Protocol of the Session on June 23, 2011

Nein, das hat sie, wie ebenfalls bereits vor zwei Wochen bekannt, nicht. Daher stellt sich als Nächstes die Folgefrage: Was bezweckt die SPD mit der Anmeldung des Berichts zur Debatte?

(Dirk Kienscherf SPD: Es wird heute be- schlossen! Tue Gutes und rede darüber!)

Jetzt bin ich dran, ich wollte gar keine Antwort.

(Christiane Blömeke)

Natürlich die frohe Botschaft noch einmal kundzutun, das habe ich doch aufgeschrieben.

(Beifall bei der SPD)

Es wird Sie nicht wundern, dass auch die FDPFraktion bei dem Ziel mit Ihnen übereinstimmt,

(Beifall bei der SPD)

denn die vordergründig gute Nachricht für alle Eltern kann man nicht oft genug wiederholen. Doch die SPD inszeniert sich scheinbar als Überbringer der puren Glückseligkeit und das dicke Aber und damit die schlechte Nachricht hinter alledem wird den Eltern nach wie vor verschwiegen. Man will schließlich nicht so enden, wie Überbringer schlechter Nachrichten nun einmal enden, Herr Dressel.

(Zurufe von der SPD: Oh, oh!)

Dennoch muss dieses Aber auch von der SPD mit verantwortet werden, denn es besteht trotz der Einbindung des Haushaltsausschusses immer noch Unklarheit darüber, dass per Bepackung knapp 19 Millionen Euro Mehrausgaben für 2011 und noch einmal knapp 46 Millionen Euro für 2012 beschlossen werden, denen kein Finanzierungskonzept gegenübersteht. Zugegeben, einen Teil dieses Fehlbetrags haben Sie, werte Kollegen und Kolleginnen von der SPD, sich schon quasi von den Hamburger Hochschulen besorgt. Welches Verständnis von "pay as you go" hat Ihr Finanzsenator Tschentscher?

(Dr. Andreas Dressel SPD: Ein gutes!)

Das ist Ihre Meinung.

Die Mehrausgaben werden getätigt, weil Sie es im Wahlkampf versprochen haben. Das war die einzige Begründung, die wir gestern gehört haben. Das ist interessant, aber zu welchem Preis? Und welche Maßnahmen werden jetzt zur Gegenfinanzierung konkret genannt? Gar keine. Entweder Ihr Finanzsenator Tschentscher versteht die Vorgabe unseres Bürgermeisters "pay as you go" nicht oder er will es nicht.

(Beifall bei der FDP)

Natürlich hat es seine Gründe, dass der Fehlbetrag vergleichsweise hoch ausfällt. Das hatten wir ebenfalls vor zwei Wochen besprochen, aber dann hätte man einen Schritt nach dem anderen machen und zunächst die Finanzierungsfrage klären sollen. Mit dem finanzpolitischen Blindflug ist jedenfalls den jungen Familien am langen Ende auch nicht wirklich geholfen.

Sehr geehrte Kollegen und Kolleginnen von der SPD! Fehler werden nicht plötzlich dadurch richtig, dass man sie nur oft genug wiederholt und darüber spricht. Wir stimmen mit Ihnen zwar im Ziel überein, doch sind wir uneins über die Reihenfolge der Schritte dorthin. Für uns Liberale hätte zunächst

die Finanzierungsfrage befriedigend geklärt sein müssen, um politische Handlungsfreiheit auch in Zeiten der zukünftig greifenden Schuldenbremse sicherzustellen.

(Andy Grote SPD: Wie würden Sie es denn finanzieren?)

Herr Grote, darüber können wir uns gerne im Ausschuss unterhalten. Wir haben oft genug nachgefragt, da waren Sie leider nicht da, dann müssen Sie hinkommen.

(Andy Grote SPD: Sie müssen nicht Fragen stellen, sondern selber Vorschläge erarbei- ten!)

Daher können wir dem Antrag unter den gegebenen Vorzeichen nicht zustimmen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Herr Yildiz hat das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Bevor ich zu dem Antrag komme, möchte ich ein paar Worte zu Herrn de Vries und Frau Blömeke sagen.

Erstens: Herr de Vries, als das Kita-Gutscheinsystem 2003 beschlossen worden ist, wurden dadurch Tausende von Kindern aus den Kitas ausgeschlossen, weil das Kita-Gutscheinsystem die Berufstätigkeit der Eltern in den Vordergrund stellt und nicht das Recht des Kindes.

(Beifall bei der LINKEN)

Zweitens: Frau Blömeke, als Sie Ihre Rede gehalten haben, war ich schockiert. Sie sagen, Sprachförderung solle ein Kriterium für einen Ganztagesplatz sein. Wir haben das in der letzten Legislaturperiode mehrmals gefordert, damals haben Sie sich geweigert und jetzt stellen Sie sich hin und fordern das. Es freut mich, dass Sie zu einer anderen Ansicht gekommen sind.

Auch die Forderung, dass benachteiligte Kinder einen ganztägigen Kita-Platz bekommen, haben wir mehrmals per Antrag gestellt. Sie haben mit Ihrem CDU-Koalitionspartner auch dagegen gestimmt und wiederum freue ich mich, dass Sie Ihre Position, jetzt wo Sie in der Opposition sind, geändert haben. Aber ich hoffe, wenn Sie wieder einmal mitregieren, dass Sie das dann auch fortführen und sich nicht in der Regierung so und in der Opposition dann ganz anders verhalten.

(Beifall bei der LINKEN – Wolfgang Rose SPD: Das ist nicht das Thema! – Dirk Kien- scherf SPD: Das dauert noch ein bisschen!)

Meine Damen und Herren! Wir als Linksfraktion stimmen diesem Sofortprogramm zu, weil die Abschaffung der Essensgeldpauschale von unserer

(Finn-Ole Ritter)

Fraktion bereits in der 19. Legislaturperiode mehrmals gefordert wurde. Daher ist dieses Sofortpaket ein Grund zur Freude. Die Aktivitäten der Eltern und der Beschäftigten in den Kitas für die Volksinitiative des Landeselternausschusses haben sich voll und ganz gelohnt. Die Abschaffung der Essensgeldpauschale ist ein Akt sozialer Gerechtigkeit. Die Essensgeldpauschale widerspricht dem Grundgedanken des Grundgesetzes – ich will das erläutern, manche werden sich wundern –, weil hier Ungleiches gleich behandelt wird und somit Kinder aus Geringverdienerfamilien benachteiligt werden. Das Eintreiben von Essensgeld stellt die Kitas vor schwierige Aufgaben. Viele Kitas sahen sich öfter gezwungen, bei Nichtzahlern von Essensgeldbeiträgen auf das Eintreiben zu verzichten, um die Beziehungen zu den Eltern im Interesse der Kinder nicht zu belasten. Die Unterscheidung von zwei Tarifen, wie sie von CDU und GAL eingeführt wurde, macht es nicht besser. Familien mit Arbeitslosengeld-II-Bezug zahlen 8 Prozent des Regelsatzes – eine Familie mit einem Gehalt von 3000 Euro netto zahlt nach Abzug der Mietkosten rund 1 Prozent des Gehalts –, obwohl Familien mit Arbeitslosengeld II kein Kindergeld und kein Elterngeld beziehen. Verantwortlich hierfür sind wiederum auf Bundesebene CDU und FDP.

Die CDU kann der Qualität auch hierbei nicht das Wort reden. Sie reden viel von Qualität, aber Sie haben in der letzten Legislaturperiode keinen einzigen Cent für die Qualität ausgegeben, sondern Sie haben in die Quantität, in den Ausbau, Geld investiert. Anträge der LINKEN zur Verbesserung der Sprachförderung wurden von Ihnen abgelehnt, Frau Blömeke. Für die Rücknahme der Beitragserhöhung für die Eltern von behinderten Kindern gilt das Gleiche. Diese Familien brauchen einen Ausgleich für die Belastungen des Alltags. Die Wiederherstellung des Rechtsanspruchs auf Betreuung für Kinder bis zum 14. Lebensjahr ist ebenfalls ein Schritt in die richtige Richtung. Er ermöglicht Kindern den Verbleib in den Einrichtungen aus pädagogischen Gründen oder weil ihre Eltern als Pendler von außerhalb in Hamburg arbeiten.

Die Fraktion DIE LINKE unterstützt ebenfalls die Rücknahme der Gebührenerhöhung, weil wir grundsätzlich für eine gebührenfreie Bildung eintreten. Frühkindliche Bildung ist eine Aufgabe der ganzen Gesellschaft und soll über Steuern finanziert werden. Es gilt, die frühkindliche Bildung sozial gerechter zu gestalten und dem Ausschluss von Kindern aus den Kitas ein Ende zu setzen. Schwarz-Grün hat bei den Eltern abkassiert, und das nicht nur bei Familien mit höheren Einkommen. Sogar Haushalte, in denen beide Eltern mittlere Einkommen beziehen, waren betroffen. Wir mahnen die SPD, gebührenfreie Bildung, verbesserte Ausstattung der sozial benachteiligten Brennpunkte und eine Verbesserung der Rechtsansprüche unverzüglich in die Tat umzusetzen, so wie es

mit dem Landeselternausschuss vereinbart worden ist. Eine solche Politik ist nicht nur sozial gerecht, sondern wird auch positive Auswirkungen auf das nachgelagerte Sozialsystem haben.

(Beifall bei der LINKEN)

Der Kita-Besuch für die Kinder aus Familien mit Arbeitslosengeld-II-Bezug muss schnellstmöglich gebührenfrei gestaltet werden. Das Bundesverfassungsgericht hat das für Januar 2011 angemahnt. Die Verschiebung auf 2013, erst dann den Rechtsanspruch für fünf Stunden kostenfrei zu gestalten, wie es im Familienausschuss von der SPD angekündigt worden ist, ist abzulehnen, weil es zu spät kommt und rechtlich bedenklich ist. Wir werden die Ankündigung der SPD zur Verbesserung im Bereich der Kita kritisch und konstruktiv begleiten. Daher unterstützen wir diesen Antrag und begrüßen, dass es umgesetzt wird und dass es ein Erfolg nicht allein der SPD, sondern aller Menschen in dieser Stadt ist.

(Beifall bei der LINKEN und bei Dr. Isabella Vértes-Schütter SPD)

Vielen Dank. – Senator Scheele hat das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Hamburger Senat hat sich zum Ziel gesetzt, Hamburg zur familienfreundlichsten Stadt in Deutschland zu machen. Zu den ersten Maßnahmen des Senats, die bereits zum 1. August umgesetzt werden, gehört deshalb die Rücknahme der im Jahr 2010 erfolgten Beitragserhöhung sowie die Abschaffung der Elternbeteiligung an den Kosten des Mittagessens. Die Rücknahme der Elternbeitragserhöhung bedeutet für einige Eltern eine Entlastung von bis zu 100 Euro im Monat. Von der vollständigen Abschaffung des Essensgeldes profitieren alle Hamburger Kita-Eltern. Die Ersparnis beträgt mindestens 17 Euro und für den ermäßigten Verpflegungsbeitrag im Hort beträgt die Ersparnis sogar 42 Euro für den regulären Verpflegungsanteil. Zusammen mit der Erhöhung der Elternbeiträge wurde durch den Vorgängersenat im letzten Jahr der Rechtsanspruch auf Kindertagesbetreuung für Schulkinder auf das vollendete 12. Lebensjahr begrenzt. Dies möchten wir ebenfalls zum 1. August 2011 durch eine entsprechende Änderung des Kinderbetreuungsgesetzes rückgängig machen. Alle Kinder sollen wieder einen Anspruch auf Kindertagesbetreuung bis zum vollendeten 14. Lebensjahr haben.

(Beifall bei der SPD)

Von dieser Regelung profitieren ungefähr 600 Kinder und wir haben bereits jetzt eine Übergangsregelung geschaffen, dass seit unserem Amtsantritt Kinder nicht mehr aus dem Hort ausscheiden werden müssen. Dafür haben wir viel Zustimmung be

(Mehmet Yildiz)

kommen, weil es bereits jetzt eine erhebliche Verbesserung der Situation berufstätiger Eltern gewesen ist.

Auch die Regelung bezüglich des beitragsfreien Jahres vor der Einschulung sorgte in der Vergangenheit für berechtigte Kritik. Ausgangspunkt war bisher immer der reguläre Einschulungstermin gemäß Schulgesetz und vorzeitig eingeschulte Kinder, die sogenannten Kann-Kinder, kamen dadurch nicht in den Genuss der Beitragsfreiheit, obwohl sie im Extremfall nur wenige Tage jünger waren als regulär eingeschulte und daher beitragsfrei gestellte Kinder. Ab August 2011 soll die tatsächliche Einschulung maßgeblich sein, sodass künftig auch vorzeitig eingeschulte Kinder vom beitragsfreien Vorschuljahr profitieren werden, und der Ergänzungsantrag schafft hier auch Rechtsklarheit, wer tatsächlich gemeint ist.

Sehr geehrte Damen und Herren! Mit der Umsetzung des Kita-Sofortpakets wird ein zentrales Wahlversprechen des SPD-Senats erfüllt. Dabei wollen wir es aber nicht belassen, denn hier ist zu Recht darauf hingewiesen worden, dass die Frage der frühkindlichen Bildung und der Kindertagesbetreuung nicht nur eine finanzielle ist, sondern auch eine qualitative. Deshalb hat auch in der Vereinbarung mit dem LEA die Frage der Qualität immer eine Rolle gespielt, um das noch einmal in die Debatte einzubringen, denn es wurde immer wieder der Vorwurf vorgetragen, dass Kinder aus sozial benachteiligten Familien, in denen eines oder beide Elternteile eben nicht berufstätig sind, bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres von der guten und so wichtigen Bildungsarbeit in den Kitas in der Regel ausgeschlossen sind. Diesen Vorwurf nehmen wir sehr ernst und ab August 2012, also ab Sommer des nächsten Jahres, sollen daher alle Kinder ab zwei Jahren einen allgemeinen Rechtsanspruch auf Kindertagesbetreuung erhalten, das heißt, ein Jahr bevor der bundesweite Rechtsanspruch auf die Kindertagesbetreuung ab dem ersten Lebensjahr wirksam wird.

(Beifall bei der SPD)

In den ersten Monaten als Senator habe ich mir ein Bild davon machen können, wie schwierig und anspruchsvoll die Arbeit in Kitas in sozialen Brennpunkten ist. Viele Erzieherinnen und Erzieher arbeiten dort mit hohem Engagement unter teilweise belastenden Arbeitsbedingungen. Wir wollen durch die Verbesserung der personellen Standards dort die Bildungsarbeit mit den Kindern stärken und gleichzeitig die Situation für das vorhandene Personal verbessern. Daher haben wir auch in der bereits genannten Vereinbarung beschlossen, ähnlich wie es in Grundschulen schon der Fall ist, in sozial belasteten Stadtteilen die Relation zwischen Erzieherinnen und Erziehern und den betreuten Kindern zu verbessern. Wir werden jetzt eine AG

mit dem LEA und den Verbänden einsetzen, die Vorschläge zur Umsetzung erarbeitet.