterrichteten Senatskreisen werde gesagt, das stimme. Der Senat hat daraufhin erwidert, er rechne noch und wisse das noch nicht. Nun sagt eine Regierungsfraktion, ihre Haushaltspolitik zahle sich aus und sie hätte einen wunderschönen Überschuss erzielt. Welche Dreistigkeit dieses Senats und der Mehrheitsfraktion ist es eigentlich, Zahlen an die Presse zu lancieren, sie nicht zu bestätigen und dann hier eine Jubelrede

(Dr. Roland Heintze)

zu halten über die tollen Überschüsse, die die SPD erzielt habe. Das ist die Arroganz der Macht, und die wird Sie die absolute Mehrheit kosten, weil das niemand mehr akzeptieren will.

(Beifall bei den GRÜNEN – Zurufe von der SPD: Oh, oh!)

Das ist doch die Wahrheit.

Es ist in der Tat so, dass wir 1,5 Prozent Wirtschaftswachstum schon seit Ewigkeiten nicht mehr hatten. Es gibt eine sehr niedrige Arbeitslosenquote und die Zinsen sind so niedrig wie schon lange nicht mehr. Unter Schwarz-Grün gab es übrigens 940 Millionen Euro Zinszahlungen pro Jahr. Und ohne dass die SPD einen Finger rühren musste – die Finanzmärkte sind nun einmal so wie sie sind –, zahlen wir heute 740 Millionen Euro Zinsen pro Jahr, obwohl die Schulden mittlerweile gestiegen sind. Das ist nicht das Ergebnis einer soliden Haushaltspolitik dieses Senats. Dieser Senat hatte schlicht und einfach mehr Glück als Verstand. Ich würde deshalb nicht so große Reden halten.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der CDU)

Sie beschwören in dieser Situation Hans im Glück und das Glück des Tüchtigen.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Hans im Glück kam vom Kollegen Heintze!)

Nein, das kam auch von Andreas Dressel.

Wenn Sie in dieser Situation Hans im Glück und das Glück des Tüchtigen beschwören, dann will ich an dieses Märchen und seinen Inhalt erinnern. Das ist nämlich sehr symptomatisch für diese SPD. Hans im Glück hatte zwei Goldklumpen auf der Schulter, und er fand, das war zu schwer. Darum hat er die beiden Goldklumpen gegen ein Pferd eingetauscht. Dann hat er dieses Pferd gegen eine Kuh eingetauscht, die Kuh gegen ein Schwein und das Schwein gegen eine Ente, und am Ende hatte er zwei Steine. Die sind in den Brunnen gefallen, und dann konnte er unbeschwert von jeder Last glücklich werden. Wenn das die SPD-Haushaltspolitik ist, dann ist das eine verdammt schlechte Botschaft für die Steuerzahler.

(Beifall bei den GRÜNEN und der CDU – Jan Quast SPD: Das war so bei der CDU!)

Es geht doch nicht darum, dass im Moment die Steuereinnahmen sprudeln und die Zinsen niedrig sind. Wir alle wissen, dass das nicht so bleiben wird. Die Frage ist schlicht und ergreifend, ob Sie den Haushalt strukturell schon so weit vorangebracht haben, dass wir bei einem eventuellen Steuerrückgang und einem Zinsanstieg – das ist doch irgendwann der Fall – dann besser dastehen. Aber das Gegenteil ist doch der Fall. Kurz vor der Wahl laufen Sie jede Woche herum, streuen schö

ne Wohltaten mit viel Geld unters Volk und verteilen Wahlgeschenke.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Ihr wollt ja noch viel mehr unters Volk streuen!)

Aber in all diesen Drucksachen steht keine Gegenfinanzierung, und es wird beim nächsten Senat wahrscheinlich ein bitteres Erwachen geben, weil man erst einmal einen Kassensturz machen muss,

(Sören Schumacher SPD: Die Chance, dass ihr den Bürgermeister stellt, ist relativ ge- ring!)

um zu sehen, was nach diesem Dezember-Fieber der SPD, um die Wahl zu gewinnen und die absolute Mehrheit zu erlangen, eigentlich noch übrig ist. Das ist auch eine Wahrheit, über die Sie nicht gern reden.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei Robert Heinemann CDU)

Die Eckpunkte auf dem Papier sehen ziemlich gut aus. Aber wenn man sich anschaut, was diese Eckpunkte bedeuten, dann sieht man, dass sie den Haushalt nicht sanieren werden. Sie werden nämlich zur Sanierung des Haushalts nur beitragen können, wenn sie solide sind. Sehen wir uns einmal ein, zwei Dinge an.

Sie hatten ein Finanzierungskonzept, Sie wollten 250 Stellen pro Jahr streichen, um Ihre Wahlgeschenke zu finanzieren. Das haben Sie mittlerweile gelassen. Der Rechnungshof hat gesagt, dass man angesichts Ihrer Ausgaben inzwischen 800 Stellen einsparen müsste. Und wo ist Ihr Finanzkonzept, wenn Sie es nicht über einen Stellenabbau machen wollen? Es gibt keines.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Ihr wollt doch noch viel mehr ausgeben!)

Das sollte man auch einmal sagen, bevor Sie solche Reden halten wie heute.

Ich komme zur Investitionsreserve. Das ist eine Reserve der Stadt, um auf Unvorhergesehenes reagieren zu können, wenn beispielsweise etwas kaputtgeht, und wahrscheinlich wird das auch unter dieser SPD-Regierung einmal passieren. Bei den vorigen Senaten war das immer eine Größenordnung von 120 Millionen Euro pro Jahr. Sie haben das auf 6 Millionen Euro abgesenkt, damit Ihre Rechnung aufgeht. Diese 6 Millionen Euro sind mittlerweile schon ausgegeben, weil Sie angekündigt haben, für das CCH diese Reserve in Anspruch nehmen zu müssen. Das zeigt eindeutig die Finanzpolitik dieses Senats, Sie wollen vor der Wahl schöne Zahlen präsentieren und glänzen. Sie wollen auf Kosten der Zukunft leben, aber das ist alles andere als solide. Deshalb sollten sich die Wählerinnen und Wähler keinen Sand in die Augen streuen lassen. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei Robert Heinemann, Christoph de Vries und Kathari- na Wolff, alle CDU)

Frau Suding von der FDP-Fraktion hat nun das Wort.