Das gilt auch für die konkrete Trassenführung. Man muss schon unterscheiden. Wenn man das Ganze differenziert betrachtet, ist klar, dass die CDU – und auch ich persönlich – nach wie vor zum Verkehrsmittel Stadtbahn steht, aber nicht auf einer Trasse gegen die Bürger und solange die Finanzierung nicht gesichert ist, sondern auf einer Trasse mit den Bürgern, die man mit den Bürgern gemeinsam erarbeiten muss.
Nein, Herr Neumann, aber Sie wissen ganz genau, dass man unter unterschiedlichen politischen Konstellationen Kompromisse machen muss. Da lachen Sie, aber was haben Sie in Koalitionen alles gemacht?
Koalition ist Kompromiss. Und Sie wollen jetzt eine rot-grüne Koalition eingehen. Denken Sie das mal durch. Starke Sprüche in Richtung der Grünen reichen nicht. Wenn es wirklich dazu kommen sollte, werden Sie Ihr grünes Wunder erleben, das kann ich Ihnen nur sagen.
das zeichnet ihn doch aus. Gerade das ist etwas, das Menschen von Politik erwarten. Deswegen ist das auch nicht mein Punkt, den ich an grüner Politik oder an grüner Zusammenarbeit zu kritisieren habe, sondern es gab unterschiedliche Auffassungen, wir haben hart gerungen und manche Kröte musste der eine schlucken und manche Kröte musste der andere schlucken. Aber dass man die Kröten dann nicht mehr schluckt, wenn die Geschäftsgrundlage für das Krötenschlucken entfallen ist, das ist doch klar, Herr Neumann.
Herr Kerstan, wenn Sie mir das vorwerfen, dann stellen Sie sich doch nur mal vor, wir hätten jetzt ein umgekehrtes Verhältnis und wir wären ausgeschieden und Sie würden nun irgendwie noch allein weiterregieren – das ist eine rein hypothetische Annahme.
Mich würde schon interessieren, was dann beispielsweise aus der Reiterstaffel und dem Polizeiorchester werden würde.
Sie sehen, auch bei allen politischen Unterschieden ist so eine Debatte nützlich. Und da finde ich es ein bisschen schade, Herr Neumann, dass Sie zwar gesagt haben, Sie wollten die Würde der Bürgerschaft nicht dadurch in irgendeiner Weise beschädigen, dass Sie hier Wahlkampf machen. Aber Sie haben doch ein bisschen Wahlkampf gemacht und gesagt, Sie treten klar vor den Wähler. In Sachen Klarheit von Inhalten der SPD haben Sie im Wahlkampf noch einiges nachzuholen. Aber das soll nicht meine Sorge sein.
Herr Kerstan, ich finde es nicht in Ordnung, wenn Sie mir heute vorwerfen, es hätte – ich zitiere sinngemäß – an einem persönlichen Einsatz der Senatsspitze für diese Koalition gemangelt.
Wir müssen das nicht coram publico ausdiskutieren. Da Sie das Gespräch nicht mehr gesucht haben, werden wir es auch nicht untereinander diskutieren, aber meine Bitte an Sie ist, einmal in sich zu gehen und ernsthaft zu überlegen, ob die Person Christoph Ahlhaus – als Bürgermeister und auch als Innensenator – es wirklich an persönlichem Einsatz für diese Koalition hat fehlen lassen. Mit Blick in eine bestimmte Richtung erinnere ich an Telefonate sonntagnachmittags, abends, morgens, wann immer irgendwelche Probleme anstanden, bei denen ich nicht den Hörer beiseite gelegt oder nicht zurückgerufen habe, sondern sehr wohl Ansprechpartner war. Insofern ist dieser Vorwurf bei allen politischen Differenzen nicht gerechtfertigt und ich weise ihn mit Nachdruck zurück.
Wenn heute von grüner Seite kritisiert wird, man habe Entscheidungen, die man vor der Wahl deutlich als Programm formuliert hat, nach der Wahl aber nicht getroffen, so kann ich nur sagen, dass man vielleicht gegen die eigene Überzeugung Kompromisse geschlossen hat, also eine Fähigkeit bewiesen hat, die man in der Politik immer haben muss. Die Zeit absoluter Mehrheiten in diesem Land ist vorbei, womit sich alle anfreunden müssen, und nun ist Kompromissbereitschaft, auch im Interesse der Bürgerinnen und Bürger, gefragt. Wenn diese Kompromissbereitschaft später in fehlendes Rückgrat und Machtversessenheit umgedeutet wird, dann finde ich es sehr seltsam, diesen Vorwurf gerade von denen zu hören, die von der Kompromissbereitschaft ziemlich profitiert haben.
Bei allen Erfolgen und bei aller konstruktiven Zusammenarbeit in dieser Koalition kam das Ende für mich doch ziemlich überraschend und – Herr Ker
stan, auch das möchte ich jetzt noch einmal sagen, da wir uns heute das erste Mal seit der letzten Bürgerschaftssitzung sehen – die fehlende Kommunikation, vor allem angesichts dessen, was wir vorher an gemeinsamer Kommunikation erarbeitet hatten, war für mich als Politiker schlichtweg auch menschlich enttäuschend.
Aber es geht um Verantwortung für diese Stadt und nicht um Sich-gerne-Mögen oder Liebhaben. Ob als Innensenator oder als Bürgermeister, so habe ich persönlich die Zusammenarbeit mit meinen jeweiligen Gesprächspartnern der GAL bis zum letzten Tag unserer Zusammenarbeit mitunter als zwar mühsam, aber immer als konstruktiv, sachorientiert, verlässlich und vertrauensvoll erlebt, bis es zum Koalitionsbruch kam, der, liebe Frau Goetsch, per 20 Sekunden-Telefonat vonstatten ging. Umso mehr war ich darüber verwundert, dass sich die GAL, die sich immer gerne in der Verantwortung für diese Stadt und die Probleme der Menschen dieser Stadt sieht, in einer Phase größter finanz- und haushaltspolitischer Herausforderung für Neuwahlen ausgesprochen und damit automatisch eine Phase des politischen Stillstands veranlasst hat.
Herr Neumann, Sie sagen, Sie würden diese Phase jetzt nicht für irgendwelche Spielchen nutzen, zum Beispiel, um den Bürgermeister abzuwählen oder Ähnliches. Für eine wie auch immer geartete Zusammenarbeit müsste man sich erst einmal auf eine inhaltliche Linie in diesem Dreierbündnis verständigen, was, um es einmal ganz vorsichtig auszudrücken, vielleicht nicht gerade der einfachste, gleichwohl aber der richtige Weg ist. Zu diesem Thema haben Sie, Herr Neumann, bereits Briefe geschrieben. Ich verspreche Ihnen und der Hamburger Öffentlichkeit, dass auch wir diese Zeit nicht für irgendwelche parteipolitischen Spielchen nutzen werden, aber – das gehört zur Verantwortung dazu – auch nicht die Hände in den Schoß legen und nichts tun, sondern diese Stadt solide und in Verantwortung vor dem bevorstehenden Wählerwillen verwalten und so weit es geht, ohne parlamentarische Mehrheit regieren, aber immer in Respekt vor dem Wählerwillen, den die Bürgerinnen und Bürger am 20. Februar äußern werden.
Verantwortungsvolle Politik heißt auch in Zeiten des Wahlkampfs, die Sparbeiträge nicht nur zu beschließen, lieber Herr Kerstan, sondern sie auch gegen die Kritik der Betroffenen zu verteidigen und umzusetzen.
Natürlich kommen auch die Konsolidierungsmaßnahmen wieder auf den Prüfstand, – damit sind wir beim nächsten Kritikpunkt, den Sie mir entgegenhalten –, und zwar nicht automatisch, weil Wahl
kampf ist, sondern dann, wenn es die finanzielle Lage erlaubt. Das sind keine populistischen Wahlgeschenke und unglaubwürdigen Drehs, sondern seriöse Haushaltspolitik und nachhaltiges Controlling politischer Entscheidungen.
Nichts anderes haben Sie doch auch schon angekündigt. Herr Kerstan, Sie wissen sehr wohl, was wir hierzu vereinbart haben; also da wollen wir einmal ganz vorsichtig sein.
Wenn die Mai-Steuerschätzung das hält, wovon wir heute ausgehen, und die Einnahmen tatsächlich wieder in erfreulichen Größenordnungen sprudeln, dann liegt es in der Verantwortung der Politik, noch einmal genau zu hinterfragen, ob all das, was wir den Bürgern aufgrund der haushaltspolitischen Lage zumuten müssen, ihnen auch wirklich zumuten können. Zuallererst muss man gerade da, wo es den Menschen besonders weh tut, nämlich bei der Streichung beziehungsweise der Kürzung des Weihnachtsgeldes und der Erhöhung der Kita-Gebühren, ganz genau hinschauen. Aber das verspreche ich nicht aus wahltaktischen Gründen, sondern ich sage, diese Zumutungen müssen den Menschen erspart bleiben, sofern es die haushaltspolitische Lage erlaubt, und laut Mai-Steuerschätzung tut sie das wahrscheinlich.
Eine unserer letzten strittigen Diskussionen, Herr Kerstan, führten wir darüber, wie wir mit der Schuldenbremse umgehen sollten. Ich darf Sie daran erinnern, wer auf der Seite derjenigen war, die gesagt haben, wir müssten mit der Schuldenbremse so umgehen, dass wir unserer haushaltspolitischen Verantwortung gerecht werden, anstatt vorschnell Wahlgeschenke zu machen.
Deswegen haben wir nach der November-Steuerschätzung nicht einfach das Geld, das viel mehr als erwartet war, für schöne Dinge ausgegeben, um in der Beliebtheitsskala der Bürgerinnen und Bürger aufzurücken. Mit diesen Geldern, so haben wir gemeinsam beschlossen, tilgen wir die Schulden. Wenn wir allerdings im kommenden Mai wider Erwarten noch einmal mehr Geld bekommen, dann sollten wir genau überlegen, wie man diejenigen, denen man mit den Sparmaßnahmen viele Sorgen
Herr Neumann, selbstverständlich ist es Ihr gutes Recht, nach neun Jahren Opposition zu sagen, es sei alles Murks gewesen, was die CDU gemacht hat, vor allem in der Haushalts- und Finanzpolitik. Aber die Menschen dieser Stadt wissen, auch wenn sie möglicherweise über manches enttäuscht sind, dass die CDU Hamburg nicht nur, aber auch erfolgreich durch die größte globale Wirtschaftsund Finanzkrise der Nachkriegszeit geführt hat, auch aufgrund vieler gemeinsamer Beschlüsse, die wir sehr erfolgreich in der schwarz-grünen Koalition getroffen haben.
Wenn Sie sich die Gesamtbilanz ansehen, anstatt sich auf irgendwelche Details zu stürzen, wie es die Sozialdemokraten in den letzten Jahren gerne getan haben, dann können auch Sie, Herr Dressel, zum Beispiel hinsichtlich der Kriminalstatistik feststellen, dass wir 80 000 Straftaten weniger haben als 2001 unter Rot-Grün. Sie haben sich immer nur irgendeinen abenteuerlichen Sachverhalt herausgesucht, um an ihm Streit zu entzünden; das hat nichts mit seriöser Oppositionsarbeit zu tun. Seriöse Oppositionsarbeit heißt nämlich unter anderem, die Erfolge des politischen Mitbewerbers anzuerkennen, was ich durchaus mache. Sie haben in diesem Punkt etwas Nachholbedarf, denn die neun Jahre waren sehr erfolgreich für diese Stadt.
Oder wollen Sie bestreiten, dass in der Hitliste der Städte mit der höchsten Kriminalität der Wechsel von damals Platz eins auf heute Platz neun kein Erfolg der Senatspolitik in den vergangenen neun Jahren ist?
Wollen Sie ernsthaft bestreiten, dass es kein Erfolg dieser Senatspolitik ist, dass die Zeiten eines miserablen Kitaplatzangebots und der Bevormundung der Eltern durch den Staat vorbei sind?