Protocol of the Session on February 9, 2011

(Elke Badde)

sen, Hans-Ulrich Klose, Johannes Kahrs, Niels Annen und Ortwin Runde dem Fortführungsgesetz Hartz IV im Bundestag zustimmte, das Hartz IV noch erheblich in den Sanktionen verschlimmerte? Und was ist von einem Bürgermeister zu erwarten, der zusammen mit seinem britischen Amtskollegen auf der Sitzung des EU-Ministerrats am 5. Dezember 2007 in Brüssel die Verabschiedung der EU-Leiharbeitnehmerrichtlinie, die den Grundsatz "equal pay, equal treatment" auch für Deutschland rechtsverbindlich gemacht hätte, verhinderte? Arbeitgeberpräsident Hundt war da sicher ganz angetan.

Nun allerdings gibt Olaf Scholz zu, dass bei der Leiharbeit etwas schiefgegangen sei, so in einem Tagesschau-Video-Chat im Juni vergangenen Jahres. Pech gehabt. Bei Scholz, Schröder & Co. geht eben ab und zu etwas schief. Sorry, wir üben noch, das war nicht so gemeint. So oft, wie Herr Scholz die Hemden wechselt, kommt man gar nicht mit dem Waschen nach.

Die SPD hatte nachgefragt, wie Hamburgs Arbeitsmarkt in der Krise gerüstet sei. Die Antwort für die Zukunft lautet: auch mit Rot-Grün nach wie vor mehr schlecht als recht.

Im Übrigen sind wir der Meinung, dass Hartz IV abgeschafft und durch eine Grundsicherung ersetzt werden muss, die diesen Namen auch verdient. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort bekommt Frau Möller.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Kollege Joithe, im Übrigen bin ich der Meinung, dass man sich auf relativ glattem Grund bewegt, wenn man gar nicht in der Ausschusssitzung war, über die wir sprechen. Man sollte dann auch besser nicht mit beschreibenden oder sogar zitierenden Worten darüber reden.

(Wolfgang Joithe-von Krosigk [DIE LINKE]: Man kann auch einen Bericht lesen, Frau Möller!)

Ja, Sie können auch einen Bericht lesen. Ich habe nicht unterstellt, dass Sie nicht lesen können, nur haben Sie eine Stimmung im Ausschuss beschrieben und die war anders.

Ich will aber noch einmal auf Frau Badde eingehen. Was mir bei Ihnen weiterhin fehlt, ist die neue Idee,

(Barbara Ahrons CDU: Sie hat ja keine neue Idee!)

eine Antwort auf die Frage, die sich andere Bundesländer schon lange stellen: Was können wir als kommunales Parlament tun, um mehr sozialversi

cherungspflichtige Jobs zu schaffen? Das müssen doch kommunale Modelle sein, die da zu entwickeln sind. Wenn wir zwei Drittel der Langzeitarbeitslosen mit mehrfachen Vermittlungshemmnissen haben, dann können wir mit ihnen den Fachkräftemangel der Wirtschaft nicht decken. Der Druck und die Illusionen, die da aufgebaut werden, sind auch für die betroffenen Menschen einfach absurd. Das gilt für das Hamburger Modell genauso wie für andere Projekte. Es müssen Konzepte her, die den Menschen erst einmal Beschäftigung ermöglichen und ihnen die Perspektive geben, dann langfristig tatsächlich zurück in einen sozialversicherungspflichtigen Job zu kommen.

Noch einmal zur Quartiersarbeit. Wir werden weiter darüber diskutieren, davon bin ich überzeugt, aber ich möchte bestimmte Dinge nicht so im Raum stehen lassen. Das Konzept RISE ist ein Konzept, das nicht nur die Quartiere im Auge hat, sondern vor allem auch die Menschen, die dort leben, die Organisationen und Initiativen, die dort arbeiten, und die damit verbundenen Notwendigkeiten, das Leben in diesen Quartieren zu gestalten. Die Bedingungen in den Quartieren sollten mit einer Vielzahl an Maßnahmen verbessert werden, unter anderem auch mit einem Angebot an Quartiersarbeit. Wir werden daran weiterarbeiten und sehen, ob in der nächsten Legislaturperiode dafür eine Mehrheit zu finden ist.

(Beifall bei der GAL)

Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Dann stelle ich fest, dass die Bürgerschaft von der Drucksache Kenntnis genommen hat.

Wir kommen zu Punkt 30 der Tagesordnung, Drucksache 19/8300: Bericht des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses "HSH Nordbank".

[ Bericht des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses "HSH Nordbank" – Drs 19/8300 –]

Hierzu liegt Ihnen als Drucksache 19/8675 ein interfraktioneller Antrag vor.

[Interfraktioneller Antrag: Umformulierung des Petitums im Bericht des Untersuchungsausschusses "HSH Nordbank" – Drs 19/8675 –]

Wird das Wort gewünscht? – Herr Dr. Bischoff, bitte.

(Olaf Ohlsen CDU: Kollege Bischoff!)

(Wolfgang Joithe-von Krosigk)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! War das ein Zwischenruf, Herr Ohlsen?

(Olaf Ohlsen CDU: Noch nicht!)

Noch nicht, gut.

Der langjährige Aufsichtsratsvorsitzende der HSH Nordbank, Dr. Peiner, erklärt die Beinahe-Insolvenz der Bank und des Großteils der anderen Landesbanken mit einem Bild – ich zitiere das aus dem Untersuchungsausschuss –:

"Die Bank hat ein Haus gebaut. Das Haus war nach ihrer Auffassung stabil. Der Statiker, sprich der Wirtschaftsprüfer, hat gesagt, das Haus ist stabil, ihr braucht euch keine Sorgen machen. Und jetzt kommt Windstärke 13 und ihnen fliegt das Dach weg."

(Olaf Ohlsen CDU: Zwölf, das langt!)

Ja, er hat aber 13 gesagt.

"Und mit Windstärke 13 hat keiner gerechnet, die Banken nicht, der Markt nicht, aber auch keine Institution der Welt."

Diese Metapher vom Finanztsunami, einer aus heiterem Himmel hereinbrechenden Naturgewalt, ist unter allen Verantwortlichen populär. Sie dient der Verschleierung der eigenen Verstrickung und Schuld in diesem Prozess.

Der Untersuchungsbericht, den Sie sich demnächst vielleicht auch einmal anschauen sollten, Herr Ohlsen,

(Olaf Ohlsen CDU: Habe ich durchgelesen, ich könnte referieren!)

ist in dieser Hinsicht sehr klar. Es war die Konstruktion der Landesbanken, die das beteiligte Führungspersonal zum Täter und später zum Opfer einer gewaltigen Schieflage werden ließ.

An dieser Stelle will ich ausdrücklich sagen, dass der Untersuchungsbericht, der vielen vielleicht als zu dick erscheint, wirklich eine großartige Leistung ist, aus meiner Sicht nur vergleichbar mit dem Bericht des Untersuchungsausschusses des US-Kongresses über die Ursachen und die Folgen der Finanzkrise.

(Thies Goldberg CDU: Beeindruckend!)

Sehen Sie sich das einmal an, das ist auch vom Volumen her vergleichbar.

Es ist schon beeindruckend, was der Arbeitsstab geleistet hat. Es gab – und daran kann auch Ihre Polemik nichts ändern – Übereinstimmung über diesen Bericht und auch bei seinen Korrekturen. Natürlich wäre es besser gewesen, wenn wir mehr Zeit gehabt hätten. Die beiden Minderheitenvoten sind, zumindest für DIE LINKE, ausschließlich als Ergänzung und nicht als Widerspruch zu dem vorliegenden Bericht gedacht.

Wir sind in der Tagesordnung fortgeschritten und Sie sind sicher froh, wenn diese Debatte nicht ausufert, doch ich möchte Ihnen kurz vier Aspekte des Untersuchungsberichts vorstellen.

Das Ergebnis der Untersuchungen im Ausschuss wird im Mehrheitsbericht von uns allen getragen, indem wir uns einem Votum des Sachverständigen Dr. Emde von Freshfields anschließen. Dieser sagte in der Befragung – ich zitiere –:

"Insgesamt hat mich die intensive Befassung mit einer Reihe von Geschäftsentscheidungen der Bank zu der Erkenntnis geführt, dass die Vorstände der Bank über die Jahre hinweg in der Tat verschiedenen Fehleinschätzungen erlegen sind und dementsprechend auch nicht wenige falsche unternehmerische Entscheidungen getroffen haben."

Das ist die Grundbotschaft dieses Berichts. Bei der Bewertung der Hintergründe für diese Vielzahl an unternehmerischen Fehlentscheidungen gehen wir dann allerdings auseinander und das ist im Grunde auch ganz normal. Der Streitpunkt ist, ob für diese Fehler nur in ganz wenigen Fällen rechtlich relevante Pflichtverletzungen der handelnden Personen verantwortlich waren. Das ist die Position von Dr. Emde und diese Position wird, wenn ich das richtig deute, auch von der CDU vorbehaltlos vertreten. Die Bank selber hat allerdings vier ihrer Vorstandsmitglieder in Schadensersatzprozesse verwickelt und die Staatsanwaltschaft ermittelt in sieben Fällen. Es ist also noch nicht geklärt, ob nicht doch in einem viel größeren Umfang relevante Pflichtverletzungen zum Schaden der Freien und Hansestadt Hamburg der Hintergrund dieser unternehmerischen Fehlentscheidungen gewesen sind.

Die Öffentlichkeit hat in diesem Zusammenhang sicher die Erwartung gehegt, dass der Untersuchungsausschuss einen Beitrag zur Klärung der personellen Verantwortlichkeiten liefern würde. Das haben wir nicht geschafft und es gibt verschiedene Gründe, warum wir es nicht schaffen konnten. Der entscheidende Grund ist – und das ist auch im Ausschussbericht mehrfach nachzulesen –, dass die Bank nicht kooperiert hat. Sie hat uns einen großen Teil der Akten vorenthalten und dem Ausschuss ein kosten- und zeitintensives Beschlagnahmeverfahren vor dem Amtsgericht und Hamburger Landgericht aufgezwungen. Nachdem dort mühsam ein Kompromiss gefunden wurde, konnten wir – das ist zumindest meine Bewertung – für die kritischen Geschäftsjahre 2007 und 2008 nur 10 Prozent der relevanten Unterlagen des Vorstands einsehen. Das ist eine erhebliche Einschränkung für die Beurteilung, ob es hier nun schwere Pflichtverletzungen gegeben hat oder nicht.

Der zweite Streitpunkt erstreckt sich auf die Beurteilung von Pflichtverletzungen seitens des Aufsichtsrats.

(Vizepräsident Wolfgang Joithe-von Krosigk übernimmt den Vorsitz.)

Von wegen Finanztsunami: Getrieben von der Vorstellung, im internationalen Finanzkasino Dividenden von rund 200 Millionen Euro pro Jahr für die Freie und Hansestadt Hamburg einzustreichen, hat die HSH Nordbank – wie andere Landesbanken auch – ihre Spieleinsätze beständig erhöht. Der Aufsichtsrat hätte diese Geschäftsstrategie unterbinden müssen, denn eigentlich waren Aufsichtsratsmitglieder wie Dr. Peiner und Dr. Freytag nach Paragraf 111 des Aktiengesetzes auf eine vorausschauende Gestaltung der Geschäftspolitik verpflichtet.

Im Untersuchungsbericht wird allerdings festgehalten – ich zitiere –:

"Die aktive Einflussnahme auf die Ausrichtung der Bank durch Vertreter der FHH im Aufsichtsrat oder dessen Ausschüssen hat der PUA nicht feststellen können. Die Aufsichtsratsprotokolle vermitteln insgesamt den Eindruck einer eher beobachtenden Begleitung der Vorgänge durch die von der FHH in den Aufsichtsrat entsandten Mitglieder."