Protocol of the Session on December 15, 2014

(Beifall bei der FDP)

Weil das so ist, dürfen wir in den nächsten beiden Jahren nicht so viel Geld ausgeben wie von diesem Senat unter Olaf Scholz veranschlagt. Wir können und wir dürfen uns nicht darauf verlassen, dass sich die äußeren Rahmenbedingungen weiter so gut entwickeln werden. Das wäre grob fahrlässig. Ich sage das nicht nur an die Adresse der SPD-Fraktion, die uns heute keinerlei Einsparvorschläge gemacht hat, ich wende mich damit auch sehr deutlich an die CDU.

Liebe Kollegen von der CDU, was Sie heute erneut als Beitrag zu den Haushaltsberatungen abliefern, ist schon wirklich grotesk. Sie leisten mit Ihren Anträgen erstens nicht den kleinsten Beitrag zur Konsolidierung,

(Dietrich Wersich CDU: Natürlich, Geld muss verdient werden!)

nicht einen Cent wollen Sie gegenüber der Haushaltsplanung des SPD-Senats einsparen. Sie wollen zweitens zur Finanzierung Ihrer Wahlgeschenke die dringend notwendigen Puffer plündern und den Haushalt damit noch wackeliger machen.

(Dr. Roland Heintze CDU: Das stimmt doch gar nicht, was Sie errechnet haben!)

Und Sie wollen drittens mit Ihren Anträgen die Zahl der städtischen Beschäftigten noch deutlich erhöhen. Ich frage mich wirklich, ob Herr Heintze in den letzten Wochen im Urlaub war oder ob Herr Wersich ihm einen Maulkorb verpasst hat.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Ich erinnere mich jedenfalls noch sehr gut, wie Sie, Herr Heintze, nicht laut genug vortragen konnten, dass die Schuldenbremse doch schon 2015 einge

halten werden könne. Mit Ihrer Politik wäre das jedenfalls nicht möglich, so viel ist sicher.

(Beifall bei Jan Quast SPD)

Stattdessen übertreffen Sie die anderen im Geldrausschmeißen und sind mittlerweile wie eine zweite sozialdemokratische Volkspartei.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Meine Damen und Herren! Diese Politik der organisierten Verantwortungslosigkeit einer sehr, sehr großen Koalition ist es, die Hamburg in wesentlichen Punkten zurückwirft und verscholzen lässt, zum Beispiel in der wichtigen Bildungspolitik. Wir Liberalen fordern deshalb, das beste Bildungssystem der Welt muss sicherstellen, dass wir die Potenziale jedes Kindes nutzen, um mit den besten Köpfen die besten Ideen zu entwickeln. Die FDP meint damit jedes Kind; keines darf abseits stehen und aufgegeben werden, egal, aus welchem Elternhaus es kommt, egal, in welchem Stadtteil es aufwächst, egal, ob es mit oder ohne Migrationshintergrund in Hamburg lebt und egal, welche Schule es besucht. Bildungspolitik darf nicht zum Spielball selbstverliebter Schularchitekten werden, die mit immer neuen Schulstrukturreformen alles Mögliche schaffen, nur eben keine Bildungschancen. Die aber müssen Kernaufgabe der Politik sein, und diesem Anspruch wird der SPD-Senat in Hamburg nicht gerecht.

(Beifall bei der FDP)

Hamburg hat den schlechtesten Kitabetreuerschlüssel der westdeutschen Bundesländer, woran auch Ihre angekündigte Mininachbesserung nichts ändern wird. Die überhastet schon von SchwarzGrün unüberlegt und unterfinanziert angeschobene Inklusion ist an vielen Schulen gescheitert. Die Universitäten werden durch langfristige Knebelverträge kaputtgespart. Im Fokus von Bildungspolitik muss die Qualität von Unterricht stehen. Das muss im Haushaltsplan klar erkennbar sein, ist es aber nicht.

(Lars Holster SPD: Doch!)

In Ihrem Haushaltsplan, Herr Rabe, finden wir viel über Klassengrößen, Platzzahlen im Ganztag oder die Zahl der Oberstufen an Stadtteilschulen. Aber worum es eigentlich geht, die Qualität, finden wir nichts. Wie viele förderbedürftige Schüler erhalten die notwendige Einzelfalldiagnostik? Wie viele doppelt besetzte Unterrichtsstunden werden erteilt? Kein Wort dazu. Auch über die erreichten Lernziele trifft der Haushaltsplan keine Aussagen, obwohl die Lernstände aller Hamburger Schüler regelmäßig erfasst werden.

Liebe Kollegen von der SPD! Sie haben in den vergangenen Jahren gezeigt, dass Sie gelegentlich offen für unsere guten Argumente sind.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Ja!)

Ich erinnere daran, dass Sie einige unserer Initiativen unterstützt haben,

(Dr. Andreas Dressel SPD: Ja, gute Argu- mente!)

zum Beispiel Initiativen für mehr Durchlässigkeit zwischen Stadtteilschule und Gymnasium oder die Förderung von Hochbegabten. Gehen Sie diesen Weg weiter, nehmen Sie das Wesentliche in den Blick. Hamburg hat Nachholbedarf bei der Unterrichtsqualität. Wir fordern Sie auf, hier im Interesse unserer Kinder endlich nachzusteuern. Deshalb, nehmen Sie unseren Schulantrag an, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP)

Bildung beginnt aber nicht erst in der Schule. Krippen und Kitas sind Orte frühkindlicher Bildung. Das gilt umso mehr in einer internationalen Metropole wie Hamburg, wo längst nicht alle Kinder im Elternhaus bis zum Schulbeginn die deutsche Sprache wenigstens in Grundzügen gelernt haben. Dazu brauchen wir keine CSU-Sprachpolizei, liebe Frau Prien, sondern frühkindliche Bildung mit hoher Qualität.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der SPD)

Die bleibt in Hamburg aber häufig auf der Strecke, weil viele Kitas nicht genügend Erzieher haben. In keinem anderen westlichen Bundesland ist eine Erzieherin für mehr unter Dreijährige zuständig als in Hamburg. Zu Recht sind vor wenigen Wochen Tausende von Erziehern vor das Rathaus gezogen und haben mehr als 500 Brandbriefe übergeben, in denen sie mehr Personal fordern.

(Dietrich Wersich CDU: Ich denke, Sie wol- len nicht mehr Personal!)

Wir werden das unterstützen und dafür kämpfen, dass Kitas nicht zu Aufbewahrungsstellen für unsere Kleinsten verkommen. Unsere Forderung: Der Kinder/Betreuer-Schlüssel muss jedes Jahr um 0,5 verbessert werden, damit wir 2018 einen Schlüssel von 1:4 haben. Da Erzieher auf dem Arbeitsmarkt aber Mangelware sind, wollen wir gleichzeitig die Ausbildungskapazitäten für Kita-Fachkräfte aufstocken. Es ist gut, dass die SPD hier endlich ein klein wenig einlenkt, aber warum erst jetzt? Warum haben Sie das nicht schon vor vier Jahren erkannt?

(Dr. Andreas Dressel SPD: Weil wir es zur- zeit machen!)

Nun müssen weitere Generationen von Kita-Jahrgängen unter schlechten Bedingungen leiden. Das zeigt, dass Ihnen die Kinder egal sind. Ihnen geht es nur um den Machterhalt, und das finde ich schlimm, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP)

Herr Scholz, ich habe noch gut in Erinnerung, wie Sie sich nach den Koalitionsverhandlungen in Berlin dafür gefeiert haben, dass die Ausgaben für das BAföG künftig nicht mehr von den Ländern, sondern vom Bund übernommen werden. Schade nur, dass das Geld nie bei den Hamburger Hochschulen angekommen ist, sondern im allgemeinen Haushalt versickert. Das ist ein Skandal und eine kurzsichtige Politik gegen die Zukunft unserer Stadt.

(Beifall bei der FDP)

Wir Freien Demokraten wissen, ohne die Innovationskraft der Hochschulen wird auch der Wirtschaftsstandort Hamburg veröden. Hamburg braucht starke Hochschulen, um eine starke Metropole der Zukunft sein zu können.

Meine Damen und Herren! Die Wirtschaft unserer Stadt ist auf die besten Köpfe angewiesen, um Innovation und Wohlstand zu ermöglichen. Aber der Staat und die Stadt macht es den vielen Freiberuflern, Selbstständigen und Unternehmern schwer statt leicht. Deshalb brauchen wir gerade auch mit Blick auf die geradezu wirtschaftsfeindlich agierende Große Koalition in Berlin endlich wieder eine gute Wirtschaftspolitik in Hamburg, damit wir wettbewerbsfähig bleiben. Schwere Fehler der Großen Koalition und die Missachtung der Grundsätze der sozialen Marktwirtschaft machen auch Hamburger Unternehmen und ihren Beschäftigten große Sorgen. Löhne und Mieten werden vom Staat reglementiert, für Öko-Energie gibt es Dauersubventionen, dringend benötigte Fachkräfte werden zulasten der Beitragszahler in Frührente geschickt und Arbeitnehmer werden durch die kalte Progression geschröpft. Das alles ist Gift für die Konjunktur, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP)

Gute Wirtschaftspolitik schafft die richtigen Rahmenbedingungen, aber sie hat nicht die Aufgabe, selbst Unternehmer zu spielen. Immer, wenn es ein Privater besser kann, darf der Staat es nicht machen. An dieser vielfach belegten These hält die FDP fest.

(Beifall bei der FDP – Christiane Schneider DIE LINKE: Das Ergebnis sehen wir ja!)

Wir haben uns immer wieder konsequent gegen Überregulierung und Einmischung und gegen Staatsengagement in funktionierenden Märkten ausgesprochen, bei Hapag-Lloyd, bei der HSH Nordbank und bei den Energienetzen. Alle drei sind Symbole für die falsche und milliardenteure Wirtschaftspolitik des SPD-Senats. Nun müssen endlich alle hundert städtischen Beteiligungen auf den Tisch. Welche brauchen wir für die Daseinsvorsorge oder aus strategischen Gründen und welche nicht? Die Erlöse wollen wir nutzen, um den Schuldenberg abzutragen und damit durch geringere Zinslasten den finanziellen Spielraum zu er

höhen. Das ist gute und vorausschauende Politik, der Sie sich aber leider verweigern.

Anstatt auf Unternehmensshoppingtour zu gehen wäre es die Aufgabe dieses Senats gewesen, die Gründerszene in der Stadt zu unterstützen. Ich habe dabei die Garagen vor Augen, in denen große und erfolgreiche Unternehmen wie Apple und Microsoft einst gegründet wurden. In Hamburg gibt es doch auch viele Garagen, aber dennoch hinkt Hamburgs Gründerszene hinterher; hinter den USA sowieso, aber leider auch hinter unserer Hauptstadt. In Hamburg würde Facebook-Gründer Mark Zuckerberg vermutlich erfolglos im Bezirksamt in der Warteschleife sitzen und irgendwann genervt gehen. Ähnlich wenig Aufmerksamkeit finden in Hamburg Kleingewerbe und Handwerk. Die FDP hat mehrfach beantragt, mehr Gewerbeflächen und Gewerbehöfe auszuweisen. Olaf Scholz und seine SPD finden das unnötig, wir nicht, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP)

Und dann noch die Verzögerung bei der Fahrrinnenanpassung der Unterelbe. Hamburg droht an Wettbewerbsfähigkeit gegenüber Antwerpen und Rotterdam zu verlieren, und das angesichts schlechter Rahmenbedingungen. Der Zustand der Straßen, Brücken und Schienen im Hafen ist beklagenswert. Die Köhlbrandbrücke ist dringend renovierungsbedürftig, die Hinterlandanbindung reicht nicht mehr für die gestiegenen Transportvolumina. Damit die HPA als zuständige Hafenbehörde an diesen vielen Baustellen vernünftig arbeiten kann, sollte die Aufgaben- und Organisationsstruktur der Hamburg Port Authority überprüft werden. Entwicklung und Unterhaltung der Infrastruktur, Sicherheit im Hafen, Hochwasserschutz und Gefahrenabwehr, das sollte wieder im Vordergrund stehen, hafenfremde Aufgaben dagegen nicht. Die Hamburger Hafenwirtschaft fordert weitere Investitionen in die Hafeninfrastruktur, und die FDP-Fraktion unterstützt diese Forderung. Der Senat will stattdessen lieber eine Viertelmilliarde für das sogenannte Busbeschleunigungsprogramm verbuddeln. Jeder Cent davon wäre besser im Hafen investiert. Die Busbeschleunigung gehört sofort gestoppt, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP)

Angeblich fahren am Ende die Busse ein paar Minuten schneller. Millionen für Minütchen – das ist Ihr verfehltes Motto. Und wenn Sie sich schon nicht von guten Argumenten überzeugen lassen, dann doch wenigstens von den 20 000 Unterschriften, die die Volksinitiative in der vorigen Woche eingereicht hat. Was Hamburg braucht, ist der Einsatz moderner Verkehrstechnik, etwa mehr verkehrsabhängige Ampelschaltung oder eine Baustellenkoordinierung, die mithilfe moderner Verkehrssimulationen auch funktioniert. Andere Städte können das, Hamburg nicht. Das muss sich än

dern. Wir wollen, dass der Verkehr in Hamburg wieder fließt, und dafür braucht es die FDP, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP – Heiterkeit bei der LIN- KEN – Klaus-Peter Hesse CDU: Es geht auch anders!)

Wir Freien Demokraten wollen ein weltoffenes Hamburg und ein Tor zur Welt, das gerade auch für Flüchtlinge offen ist. Ich bin deshalb sehr froh, dass viele Hamburger auf großartige Weise und mit viel ehrenamtlichem Engagement ihre Solidarität mit denen zeigen, die ihre Heimat verloren haben, die vor Misshandlung, Mord und Vergewaltigung fliehen, die nach Hamburg in der Hoffnung auf Frieden und Freiheit kommen. Wir Freien Demokraten wollen, dass das so bleibt. Lieber Herr Scholz, Sie haben uns fest an Ihrer Seite,

(Klaus-Peter Hesse CDU: Hallo, Liebeser- klärung!)

wenn es darum geht, Flüchtlinge in Hamburg unterzubringen und ihnen bei der Integration zu helfen. Deshalb möchten wir erneut an Sie und Ihren Senat appellieren: Diese positive Stimmungslage in der Bevölkerung darf nicht durch die Anwendung von Polizeirecht gefährdet werden. Wenn Flüchtlingsquartiere ohne Bürgerbeteiligung entstehen, wenn sie von oben herab exekutiert werden, dann darf man sich nicht wundern, wenn bei den Anwohnern Ängste und Sorgen aufkommen.