Protocol of the Session on December 16, 2014

Dass Hamburg heute überhaupt in der Lage ist, sich auf eine mögliche Olympiabewerbung vorzubereiten, verdanken wir vor allem – es wurde schon vorgebracht – den Mitgliedern der Zukunftskommission Sport, die seit gut drei Jahren gemeinsam an der Umsetzung der Dekadenstrategie arbeiten. Der Hamburger Sportbund, die Handelskammer Hamburg, der Olympiastützpunkt Hamburg/Schleswig-Holstein und das Landessportamt haben in den vergangenen drei Jahren bereits vieles auf den Weg gebracht. Vielen Dank dafür an dieser Stelle.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der SPD)

Aber unabhängig davon, ob Deutschland sich mit Hamburg um die Olympischen Spiele bewirbt, darf das eigentliche Ziel nicht aus den Augen verloren werden, und zwar die Schaffung eines starken Sportstandorts Hamburg, der sich breit aufstellt und in dem sich alle Hamburgerinnen und Hamburger im wahrsten Sinne des Wortes bewegen können – ob jung oder alt, ob mit Handikap oder ohne, ob aus wohlhabendem oder sozial schwachem Elternhaus. Da ist Hamburg mit den Aktivitäten des Hamburger Sportbunds, den über 800 Sportvereinen in 54 Fachverbänden und dem überaus großen bürgerschaftlichen Engagement, das den Betrieb des Breitensports überhaupt aufrechterhält, auf einem guten Weg. Aber mehr geht natürlich immer.

Nun zurück zur Dekadenstrategie. Meine Fraktion bemängelt, dass die Dekadenstrategie nicht behördenübergreifend in den Einzelplänen des Haushalts wiederzufinden ist, wo der Senat doch immer wieder betont – der Senator ist gerade in ein Gespräch vertieft –,

(Senator Michael Neumann: Nein, ich höre zu!)

die Dekadenstrategie sei integraler Bestandteil aller Maßnahmen und werde als Daueraufgabe in allen Fachbehörden umgesetzt. Wenn dem wirklich

so ist, fragen wir uns, warum die Dekadenstrategie im Haushaltsplan-Entwurf außerhalb der Produktgruppe Sport als solche nicht wiederzufinden ist. Durch eine gesonderte Abbildung der Dekadenziele in Kennzahlen und Haushaltszielen der benachbarten Behörden wie der Stadtentwicklungsbehörde, der Schulbehörde oder der Sozialbehörde – man denke an ParkSport, Inklusion und Integration – könnte die Entwicklung der Dekadenstrategie verfolgt werden. Sonst bleiben die Erfolge der Dekadenstrategie doch mehr oder weniger im Dunkeln. Transparenz und Möglichkeiten der Nachbesserung für die Opposition: Fehlanzeige.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren! Das folgende Thema, die Barrierefreiheit der Sporthallen, liegt meiner Fraktion sehr am Herzen. Bisher konnte der Senat weder im Sportausschuss noch auf meine Anfrage hin Angaben zum Stand der Barrierefreiheit der Sporthallen in Hamburg machen. Es ist noch nicht lange her, da hat die SPD als einzige Fraktion unserem Antrag auf Erfassung der Barrierefreiheit aller Sportstätten nicht zugestimmt. Und dann erklärt der Senat in den Antworten auf den Fragenkatalog des DOSB, es werde eine vollständig barrierefreie Sporthalle in jedem Bezirk angestrebt. Man höre und staune. Wir bringen daher unseren Antrag einfach erneut ein. Werte SPD-Kollegen, geben Sie sich doch bitte einen Ruck und stimmen Sie ihm zumindest jetzt zu.

(Beifall bei der FDP)

Blättern Sie ruhig noch einmal nach, Herr Schumacher; vielleicht steht da Zustimmung – ich hoffe doch –,

(Sören Schumacher SPD: Nee, nee!)

oder Sie ändern Ihr geplantes Abstimmungsverhalten einfach noch einmal.

Wenn man in Hamburg Barrierefreiheit erreichen will, muss man erst einmal wissen, wo und in welchem Umfang umgebaut werden muss. Im Übrigen hat Frau Blömeke recht, Frau Timmermann: Nicht der Senat hat die erste vollständig barrierefreie Sporthalle in Alsterdorf gebaut, das war die Stiftung Alsterdorf. Auch wenn es Subventionen gab, gebaut hat sie die Stiftung.

(Juliane Timmermann SPD: Richtig!)

Noch einige Worte zu den sportpolitischen Anträgen der anderen Fraktionen.

Die GRÜNEN fordern zu Recht eine Erhöhung der Mittel für das Projekt "Ab ins Wasser – aber sicher!". Aber gleich eine Verdoppelung der Teilnehmer bei der derzeit sowieso äußerst angespannten Lage der Wasserzeiten bei Bäderland, und dann soll die Finanzierung auch noch direkt aus dem Bereich Sport gehen, das sehen wir kritisch. An

welcher Stelle soll dafür gekürzt werden? Insofern enthalten wir uns, obwohl die Richtung stimmt.

Ähnlich sieht es mit dem Antrag zur Förderung des ParkSports aus – ein wichtiges Ziel, der Antrag hat Charme. Aber woher sollen die Gelder kommen, wo soll im Sport gekürzt werden? Dann lieber an die Stadtentwicklungsbehörde herangehen.

Beim Antrag der LINKEN sieht es genauso aus. Sie fordern gleich eine Verdoppelung der geförderten Schwimmstunden, eine knappe Verdreifachung der Teilnehmerzahlen von "Ab ins Wasser – aber sicher!" und die Verdoppelung der Vereinsgruppen "Inklusion Sport" und "Integration durch Sport", um nur einiges zu nennen. Diese Forderungen sind derart hochgegriffen und damit unrealistisch, dass eine nähere Befassung nicht lohnt, obwohl die Richtung stimmt. Das ist einfach utopisch.

Werte SPD-Kollegen, Ihr Antrag zur Aufstockung der Mittel für die Sportstättensanierung lässt tief blicken. Erst hieß es, die Sanierungsoffensive solle halbiert werden. Nachdem die Bezirke einen Aufstand probten, hat der Senat sich erfreulicherweise erweichen lassen

(Dirk Kienscherf SPD: Welchen Aufstand? Wir haben es doch gemacht!)

und die geplante Senkung der Sanierungsoffensive glücklicherweise zurückgenommen. Und jetzt setzt die SPD-Fraktion dem Ganzen noch eins drauf und fordert 1,1 Millionen Euro mehr. Wir als FDP stimmen dem zu, weil wir wissen, wie wichtig das ist.

(Zuruf aus dem Plenum)

Ja, aber erst wollten Sie das sogar absenken.

Was wir aber ablehnen, ist der Punkt 1b. Es ist noch gar nicht so lange her, da hat der Geschäftsführer des HSB, Ralph Lehnert, im Sportausschuss sehr deutlich gemacht, dass derzeit noch die Planungsphase für die genauere Untersuchung des Sanierungsbedarfs der vereinseigenen Anlagen ansteht. Es macht aus unserer Sicht daher keinen Sinn, den zweiten Schritt vor dem ersten zu machen. Bevor aus dem Sanierungsfonds große Mittel bereitgestellt werden, sollten erst einmal belastbare Ergebnisse über den tatsächlichen Sanierungsbedarf der vereinseigenen Anlagen vorliegen.

(Juliane Timmermann SPD: Es geht um Din- ge, die weit darüber hinausgehen!)

Frau Timmermann, Sie können gern noch einmal etwas dazu sagen.

Bei uns geht es eben nicht nach dem Prinzip "Wer macht die größten Weihnachtsgeschenke?", sondern um ordentliche Politik. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Frau Kaesbach. – Das Wort hat Herr Yildiz von der Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Sport ist nicht nur Fußball, Basketball oder sonst eine Wettkampfdisziplin, vielmehr ist Sport ein Ort der Begegnung und des Kennenlernens. Sport trägt zum gesellschaftlichen Zusammenhalt bei, fördert die Solidarität und unterstützt nebenbei auch noch die Gesundheit.

In unserem Antrag geht es uns um fünf Kernthemen; eine Gegenfinanzierung haben wir dargelegt. Wir wollen den Umbau der Großspielfelder in Kunstrasenplätze. Wir wollen, dass die Mittel für das wichtige Programm "Ab ins Wasser – aber sicher!" erhöht und die geförderten Schwimmstunden verdoppelt werden. Zudem wollen wir, dass die Vereinsgruppen "Integration durch Sport" und "Inklusion Sport", die wir für sehr wichtig halten, nicht nur 50 000 Euro bekommen, sondern gerecht finanziert werden. Und schließlich wollen wir das Programm "Kids in die Clubs" ausweiten, damit auch Kinder, deren Eltern wenig Geld zur Verfügung haben, daran teilnehmen können.

(Beifall bei der LINKEN)

Die SPD veranstaltet Wahlkampf-Tamtam mit den Haushaltsanträgen. Das war nicht anders zu erwarten, aber in welchem Maße es geschieht, überrascht mich. Im Bereich Sport zum Beispiel legen Sie einen Antrag vor, in dem es um die Sanierung der Sportstätten geht. Das kann man nicht ablehnen, deshalb werden wir uns enthalten. Aber warum kann ein Senat, der von der allein regierenden SPD aufgestellt wird, keinen Haushaltsplan vorlegen, der die Sanierung der Sportstätten langfristig gewährleistet? In seiner Antwort auf die Fragen des DOSB sagt er doch selber, dass Sportstätten saniert werden müssten. Stattdessen wird die SPD-Fraktion kurz vor dem Wahlkampf wach, stellt Anträge und verteilt Wahlkampfgeschenke.

Einen zweiten Punkt hat meine Kollegin Frau Heyenn schon angesprochen, die 50 000 Euro für Inklusion. Natürlich sind die Menschen dankbar, wenn nach all den Jahren, in denen nur 30 000 Euro zur Verfügung standen, die Mittel nun auf 50 000 Euro erhöht werden. Aber das ist ein Tropfen auf den heißen Stein, und das wissen Sie auch.

(Beifall bei der LINKEN und bei Christiane Blömeke GRÜNE – Ksenija Bekeris SPD: Was will denn die LINKE?)

Inklusion ist einer der wichtigsten Ansätze in unserer Gesellschaft, was auch auf EU-Ebene, auf Bundesebene und auf Landesebene so beschlossen worden ist. Das ist eine Luftnummer. Wir lehnen Ihren Antrag nicht ab – wir enthalten uns –, aber der Bereich Integration verdient mehr. Im gleichen

Atemzug diskutieren Sie darüber, dass Sie 50 Millionen Euro für die olympische Bewerbung ausgeben wollen. Im Vergleich dazu sind das, über was wir hier reden, Peanuts: 50 000 Euro zu 50 Millionen Euro.

(Beifall bei der LINKEN – Hansjörg Schmidt SPD: Nicht alles, was hinkt, ist ein Ver- gleich!)

Wir hatten eine Veranstaltung zum Thema Olympia, bei der auch einige Senatsvertreter anwesend waren – nicht Herr Neumann, aber Mitarbeiter –, auf der uns die Menschen berichtet haben, wie die Situation in ihren Vereinen ist. Ein Judo-Trainer erzählte, dass die Toilette kaputt sei. Der Verein habe sich an das Sportamt gewandt und zur Antwort bekommen, die Kinder könnten doch zu Hause aufs Klo gehen. Kindergärten berichten, dass sie über längere Zeit hinweg keine Schwimmzeiten in den Schwimmhallen bekämen, um die Kinder an das Schwimmen heranzuführen. Eltern berichten, dass ihre Mädels beim Fußball abgemeldet würden, weil kein Platz mehr für sie da sei. Wenn der SPD-Senat tatsächlich möchte, dass der Bereich Breitensport anders ausgestattet wird, dann muss der Senat sich einen Ruck geben. Außer einer minimalen Steigerung gibt es keine weiteren Steigerungen im Bereich Sport, Tariferhöhungen werden nicht finanziert und allgemeine Kostensteigerungen nicht aufgefangen. Weil sich alle auf die Olympischen Spiele konzentriert haben, möchte ich einmal hervorheben, warum der Breitensport wichtig ist und welchen Sinn oder Unsinn es macht, Millionen für Olympia in den Sand zu setzen anstatt in den Breitensport zu investieren.

Die olympische Bewerbung soll 50 Millionen Euro kosten. Wir haben erlebt, dass Olympia in London bis zu 30 Milliarden Euro, in Athen 15 Milliarden Euro gekostet hat. In Hamburg geht man davon aus – keiner spricht offen darüber –, dass Olympia uns zwischen 10 und 20 Milliarden Euro kosten würde. Ich lasse das so stehen, weil es keine konkreten Zahlen gibt.

Der Senat und alle Oppositionsfraktionen außer uns berufen sich bei ihrer Zustimmung zur Bewerbung Hamburgs auf die Reformen des IOC, als ob es einen Riesenfortschritt gemacht hätte. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das IOC hat weder etwas zu seinen Knebelverträgen gesagt noch zum Thema finanzielle Unterstützung der austragenden Städte. Das IOC hat beschlossen, einen eigenen Fernsehsender zu gründen und gleichzeitig die Übertragungsrechte für die Spiele 2024 bis 2032 für 8 Milliarden Dollar an ein US-amerikanisches Fernsehunternehmen verkauft. Ich frage mich, wo da die Reformen sind. Das sind mehr Lippenbekenntnisse als Reformen. Wir können das Risiko nicht eingehen, mit diesem IOC-Monstrum, das immer noch weitermacht wie bisher, zusammenzuar

beiten. Das kann für Hamburg zu einer Riesenbelastung werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Bei diesem Vorhaben profitieren in erster Linie die internationalen Großkonzerne, die Wirtschaftsunternehmen und Werbeagenturen, und am Ende zahlen die Steuerzahler die Zeche. Daher sagen wir Nein.

Gleichzeitig fordern wir, dass es eine Olympiabewerbung nur dann geben sollte, wenn die Hamburgerinnen und Hamburger sich in einem Volksentscheid dafür entscheiden. Nicht das Parlament sollte darüber entscheiden, sondern die Hamburgerinnen und Hamburger.

(Vereinzelter Beifall bei der LINKEN)

Unsere Kritik und Befürchtung bleibt immer noch, dass Sie für Prestigeprojekte Geld haben…

(Dietrich Wersich CDU: Für Zukunftsprojek- te!)

Herr Wersich, die wichtigste Zukunftsinvestition ist es, in Menschen oder die soziale Infrastruktur zu investieren. Aber das begreifen Sie nicht.