Protocol of the Session on December 17, 2014

Der zweite große Bereich, der mir bei diesem Einzelplan am Herzen liegt, ist der Allgemeine Soziale Dienst. Darüber haben wir im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss lange gesprochen. Der Bericht ist noch nicht fertig; Herr de Vries hat schon etwas zu den Konsequenzen gesagt, die er zieht, was ich nicht als Königsweg sehe, aber natürlich muss man sich fragen, wie die Rahmenbedingungen sind und wie sie sich in den letzten Jahren entwickelt haben, nachdem Sie die BASFI übernommen haben.

Der Allgemeine Soziale Dienst wurde 2012 von Haus- und Hofberichterstatter Schrapper, wie man mittlerweile sagen kann, untersucht. Ergebnis: Die Situation des Allgemeinen Sozialen Dienstes in Hamburg ist eine Katastrophe, wir müssen schauen, wo wir helfen können. Das ist ausführlich im Bericht von 2012 niedergeschrieben. Was ist passiert? 2013 sollte das Personalbemessungssystem umgesetzt werden, es kam dann aber erst 2014. Irgendwie waren sich alle uneinig, wo und wann darüber gesprochen werden sollte, auf jeden Fall kam es nicht. Über zwei Jahre haben Sie uns damit hingehalten zu sagen, das Personalbemessungssystem sei das, womit der ASD gestärkt und vor Ort dafür gesorgt werde, dass der ASD handlungsfähig bleibe. Das waren also die Konsequenzen aus

dem Schrapper-Bericht von 2012. Wann wurde reagiert? Reagiert wurde, nachdem ein zweites Kind innerhalb einer Legislaturperiode, das in der Betreuung des Jugendamts und des Allgemeinen Sozialen Dienstes war, verstorben ist. Jetzt wurden Sofortmaßnahmen eingeleitet. Und da muss man sich natürlich fragen, wie viel Verantwortung bei Ihnen liegt, weil Sie das nicht früher umgesetzt haben. Ich habe im Ausschuss nachgefragt. Ich habe gefragt, ob die notleidenden ASDs, die jetzt festgestellt wurden, auch 2012 schon notleidend gewesen sind. Die Antwort: Ja, sie waren damals genauso notleidend. Das heißt, es wurde auf Zeit gespielt, was leider ein schreckliches Ende hatte.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Das ergibt für mich eindeutig das Bild, dass eine politische Verantwortung besteht. Die politische Verantwortung muss vom Senator übernommen werden. Er muss uns sagen, wie er seine Verantwortung wahrnimmt und was er aus dem, was ich gerade beschrieben habe, macht. Ich erwarte heute eine Antwort, welche Konsequenzen er politisch zieht. Es kann nicht sein, dass nach einer eindeutig verschleppten Personalbemessung, die man 2012 nach Ende des Sonderausschusses Chantal fachlich nicht auf die Reihe bekam, und nachdem zwei Jahre lang nichts passiert ist, auf einmal ein Notprogramm kommt, wo für notleidende ASDs Geld aus dem HzE-Topf genommen wird, was auch damals schon zur Verfügung stand. So geht es nicht, und ich fordere Sie auf, dazu Stellung zu nehmen und zu sagen, was aus Ihrer Sicht die politischen Konsequenzen sind. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU und den GRÜNEN)

Das Wort bekommt Frau Heyenn von der Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Einige werden sich vielleicht wundern, dass ich außer für Wissenschaft und Schule auch für Familie, Kinder und Jugend rede. Ich vertrete Herrn Yildiz, der heute leider nicht da sein kann.

Unsere Fraktion DIE LINKE hat einen Antrag zur Sicherung und zum Ausbau der sozialen Infrastruktur und Beratung vorgelegt. Vor dem Hintergrund von Haushaltskonsolidierungen wurden in den letzten Jahren, das ist schon mehrfach gesagt worden, Mittel gekürzt.

Ich beginne mit einer Bestandsaufnahme:

2014 erhielten mindestens 25 Einrichtungen weniger Geld, einige Einrichtungen wurden sogar geschlossen. Dies ist eine traurige Bilanz.

(Beifall bei der LINKEN)

(Finn-Ole Ritter)

Durch die Kürzungen in der Offenen Kinder- und Jugendarbeit konnte der Arbeit nicht mehr in vollem Umfang nachgekommen werden, und es ist richtig, was Frau Blömeke sagte, in einigen Fällen mussten auch Einrichtungen geschlossen werden. Hinzu kommt noch, dass viele Einrichtungen, die jetzt aus den sozialräumlichen Hilfen und Angeboten finanziert werden und damit den Charakter ihrer Arbeit deutlich verändern mussten, nach wie vor Schwierigkeiten haben. Auch die Zusammenarbeit mit den Schulen ist dazugekommen, und wir fordern vor diesem Hintergrund die Rücknahme der Kürzungen bei der Offenen Kinder- und Jugendarbeit.

(Beifall bei der LINKEN)

Aber selbst wenn diese Arbeit in 2015 und 2016 nicht gekürzt wird, müssen diese Einrichtungen mit weniger Mitteln den gleichen Betrieb aufrechterhalten. Gestiegene Preise und Tarife werden nicht voll refinanziert. Wir fordern deswegen einen automatischen Mechanismus der Refinanzierung, wie es bei den Kitas inzwischen üblich ist.

Die Mehrzahl der Einrichtungen hat weniger als zwei Stellen. Wenn eine Person krank oder im Urlaub ist, muss die Einrichtung schließen oder der Betrieb wird massiv eingeschränkt. Dann haben Jugendliche in den Brennpunkten gar keinen Anlaufpunkt. Das wollen wir ändern und fordern mindestens zwei Stellen für alle Einrichtungen.

(Beifall bei der LINKEN)

In vielen Bereichen der Kinder- und Jugendarbeit hat die Arbeit zugenommen. Wenn jetzt dreimal so viele Beratungen im Durchschnitt durchgeführt werden, dann sind gleichbleibende Haushaltsansätze unter diesen Bedingungen reale Kürzungen und nichts anderes.

Das gilt auch für andere Bereiche wie die ASDs, deren Überlastung in den letzten Monaten in der Stadt Thema einer öffentlich geführten Debatte war. Der SPD-Senat war gezwungen zu reagieren, aber wieder einmal viel zu spät und nicht ausreichend. In der Straßen- und Sozialarbeit wurden in den letzten Jahren acht Stellen gekürzt. Dabei gibt es immer mehr Jugendliche in der Stadt, die obdachlos sind; viele haben Drogenprobleme. Auch eine steigende Zahl von jungen Flüchtlingen in der Stadt hat keine Ansprechpartner. Viele dieser Kinder und Jugendlichen landen bei der Straßensozialarbeit. Auch hier wird mehr Arbeit auf weniger Personal verteilt, und das ist nicht gut.

(Beifall bei der LINKEN und bei Christiane Blömeke GRÜNE)

Die genannten Bereiche sind ein unverzichtbarer Teil der Hilfen für Menschen, die nicht nur in den von Armut betroffenen Stadtteilen immer häufiger in Not geraten. Die vorgeschlagenen Maßnahmen sollen in einem ersten Schritt die soziale Infrastruk

tur sichern und die Arbeitsfähigkeit von Einrichtungen erhalten. Sie gehen Armutsprobleme von Kindern und Jugendlichen an den Stellen an, wo sie entstehen. Anstatt diese auf die lange Bank zu schieben, muss gehandelt werden. Hamburg sollte das System der Jugendhilfe im Sinne einer Armutsbekämpfungsstrategie weiter ausbauen. Ein kleiner erster Schritt wäre zum Beispiel ein weiteres Kinder- und Familienzentrum in Harburg.

(Beifall bei der LINKEN)

Seit den Neunzigerjahren ist kein weiteres Zentrum dieser Art mehr eröffnet worden, obwohl der Bedarf ständig steigt. In Mümmelmannsberg gibt es keinen Kinderarzt, keine ASD-Dienststelle und keinen Treffpunkt für die gesamte Nachbarschaft. Das muss sich ändern.

(Beifall bei der LINKEN)

Nach der Wahl im Februar nächsten Jahres werden wir die Bürgerschaft auffordern, eine EnqueteKommission zu beschließen. Gemeinsam mit Fachleuten wollen wir eine Analyse der sozialen Spaltung in der Stadt und der Armutsentwicklung vornehmen, und wir hoffen, dass dann Konsequenzen gezogen werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Das würde Sinn machen, viel mehr Sinn als den Rücktritt von Sozialsenator und Bezirksamtsleiter zu fordern; das hilft auch nicht weiter.

(Beifall bei Tim Golke DIE LINKE)

Wir wollen, dass das System der Kinder- und Jugendhilfe bedarfsgerecht gesichert und ausgebaut wird. Dafür übernehmen wir auch gern die Verantwortung. Auch die Opposition hat eine große Verantwortung, das sollten alle die, die das Gegenteil meinen, doch noch einmal im StaatsbürgerkundeUnterricht nachholen.

(Beifall bei der LINKEN)

Jetzt zur Kita. Ich will diese Schwarzmalerei nicht fortsetzen. Wir als LINKE – und ich glaube, auch die Menschen in der Stadt insgesamt – begrüßen es, dass die Kita-Gebühren abgeschafft wurden, dass es einen Rechtsanspruch auf fünf Stunden gibt, dass das Mittagessen kostenfrei ist und dass die gebührenfreie Bildung von der Kita bis zur Uni durch den SPD-Senat auf einen guten Weg gebracht worden ist. Das ist auch unser Ziel.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Nur Schwarzmalerei und Schlechtmachen hat wenig Sinn, denn das ist ein ganz großer Schritt, und es zeigt auch, dass sehr, sehr viele Eltern ihre Kinder für die Krippe, den Elementarbereich, angemeldet haben. Das haben Sie gut gemacht, aber es geht besser.

(Beifall bei der LINKEN)

In den letzten Wochen hat es eine intensive Debatte und viel Bewegung in der Stadt um die Forderung nach Verbesserung der Qualität in den Kindertagesstätten gegeben. Frau Leonhard hat auch gesagt, das sei jetzt das Thema der Stunde. Es ist gefordert worden, den Personalschlüssel um 25 Prozent für alle Kinder im Kita-Bereich zu verbessern. Der Hintergrund ist – das wurde auch schon gesagt –, dass Hamburg den schlechtesten Personalschlüssel aller westlichen Bundesländer hat. Das Kita-Netzwerk hat dagegen am 30. Oktober einen Sternmarsch organisiert, über 5000 Menschen haben teilgenommen.

Wir als LINKE sind Teil dieses Kita-Bündnisses und des Protestes der Verbände der Eltern und Beschäftigten, und zwar von Anfang an. Wir haben einen Antrag vorgelegt, der in der Summe einem Angebot entspricht, das die Verbände in der Vertragskommission bereits im Herbst dem Sozialsenator vorgelegt haben. Wir fordern auch 25 Prozent mehr, und zwar im gesamten Kita-Bereich. Die Proteste haben nun Wirkung gezeigt, das KitaBündnis hat auch einen günstigen Zeitpunkt gewählt, denn wir sind kurz vor der Wahl, das hilft bei der SPD immer. Das hat letztes Mal geholfen und hilft auch dieses Mal, zwar nicht ganz so, wie wir uns das vorstellen, aber die SPD hat sich bewegt und letzte Woche mit den Verbänden Verbesserungen für die unter dreijährigen Kinder vereinbart. Aber das genügt nicht, denn auch die über dreijährigen Kinder in den Kitas brauchen bessere Bedingungen für ihre Entwicklung.

(Beifall bei Christiane Schneider DIE LINKE)

Ein Personalschlüssel von 1:13 gewährt keine optimale Entwicklung der einzelnen Kinder. Laut Studie der Arbeitsgemeinschaft Freie Wohlfahrtspflege haben die altersgemischten Gruppen mit den zweijährigen Kindern die allerschlechtesten Personalschlüssel in der Stadt. Wer Qualität will und Bildungsempfehlungen verabschiedet, wie es der SPD-Senat gemacht hat für den Kita-Bereich, der muss auch Bildung bezahlen, der muss diese Qualität auch finanzieren. Deswegen haben trotz des SPD-Angebots am Freitag letzter Woche rund 150 Einrichtungen in der Aktion "Es ist 5 vor 12" in Absprache mit den Eltern ihre Einrichtungen für den normalen Betrieb geschlossen, um sich um die Arbeit zu kümmern, die sie sonst nicht machen können, nämlich die mittelbare pädagogische Arbeit, die Vorbereitung und Nachbereitung. Und wenn ich von Bildung spreche, dann ist das selbstverständlich, nur das finanzieren Sie leider nicht.

Unser Abgeordneter Mehmet Yildiz hat eine Einrichtung in St. Georg besucht und wird, wie in der öffentlichen Anhörung versprochen, weitere Einrichtungen besuchen. Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen haben berichtet, dass in ihrer Einrichtung momentan 20 Prozent der Kollegen und Kolleginnen krank sind, dass sie in große Schwierigkeiten

kommen, wenn Kolleginnen und Kollegen in Urlaub gehen, dass viele Kollegen zögern, Fortbildungen in Anspruch zu nehmen, weil das den Betrieb gefährdet, dass die Praktikanten häufig zur Aufrechterhaltung des Normalbetriebs herangezogen werden müssen und dass sie kaum Zeit für die vielen Vor- und Nachbereitungsarbeiten haben und den zusätzlichen Beratungsbedarf für die Eltern auch nicht erübrigen können. Kurzum: Sie brauchen die Finanzierung der mittelbaren pädagogischen Arbeit und der Ausfallzeiten seit Langem, sonst wird das so aussehen, wie es auch das Kita-Bündnis angeprangert hat, wenn es bei dem Personalschlüssel bleibt. Daran werden die 10 Prozent nicht viel ändern. Dann bleibt es bei satt und sauber, aber das hat mit Bildung nichts zu tun, das reicht nicht.

(Beifall bei der LINKEN)

Da Herr Dressel immer den Vertrag beziehungsweise diese Vereinbarung hochhält, möchte ich vorlesen, was das Kita-Netzwerk gerade auf den Weg gebracht hat. Es hat erklärt, der Senat habe endlich Handlungsbedarf anerkannt und die Verhandlungen wieder aufgenommen. Auch nach der Vereinbarung des Eckpunkte-Papiers fordern sie, dass alle zur Verfügung stehenden Mittel zur Qualitätsverbesserung eingesetzt werden – ich zitiere –:

"Die Elementarkinder werden nicht berücksichtigt und der vereinbarte Zeitraum von zehn Jahren ist eindeutig zu lang. Die Überlastung der Kollegen und Kolleginnen im Krippen- und Elementarbereich findet jetzt statt! Wir werden auch weiterhin für mehr als satt und sauber kämpfen!"

Und da hat das Kita-Bündnis die Unterstützung der LINKEN.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort bekommt Senator Scheele.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Mit der erfolgreichen Arbeit der letzten vier Jahre haben wir die Chancengerechtigkeit für unsere Kinder und Jugendlichen in Hamburg deutlich vorangebracht.

(Beifall bei der SPD)

Eine der klaren Prioritäten dieses Senats lag auf der Verbesserung der Betreuungs- und Bildungsinfrastruktur. Das gilt für die großen Regelsysteme wie Krippe, Kita und Schule, in die wir in den vergangenen Jahren so viel Geld investiert haben wie nie ein Senat zuvor. Das gilt aber auch für die sozialräumliche Versorgung mit niedrigschwelligen Angeboten wie beispielsweise in Eltern-Kind-Zentren. Ich werde übrigens das 38. in der nächsten Woche eröffnen.