Protocol of the Session on July 9, 2008

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Wir waren bis heute gespannt, wer für das Thema auf der Senatsbank sitzt: Frau Senatorin von Welck oder Frau Senatorin Goetsch.

(Klaus-Peter Hesse CDU: Der gesamte Se- nat, Frau Ernst!)

Frau Senatorin von Welck hat offenbar die Zuständigkeit für dieses Thema übernommen, was schon ein Fortschritt in der Sache ist, da wir uns im Zuständigkeitsstreit befinden – Frau Timmermann hat es dargelegt. Der Sportausschuss hat sich nächste Woche in Selbstbefassung geweigert, über dieses Thema zu diskutieren, weil nicht klar ist, wer sich damit eigentlich befasst.

Ich möchte einen Blick zurückwerfen, weil hier der Eindruck erweckt wird, wir würden über die Probleme eines Sportvereins diskutieren. Das ist natürlich nicht so, sondern es war die Behörde von Frau Goetsch, die im Jahr 2005 einen Frontalangriff auf das Schulschwimmen gestartet hat. Die CDU wollte damals mit Frau Dinges-Dierig erreichen, dass Schwimmen nur noch in Lehrschwimmbecken stattfindet und eigentlich nur noch Kinder im staatlichen Schulwesen schwimmen dürfen, die es noch nicht können. Die CDU hatte damals geplant, dass die Eltern, deren Kinder schon schwimmen konnten, Gebühren bezahlen sollten. Das war die Ausgangslage und gleichzeitig sollten die Standards des staatlichen Schulschwimmens erheblich gesenkt werden. Das ist der Beginn der Geschichte, über die wir heute diskutieren, und die sollten Sie auch vor Augen haben.

(Beifall bei der SPD – Olaf Ohlsen CDU: Das kennen wir doch alle!)

Ich hoffe, dass sich einige, die dabei waren, noch an unsere bemerkenswerte Expertenanhörung im Schulausschuss erinnern, wo Ihnen von allen Experten, auch die von der CDU benannten, gesagt wurde, dass Ihr Konzept unsozial sei, dass es mit den geltenden Lehrplänen nicht vereinbar sei und damit dramatisch die Standards gesenkt würden.

Wir haben damals in der Presse getitelt: Die Behörde ging baden. So konnte man das ausdrücken. Daraufhin haben Sie Ihre Pläne modifiziert und die Lehrschwimmbecken verkauft; deshalb reden wir heute darüber. Sie haben die Standards im Schulschwimmen erheblich gesenkt. Der Unterricht, den die Kinder heute bekommen, ist deutlich reduziert worden. Wir konnten es abwehren, auch durch den Protest vieler Eltern, dass Sie

weitere Gebühren eingezogen haben; das haben Sie sich dann doch nicht getraut. Soweit noch einmal zur Vorgeschichte.

(Beifall bei der SPD)

Ich möchte versuchen, ein bisschen Licht in das Dunkel der ersten Monate zu bringen, wobei es nicht ganz gelingt, weil Sie sich um die Beantwortung der Großen Anfrage herumdrücken. Während Sie hier trunken vor Glück in schwarz-grüne Euphorie versunken sind,

(Klaus-Peter Hesse CDU: So ist das in den Flitterwochen, Frau Ernst!)

hat die CDU-Verwaltung systematisch die Kündigung dieser Lehrschwimmbecken betrieben. Am 7. Mai wurden der Bürgermeister und die Senatoren gewählt und es war genau der Tag, an dem die CDU-Verwaltung die Kündigung der vier Lehrschwimmbecken ausgesprochen hat. Das sind interessante Zusammenhänge.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben uns schon gefragt – das ist vielleicht auch für Ihr Binnenverhältnis interessant –, was damals passiert ist. War das die kalte Handschrift der Liegenschaft oder hat eine Abteilung der Schulbehörde versucht, Christa Goetsch noch mal eben etwas unterzujubeln? Sie sind die Antwort schuldig geblieben, obwohl wir gefragt haben, wer diese Kündigung eigentlich betrieben hat, und eine Nichtbeantwortung macht dann neugierig.

Dann ging es weiter. Kaum war klar, dass die Schulbehörde in grüne Hände ging, entdeckte die CDU auf einmal ihr Herz für die Lehrschwimmbecken.

(Olaf Ohlsen CDU: Erzählen Sie doch kei- nen Blödsinn!)

Christa Goetsch hat anscheinend erfolgreich versucht, das abzuwehren und den Ball wieder Richtung Kulturbehörde gespielt, die jetzt für den Sport zuständig ist. Während Sie sich die Bälle zuspielen, droht das Wasser in den Becken abgelassen zu werden.

(Klaus-Peter Hesse CDU: Ihnen steht das Wasser bis zum Hals! Das ist das Problem!)

Wir haben keine Lust, Ihnen dabei zuzusehen und erwarten, dass Sie vor der Sommerpause Klarheit schaffen.

(Beifall bei der SPD)

Ich finde es auch schade, dass von den Regierungsfraktionen und vom Senat nichts zu den sozialen Dimensionen gesagt wurde. Wir haben erst vor Kurzem eine große bundesweite Studie zur Kenntnis nehmen müssen, die einen ganz klaren Zusammenhang zur sozialen Ausgangslage benennt und die auch sehr deutlich sagt, dass die Kinder, die nicht schwimmen können, auch diejeni

(Senatorin Dr. Karin von Welck)

gen sind, die nicht lesen können. Das heißt, es sind die Kinder, die im Elternhaus nicht die Förderung bekommen, und zwar in vielerlei Hinsicht.

Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten wollen, dass der Staat hier etwas tut. Wir wollen mehr Gerechtigkeit und sehen es als staatliche Verantwortung an, diesen Kindern zu helfen und sie nicht ihrem Schicksal zu überlassen.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Sie haben dazu leider nichts gesagt und wenn Sie sich mit den Fakten tiefer befassen, dann sehen Sie die Dramatik dieser Lage, weil die Schwimmkünste der Kinder in Hamburgs Stadtteilen total unterschiedlich sind. Wir haben Zahlen, nachdem das Seepferdchen – das ist nicht das, was wir früher Freischwimmer nannten, das ist viel weniger – am Ende von Klasse 4 zum Beispiel in Schulen in Barmbek nur die Hälfte oder in Schulen in Billstedt nicht einmal 30 Prozent der Kinder erworben haben. Nur 3 Prozent der Schülerinnen und Schüler in Klasse 6 können in solchen Stadtteilen überhaupt das Bronzeabzeichen erwerben; in meiner Generation hieß das noch Freischwimmer. Gleichzeitig haben wir Schulen in Poppenbüttel und Volksdorf, in denen natürlich alle Kinder nach Klasse 4 schwimmen können. Diese Daten zeigen die Dramatik und die unterschiedliche soziale Ausgangslage und deshalb besteht hier dringender Handlungsbedarf.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Nun ist der Senator und Parteivorsitzende der CDU, Herr Freytag, der Meinung, dass die soziale Frage eine Erfindung der SPD sei. Die vorgetragenen Daten zeigen noch einmal, wie falsch Sie hier liegen. Ich finde es empörend, wie Sie hier versuchen, einem Turnerbund, der nicht nur unkritisch mit der Situation umgeht, die Verantwortung für eine Situation zuzuschieben, die Sie zu verantworten haben, weil Sie das Schulschwimmen deutlich reduziert und die Lehrschwimmbecken abgelehnt haben.

Ich erwarte, dass Hamburgs Schulen vor den Sommerferien Klarheit bekommen, wie es mit dem Schulschwimmen in Hamburg weitergeht und deshalb wollen wir, dass nächste Woche im Schulausschuss berichtet und eine Perspektive aufgezeigt wird. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Das Wort hat der Abgeordnete Becker.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich bin etwas verwundert über den Stil, mit dem von der Opposition die Debatte geführt wird.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

An Frau Ernst gewandt: Wir reden hier über Lehrschwimmbecken. Ich habe von Ihnen nichts über Lehrschwimmbecken gehört.

(Beifall bei der CDU)

Sie haben geredet, wer wann was gemacht hat oder wer wofür zuständig ist.

(Ingo Egloff SPD: Das Ganze hat auch eine Vorgeschichte!)

Das macht nicht den Eindruck, als ob Sie an einer Lösung interessiert seien, sondern Sie wollen hier einen Parteienstreit vom Zaun brechen und das ist der falsche Platz dafür.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Wir haben in der Debatte – Senatorin Frau von Welck hat das hier auch klar angeführt – gesagt, welche Maßnahmen ergriffen werden. Wir erwarten von Ihnen eher zu hören, ob Sie bereit sind, mit uns zusammen zu schauen, was wir da herausreißen können oder was nicht; das wäre auch Ihre Aufgabe. Wir begreifen es als unsere Aufgabe und dann werden wir einmal sehen.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Herr Bischoff hat das Wort.

(Frank Schira CDU: Welches Schwimmab- zeichen haben Sie eigentlich, Herr Dr. Bi- schoff?)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich stimme Herrn Becker zu, dass mich die Frage, wer eigentlich wann die Weichen verkehrt gestellt hat, auch nicht sonderlich interessiert.

(Beifall bei der GAL)

Ich kann jetzt nur an Sie von der gestalterischen Mehrheit appellieren – das möchte ich gerne auch der Senatorin mit auf den Weg geben –, wirklich das zu liefern, was jetzt versprochen worden ist. Wir wollen möglichst zeitnah wissen, was Sie mit den Lehrschwimmbecken machen; das ist der erste Punkt.

Die Vorgeschichte interessiert mich nicht, ich weiß nur – das hat meine Kollegin Artus schon gesagt –, dass Sie wirklich fahrlässig die Vereine über den Tisch gezogen haben.

(Beifall bei der LINKEN – Kai Voet van Vor- mizeele CDU: Das können Sie gar nicht be- urteilen, Herr Bischoff!)

Wir werden das in der Sportlandschaft weiter austragen. Es geht eben nicht nur – das möchte ich gerne Frau von Welck mit auf den Weg geben – um Lehrschwimmbecken, das ist trostlos und traurig genug, es geht auch um Turnhallen – schauen

(Britta Ernst)

Sie sich die Kleinen Anfragen an – und es geht um Sportstätten im Allgemeinen. Es geht in der letzten Konsequenz